Kapitel 2
Everly Schumann
Ich sank meine Hand und legte den Schlüsselbund zurück in meine Tasche. Ich hatte Herzklopfen und das Blut rauschte mir in den Ohren. Fast musste ich mich übergeben. Herr Dumond, der mich kurz mit offenem Mund ansah, widmete seine Aufmerksamkeit nun Tolga. Mit gesenktem Blick saß ich da. Schaute immer wieder für den Bruchteil einer Sekunde hoch, ob er mich denn auch ansah. Seine Wangen waren die Doppelstunde über leicht gerötet. Wieso war er wieder da? Und wieso ausgerechnet als Klassenlehrer? Konnten sich Lehrer ihre Klasse selbst aussuchen oder wurden sie zugeteilt? Mir brummte der Kopf und ich musste tatsächlich würgen. Ich konnte nicht schwanger sein, wir hatten immer aufgepasst. Lasse sah zu mir rüber und fragte ob alles in Ordnung sei, ich bejahte. Nichts war in Ordnung. Ich sollte keine Gefühle mehr für den Mann haben, der mich vor über einem Jahr verlassen hat und mich nun mit einer dermaßen Intensität ansah, dass mir heiß und kalt zu gleich wurde. Und überhaupt hatte ich einen Freund. Wir waren seit neun Monaten zusammen, rief ich mir ins Gedächtnis. Er machte mich glücklich. Ein halbes Jahr nach dem Marc mich stehen gelassen hatte, vertraute ich mich einem neuen Mann an. Nicht unbedingt neu, wir kannten uns schon davor. Doch nachdem er mich küsste, hatte er es mir angetan. Ich sehnte mich nach körperlicher Nähe und das Gefühle der Liebe kam nach kurzer Zeit dazu. Seit Marcs Nachricht vor fast zwei Monaten gab es jedoch öfter Streit zwischen uns als davor. Dass er frisch sein Abitur hatte und nun versuchte im Leben Fuß zu fassen trug nicht positiv dazu bei. Ich wollte mehr Zeit mit ihm verbringen, da wir uns kaum mehr sahen, doch er beschwerte sich, dass ich ihm nicht genug Raum gab um allein zu sein oder Zeit mit Freunden zu verbringen. Ein Thema weshalb es oft zu Diskussionen kam.
Doch sobald ich Marc gegenüber saß verschwand Leon immer mehr in den Hintergrund. Ich dachte meine Gefühle für ihn waren weg. Ich hatte mit ihm abgeschlossen. Mir war bewusst dass er zurückkommen würde. Doch nicht auf diese Art und Weise. Und während ich mir den Kopf über meine Gefühle zerbrach, hatte er sicher keine mehr für mich übrig. Warum er diese Nachricht geschrieben hat? Vielleicht war es gar nicht er? Vielleicht nur ein Spaß von irgendeinem Freund? Oder er war betrunken und wollte Sex? Ich wusste nicht was er unter Liebe verstand. Ich dachte die ganze Zeit über das was wir hatten war Liebe, ein kleines, süßes Geheimnis der Liebe zwischen uns. Aber vielleicht täuschte ich mich und es war nur Lust gewesen? Warum aber dann diese Nachricht? Diese gottverdammte Nachricht, die mir nicht aus dem Kopf ging. Hundert Mal habe ich den Chat geöffnet, hundert Mal habe ich mir diese Wörter durchgelesen, hundert Mal konnte ich es nicht verstehen.
Das Klingeln der Pause riss mich aus meinen Gedanken.
"Ich wünsche euch noch einen restlichen schönen ersten Schultag, wir sehen uns im Laufe der Woche. Tschüss.", mit dem Worten verabschiedete uns Herr Dumond. Unsere Blicke trafen sich und er schenkte mir ein leichtes Lächeln. Mein Herz setzte für einen Moment aus, nur um noch härter weiterzupumpen. Meine Beine fühlten sich wie Watte an und ich drohte umzukippen, dennoch verließ ich erhobenen Hauptes, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, das Klassenzimmer.
Als nächstes hatten wir Geschichte. Mein Puls beruhigte sich, doch Herr Dumond ging mir nicht aus dem Kopf. Ich bekam nicht wirklich mit, was Frau Kolbeck erzählte und starrte aus dem Fenster. Ich konnte es mir nicht leisten dieses Schuljahr schlechte Noten zu schreiben, nur weil er wieder da war und mich um den Verstand brachte. Ihn als Lehrer in einem Leistungsfach zu haben verschlimmerte die Sache noch mehr. Leistungsfach bedeutete ihn fünf Stunden die Woche zu sehen. Beim Gedanken der letzten Englischstunden mit ihm musste ich widerwillig grinsen. Nein, ich würde mich nicht auf ihn einlassen, nicht schon wieder. Ich blickte auf und zückte mein Hausaufgabenheft, um mir den Termin für die Geschichtsarbeit zu notieren. Nach neunzig Minuten und einer weiteren Pause folgte eine Stunde Französisch. Frau Osterwiek begrüßte uns freudig und ich hatte seit langem mal wieder Lust auf Französischunterricht. Sie lebte dieses Fach und war Feuer und Flamme dafür. Auch im Deutschunterricht danach belegten Lasse, Frederick und ich die letzte Reihe. Deutsch war ein weiteres Leistungsfach und ich war froh es mit ihnen zu verbringen. Unser Geschichtslehrer der letzten Jahre, Herr Ferline, unterrichtete Deutsch mit Leidenschaft. Wir besprachen den Plan für das kommende Schuljahr und welche Lektüren wir lesen würden.
"Hermann Hesse, Steppenwolf!", rief Herr Ferline. Ein genervtes Stöhnen ging durch das Klassenzimmer.
"Goethe, Faust!", fuhr er fort. Frederick jubelte auf. "Endlich!", freute er sich.
"Hoffmann, Der goldene Topf. Treichel, Der Verlorene. Reisen, deutschsprachige Lyrik vom Sturm und Drang bis zur Gegenwart!", erwartungsvoll sah er uns an, doch er bekam nur ratlose Blicke zurück.
"Ach Leute, ihr seid der Leistungskurs! Da erwarte ich schon mehr von euch! Ich muss euch für das Abitur vorbereiten, etwas mehr Begeisterung!"
Würden wir in jedem Kurs hören, dass wir uns anstrengen mussten, nur weil wir der Leistungskurs waren? Ich konnte wetten, dass sie uns im Basiskurs sagten, dass wir uns mehr anstrengen mussten, weil wir sowieso schon schlechter waren.
Ich fieberte dem Klingeln entgegen, den nach der Schule wollte Leon vorbeikommen. Endlich wurden wir erlöst und ich stürmte nach Hause. Ich traf Leon auf halbem Wege und begrüßte ihn mit einem Kuss.
"Wie war der erste Schultag?", wollte er wissen, während wir Hand-in-Hand die letzten Meter zu mir nach Hause liefen.
"Wenn ich eins nicht vermisst habe, dann die Schule.", antwortete ich.
"Ich bin froh, dass ich aus diesem Betonklotz raus bin."
"Sei froh. Aber jetzt haben wir erstmal ein wenig Zeit für uns."
"Genau.", Leon beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Wir liefen die Treppen hoch zu unserer Wohnung. Dort begrüßte meine Mutter uns und verkündete, dass das Essen fast fertig sei. Wir zogen uns um und verschwanden nach dem Essen wieder in meinem Zimmer. Dort kuschelten wir uns in mein Bett. Schon nach kurzer Zeit hörte ich Leon leicht schnarchen, er schlief immer schnell ein. Auch ich fiel in einen Halbschlaf. Sein Zucken weckte mich jedoch wieder auf. Als er spürte dass ich mich bewegte, zog er mich fester an sich. Ich lag mit dem Kopf auf seiner Brust, ein Bein über seiner Körpermitte. Lächelnd strich ich mit dem Oberschenkel über seine Mitte, die schon die ganze Zeit hart war. Ich fuhr leicht mit der Hand über seinen harten Schwanz, nur um sie dann auf seine Brust zu legen. Er atmete hörbar aus. Unschuldig kuschelte ich mich an seine Brust. Ich wusste ganz genau, auf was er Lust hatte.
♡
Auf euren Wunsch habe ich das Cover geändert.
Altes Cover:
Neues Cover von Callamelia:
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