Kapitel 16
Nachdem das Säulentreffen zu Ende war und sich die anderen begannen, voneinander zu verabschieden, sah Yukina ihre Gelegenheit gekommen. Sie hatte die ganze Zeit über ein Auge auf Shinobu Kocho geworfen, die Insektensäule, die immer so ruhig und kontrolliert wirkte. Yukina hatte gehört, dass Shinobu nicht nur ein Meister der Insektenatmung war, sondern auch ein unglaubliches Talent in der Heilkunst besaß, insbesondere bei der Versorgung von Verletzungen. Das war ein Bereich, der Yukina sehr interessierte.
„Shinobu-san, darf ich mit dir sprechen?" fragte Yukina schüchtern, als sie zu Shinobu hinübertrat, die gerade dabei war, ihre Ausrüstung zusammenzupacken.
Shinobu sah von ihrer Arbeit auf und schenkte Yukina ein sanftes Lächeln. „Natürlich, Yukina-chan. Was gibt es?"
„Ich habe von deiner Arbeit gehört", begann Yukina mit leuchtenden Augen. „Es ist unglaublich, wie du dich um die Verwundeten kümmerst. Ich... ich würde gerne mehr darüber lernen. Ich habe das Gefühl, dass ich das auch tun könnte, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll."
Shinobu neigte leicht den Kopf und ihre Augen funkelten vor Interesse. „Es freut mich, dass du dich dafür interessierst. Heilen ist eine Kunst für sich, und man muss viel Geduld aufbringen, um die richtige Technik zu erlernen. Aber wenn du wirklich lernen möchtest, könnte ich dir ein paar Grundlagen beibringen."
Yukina strahlte über das ganze Gesicht. „Das wäre fantastisch, Shinobu-san! Ich würde wirklich alles tun, um dir zu helfen und von dir zu lernen."
„Nun, zuerst musst du wissen, dass Heilung nicht nur eine Technik ist, sondern auch eine Frage des Mitgefühls. Du musst ein gutes Verständnis für den menschlichen Körper haben, ebenso wie für die verschiedenen Wunden, die Dämonen hinterlassen können", erklärte Shinobu mit einer ruhigen Stimme. „Es geht darum, die richtigen Mittel und Methoden anzuwenden, um den Schmerz zu lindern und die Heilung zu beschleunigen. Aber es braucht Zeit und Übung."
„Ich bin bereit! Ich werde alles tun, um es zu lernen", sagte Yukina entschlossen.
In diesem Moment hörte sie eine bekannte, gelangweilte Stimme hinter sich. „Lern erstmal, wie man kämpft, bevor du dich an so etwas versuchst."
Yukina drehte sich schnell um und erblickte Obanai, der mit verschränkten Armen und einem missmutigen Blick auf sie zuschritt. „Obanai", sagte Yukina mit einem leichten Seufzen. „Was willst du?"
Obanai rollte mit den Augen und trat näher. „Das hier ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über Heilung zu sprechen. Du solltest dich darauf konzentrieren, stärker zu werden, bevor du dich mit solchen Dingen beschäftigst. Ich möchte nicht, dass du dich in etwas verstrickst, das dich nur ablenkt."
Shinobu hatte sich mittlerweile wieder auf ihre Sachen konzentriert, doch sie warf Obanai einen kühlen Blick zu. „Iguro-san, du solltest Yukina nicht davon abhalten, sich mit etwas zu beschäftigen, das ihr am Herzen liegt. Sie will helfen, und das ist eine Eigenschaft, die wir nicht einfach abtun sollten."
Obanai grinste schief. „Shinobu, du weißt genauso gut wie ich, dass man in diesem Job keine Zeit für solche Spielereien hat. Sie sollte sich besser auf das konzentrieren, was zählt. Heilen kann jeder, aber Kämpfen ist, was sie wirklich lernen muss."
Yukina spürte die Spannung zwischen den beiden, konnte aber nicht anders, als sich in das Gespräch einzumischen. „Obanai, ich will kämpfen, aber das bedeutet nicht, dass ich nicht auch etwas anderes lernen kann. Es gibt mehr als nur Kämpfen, weißt du?"
Obanai schnaubte nur. „Du bist wirklich genauso stur wie immer. Aber mach, was du willst. Es ist mir egal." Er wandte sich dann an Shinobu. „Aber pass auf, dass du sie nicht in Schwierigkeiten bringst."
Shinobu neigte leicht den Kopf und gab ein leichtes, fast spöttisches Lächeln von sich. „Mach dir keine Sorgen, Iguro-san. Yukina hat mehr als genug Verstand, um zu wissen, was sie tut."
Yukina konnte nicht anders, als zu schmunzeln. „Danke, Shinobu-san. Ich werde mein Bestes geben, um zu lernen."
„Ich werde dir morgen früh ein paar grundlegende Techniken zeigen", sagte Shinobu und ihre Stimme war wieder ruhig und beruhigend. „Aber sei bereit, es wird harte Arbeit sein."
„Ich bin bereit!" antwortete Yukina mit einem entschlossenen Nicken.
Als Obanai sich dann verabschiedete und zu den anderen Säulen ging, atmete Yukina erleichtert auf. „Ich glaube, das wird wirklich spannend", flüsterte sie, als sie sich wieder Shinobu zuwandte.
Shinobu beobachtete sie mit einem wissenden Lächeln. „Du bist auf dem richtigen Weg, Yukina. Aber sei dir bewusst, dass das Heilen genauso viel Hingabe erfordert wie das Kämpfen. Es ist nicht weniger gefährlich."
„Ich verstehe", sagte Yukina, ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. „Ich werde alles tun, um die beste Version von mir selbst zu werden."
„Das ist die richtige Einstellung", sagte Shinobu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich bin sicher, dass du viel erreichen wirst."
Yukina war überglücklich, als sie sich von Shinobu verabschiedete. Heute hatte sie nicht nur eine neue Herausforderung angenommen, sondern auch jemanden gefunden, von dem sie viel lernen konnte. Und tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie bald nicht nur eine starke Kämpferin, sondern auch eine starke Heilerin sein würde.
Es war ein ruhiger Abend, und Yukina saß in ihrem Zimmer, als sie die leisen Geräusche von Schlangenbewegungen hörte. Sie drehte sich um und sah, wie Kaburamaru langsam durch das Fenster herein schlüpfte. Die Schlange hatte sich an diesem Tag von Obanai entfernt und war zu Yukina zurückgekehrt. Yukina lächelte, als sie die kleine Schlange sah, die sich mühsam über den Boden bewegte.
„Kaburamaru, du bist zurück!", rief Yukina erfreut, als sie sich bückte, um ihn aufzuheben. Sie streichelte sanft seinen Kopf und spürte, wie er sich entspannte. Die Schlange hatte immer einen besonderen Platz in ihrem Herzen, und sie hatte seine Gesellschaft sehr vermisst.
„Du hast dich wohl wieder ein bisschen von Obanai losgemacht, hm?", murmelte Yukina mit einem Lächeln. Kaburamaru zuckte leicht mit dem Kopf, als ob er zustimmen wollte. Yukina lachte und legte ihn auf ihren Schoß. Sie streichelte ihn sanft weiter und genoss die ruhige Zeit.
Die Minuten vergingen, und Yukina ließ sich immer tiefer in die Entspannung fallen. Schließlich hob sie Kaburamaru sanft hoch und zog ihn in ihre Arme. Sie schmiegte sich an ihn und ließ ihn sich gemütlich an sie kuscheln. „Ich hab dich so vermisst, du kleiner Wurm", flüsterte sie liebevoll, als sie ihn sanft knuddelte. Kaburamaru blinzelte langsam, als ob er die Zuneigung verstand.
Doch plötzlich hörte Yukina die Schritte von jemandem, der mit voller Wut auf sie zukam. Ihr Herz schlug schneller, als die Tür aufgestoßen wurde und Obanai hereinkam. Die Wut war in seinem Gesicht geschrieben, und seine Augen funkelten vor Zorn.
„Yukina!", brüllte Obanai, seine Stimme scharf und voller Ärger. „Wo zur Hölle ist Kaburamaru?!"
Yukina zuckte erschrocken zusammen, als sie Obanai so plötzlich und so wütend vor sich sah. Kaburamaru in ihren Armen, der kaum ein Geräusch von sich gab, schien ebenfalls überrascht von der Reaktion. „O-Obanai...", stammelte Yukina, immer noch schockiert. „Er ist... er ist bei mir."
Obanai schnaubte wütend und trat einen Schritt näher. „Bei dir?!", wiederholte er mit bissiger Zunge. „Ich war den ganzen Tag auf der Suche nach ihm, und du lässt ihn einfach los! Hast du überhaupt nachgedacht, was passieren könnte, wenn er weg ist?!"
Yukina fühlte sich wie gelähmt. Sie wusste, dass Obanai über seine Schlange sehr besitzergreifend war, aber sie hatte nicht erwartet, dass er so ausrastete. „Ich... ich habe ihn nicht weggelassen, Obanai! Er kam einfach zu mir zurück. Ich habe ihn gestreichelt, nichts weiter."
„Das ist es gerade, was mich stört! Du darfst Kaburamaru nicht einfach so... wegholen!" Obanai ballte die Fäuste und starrte sie mit einer Mischung aus Wut und Besorgnis an. „Er ist nicht nur irgendeine Schlange!"
„Ich weiß das!", rief Yukina verzweifelt. „Aber er ist auch nicht Obanai! Du behandelst ihn, als wäre er ein... ein Anhängsel von dir. Aber Kaburamaru ist doch auch ein Lebewesen, er kann sich entscheiden, zu wem er gehen will!"
Obanai trat einen Schritt zurück, seine Wut war nicht abgeklungen, aber sein Blick veränderte sich. „Du verstehst das nicht. Kaburamaru ist viel mehr als das. Er ist Teil von mir. Ohne ihn bin ich schwächer, ich... Ich kann nicht einfach ruhig bleiben, wenn er von mir weg ist."
„Ich verstehe, dass du an ihm hängst", sagte Yukina, ihre Stimme nun ruhiger, als sie die Schlange immer noch zärtlich in ihren Armen hielt. „Aber du kannst ihn nicht so kontrollieren. Kaburamaru entscheidet selbst, wo er sein möchte. Und heute wollte er bei mir sein."
„Das geht nicht", murmelte Obanai, der nun langsamer atmete, als er die Situation ein bisschen besser verstand. Er versuchte, sich zu beruhigen, doch der Ärger war immer noch in seinem Gesicht zu sehen. „Du weißt nicht, was du tust."
Yukina seufzte und stellte Kaburamaru sanft wieder auf den Boden. „Ich weiß, dass du besorgt bist, Obanai. Aber du kannst mir vertrauen. Ich würde ihm niemals wehtun. Er ist mein Freund, genauso wie du."
Obanai schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein und aus. Die Wut in ihm legte sich langsam, doch seine Stimme blieb angespannt. „Du solltest ihn nicht von mir wegholen, Yukina. Er braucht mich."
Yukina hob ihren Kopf und sah ihm fest in die Augen. „Und was brauchst du, Obanai?"
Obanai starrte sie einen Moment lang an, und es war, als ob er nicht wirklich wusste, was er antworten sollte. Schließlich öffnete er den Mund, um etwas zu sagen, doch dann hielt er inne. Er wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte, und doch konnte er nicht anders, als sich um Kaburamaru zu sorgen.
„Ich...", begann er, doch seine Stimme versagte ihm. Stattdessen drehte er sich um und ging zur Tür. „Ich bin nur... besorgt, dass er dich in Gefahr bringt."
„Das tut er nicht", sagte Yukina sanft und stand auf, um zu ihm zu gehen. „Aber du solltest mir mehr vertrauen, Obanai. Ich kann auf mich selbst aufpassen."
Obanai sagte nichts mehr, als er die Tür hinter sich schloss. Doch bevor er ganz draußen war, drehte er sich noch einmal um. „Ich hoffe, du hast recht", murmelte er, seine Stimme ein wenig weicher, als er ihr zum ersten Mal in diesem Moment tief in die Augen sah.
Yukina seufzte erleichtert und ließ sich wieder auf den Boden sinken, Kaburamaru in ihre Arme nehmend. Sie wusste, dass Obanai nur versuchte, sich um sie zu kümmern, aber manchmal war es schwieriger, den richtigen Weg zu finden, dies zu tun, als er dachte.
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