Kapitel 13
Es war ein weiterer Tag des Trainings für Yukina und Tamae. Die beiden Mädchen hatten sich mittlerweile aneinander gewöhnt und verbrachten viel Zeit miteinander. Auch wenn sie in vielen Dingen unterschiedlich waren – Tamae ruhig und höflich, Yukina manchmal impulsiv und aufbrausend – so verstanden sie sich doch prächtig und ergänzten sich gut.
„Du weißt, Tamae, ich habe das Gefühl, dass wir heute wirklich Fortschritte machen", sagte Yukina, während sie eine Atemtechnik versuchte. „Wenn ich nur wüsste, wie du es immer schaffst, so ruhig zu bleiben..."
Tamae, die gerade ein paar Schritte zurücktrat und eine andere Technik übte, blickte auf und lächelte schüchtern. „Ich versuche einfach, mich nicht von allem überwältigen zu lassen. Du hast so viel Energie, Yukina. Das ist beeindruckend."
„Energie, ja", sagte Yukina mit einem breiten Grinsen, „aber manchmal bringt sie mich in Schwierigkeiten." Sie hielt inne und seufzte. „Ich wünschte, Obanai würde mich nicht ständig so kritisieren."
In diesem Moment kam Obanai, wie immer in seiner typischen Haltung, auf sie zu. „Ich habe euch beide beobachtet. Ihr seid immer noch viel zu unkoordiniert", sagte er scharf und sah beide Mädchen kritisch an. „Yukina, du verbringst mehr Zeit damit, zu reden, als zu trainieren. Und Tamae, du versuchst zu viel, perfekt zu sein. Entspanne dich mal, du bist kein Roboter."
Yukina verdrehte die Augen und seufzte. „Ja, ja, Obanai. Ich hab's schon verstanden."
„Du solltest wirklich mal eine Scheibe von Tamae abschneiden", fügte Obanai hinzu, während er den Blick auf Tamae richtete, die ruhig und ruhig stand, als wäre sie nicht wirklich überrascht, dass Obanai sie lobte. „Sie weiß, wie man sich konzentriert. Nicht jeder ist so impulsiv wie du."
„Ich hab' nichts anderes erwartet", murmelte Yukina und rollte mit den Augen, während sie versuchte, sich wieder zu konzentrieren.
Tamae, die ein wenig errötete, versuchte, das Thema zu wechseln, um die Atmosphäre zu entschärfen. „Iguro-san, hast du gesehen, dass wir uns tatsächlich verbessert haben?", fragte sie höflich, während sie Obanai anlächelte. „Ich denke, wir haben den Dreh raus."
Obanai seufzte und verschränkte die Arme. „Ein bisschen, aber noch lange nicht genug. Ihr müsst härter arbeiten."
Gerade als Obanai weiter meckern wollte, hörten sie ein Geräusch. Beide Mädchen drehten sich überrascht um. Zu ihrer Überraschung stand Muichiro Tokito, die Nebelsäule, wenige Meter entfernt und sah ruhig zu, wie sie trainierten. Wie so oft sagte er nichts, sondern beobachtete sie nur mit einem neutralen Blick.
Yukina geriet sofort in Panik. „M-Muichiro!" stotterte sie und stellte sich sofort in eine steife Haltung. Ihr Herz klopfte schneller, als sie versuchte, normal zu wirken, obwohl sie sich innerlich völlig verkrampfte. „W-Was ist los?"
Muichiro sah sie nur aus seinen blassen Augen an und sagte in seiner ruhigen, fast monotone Stimme: „Ich wollte nur sehen, wie ihr trainiert."
„Das ist..." Yukina hielt inne und versuchte, ruhig zu bleiben, „...äh, nun, wir trainieren hart."
Tamae hingegen nickte ruhig und verbeugte sich leicht, während sie sagte: „Es ist eine Ehre, dass du zusiehst, Muichiro."
„Eure Bemühungen sind nicht genug", sagte Muichiro schließlich mit einem leicht melancholischen Ton. „Es gibt immer etwas mehr zu lernen."
„Oh nein...", murmelte Yukina und schnaufte verärgert. „Konnte er wenigstens etwas Nettes sagen?"
Muichiro zeigte keine Reaktion und drehte sich langsam um, als wollte er weiterziehen.
„Tamae", flüsterte Yukina, „ich hasse es, dass er immer so ernst ist. Es macht mir wirklich Angst."
Tamae, die immer noch ruhig blieb, nickte verständnisvoll. „Er hat seine Gründe, Yukina. Du musst nur verstehen, dass er auf seine eigene Weise hilft. Es ist nicht immer einfach, mit ihm umzugehen."
„Echt jetzt?" Yukina warf einen Blick auf Muichiro, der sich bereits von ihnen entfernt hatte. „Ich meine, er sagt nie etwas, das uns wirklich hilft. Er steht da und sieht einfach nur zu, als ob wir Schlangen wären."
Tamae überlegte kurz, dann nickte sie. „Er hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Aber wir müssen ihm nicht immer zustimmen oder von ihm abhängig sein. Wir lernen auch von uns selbst."
„Da hast du wohl recht", stimmte Yukina nachdenklich zu und seufzte. „Obanai hat mir jedenfalls gesagt, ich solle mehr lernen und weniger reden. Aber manchmal denke ich, dass er mich einfach nicht versteht."
„Er möchte, dass du dein Potenzial ausschöpfst", erklärte Tamae, während sie ruhig mit Yukina sprach. „Er tut das aus Sorge um dich."
Gerade als die beiden Mädchen weiterredeten, kam Obanai wieder auf sie zu und schüttelte den Kopf. „Wenn ihr euch nicht anstrengt, wird es schwer für euch, die nächste Mission zu überstehen. Ihr solltet von Muichiro lernen, wie man konzentriert bleibt."
„Ich weiß nicht, was du immer mit 'konzentriert bleiben' meinst", brummte Yukina. „Aber gut, ich werde es versuchen."
„Versuch es mal ohne so viel Theater, Yukina", erwiderte Obanai spöttisch und ging weiter, „und wenn du endlich ein bisschen Disziplin zeigst, dann rede ich vielleicht noch ein wenig freundlicher mit dir."
Yukina verdrehte erneut die Augen, doch innerlich wusste sie, dass er wohl nicht ganz unrecht hatte. Trotzdem wollte sie sich nicht ständig von seinen strengen Maßstäben einengen lassen.
„Du weißt, Tamae", begann Yukina nach einer Weile, als sie den Blick auf ihren ruhigen Trainingspartner richtete, „ich glaube, wir sind wirklich die besten Freundinnen, auch wenn wir von unseren Mentoren immer wieder gecrasht werden."
Tamae lächelte schüchtern und nickte. „Ja, das glaube ich auch, Yukina. Wir haben uns immer unterstützt, auch wenn es schwer war."
Yukina strahlte und legte ihren Arm um Tamaes Schulter. „Komm schon, lass uns weitermachen. Wir haben noch viel zu tun, aber zusammen schaffen wir das."
Mit dieser festen Überzeugung gingen die beiden weiter ans Werk, immer wieder durch die Kritik ihrer Mentoren herausgefordert, aber auch immer wieder gestärkt durch ihre Freundschaft und den Glauben aneinander.
Die Tage vergingen und Yukina verbrachte immer mehr Zeit mit Mitsuri, die sie für ihre außergewöhnliche Akrobatik bewunderte. Mitsuri, die nicht nur eine der stärksten Säulen war, sondern auch bekannt für ihre ermutigende Art, hatte schnell Yukinas Interesse geweckt. Sie half ihr nicht nur, ihre Beweglichkeit zu verbessern, sondern brachte sie auch dazu, neue Perspektiven auf das Schwertkämpfen zu gewinnen.
„Du bist wirklich talentiert, Yukina", sagte Mitsuri, während sie Yukina bei einer besonders schwierigen Übung beobachtete. „Schau mal, du musst mehr Schwung in deine Bewegungen bringen. Wie eine Tänzerin!"
Yukina versuchte, die Anweisung umzusetzen, indem sie einen Salto schlug und sich dann wieder in die richtige Haltung begab. „So, wie das?"
„Ja, genau! Sieh mal, wie viel mehr Eleganz du jetzt hast", rief Mitsuri begeistert, und das brachte Yukina zu einem breiten Grinsen. „Du solltest öfter an deiner Flexibilität arbeiten. Du hast das Zeug, unglaublich schnell zu werden."
„Danke, Mitsuri! Es fühlt sich gut an, mit dir zu trainieren. Du bist wirklich eine unglaubliche Kämpferin."
„Ich tue nur das, was mir Freude macht", antwortete Mitsuri mit einem strahlenden Lächeln. „Und du kannst noch viel mehr erreichen. Du bist stark, Yukina. Du musst nur mehr Vertrauen in dich selbst haben."
Yukina nickte, ihre Energie und ihr Vertrauen wuchsen mit jedem Training, das sie mit Mitsuri absolvierte. Aber nicht nur das Training machte Spaß. Sie merkte auch, dass Mitsuri sie auf eine Art behandelte, die Obanai nicht tat. Während Obanai sie oft eher kritisierte und ihr vorwarf, nicht schnell genug zu lernen, ermutigte Mitsuri sie und lobte ihre Fortschritte.
„Obanai ist immer so ernst", sagte Yukina eines Tages nach einem Training, als sie mit Mitsuri auf dem Hof saßen. „Ich bin mir nicht sicher, ob er mich wirklich versteht. Er ist so... kalt."
Mitsuri lachte sanft. „Obanai ist eben ein bisschen schwieriger, wenn es ums Zeigen von Gefühlen geht. Aber glaub mir, er ist besorgt um dich. Männer tun sich manchmal schwer damit, das zu zeigen."
Yukina dachte über Mitsuris Worte nach und konnte sich nicht helfen, aber eine Idee keimte in ihrem Kopf. Sie hatte schon lange das Gefühl, dass Obanai etwas für Mitsuri empfand. Es war nicht nur, wie er ihr gegenüber immer etwas unsicher wirkte, sondern auch, wie er sie ansah, wenn sie zusammen trainierten.
„Mitsuri...", begann Yukina vorsichtig, „glaubst du, Obanai... mag dich?"
Mitsuri blinzelte überrascht, dann lachte sie leise. „Was? Obanai? Oh, Yukina, du bist wirklich ein Schätzchen. Ja, vielleicht... aber er hat nie wirklich darüber gesprochen. Er ist so... verschlossen. Aber es ist schwer, bei ihm etwas herauszufinden."
Yukina war neugierig geworden, aber sie wollte nicht aufdringlich sein. „Ich habe das Gefühl, er verhält sich dir gegenüber manchmal anders. Weißt du, wenn er dich ansieht... er scheint fast... verliebt zu sein?"
Mitsuri legte ihre Hand auf Yukinas Schulter und schüttelte grinsend den Kopf. „Du bist wirklich scharfsinnig, Yukina. Ja, er hat eine besondere Zuneigung zu mir, aber es ist nicht etwas, worüber er offen spricht. Und ich... nun, ich bin mir auch nicht sicher, was ich darüber denke."
„Weißt du, manchmal...", Yukina zögerte, „manchmal fühlt es sich so an, als würde er mir nicht richtig helfen, wie er es bei dir tut. Aber vielleicht liegt das an mir."
Mitsuri lächelte sanft und zog Yukina in eine Umarmung. „Lass dich nicht von seiner Ernsthaftigkeit einschüchtern, Yukina. Du bist genauso wichtig wie jeder andere hier. Es dauert nur eine Weile, bis er das auf seine Weise zeigt. Er mag dir gegenüber hart erscheinen, aber er kümmert sich auf seine eigene Art."
„Danke, Mitsuri", sagte Yukina und drückte sie zurück. „Es hilft, mit dir zu sprechen."
„Natürlich! Du bist meine Freundin, Yukina. Ich werde immer für dich da sein", antwortete Mitsuri und klopfte ihr auf den Rücken. „Komm, lass uns noch ein bisschen mehr trainieren. Wenn du dich wirklich darauf konzentrierst, wirst du schon bald genauso eine starke Kämpferin wie Obanai oder ich werden."
Yukina nickte mit einem Lächeln und sie setzten ihr Training fort. Doch in ihrem Kopf dachte sie weiter über das nach, was sie über Obanai und Mitsuri erfahren hatte. Ihr Training bei Mitsuri zeigte ihr nicht nur, wie man sich als Kämpferin verbessern konnte, sondern auch, wie Beziehungen zwischen den verschiedenen Säulen und ihren Schülern funktionierten.
Doch an diesem Tag fiel ihr noch etwas anderes auf. Sie merkte, wie sehr sie sich in letzter Zeit bei Obanai unwohl fühlte. Es war nicht, dass er sie wirklich hasste, sondern dass seine Art von Fürsorge auf eine kalte, distanzierte Weise kam. Sie konnte sich nicht helfen, aber sie fand es zunehmend schwer, seine ständige Kälte zu ertragen.
„Vielleicht sollte ich einfach das Beste aus diesem Training mit Mitsuri machen", dachte Yukina bei sich, während sie weiter mit Mitsuri trainierte. „Ich kann lernen, zu kämpfen, aber auch, wie man mit Menschen umgeht..."
Der Gedanke, dass Obanai in Mitsuri verliebt war, blieb jedoch im Hinterkopf von Yukina hängen. Sie wusste nicht, wie sie mit diesem Wissen umgehen sollte, aber sie verspürte plötzlich ein seltsames Gefühl von Freiheit. Vielleicht war sie nicht verpflichtet, immer zu Obanai zu passen. Vielleicht gab es eine andere Art von Zuneigung, die sie durch Mitsuri finden konnte – eine, die auf Verständnis und Akzeptanz beruhte.
Der Tag verging und Yukina fühlte sich stärker und zuversichtlicher, als sie jemals zuvor gewesen war, mit der Gewissheit, dass sie nicht nur von Mitsuri, sondern auch von sich selbst lernen konnte.
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