2. Kapitel
20 Jahre später
Mick hockte auf dem Dach eines Hochhauses.
Seit einem Tag war er wieder in der vierten Dimension.
Bei den Menschen!
Eigentlich hätte er gleich in die Villa gehen sollen, aber er hatte keine Lust dazu. Seit beinahe zwanzig Jahre war er nicht mehr dort gewesen und nun wollte er auch nicht in der Villa sein.
Seine Ausbildung hatte Zeit in Anspruch genommen, aber nun war er der Dämon, den sein Vater immer gewollt hatte.
Er beherrschte die Elemente, konnte Gedanken lesen und entwickelte Strategien, die manch einen ehrwürdigen Dämon verwundert inne hielten ließ.
Trotz seiner relativ jungen Jahre hatte sein Vater ihm ein Kommando gegeben und sie hatten die fünfte Dimension mehr als einmal erfolgreich verteidigt. Es kam immer wieder zum Krieg zwischen den Dämonenstämmen, besonders seid er aufgetaucht war. Die Familie seiner Mutter war besonders hartnäckig. Offenbar war ihnen auf einmal klar geworden, dass Mick doch nützlicher war, als Viktoria ihnen weiß machen wollte.
Besonders ihr Vater war scharf auf ihn.
Kaum hatte Mick seine erste Schlacht bestritten, bekam Damian schon die Nachricht, dass er seinen Sohn ausliefern sollte. Doch Damian dachte nicht daran. Auch wenn er ein lausiger Vater war, so hatte er begriffen, was er an Mick hatte.
Nein, Mick würde bestimmt nicht zu der Familie seiner Mutter gehen. Vor allem, weil er nicht wusste, wie er reagieren würde, wenn Viktoria plötzlich vor ihm stehen würde. Seine Wut auf sie hatte sich auch in den zwanzig Jahren nicht gelegt. Er konnte ihr einfach nicht verzeihen, dass sie ihm verschwiegen hatte, was er in Wirklichkeit war. Und da war noch mehr. Wahrscheinlich würde er ihr nie mehr begegnen, denn sie war auch ein Feigling.
„Verwöhne Mistschlampe!", murrte er.
Liebend gerne hätte er sich für die Jahre revanchiert, die er mit ihr verbringen musste.
Jetzt war er aber erst einmal hier.
Er stand auf und streckte sich. Sein Mantel wehte im Wind und er blickte kurz in den Himmel. Sofort herrschte Windstille und er grinste.
Ja, er hatte es immer noch mit dem Wetter. Nur dass es ihn nicht mehr beherrschte, sondern umgekehrt. Was er wollte, geschah!
Sein Handy klingelte und er fluchte, als er sah, wer ihn anrief.
Callum!
Er wollte bestimmt wissen, wo Mick sich herumtrieb.
Er lehnte den Anruf ab und sprang vom Hochhaus.
Es war tief dunkle Nacht und niemand hatte ihn gesehen. Aber er liebte diesen Kick und wenn das Adrenalin in seine Adern schoss.
Wieder klingelte sein Handy und Mick knurrte.
Konnte Callum ihn nicht in Ruhe lassen?
Sein Vater hatte ihm endlich freie Zeit gewährt, aber er verlangte, dass Mick in die vierte Dimension zurückkehrte. Wahrscheinlich meinte Damian, ihn so unter Kontrolle halten zu können. Manchmal behandelte er Mick immer noch wie einen kleinen Jungen. Er bewegte kurz seinen Kopf und wandelte sich in seine menschliche Gestalt.
Er würde seine Ruhe haben!
Aber nicht in der Villa.
Er schlenderte die Straße entlang. Die Menschen machten ihm bereitwillig Platz, als ob sie ahnen würden, dass er gefährlich war. Es konnte allerdings auch an seiner Größe und an seinem Aussehen liegen. Es war schon ewige Zeiten her, dass er das letzte Mal gelächelt hatte. Und damals war es eher ein Grinsen, als er einem Dämon mit bloßen Händen das Genick gebrochen hatte.
Vor einem Hotel blieb er stehen. Unschlüssig betrachtete er es. Es war ein exklusives Hotel, das bestimmt allen Luxus hatte, den er gewohnt war.
Aber wollte er das?
Eigentlich wollte er nur seine Ruhe.
Der Portier betrachtete ihn lächelnd und machte eine einladende Bewegung in Richtung des Eingangs.
Mick schnaubte kurz.
Wenn er ihn noch vor ein paar Minuten gesehen hätte, wäre er kreischend davon gerannt und hätte ihn bestimmt nicht hineingebeten.
Er schüttelte den Kopf und lief weiter.
Die Stadt stank erbärmlich und er sehnte sich nach den grünen Weiten der fünften Dimension. Das hatte er geliebt, als er dort gelebt hatte.
Genau eine Woche, nachdem Damian ihn verlassen hatte, war er wieder gekommen und hatte ihn mitgenommen.
Mick hatte sich gleich gut eingeführt, als sie das Schloss seines Vaters erreichten.
Seine ganzen Berater und die Hofdamen waren anwesend gewesen und er hatte allen erst einmal vor die Füße gekotzt.
Obwohl er mit James diese Dimensionssprünge geübt hatte, war ihm schlecht geworden.
Ein Raunen ging durch den gesamten Hofstaat und einige gaben unwillige Laute von sich.
Mick war es peinlich gewesen, doch Damian hatte laut gelacht. Dann hatte er seine Leute angesehen und geraunt, dass sie seinem Sohn Respekt zollen sollten.
Am anderen Tag hatte Damian ihn das erste Mal zu einem Ritt mitgenommen. Und Mick hatte es gefallen. Jede freie Minute war er auf ein Pferd gesprungen und hatte diese unbekannte Welt erkundet.
Die Berater hatten die Hände über den Kopf zusammen geschlagen, doch Damian war sehr stolz auf seinen Sohn gewesen, der furchtlos den wildesten Hengst zähmte.
Er hatte ihn gewähren lassen, weil Mick im Gegenzug fleißig lernte.
Doch es waren Jahre nötig, bis er endlich ein vollwertiger Dämon war. Seine Lehrer fluchten immer wieder auf Viktoria, weil sie Mick das Wichtigste verschwiegen hatte. Nämlich, dass er ein Dämon war.
Ganz in Gedanken versunken, schlenderte Mick immer weiter, bis er feststellte, dass er in einem ärmeren Vorort gelandet war.
Wie lange war er denn gelaufen?
Es stank immer noch, aber es war ruhig. Mick gefiel das. Ruhe! Das war hier selten.
Ja, hier würde er Ruhe finden.
Erst einmal brauchte er eine Unterkunft für die Nacht. Er schaute auf die Uhr. Das war für ihn eigentlich eine ungewohnte Tätigkeit, denn dort wo er herkam spielte die Zeit keine Rolle.
Es war erst zehn Uhr am Abend.
Verflucht!
Ein Hotel würde er hier wohl nicht finden.
Er lief weiter, dann fand er ein Haus. Es war alt und eine nervig blinkende Neonreklame verkündete ihm, dass hier Zimmer und Frühstück angeboten wurde.
Er zuckte mit den Schultern.
Besser als gar nichts.
Er öffnete das quietschende Gartentor und ging zu der Eingangstür.
Er klopfte laut an, denn er fand nirgends eine Klingel.
Es war dunkel. Wahrscheinlich schliefen alle schon. Er wollte schon wieder gehen, als die Tür geöffnet wurde. Mick sah hinunter und meinte erst, er hätte ein Kind geweckt. Doch bei genauem Hinsehen war es eine junge Frau. Sie trug einen schäbigen Bademantel in einem undefinierbaren Grün, der schon bessere Tage gesehen hatte.
„Sie wünschen?", fragte sie leise.
Ihre Stimme klang verschlafen und auch die ungemachten Haare ließen bei Mick den Schluss zu, dass er sie tatsächlich geweckt haben musste.
„Entschuldigen sie. Ich wollte sie nicht wecken. Ich werde ein Hotel suchen!"
Sie rieb sich die Augen und gähnte hinter vorgehaltener Hand.
„Da werden sie kein Glück haben. Hier in der Gegend gibt es kein Hotel, nur meine Pension. Und eigentlich verirrt sich hier kaum jemand hin. Kommen sie. Ich bin wach und sie suchen ein Bett!"
Sie starrte ihn einen Moment an, dann lachte sie schallend.
„Entschuldigung! Das klang jetzt sehr anzüglich! Ich hätte Zimmer sagen sollen!"
Sein Mund verzog sich tatsächlich zu einem Lächeln. Aber bevor es eines werden konnte, verhinderte er es.
Obwohl sie wirklich noch verschlafen wirkte, hatte sie doch noch einen derben Humor. Ihm gefiel das.
Sie öffnete die Tür noch weiter und ließ ihn eintreten. Mick musste tatsächlich den Kopf einziehen, damit er sich nicht anstieß.
„Wow! Sie sind aber verdammt groß! Ich hoffe nur, dass sie schlafen können. Meine Betten haben normale Größe!"
Er zuckte mit den Schultern.
„Wenn sie ein Doppelbett haben, dann sollte es genügen!"
Innerlich lachte er. Wenn sie ihn in seiner dämonischen Gestalt sehen könnte, würde sie nicht mehr lachen. Denn dann war er über drei Meter groß und hatte einen gewaltigen Körper. In seiner menschlichen Gestalt war er zwar auch nicht ohne, aber er liebte seine ursprüngliche Gestalt. Er hatte auch sehr lange dafür üben müssen, bis er sich endlich wandeln konnte.
Sie zuckte mit den Schultern und schaltete die Neonbeleuchtung ab.
Er sah sie fragend an.
„Ich habe nur ein Zimmer und zufällig hat es auch ein Doppelbett."
Er runzelte die Stirn.
„Nur ein Zimmer?", hakte er nach.
Sie nickte.
„Es verirren sich nicht viele Leute hier her. Die meisten bleiben in der Stadt und suchen sich ein Hotel. Dort bekommen sie auch mehr als ein Frühstück!"
Er nickte.
„Ich würde dieses Etablissement trotzdem vorziehen. Ich brauche meine Ruhe und ich denke hier werde ich sie finden."
Sie riss die Augen auf, dann lachte sie leise. Er runzelte die Stirn.
Sie hob beide Hände.
„Entschuldigung! Sie sehen aber nicht wie ein Mann aus, der Ruhe und Abgeschiedenheit sucht. Eher wie ein Draufgänger!"
Wenn sie wüsste!
Sie beruhigte sich schnell wieder, dann reichte sie ihm ihre Hand.
„Mein Name ist Mariposa! Aber jeder nennt mich Mari, weil ich nicht gerade spanisch aussehe. Ich weiß nicht, was sich meine Mutter bei dem Namen gedacht hat!"
Er nahm ihre Hand und versuchte sehr vorsichtig zu drücken. Die kleine Hand verschwand fast in seiner.
„Mein Name ist Mikael. Aber alle nennen mich Mick, weil ich nicht wie ein Russe aussehe!"
Sie lächelte ihn an.
„Aber ihr Name ist schön! Nun kommen sie, Mikael! Ich zeige ihnen ihr Zimmer!" Sie blickte um ihn herum. „Haben sie kein Gepäck?"
Innerlich schlug er sich gegen die Stirn. Das hatte er ganz vergessen. Schnell suchte er nach einer Ausrede.
„Ich habe mein Gepäck noch am Flughafen. Offenbar ist es verloren gegangen. Ich werde morgen noch einmal danach suchen lassen!"
Sie nickte.
„Das ist ärgerlich. Ich kann ihnen nur einige Sachen von meinem Exmann geben. Aber er war nicht so...mächtig wie sie, Mikael!"
Er unterdrückte wieder ein Lächeln. Verflucht! Diese Frau schaffte es noch, dass er bald richtig lachte. Das wäre doch ziemlich unwürdig.
„Das wäre nett, Mariposa!"
Sie nickte und ging die Treppen nach oben.
„Ab sieben Uhr können sie Frühstück haben. Aber ich warte, bis sie wach sind und bereite es frisch zu!"
Vor einer Tür blieb sie stehen.
„Hier wäre das Zimmer! Leider habe ich kein Kabelfernsehen. Ich hoffe trotzdem, dass sie bleiben!"
Er nickte.
„Selbstverständlich!" Er nahm ihre Hand und deutete einen Handkuss an. „Ich wünsche ihnen eine Gute Nacht, Mariposa! Und ich werde zum Frühstück kommen, wenn sie auch unten sind!"
Sie starrte auf ihren Handrücken, aber er schlüpfte an ihr vorbei ins Zimmer und schloss die Tür.
„Wie meinst du das, er ist noch nicht aufgetaucht?"
Damian saß auf seinen Thron und starrte auf Callum, der vor ein paar Minuten unerwartet aufgetaucht war und nun vor ihm stand, als ob diese Nachricht nichts Besonderes wäre.
„Na ja, er ist eben nicht in der Villa und an sein Handy, dass ich ihm hinterlegt habe, geht er auch nicht. Entweder hat er es nicht gefunden, was ich aber nicht glaube, oder er will einfach nicht mit mir sprechen!"
Damian fluchte leise vor sich hin.
„Wo, verdammt noch mal, kann er sein?"
Callum zuckte mit den Schultern.
„Im Prinzip kann er überall sein!"
Er sah, dass Damian langsam auf einen Wutanfall zusteuerte. Seine Haut wurde richtig schwarz und seine Augen glühten rot.
Er sah in seiner dämonischen Gestalt schon Furcht erregend aus, aber als jetzt noch Flammen aus seinem Körper schossen, reichte es Callum.
„Was machst du für einen Aufstand, Damian? Du hast den Jungen in die vierte Dimension geschickt!"
Damian schnaubte.
„Ja! Er sollte sich unter eurer Aufsicht erholen und etwas Spaß haben! Aber bestimmt nicht davon laufen. Wer weiß, wer ihn in die Finger bekommt!"
Callum lachte schallend.
„Oh Damian. Du entdeckst doch jetzt nicht deine väterlichen Gefühle zu ihm, oder?"
Damian brüllte auf, was Callum nicht unbedingt beeindruckte. Er kannte Damian schon von klein auf und so einen kleinen Wutanfall stecke Callum locker weg.
Er ließ Damian einen Moment toben, dann fing er von vorne an.
„Also gut. Er ist nicht aufgetaucht. Warum regt dich das so auf? Ich kann mich daran erinnern, dass du auch nicht unbedingt oft auf deinen Vater gehört hast!"
Damian setzte sich wieder hin. Er schnappte sich einen Krug Wein und trank ihn leer.
„Das ist schon richtig. Aber ich bin mir immer noch nicht sicher, ob Mikael wirklich die Wiedergeburt des irren Dämons ist, oder ob Viktoria mich wirklich nur verärgern wollte."
Callum schnaubte leise.
„Ach komm schon, Damian! Mick ist viel zu vernünftig. Das weißt du auch selbst! Du musst ihn nicht andauernd im Auge behalten nur um sicher zu sein!"
Damian war sich da eben nicht so sicher. Mikael war zwar zu einem Mann herangewachsen, aber wenn man das Dämonenalter berücksichtigte, war er noch jung.
Callum hatte in einer Sache Recht. Mikael war vernünftig. Beinahe zu vernünftig. Er hatte noch nie einen so gehorsamen Dämonen erlebt, wie es sein Sohn war. Schon nach seiner Ankunft hatte er sich beinahe verbissen in seine Studien gelegt. Egal, was man ihm auftrug, er erledigte es. Damian hatte ihn nie lachen gesehen und Mikael hatte sich auch von den anderen Dämonenkindern ferngehalten, die ihn so manches Mal von der Arbeit abhalten wollten.
Nur wenn er mit ihm reiten gegangen war, erhellte sich sein Gesicht etwas. Das war die einzige Freude, die er sich gegönnt hatte.
Damian hätte eigentlich froh sein können, dass Mikael nun einmal aus der Routine ausbrach und das machte, wozu er Lust hatte. Wenn da nicht Viktoria wäre.
Damian war klar, dass Viktoria nie Muttergefühle für Mikael gehabt hatte. Je mehr er von der menschlichen Vergangenheit seines Sohnes erfahren hatte, desto mehr wuchs die Wut auf die Frau, die ihm diesen Sohn geboren hatte.
Er hatte einmal einen Bericht der Menschen in die Hände bekommen. Erst hatte er gelacht, weil die Menschen zu allem ein Schriftstück aufsetzten, doch als er es gelesen hatte, klappte ihn der Kiefer herunter. Dort stand etwas von Vernachlässigung und Kindesmisshandlung. Viktoria hatte mehr als einmal ihre Wut an Mikael ausgelassen. Dabei hätte sie Mikael einfach an Damian abgeben können. Doch das wollte sie nicht. Sie wollte Mick dafür leiden lassen für das, was Damian ihr angeblich angetan hatte. Mehr als einmal waren so genannte Beamte aufgetaucht und hatten Mikael mitgenommen. Aber weil er immer wieder schnell heilte konnten sie Viktoria nie etwas nachweisen.
Damian war sich sicher, dass Viktoria etwas von dem Wahnsinn, der bisher in ihrer Familie zwar nur einmal vorgekommen war, vererbt bekommen hatte.
Selbst jetzt forderte sie immer noch von Damian. Dabei hatte sie nichts mehr zu fordern, sondern sollte Ruhe geben.
Damian verscheuchte die Gedanken. Nicht dass jemand auf die Idee kam, er würde Vatergefühle für Mikael entwickeln. Denn das gab es bei den Dämonen nicht und er würde sich bestimmt nicht lächerlich machen.
„Finde heraus wo der Bengel steckt! Und wenn du ihn gefunden hast, bereite ihn darauf vor, dass ihn eine Strafe erwartet, weil er sich unerlaubt entfernt hat!"
Callum grinste und verneigte sich übertrieben tief.
„Wie du willst, Bruder!"
Er erzeugte eine Rauchwolke und verschwand so schnell wie er gekommen war.
Damian wischte sich über das Gesicht.
Solange er nicht wusste, wo Mikael steckte, musste er Augen und Ohren offen halten. Denn er war sich sicher, dass Viktoria nur auf so eine Gelegenheit wartete, um ihm eins auszuwischen!
Mari war früh wach geworden.
Wie immer!
Sie war so leise wie möglich die Treppe hinunter gegangen, um ihren Gast nicht zu wecken. Doch kaum hatte sie Kaffee aufgesetzt, stand Mick schon in der Küche. Sie erschrak fürchterlich, denn er hatte kein Geräusch von sich gegeben.
„Oh mein Gott!", rief sie aus und griff sich an die Brust, als sie ihn entdeckte.
Er sah sie entschuldigend an.
„Guten Morgen, Mariposa! Ich wollte sie nicht erschrecken!"
Sie atmete einmal tief durch, dann lächelte sie ihn an.
„Guten Morgen! Und keine Sorge. Ich bin nur erschrocken, weil ich nicht so früh mit ihnen gerechnet habe!"
Er zuckte mit der Schulter und zeigte dann auf den Tisch und die Stühle. Sie nickte ihm leicht zu.
„Ich bin aber noch nicht mit dem Frühstück fertig. Und ich decke für die Gäste immer im Esszimmer!"
Er verzog kurz das Gesicht.
„Ich bin ihr einziger Gast und wenn ich eine Tasse Kaffee bekommen könnte, wäre ich schon zufrieden!"
Sie lächelte ihn liebenswürdig an.
„Selbstverständlich. Aber ich mache natürlich noch Frühstück!"
Er legte den Kopf schief.
„Kann ich ihnen irgendwie helfen?"
Mari lachte laut auf.
„Soweit kommt es noch, dass meine Gäste mir helfen müssen. Setzen sie sich, Mikael. Der Kaffee ist beinahe fertig. Was möchten sie denn Essen?"
Er setzte sich und zuckte dann mit den Schultern.
„Ich nehme das, was auch sie Essen. Aber ich muss sie warnen. Ich esse eigentlich immer sehr viel!"
Das konnte sich Mari vorstellen.
Sie hatte ja schon in der Nacht bemerkt, wie groß er war. Und nun trug er Jeans und ein Shirt ihres Ex-Mannes, dass ihm viel zu eng war. Aber nun konnte man die Muskeln richtig sehen. Das solch ein Körper einiges an Nahrung brauchte, war ihr schon klar.
„Wissen sie was, Mikael? Ich werde einiges auftischen und wir nehmen uns beide, was wir mögen."
Er nickte und zog seinen Geldbeutel aus der Hosentasche.
Mari wollte nicht neugierig sein, aber ihr fielen sofort die vielen Scheine auf. Himmel, er schien wirklich vermögend zu sein. Was wollte er dann bei ihr?
„Sie sollten sich Schecks oder eine Kreditkarte zulegen. In dieser Gegend ist es nicht ratsam Bargeld in der Menge herum zu tragen!"
Er sah hoch und hob eine Augenbraue.
„Ich glaube nicht, dass es jemand wagt, mich an zu greifen!"
Mari zuckte mit der Schulter.
Das konnte schon sein. Dennoch! Es war zwar eine Vorstadt hier, aber dennoch gefährlich. Sie wäre nicht freiwillig hier, wenn sie nicht günstig dieses kleine Haus erstanden hätte.
Vorher hatte sie direkt in der Stadt gewohnt. In einer Gegend, in der nur Reiche wohnten. Aber ihr Exmann hatte sie auf die Straße gesetzt. Dabei war er es gewesen der sie betrogen hatte! Und er zahlte ihr keinen Unterhalt. Nun musste sie sich damit über Wasser halten. Dass sie Gäste bei sich aufnahm. Aber das war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Sie wohnte hier nicht gerne. Aber sie war schnell auf ihrer Arbeit und manchmal verirrte sich ein Student bei ihr, der das billige Zimmer zu schätzen wusste. Noch nie hatte sich jemand bei ihr eingefunden, der offensichtlich reich war.
Mick legte ein paar Scheine auf den Tisch.
„Reicht ihnen das? Ich meine für eine Woche ungefähr?"
Sie starrte auf das Geld. Himmel, das war mehr als genug.
„Das ist zu viel!"
Sie wollte ein paar Scheine zurückschieben, aber er schüttelte den Kopf.
„Wenn sie sehen, was ich esse, dann werden sie wahrscheinlich noch mehr verlangen!"
Sie lachte schallend, aber er verzog keine Miene. Sie fragte sich, ob er überhaupt einmal lachte oder wenigstens lächelte.
„Na gut, Mikael. Ich werde nach meiner Arbeit einkaufen und wenn es nicht reichen sollte, dann werde ich es sagen!"
Er nickte ernst.
Sie schob den Brötchenteig in den Ofen und machte sich an die Eier. Er saß nur da und beobachtete sie. Der Wecker des Ofens verkündete lauthals, dass die Brötchen fertig waren. Sie wollte gerade nach ihren Backhandschuhen greifen, als Mikael aufstand und das Blech mit der bloßen Hand aus dem Ofen zog.
Mari zog zischend den Atem ein.
„Mikael! Haben sie sich die Hand verbrannt?"
Er schüttelte den Kopf und hob seine Hände als Beweis. Man sah keine Brandblasen, die sich eigentlich bilden müssten. Die Hände waren nicht einmal rot!
„Ich halte so etwas aus, Mariposa. Nur keine Sorge!"
Sie war sich nicht sicher, aber sie beließ es dabei. Wenn er es nicht als seltsam empfand, was sollte sie sich dann einmischen?
Es dauerte nicht mehr lange und sie konnten frühstücken. Und Mikael hatte Recht. Er aß wirklich eine Menge. Die Lebensmittel, die sie eigentlich für drei Tage angedacht hatte, waren innerhalb von einer halben Stunde von ihm regelrecht verschlungen worden. Sie starrte auf die leeren Schüsseln und Teller, dann betrachtete sie ihn erstaunt.
Sie hatte keine Ahnung, wie er so einen Körper haben konnte, wenn er jede Mahlzeit so verschlang.
Als er fertig war, stellten sie zusammen das Geschirr in den Geschirrspüler.
„Ich werde jetzt zu meiner Arbeit fahren. Ein Schlüssel für sie hängt am Schlüsselbord neben der Tür. Ich biete eigentlich nur Frühstück an, weil ich bis Abends arbeite, aber ich kann ihnen gerne etwas mitbringen, wenn ich wieder nach Hause komme. Ich muss sowieso noch in den Supermarkt!"
Ihr Blick ging unauffällig zum Kühlschrank, der nun leer war.
Er bemerkte den Blick, aber wieder lächelte er nicht.
„Wenn sie einverstanden sind, Mariposa, werde ich einkaufen. Schreiben sie einfach auf, was sie benötigen und ich werde mich auch um das Abendessen kümmern. Ich muss nur verschiedene Sachen erledigen und dann habe ich den ganzen Tag frei."
Das klang zu schön um wahr zu sein.
„Ich bitte sie, was wäre ich für eine Gastgeberin, wenn ich meinen Gast..."
Er hob die Hand.
„Es wäre mir eine Ehre! Ich werde einkaufen und sie brauchen sich um nichts zu kümmern!"
Sie merkte, dass sie gegen ihn nicht ankam.
Man konnte nun wirklich nicht sagen, dass er vor Charme sprühte, aber er wollte es wohl tatsächlich.
„Nun gut, Mikael! Kann ich sie vielleicht irgendwohin mitnehmen?"
Er nickte.
„Es wäre schön, wenn sie mich bis in die Stadt mitnehmen würden. Von dort aus komme ich alleine klar!"
Sie nickte.
„In einer halben Stunde werde ich im Auto auf sie warten."
Er nickte und ließ sie alleine in der Küche.
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