Glück Aus Keksen
Jawohl. Glückskekse. Wir alle kennen und lieben sie.
Es ist wie mit den Horoskopen, niemand glaubt daran, aber es ist irgendwie faszinierend, sich seine Zukunft von Gebäck voraussagen zu lassen.
Woher aber kommt die Tradition, Sprüche in Teigwaren einzubacken?
Im alten China wurden sogenannte Mondkuchen zu vielen Anlässen gebacken, wie zum Beispiel zum im Oktober stattfindenden Mondfest.
Der Grundaufbau der Mondkuchen ist immer gleich, er sieht aus wie ein kleines Törtchen mit Füllung.
Diese Füllung ist das Besondere, denn jeder Bäcker bereitet sie selbst zu, also kommt eine große Bandbreite an Geschmack infrage. Man kann quasi alles einbacken.
Mandeln, Fleisch, Bohnen (?!), Ananas... Was dem Bäcker so in die Teigschüssel fällt. Bertie Bott's Kuchen in allen Geschmacksrichtungen sozusagen.
Der typische Mondkuchen allerdings wird meist einfach mit einer Paste aus Lotus, Zucker und gesalzener Eidotter gefüllt. Der Zucker und das Salz stehen hierbei für Yin und Yang.
Obendrauf stehen dann meist Schriftzeichen, die "Harmonie", "langes Leben" oder andere klischeehafte Phrasen bedeuten.
"Aber was haben die Mondkuchen jetzt mit meinen Glückskeksen zu tun?", fragt sich mein geneigter Leser nun.
Ganz einfach. Oder auch nicht so einfach, denn wir müssen unseren Ausflug in die chinesische Geschichte noch ein wenig verlängern.
In der sogenannten Yuan-Dynastie (1279-1368) wurde China von einem mongolischen Kaiser regiert.
Das fanden sie natürlich nicht so toll und ein gewisser Chu Yuan Chang (oder Zhu Yuanzhang) übernahm bald den Thron.
Doch um den Aufstand in den besetzten Städten zu organisieren, musste er Kontakt mit dem Volk dort aufnehmen, ohne, dass die Mongolen es bemerkten. Und hier kommen unsere Kuchen ins Spiel.
Er buk seine Botschaften darin ein, welche die Mongolen aufgrund dieser neuen Technik nicht fanden. Der Aufstand gelang und die Ming-Dynastie hatte begonnen.
Aber das ist noch nicht der wahre Ursprung der Glückskekse. Man findet in vielen Kulturen Geschichten über eingebackene Nachrichten.
Der Mondkuchen ist nur eine von vielen möglichen Herkunften.
Aus den Umschlägen der Nachrichten für den antimongolischen Aufstand, den vermutlich viele Bauern mit ihrem Leben bezahlten, wurde ein knuspriger, süßer Keks in Glitzerpapier mit Zettelchen, in denen welterhaltende Weisheiten wie "Sie können Ihrem Traum begegnen" oder "Eine kleine Überraschung erwartet Sie" stehen.
Aber dieses Buch ist kein Lexikon. Alles, was da oben steht, hättest Du auch bei Wikipedia nachlesen können. Das, was noch fehlt, ist die Beantwortung der Frage "Lässt sich die Zukunft durch Kekse voraussagen?".
So lächerlich diese Frage klingt, kann es doch nur eine Antwort geben, oder?
Nein.
Nein, Gebäck kann die Zukunft nicht voraussagen. Aber gleichzeitig Nein, das ist nicht die ganze Wahrheit.
Der Mensch ist ein Lebewesen, das sich alles zu seinen Gunsten hinbiegt.
Wir hören nur das, was wir auch hören wollen.
Natürlich könnte man unzähligen Wissenschaftlern Glauben schenken und etwas gegen den Klimawandel unternehmen, aber man kann sie ja schließlich auch einfach ignorieren. Problem gelöst.
Genau so funktioniert es, und zwar schon, seit Menschen auf dieser Erde wandeln.
Im alten Griechenland zum Beispiel gab es das Orakel von Delphi.
"Ein Leid wird dir geschehen!"
Und ein paar Jahre später wird die Ernte vom Blitz getroffen. Hey, das Orakel hat genau das vorausgesagt!
Später in Frankreich. Nostradamus.
Wahrsager.
Horoskope.
Die Beispiele sind grenzenlos.
Und obwohl jeder weiß, dass niemand die Zukunft kennt, hat all das etwas Faszinierendes, Reizendes.
Wir lassen uns trotzdem darauf ein, und sei es nur aus Neugier. Wir bekommen irgendeine Botschaft von einer höheren Macht und versuchen, sie richtig zu interpretieren.
Die Aussagen sind so schwammig formuliert, dass sie quasi alles bedeuten können.
Können Kekse dir deine Zukunft verraten?
Das kommt darauf an, wie Du die Botschaft interpretierst. Meistens fällt sie uns erst im Nachhinein ein und wir denken: "Ja, stimmt, der Keks hat es die ganze Zeit gewusst!"
Nur selten denken wir schon vorher darüber nach. Aber wenn doch, dann liegen wir einmal in hundert Fällen vielleicht sogar richtig.
Die Kekse wachen über Dich. Denk da mal dran, wenn Du schlafen gehst. Alpträume vorprogrammiert.
In diesem Sinne, danke für's Quälen durch die chinesische Geschichte, die uns letztendlich nichts gebracht hat.
In meinem letzten Glückskeks steckte übrigens ein Zettel, auf dem "Sie erhalten gute Nachrichten!" stand.
Hier ein paar sehr wahrscheinliche Interpretationen, über die sich jeder Deutschlehrer freuen wird:
1) Ein gewisser orangefarbener Politiker sieht ein, dass er doch lieber Kaninchenzüchter wäre und wandert nach Afrika aus.
2) Ich bekomme sofort sämtliche Schulabschlüsse ausgehändigt.
3) Ich bekomme eine offizielle Einladung für die Premiere von Frozen 2.
4) Ich habe im Lotto gewonnen. (Unwahrscheinlich, da ich nicht einmal Lotto spiele.)
5) Mir wird einfach so eine unfassbare Menge an Geld geschenkt.
6) Die Jury damals hat sich geirrt und ich habe doch den Singwettbewerb gewonnen. (Ich weiß, dass das schon zehn Jahre her ist! Aber ich will diesen Pokal!)
Oder natürlich-
7) DER KERL MAG MICH! (*Jedes verliebte Grundschulmädchen *)
Tadaaa, eine große Auswahl an möglichen Zukunftstheorien.
Sollen die Kekse sich doch eine aussuchen.
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