Kapitel 29
"Bist du soweit? Ich würde dann nämlich direkt zum Studio los." Ich sah zu Taehyung auf, der fertig gegessen mit seinem Tablett vor mir stand und mich fragend ansah.
"Klar.", antwortete ich und stellte mein ganzes Geschirr zurück auf den Teller und erhob mich dann auch vom Essenstisch.
Ich verabschiedete mich von meinen anderen Freunden und verließ mit dem Blonden die Mensa. Gespannt ließ ich mich von ihm durch die Gänge führen, bis wir zu den kleinen Fotostudios kamen. Er gab den Code zu einer der Türen ein und wir betraten den Raum.
Nachdem er sämtliche Lichter angemacht hatte, steuerte er sofort einen der Tische mit Computer an und ließ sich auf den Stuhl davor fallen. Während er aus seinem Rucksack seine Kamera heraus zog und sie, beziehungsweise die Speicherkarte an den PC anschloss, sah ich mich etwas genauer um.
Nach wie vor überraschte mich diese Akademie immer von neuem. Dieses Zimmer hier war ausgestattet fast wie ein Designerbüro. Gigantische Drucker reihten sich an den Wänden und hochwertige Papierbögen stapelten sich auch in den Regalen neben ihnen. Zudem sah ich auch fein säuberlich aufgeräumt an den Computerplätzen Grafiktablets, die auch für die Benutzung freigegeben waren. An den Wänden hingen an den freien Stellen Pinnwände, an denen Grafikkonzepte von wohl anderen Mitnutzern aus diesem Raum hingen. Der komplette Raum roch einfach nach Papier und Druckerfarbe. Irgendwie hatte das auch einen ganz eigenen Charme.
Ich schlenderte zu Taehyung und zog mir einen weiteren Stuhl dazu, damit ich mich zu ihm setzen konnte. Er hatte mittlerweile seinen Arbeitsbereich eingerichtet, hatte ein Grafiktablett gestartet und war gerade dabei Photoshop zu öffnen.
"Du kannst das wirklich alles hier kostenlos nutzen?", fragte ich neugierig nach.
"Mmh?", er sah überrascht aus.
"Darfst du das alles hier wirklich kostenlos nutzen?", wiederholte ich meine Frage und deutete auf alles um mich herum. Langsam schüttelte er den Kopf.
"Nicht ganz.", begann er zögerlich.
"Also die Computer und die Software tatsächlich schon. Die Kosten dafür werden durch die Studiengebühr irgendwie mit gedeckt. Das gilt auch für die Tabletts. Allerdings zahl ich da wie so ein kleines Abo ein wenig dazu, dass so abnutzbare Sachen wie die Stiftspitzen auch ersetzt werden können. Und falls ich nachweislich ein solches Gerät kaputt mache, muss ich es dann auch komplett ersetzen.", zuckte er mit den Schultern.
"Und das Drucken?", fragte ich weiter nach. Doch da winkte er ab.
"Die Möglichkeit mit dem Drucken nutze ich tatsächlich so gut wie gar nicht. Würde ich das nutzen, müsste ich, je nachdem wie viel ich drucken wollen würde, auch nochmal etwas dazu zahlen. Aber das ist auch gerechtfertigt, weil das dann auch echt hochwertige Drucke sind. Und es ist echt gigantisch was andere für Kunstwerke damit erschaffen."
Ich nickte und warf wieder ein Blick auf die Konzepte, die an der Pinnwand hingen.
"Das glaube ich gerne.", murmelte ich und sah dann wieder auf den Bildschirm vor uns.
Taehyung öffnete die Bilder, die er in letzter Zeit gemacht hatte und skipte sie durch, auf der Suche, nach den, die es auch wert waren bearbeitet zu werden. Mein Grinsen wurde breiter, als er gerade die Bilder hindurch skipte, die er am vorletzten Abend mit Kookie gemacht hatte.
"Junge, Junge, Junge. Der Typ hat echt richtig Modelpotenzial.", grinste ich breit.
Abgesehen, dass die Bilder von Tae echt gut geschossen waren... Der Braunhaarige Hexer hatte echt ein Talent dazu vor der Kamera zu stehen. Sein Blick glich tatsächlich dem eines Models und auch so präsentierte er sich auch. Seinen Körper hatte er auf jeden Fall unter Kontrolle. Ich sah aus dem Augenwinkel wie Taehyung hart schluckte und langsam nickte.
"Das sieht mal mega hot aus!", grinste ich und deutete auf das Bild, das gerade auf dem Bildschirm zu sehen war.
Er saß auf dem Bild auf einem Stein, war nach vorne gebeugt und hatte so auch seine Arme lässig auf seine Knie abgelegt. Seine beige Hose warf kaum eine Falte und auch sein weißes enges Tanktop ließ nicht vermuten, dass diese Kleidung schon einen ganzen Unitag mitgemacht hatte. Außerdem hatte man durch sein Top vollen Ausblick auf seine durchtrainierten und teils tätowierten Arme. Zudem sah er verführerisch und dominant in die Kamera. Wie gesagt, der Typ wusste einfach mit seinem Körper umzugehen. Wenn er das in allen Lebenslagen so hinbekam, dann halleluja für die Person, die mit ihm das Bett teilen würde.
"Jimin! Das kannst du doch so nicht sagen!" Verwirrt über Taes geschockten Ausruf, sah ich zu ihm.
"Was kann ich so nicht sagen?", fragte ich verwundert. Ein leichter Rotschimmer legte sich auf Taehyungs Wangen.
"N... na, d... dass er hot aussehen würde...", stammelte er unsicher und es war ihm sichtlich unwohl diese Worte in den Mund zu nehmen.
"Wieso sollte ich das nicht sagen können? Vor allem, weil es doch offensichtlich die Wahrheit ist?", zuckte ich mit den Schultern.
"A... aber Jungkook ist ein Mann u... und du doch auch?!", stotterte er. Kritisch zog ich meine Augenbrauen zusammen.
"Und das ist ein Problem, weil...?", fragte ich. Jetzt sah mich Taehyung fassungslos an.
"D... das... a... also M...Mann und Mann... i... ist doch ver... verboten und... böse...", zum Ende hin wurde er immer und immer leiser.
Meine Mimik wechselte ins ausdruckslose. Ach so. Daher wehte also der Wind.
"Wer behauptet das?", fragte ich leise.
Taehyung sah schüchtern auf seine Hände und begann mit seinen Fingern zu spielen.
"Naja... M... meine Eltern, weil doch auch unsere Götter das nicht richtig finden. Weil... So kann man sein Erbe ja auch nicht weitertragen und so..."
Unmerklich seufzte ich und verdrehte meine Auge. Diese dämliche Göttergeschichte.
"Haben die Götter nicht auch gesagt, dass sie wollen, dass wir glücklich sind?", stellte ich schließlich eine Gegenfrage. Überrascht sah er auf und schien dann darüber kurz nachzudenken.
"Sie... wollen nur das Beste für uns.", widerholte er die typische Floskel.
"Mit anderen Worten, sie wollen, dass wir glücklich sind.", widerholte ich mich. Zögerlich nickte Taehyung als Zustimmung.
"Also. Falls wir für uns dann feststellen, dass wir auf das gleiche Geschlecht stehen... Wenn wir das nicht ausleben dürften, weil uns das wer auch immer verbietet, sind wir ja nicht mehr glücklich."
"Ja, aber...", mein Gegenüber rang mit seinen Worten. "... aber dann verstoßen wir gegen die Natur unser Erbe weiterzugeben."
Stumm seufzte ich. Die Götter juckte es doch ein Scheißdreck, ob wir uns fortpflanzten oder nicht. Nicht einmal, ob wir deren Gesetze für uns untereinander umsetzten oder nicht. Die juckte es doch nur, wenn man sich von ihnen komplett abwandte und ihnen nicht mehr huldigte.
Aber mit dieser Begründung würde ich hier wohl nicht viel weiter kommen.
"Eigentlich könnten sie dieses Gesetz gerne mal abändern...", murmelte ich. Geschockt sah Taehyung mich an.
"D... das ist doch fast schon Gotteslästerung!", rief er fast schon geschockt aus. Ich schüttelte den Kopf.
"Ich meine doch nur. Wenn das so weitergeht, haben wir noch ein größeres Problem mit Überbevölkerung. Außerdem gibt es doch auch genügend Gestalten, bei denen es sicher besser wäre, wenn sie ihr Erbe nicht weitergeben würden. Egal." Ich schüttelte meinen beiden Hände, um dieses Thema abzubrechen.
"Lassen wir das. Es führt zu nichts. Aber ich bleibe dabei. Wenn die Götter wirklich wollen, dass wir glücklich wären, dann dürfen sie in unsere Sexualität uns sicher keine Vorschriften machen."
Taehyung blieb daraufhin stumm und nagte an seiner Unterlippe. Vielleicht half ihm ja doch meine Aussage mal doch zu einer anderen Weltansicht zu kommen.
"Außerdem... Frauen dürfen andere Frauen auch als sexy, hübsch und attraktiv benennen. Warum nicht auch ich als Mann, auch andere Männer? Das ist doch dann auch nur Gleichberechtigung für alle.", beschwerte ich mich. Kurz war es still, doch dann seufzte Tae.
"Gut. Du hast ja Recht...", murmelte er. Meine Augen wurden groß. Mit so einem Zugeständnis von ihm hätte ich wohl heute nicht gerechnet.
"Tut mir leid. Ich habe das halt noch nie so von jemanden gehört...", entschuldigte er sich sogar.
"Ist schon gut.", seufzte ich schließlich. "Aber Gespräch hin oder her. Ich will, dass du dieses Bild von unserm Modelfreund bearbeitest. Das ist mit Abstand bisher das Beste von allen."
"O... okay.", schmunzelte der Blonde dann sogar und öffnete das Bild in Photoshop.
Ich sah ihm zu, wie er das Bild bearbeitete und von richtig gut, zur absoluten Perfektion verhalf.
Was mir dabei allerdings nicht entging, war das Schwitzen von meinem Sitznachbarn und wie er hin und wieder unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschte. Wenn der nicht verschossen in den Muskelhasen war, dann wusste ich auch nicht. Und das einzige was ihm dort im Weg stand, war seine religiöse Erziehung.
Auch wenn ich seine Eltern nicht kannte, waren sie mir jetzt schon eindeutig unsympathisch.
Glaub bisher in der Geschichte das schwierigste Kapitel zum schreiben gewesen.
Aber Liebe ist Liebe! Punkt! 🙏
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