Kapitel 14

Es war ein sonniger Tag, als Yukina, Makoto und Obanai zu einem der regelmäßigen Säulentreffen aufbrachen. Obanai hatte sie beiseite genommen und ihr gesagt, dass sie mit ihm und Makoto an diesem Treffen teilnehmen würden. Yukina konnte es kaum fassen – sie war noch so jung und hatte bisher nie an einem Säulentreffen teilgenommen. Ihre Aufregung war kaum zu bändigen, obwohl sie gleichzeitig nervös war, die anderen Säulen und Tsugokus zu treffen.

„Wir machen nur einen kurzen Stopp, Yuki", hatte Obanai ihr in seinem typischen, ernsten Ton erklärt, als sie das Anwesen verließen. „Hör auf, nervös zu sein. Du weißt, wie sich das hier verhält. Es wird nicht lange dauern."

Makoto, der immer an ihrer Seite war, grinste sie an. „Keine Sorge, Yuki. Es wird gut laufen. Du wirst nicht mal merken, wie die Zeit vergeht."

Yukina nickte, versuchte aber trotzdem, ihre Nervosität zu unterdrücken. Sie hatte wenig Ahnung davon, was sie erwarten würde, doch sie konnte sich kaum vorstellen, was sie alles sehen würde. Schließlich erreichten sie das Anwesen, wo das Treffen der Säulen und Tsugokus stattfand.

Als sie den Raum betraten, blickte Yukina fasziniert auf die anderen Tsugokus, die schon versammelt waren. Es war das erste Mal, dass sie einige von ihnen in Person sah. Ihre Augen weiteten sich, als sie Tamae erblickte. Sie hatte sich nicht verändert, zumindest nicht äußerlich. Sie stand ruhig und beherrscht neben Muichiro, als wäre sie einfach nur ein weiteres ruhiges Element in einem Meer aus Diskussionen und der ständigen Präsenz der Säulen.

„Tamae!", rief Yukina, als sie auf sie zutrat und ihre Freundin umarmte.

„Yukina...", flüsterte Tamae und erwiderte die Umarmung, aber nur zögerlich. „Es... ist schön, dich zu sehen." Ihr Blick wanderte zu den anderen und dann wieder zurück zu Yukina, als wäre sie sich unsicher, wie sie sich in dieser Umgebung verhalten sollte.

„Du siehst immer noch so ruhig aus", sagte Yukina schmunzelnd, während sie von Tamae ein Stück zurücktrat, um sie genauer zu mustern. „Ich könnte nie so cool wie du sein."

Tamae schüttelte ihren Kopf. „Ich muss... meine Gefühle kontrollieren. Es ist wichtig."

Yukina nickte, dann sah sie sich im Raum um. Ihre Augen trafen die schroffe und unangenehme Präsenz von Sanemi Shinazugawa, der Windsäule. Ihre Nackenhaare stellten sich auf, und sie konnte nicht anders, als ein Gefühl der Abneigung zu verspüren.

„Schau, da drüben", flüsterte Makoto, der Yukina aufmerksam beobachtete. „Sanemi Shinazugawa. Der Typ scheint immer eine Aura von Ärger und Anspannung zu haben, oder?"

Yukina nickte, ihr Blick blieb an Sanemi haften. Der Mann war groß und muskulös, mit einem scharfen Blick, der alles und jeden in seiner Nähe durchdrang. Ihre Abneigung wuchs, als sie sah, wie er sich mit einer anderen Säule unterhielt, dabei eine angespannte Miene trug und keine Freude oder Freundlichkeit zeigte.

„Ich mag ihn nicht", murmelte Yukina, als sie versuchte, den Blick abzuwenden. „Er fühlt sich immer so feindselig an."

Makoto zog eine Augenbraue hoch. „Er ist ein harter Kerl. Es ist schwer, ihm zu gefallen, aber das ist eben seine Art."

Obanai, der sich von der Unterhaltung ferngehalten hatte, trat nun vor Yukina und Makoto. „Hört auf, euch auf solche Nebensächlichkeiten zu konzentrieren", sagte er ruhig. „Sanemi ist... er hat seine eigene Art, mit Dingen umzugehen. Ihr werdet lernen, damit umzugehen."

Tamae, die immer noch neben Muichiro stand, warf einen Blick auf Yukina und die anderen. „Es ist nicht einfach, aber es gibt Gründe, warum jeder von uns auf seine Weise handelt", sagte sie mit einer ruhigen, aber festen Stimme.

Yukina nickte, obwohl sie sich nach wie vor nicht in der Lage fühlte, Sanemi zu verstehen.

„Aber trotzdem... er wirkt einfach so... so wütend immer", sagte sie. „Er sieht aus, als ob er nie ein gutes Wort für irgendjemanden übrig hat."

„Du wirst dich daran gewöhnen", sagte Obanai, der sich nun zu den anderen Säulen gesellte. „Lasst uns erstmal den Rest des Treffens abwarten."

Das Treffen verlief eher formell, mit Diskussionen über neue Missionen und die nächste Strategie. Yukina saß ruhig, versuchte, sich in das Gespräch einzufügen, obwohl ihr die ganze Situation überwältigend erschien. Makoto wirkte weniger betroffen, und Tamae verhielt sich, wie immer, ruhig und in sich gekehrt.

Doch es gab eine kleine Ablenkung, als Obanai eine Frage zu einem der Taktikvorschläge stellte. In dem Moment, als die anderen Säulen über die Problematik diskutierten, verflog Yukinas Nervosität für einen Moment, als sie an ihre eigenen Erfahrungen mit Obanai dachte. Die vielen Momente, in denen er sie sowohl zurechtwies als auch unterstützte, wurden ihr in diesem Augenblick besonders bewusst. Sie wusste, dass sie noch viel von ihm lernen konnte.

„Yuki, konzentrier dich", hörte sie Obanai plötzlich an ihrer Seite murmeln. „Es ist wichtig, dass du alles behältst."

Sie nickte und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Diskussion zu, doch in ihrem Kopf schwirrten viele Gedanken. Die Anwesenheit von Tamae und die ständigen Spannungen zwischen den anderen Säulen machten ihr klar, dass die Welt der Dämonenjäger viel komplexer war, als sie zunächst geglaubt hatte.

„Wie immer ist es eine interessante Mischung aus Kampf und Diplomatie", dachte Yukina, während sie das Treffen weiterhin aufmerksam verfolgte. Aber ihre Abneigung gegenüber Sanemi blieb, und sie konnte sich nicht helfen, aber fragte sich, was hinter seiner aggressiven Haltung steckte.

Das Treffen war in vollem Gange, und Yukina hatte sich bemüht, sich auf das Geschehen zu konzentrieren. Doch ihre Gedanken wanderten immer wieder zu den verschiedenen Säulen und Tsugokus, die sie umgaben. Besonders Sanemi war ein ständiges Thema in ihrem Kopf. Er war direkt und schroff – das hatte sie beim ersten Blick auf ihn bereits gemerkt. Aber heute war etwas anders.

Als das Gespräch sich auf eine neue Mission konzentrierte, bemerkte Yukina, wie Sanemi immer wieder auf sie starrte. Anfangs dachte sie, er würde sie einfach nur beobachten, wie jeder andere. Doch dann spürte sie eine unangenehme Spannung in der Luft.

„Schlangenbrut", hörte sie plötzlich eine schroffe Stimme hinter sich. Yukina drehte sich um und traf auf Sanemis stechenden Blick. „Was willst du hier? Geh besser zurück zu deinem Meister, der dich wahrscheinlich nur als eine weitere Waffe sieht. Oder bist du gekommen, um uns allen zu zeigen, wie du in der Schlangenatmung herumfuchtelst?"

Yukina starrte ihn verwirrt an. Was hatte sie getan, um diesen Kommentar zu verdienen? Sie wusste, dass er nicht gerade der freundlichste Mensch war, aber so eine Beleidigung hatte sie nicht erwartet.

„Was hast du gesagt?", fragte Yukina schließlich, ihre Stimme versuchte ruhig zu bleiben, doch ihre Hände ballten sich zu Fäusten.

Sanemi grinste, als er Yukinas irritierten Gesichtsausdruck sah. „Hast du das nicht gehört? Oder bist du so sehr in deinem eigenen Ekel versunken, dass du nichts anderes verstehst als den Geruch von Schlangen? Du bist nichts anderes als Obanais Schlangenbrut. Glaub nicht, dass du hier irgendetwas zu melden hast."

Yukinas Herz raste. Ihre Kehle wurde eng, und sie konnte kaum atmen. Was hatte sie getan, um so eine Respektlosigkeit zu verdienen? Sie war niemandem etwas schuldig, und schon gar nicht diesem arroganten Kerl. Doch anstatt sich von seinen Worten zu beeinflussen, spürte sie, wie ihr Zorn wuchs.

„Was ist dein Problem, Sanemi?", sagte sie dann mit fester Stimme, die sie selbst überraschte. „Warum musst du immer so ein Arschloch sein?"

Die Umstehenden hatten aufgehört zu sprechen und beobachteten nun das aufkommende Drama zwischen den beiden. Obanai stand am anderen Ende des Raumes und beobachtete mit einem ausdruckslosen Blick, als wüsste er, dass es bald zu einem Konflikt kommen würde.

Sanemi trat einen Schritt auf sie zu und lachte höhnisch. „Deine Haltung sagt mir, dass du wirklich denkst, du wärst etwas Besonderes, weil du Obanai hinterherläufst. Aber du bist nichts. Du wirst nie die gleiche Bedeutung haben wie wir, egal wie viel du versuchst, dich in diesem Zirkus zu beweisen."

„Ich folge niemandem", erwiderte Yukina scharf. „Und was du von mir hältst, interessiert mich einen Dreck!"

Makoto, der bis dahin still daneben gestanden hatte, trat nun schnell auf Yukina zu und legte eine Hand auf ihren Arm. „Yuki, lass es...", sagte er mit ernster Miene. „Er sucht nur nach einem Streit."

Aber Yukina schüttelte energisch den Kopf und zerriss die Hand von Makoto von ihrem Arm. Sie konnte sich nicht zurückhalten. Sie war nicht hierhergekommen, um sich von jemandem wie Sanemi den Tag vermiesen zu lassen.

„Du redest viel, Sanemi", sagte Yukina mit grimmigem Lächeln, „aber du hast keine Ahnung, wovon du redest. Obanai ist mein Mentor, und er ist der Grund, warum ich hier stehe. Aber was bist du, hm? Ein Wichtigtuer, der glaubt, der Beste zu sein, nur weil er mit dem Wind spielt. Ich könnte dich mit einem einzigen Hieb erledigen, wenn du mich nicht so sehr anwidern würdest."

Sanemi funkelte sie an, seine Augen blitzten vor Wut. „Du bist einfach nur ein verwöhntes kleines Mädchen, das sich von Obanai zu einem Monster hat ausbilden lassen. Glaub mir, du bist nicht besser als der Dreck unter meinen Stiefeln. Du hast keine Ahnung, was du wirklich tust."

„Das ist genug, Sanemi", sagte Muichiro Tokito, der sich von seinem Platz erhoben hatte. In seiner ruhigen, aber festen Stimme war ein wenig mehr Härte zu vernehmen als gewöhnlich. „Hör auf, jemanden zu beleidigen, nur weil du ein Problem mit ihm hast. Das ist keine Art, zu sprechen. Und du solltest wissen, dass der Rang, den jemand hat, nicht bedeutet, dass man Menschen herabsetzen muss."

Sanemi drehte sich abrupt zu Muichiro um, seine Wut brüllte fast aus ihm heraus. „Was redest du da, Muichiro? Willst du dich jetzt auch mit mir anlegen?"

Doch Muichiro antwortete nur mit einem kurzen Blick, der die Situation ruhig und unaufgeregt hielt, was den Wind aus Sanemis Segeln nahm.

Yukina konnte sich einen Moment lang nicht bewegen. Ihre Wut war wie eine heiße Flamme in ihrem Inneren, aber der Moment der Ruhe, den Muichiro schuf, brachte sie wieder etwas zur Besinnung.

„Ich bin nicht hier, um mich von dir fertig machen zu lassen, Sanemi", sagte Yukina ruhig, aber mit einer Selbstsicherheit, die sie zuvor nicht gekannt hatte. „Du kannst mir nicht einmal das Wasser reichen."

Makoto legte einen Arm um sie und zog sie sanft zurück. „Komm schon, Yuki", sagte er leise. „Lass es jetzt gut sein. Du hast ihm genug gezeigt."

Mit einem letzten, glühenden Blick auf Sanemi drehte Yukina sich um und verließ die Diskussion. Ihre Brust war noch immer voll von Wut, aber sie fühlte sich nicht mehr so hilflos wie zuvor. Vielleicht war es die Erkenntnis, dass sie nicht zulassen musste, sich von jemandem wie Sanemi verletzen zu lassen. Sie hatte einen Mentor, einen Freund, und viele andere Menschen, die ihr zur Seite standen. Und das war mehr, als er je haben würde.

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