Kapitel 15

Das Säulentreffen war kaum zu ertragen, so viele große Persönlichkeiten an einem Ort, und jeder hatte etwas zu sagen, das entweder wichtig oder völlig unnötig war. Aber als Obanai sich plötzlich erhob, als ob er für einen Moment den Raum übernehmen wollte, stieß Yukina einen tiefen Seufzer aus. Sie kannte dieses Drama nur zu gut. Doch was dann passierte, hätte sie nicht erwartet.

Sanemi, der in der Ecke stehend wie immer mit verschränkten Armen und einem Ausdruck zwischen gelangweilt und wütend auf die Diskussion lauschte, fixierte Obanai. Als dieser sich für einen Augenblick umdrehte, um mit einem der anderen Säulen zu sprechen, murmelte Sanemi grinsend: „Ah, die Schlange rührt sich."

„Was hast du gesagt, Windbeutel?", fauchte Obanai sofort und stellte sich mit einem Flimmern in den Augen vor seinen Tsugoku, als ob er ihn gleich beschützen wollte.

„Ach, du bist doch die perfekte Schlangensäule", sagte Sanemi, während er seine Hand über das Kinn streichelte und mit einem schelmischen Grinsen weitermachte. „Ich hätte nie gedacht, dass die Schlangen sowas wie einen ‚König' brauchen."

„Du redest viel, aber was genau willst du mir eigentlich sagen, Windflügel?", erwiderte Obanai, wobei er sanft seine Schwertscheide an den Gürtel klopfte.

Yukina stand mit verschränkten Armen da und beobachtete die beiden, während sie überlegte, wie sie die Situation retten konnte, ohne selbst in den Konflikt verwickelt zu werden. Doch es war zu spät.

„Ach, du weißt schon, wie Schlangen sich immer in dunklen Ecken verstecken und ihre Krallen ausfahren, wenn niemand hinschaut", rief Sanemi übertrieben. „Du bist einfach das perfekte Beispiel dafür, was passiert, wenn man so lange unter der Erde lebt, dass man vergisst, wie man mit anderen spricht, ohne sich in den Hinterhalt zu schleichen."

Yukina rollte mit den Augen und murmelte: „Ich hätte wissen müssen, dass der Kerl nicht in der Lage ist, normal zu reden."

Obanai drehte sich zu ihr um, seine Augen funkelten vor Ärger, doch er blieb ruhig. „Er hat keine Ahnung, was er sagt", murmelte er leise, als er dann seinen Blick wieder auf Sanemi richtete. „Du bist wie eine Windböe, die nie weiß, wohin sie geht. Und das schlimmste ist, du weißt es nicht mal!"

„Oh, wirklich?", antwortete Sanemi, die Arme in die Hüften stemmend und auf Obanai zukommend. „Schlangen denken immer, sie seien cleverer als alle anderen, nicht wahr? Aber was passiert, wenn die Windböe dich einfach wegweht, weil du auf dem Boden kriechst?" Sanemi lachte laut und breit, als er auf Obanai zuzugehen begann.

„Du bist und bleibst ein Idiot", knurrte Obanai, bereit, den Streit zu beenden. Doch da trat Yukina schnell zwischen die beiden, ihre Arme ausbreitend. „Okay, okay, hört mal auf!"

„Yuki, lass mich das regeln", knurrte Obanai und versuchte, an ihr vorbei zu schlüpfen.

„Nein, hör zu!", rief Yukina und versuchte, ihre beständige Ruhe zu wahren. „Sanemi, du bist wirklich der einzige, der denkt, dass er mit seinen windigen Sprüchen jemanden beeindrucken kann, aber im Ernst, du solltest vielleicht mal den Kopf über deinen eigenen Arsch herausziehen."

Sanemi starrte sie einen Moment lang an, dann begann er zu lachen. „Haha, du bist wirklich die Schlangenfreundin von ‚Schlange', wie der Zufall es will."

Obanai warf einen empörten Blick auf Sanemi. „Ich heiße nicht ‚Schlange'!", rief er aus, als wäre das der größte Affront, den man ihm antun könnte. „Und du solltest endlich lernen, mich mit Respekt zu behandeln, Windvogel!"

„Ach, Schlangenkönig, beruhige dich mal. Ich wollte dich nicht beleidigen. Nur, du weißt, Schlangen sehen immer so aus, als würden sie eine Show abziehen. Und du hast schon den Titel, also erwarte ich ein bisschen Drama", grinste Sanemi und setzte sich mit einem übertriebenen, entspannten Blick zurück.

Yukina seufzte und rollte wieder mit den Augen. „Gibt es eine Stelle im Himmel, an der man sich für so viel Unsinn anmeldet?"

Obanai stieß einen frustrierenden Seufzer aus, während er sich wieder zurückzog und sich, ohne Sanemis Blick zu beachten, zu Yukina wandte. „Das ist der Grund, warum ich Sanemi hasse."

Yukina lachte und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Oh, er ist nicht so schlimm. Vielleicht ist er einfach nur auf die falsche Windböe geraten. Aber ich weiß, dass du ein besserer Schlangenführer bist als er ein Windführer."

Obanai warf ihr einen skeptischen Blick zu, bevor er seufzte. „Das wird nie enden, oder?"

„Wenn du nach einem Zeichen suchst, dass du der Klügste im Raum bist, dann vielleicht", sagte Yukina und grinste. „Aber ehrlich, gib Sanemi einfach das Gefühl, dass du sein Held bist, und das Drama wird von selbst verschwinden."

„Du hast wohl recht.", sagte Obanai, dann wandte er sich wieder an Sanemi, der immer noch selbstgefällig vor sich hin grinste. „Lass es gut sein, Sanemi. Ich kann dich nicht in jeder Hinsicht besiegen, aber du solltest dich wirklich darauf vorbereiten, mir einen besseren Grund zu geben, dich zu mögen."

Sanemi grinste weiter, während er sich zurücklehnte. „Ach, du bist ein echter Spaß, Obanai."

„Glaub mir, ich könnte dir mit einem Blick die Luft abdrehen", erwiderte Obanai, „aber manchmal ist es einfach besser, dich ignorieren zu lassen."

Yukina und Obanai drehten sich gemeinsam um, wobei sie sich gegenseitig anlächelten. Sanemi war einfach nicht zu besiegen – aber immerhin konnten sie ihn jetzt noch besser einordnen.

„Ich habe das Gefühl, dass Sanemi heute nichts anderes vorhatte, als uns den Tag zu vermiesen", sagte Yukina mit einem Grinsen. „Aber vielleicht war es ganz unterhaltsam."

„Das ist der Punkt", antwortete Obanai mit einem Lächeln. „Manchmal muss man einfach lachen."

Yukina beobachtete Muichiro aus dem Augenwinkel. Sie hatte selten so einen unglaublich intensiven Blick gesehen, der von ihm ausgehen konnte. Muichiro starrte Obanai mit einem so durchdringenden Blick an, dass Yukina sich nicht helfen konnte, lautlos zu kichern. Sie hatte die Gelegenheit, zu beobachten, wie der Nebel in seinen Augen sich verdichtete, was darauf hinwies, dass er entweder kurz davor war, in seinem eigenen, fast schon gespenstischen Rhythmus zu explodieren oder sich einfach auf eine andere Dimension zu konzentrieren.

Tamae bemerkte das sofort und zog Yukina am Arm. „Komm, wir gehen besser ein Stück zur Seite", flüsterte sie, als ihre Stimme ein wenig panisch klang. „Gleich wird es heftig."

„Wieso? Was passiert jetzt?", fragte Yukina, leicht verwirrt, während sie versuchte, sich aus Tamaes Griff zu befreien, die sie schon in eine ruhigere Ecke des Raumes zog. Sie hatte nicht ganz verstanden, warum Muichiro plötzlich so eine Bedrohung ausstrahlte. Aber der Blick war eindeutig. Es war wie der Moment, bevor ein Sturm losbrach.

„Muichiro...", begann Tamae, „er mag es absolut nicht, wenn es in Versammlungen zu Streit kommt. Und jetzt hat Obanai diesen Punkt erreicht, wo Muichiro das Gefühl bekommt, dass es aus dem Ruder läuft. Wenn es zu viel wird, wird er einfach einschreiten, und es wird nicht schön."

Yukina beobachtete, wie Muichiro mit seinen Fingern an seinem Schwertgriff spielte und dabei Obanai immer noch nicht aus den Augen ließ. „Er sieht aus, als würde er sich gleich... nicht gut fühlen."

Tamae nickte ernst. „Er ist unglaublich ruhig, aber wenn er einmal seinen Fokus verliert, dann kann er sehr unberechenbar werden. Und das hier... das wird nicht gut ausgehen, wenn er weiter auf Obanai starrt. Er hasst es, wenn jemand die Stimmung in Versammlungen stört."

„Oh, oh", murmelte Yukina und schaute von Muichiro zu Obanai. Der sah scheinbar unbeeindruckt aus, aber Yukina konnte spüren, dass er es ebenfalls spürte, dass etwas in der Luft lag.

Plötzlich schritt Muichiro vorwärts. Die anderen Säulen und Tsugokus fingen an, sich zurückzuziehen, als Muichiro und Obanai sich immer näher kamen. Die Spannung war förmlich greifbar.

„Obanai", sagte Muichiro mit einer ruhigen, aber gleichzeitig schneidenden Stimme, „du weißt, dass ich Versammlungen mag, in denen keine unnötigen Konflikte entstehen. Es scheint, du bringst das hier aus der Balance."

Obanai schnaubte, als er Muichiro anblickte. „Und was willst du mir jetzt sagen, Muichiro? Soll ich mich entschuldigen, weil du keine Meinung zu einem Thema hast, das mich betrifft?"

„Nicht entschuldigen", murmelte Muichiro und trat noch näher an Obanai heran. „Vielmehr solltest du deinen Zorn im Zaum halten, bevor er noch jemanden verletzt. Diese Versammlungen dienen einem höheren Zweck, als in dieser kleinen Fehde weiter zu versinken."

Yukina zog sich noch ein Stück weiter zurück, als sie die Wut in Obanai spüren konnte, die nur noch schwer zu kontrollieren war. Doch sie bemerkte auch, dass Obanai langsam den Blick von Muichiro abwandte. Es war fast, als würde er wissen, dass es an der Zeit war, sich zurückzuziehen.

„Du hast recht", sagte Obanai nach einer kurzen Pause. „Aber das heißt nicht, dass ich meinen Standpunkt einfach aufgeben werde, nur weil du mit deinem... entspannten Blick mich aufforderst, Ruhe zu bewahren."

Tamae, die sich nun fast hinter Yukina versteckte, hielt den Atem an, als sie den Moment der Entscheidung spürte. „Es wird nicht zu einem Kampf kommen, oder?", fragte sie leise, als ihre Hand zitterte.

„Ich... hoffe nicht", sagte Yukina mit einem fragenden Blick auf Muichiro und Obanai.

Muichiro schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Dann trat er zurück und drehte sich abrupt um. „Weißt du was, Obanai? Ich will dich nicht weiter in deiner Verblendung füttern. Aber ich gebe dir einen Rat: Achte darauf, was du in diesem Raum sagst, wenn du nicht der einzige bist, der mit Konsequenzen leben muss."

„Was ist das für ein Rat, Muichiro?", rief Obanai fast wütend, aber Muichiro drehte sich bereits wieder zur Gruppe um, als ob das Gespräch für ihn beendet war.

„Dass du das nächste Mal vielleicht überlegst, was für Auswirkungen deine Worte haben", murmelte Muichiro und setzte einen Schritt nach dem anderen zurück in die Mitte der Gruppe. „Das war's."

Obanai stand immer noch starr vor dem, was gerade passiert war, als Muichiro die Szenerie verließ. Es war offensichtlich, dass er sich nicht wirklich auf das Gespräch einließ, sondern einfach mit seiner eigenen, unnahbaren Art eine Grenze zog.

Tamae, die sich wieder langsam vorwagte, flüsterte Yukina zu: „Ich habe nie gedacht, dass Obanai so viel... Widerstand zeigen würde. Aber er hat nichts gegen Muichiro gesagt. Vielleicht hat er es wirklich verstanden."

„Ich glaube, das war Muichiros Art, ihm zu zeigen, dass es Grenzen gibt", sagte Yukina nachdenklich und nickte. „Er ist wirklich anders, als er scheint."

„Ja, das ist er", sagte Tamae mit einem kleinen Lächeln. „Er ist unglaublich ruhig, aber in solchen Momenten weiß er immer genau, was zu tun ist."

Yukina nickte. „Es fühlt sich irgendwie an, als ob alles gerade für uns alle zu einer Art Test wird, aber ich verstehe jetzt, warum Muichiro so wichtig ist. Er weiß, wie man die Situation kontrolliert, bevor es richtig eskaliert."

„Genau", antwortete Tamae leise, „wir sollten ihn nicht unterschätzen."

In diesem Moment war sich Yukina plötzlich bewusst, dass es nicht nur ihre eigene Reise war, auf der sie sich befand, sondern dass auch die anderen Säulen und ihre Tsugokus eine Rolle spielten, die nicht immer offensichtlich war. Die Fähigkeit, das Gleichgewicht zu wahren, war der wahre Test. Und Muichiro war wohl der beste in diesem Spiel.

Kyojuro Rengoku, die Flammensäule, trat plötzlich in die Mitte des Raumes, seine Präsenz wie eine lodernde Flamme, die alles um ihn herum erwärmte. Mit einer energischen Bewegung schlug er sich auf die Brust und rief: „Freunde! Es ist doch wunderbar, dass wir alle hier zusammenkommen können, um uns auszutauschen und voneinander zu lernen! Eine Gelegenheit wie diese darf man nicht verschwenden!"

Yukina konnte nicht anders, als zu lächeln. Kyojuros Enthusiasmus war wie ein Funken, der ihre Stimmung erhellte. Sie spürte, wie die angespannte Atmosphäre des Raumes sich langsam lockerte, obwohl Obanai unübersehbar die Augen verdrehte.

„Rengoku, kannst du mal einen Gang zurückschalten?" murmelte Obanai und rieb sich die Schläfen. „Nicht jeder ist so feuerbegeistert wie du."

Doch Kyojuro ließ sich davon nicht beeindrucken. Mit einem breiten Grinsen drehte er sich zu Obanai um. „Iguro, mein Freund, das Feuer in deinem Herzen mag vielleicht klein sein, aber ich sehe es dennoch lodern! Du solltest es mehr entfachen! Das Leben ist doch viel zu kurz, um es mit finsteren Mienen zu verschwenden!"

Yukina musste sich ein Lachen verkneifen, während Obanai nur grimmig den Kopf schüttelte. „Kyojuro, manchmal frage ich mich, wie du so viele Dämonen töten kannst, wenn du immer so laut bist. Hören die dich nicht schon von Meilen entfernt?"

„Oh, Iguro! Genau das ist mein Vorteil!" erklärte Kyojuro mit noch größerer Begeisterung. „Die Dämonen kommen von selbst zu mir, weil sie meine Energie spüren. Und dann besiege ich sie mit der Kraft der Flamme und des Lebens! Ha-ha-ha!" Er lachte laut und klang dabei, als hätte er gerade das beste Essen seines Lebens genossen.

Yukina konnte nicht anders, als sich von seiner guten Laune mitreißen zu lassen. „Weißt du, Obanai, vielleicht solltest du mal versuchen, ein bisschen von Kyojuros Energie aufzuschnappen. Es könnte dir nicht schaden, ein bisschen positiver zu sein."

Obanai warf ihr einen scharfen Blick zu, doch bevor er etwas sagen konnte, mischte sich Tamae leise ein. „Rengoku-san, haben Sie jemals darüber nachgedacht, wie Sie es schaffen, alle so mit Ihrer Energie zu beeindrucken? Es ist wirklich erstaunlich."

Kyojuro drehte sich zu ihr um, seine Augen funkelten vor Begeisterung. „Ah, Hirano, nicht wahr? Du bist die Tsugoku der Nebelsäule! Natürlich bin ich beeindruckend, weil ich an die Kraft des Lebens und der Leidenschaft glaube! Wenn man sein Herz in alles steckt, was man tut, dann kann man alles erreichen!"

„Wow", murmelte Yukina leise zu Tamae, „das ist wirklich beeindruckend. Kein Wunder, dass er so beliebt ist."

Tamae nickte zögerlich. „Ja, aber ich bin froh, dass Muichiro nicht so... laut ist. Ich glaube, das wäre mir zu viel."

Kyojuro, der Yukinas Kommentar gehört hatte, beugte sich plötzlich zu ihr herab und sah sie mit strahlenden Augen an. „Yukina! Du bist doch die Tsugoku von Iguro, richtig? Du solltest dir ein Beispiel an mir nehmen! Sei mutig, sei stark und vor allem: sei voller Energie! Nichts kann dich aufhalten, wenn du an dich glaubst!"

„Äh... danke?" Yukina war leicht überfordert von seiner Nähe und der Intensität seiner Stimme. Trotzdem fühlte sie sich irgendwie motiviert. „Ich werde es versuchen."

„Das ist die richtige Einstellung!" rief Kyojuro aus, während er ihr anerkennend auf die Schulter klopfte. „Ich sehe großes Potenzial in dir, Yukina! Und das Gleiche gilt für alle hier! Lasst uns gemeinsam stärker werden und die Dämonen ein für alle Mal besiegen!"

Obanai schnaubte leise. „Kannst du dich wenigstens bei einem Treffen zurückhalten, Rengoku?"

„Niemals!" antwortete Kyojuro mit einem breiten Grinsen. „Das Leben ist zu kostbar, um still zu sein, Iguro! Du solltest das auch mal probieren! Vielleicht wärmst du dann endlich ein bisschen auf."

Yukina prustete vor Lachen, während Obanai die Arme verschränkte und demonstrativ wegsah. Doch trotz seiner genervten Haltung konnte Yukina spüren, dass Kyojuros Worte nicht ganz an ihm vorbeigingen. Es war fast, als hätte Kyojuro eine unsichtbare Flamme in jedem von ihnen angezündet – selbst in der kühlen Schlangensäule.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top