42 Azael


Ich schippte gerade den letzten Haufen Erde auf das fünfte Grab, dass mich Linnea auszuheben gezwungen hatte.

Ihrer Mutter zuliebe, denn die Jäger waren ihre Freunde.

Dass ich sie allesamt ausgeweidet hatte, war wohl irgendwie in der Debatte, warum ich mich hier zum Affen machte, zu meinem Nachteil verwendet worden.

Knurrend wischte ich mir die Stirn ab, mit meinem Shirt ab, das ich über die Schulter geworfen hatte, und steckte die Schaufel in den Boden. Ich sah Lin an, die an einem Baum gelehnt stand und mich betrachtete.

»Zufrieden?«, brummte ich und kniff die Augen zusammen.

Ihre Mutter hatte irgendwann gestern noch schrecklich zu weinen angefangen und schlief seither im großen Master-Schalfzimmer des Hauses. Linnea hielt es für sicher, sie alleine zu lassen. Vor allem, da ich ihr das Handy abgenommen hatte und es kein Telefon im Haus gab. Sie hatte mir jedoch tausendfach versichern müssen, dass niemand wusste, wo sie waren, um sie zu suchen.

Sie lächelte. »Ja, sehr zufrieden. Die Aussicht-« meine Kleine zeigte auf meinen, nackten verschwitzten Oberkörper. »-war auch nicht schlecht.« Sie stieß mich vom Baum ab und ging auf mich zu. »Vielen Dank.«

Sie landete in meinen Armen und ich sah auf sie hinab. »Du weißt, warum ich das tun musste, oder? Du weißt, dass ich jeden, der für dich auch nur ansatzweise eine Gefahr ist, zerreiße.« Ich strich mit den Fingerspitzen über ihren Nacken und zog dann leicht an ihrem Pferdeschwanz.

»Ja, natürlich. Ich verstehe es. Meine Mutter aber nicht, deswegen hoffe ich, dass sie das hier etwas besänftigt.« Linnea sah kurz die 5 Gräber an, bevor sie wieder mich ansah. »Ich bin etwas erleichtert, dass sie es endlich weiß. Es nimmt den Druck. Jetzt haben wir nur deine Mutter noch. Was tun wir nur, Azael? Wie sollen wir ihr nur entkommen? Sie hatte etwas mit diesen Jägern zu tun und sie hier in den Wald geführt, das bedeutet, sie vermutet wohl, oder weiß schon, dass wir uns hier verstecken.«

Lin und ich hatten gestern Nacht noch ausführlicher über die Vermutung geredet, dass sie Viper ihre Finger im Spiel hatte, und nach einem Kurzen telefonischen Austausch mit Cahir, der nicht wirklich etwas wusste, aber auch nicht dementieren konnte, dass es so war, gingen wir einfach davon aus.

Ich zog Lin enger an mich und hoch sie dann hoch, sodass ihr Gesicht über meinem schwebte und ich zu ihr aufsehen musste. »Ich ... werde sie töten. Irgendwie. Nur ...« Es war an der Zeit, einen anderen Fakt auszusprechen, der aus diesem Szenario – so sollte es denn jemals passieren – folgen würde. »Wenn ich das mache, werde ich die Dämonen der Stadt anführen müssen.«

Sie legte die Arme um meinen Hals und sah mich etwas irritiert an. »Wie bitte? Du ... musst die Dämonen führen?«, fragte sie überrascht. »Ich meine ... was bedeutet das denn?«

Ich beugte mich hinauf und schnappte mir ihre Unterlippe, um daran zu saugen und zu knabbern. »Dass ich den Platz der Viper einnehmen muss, um die Bande Dämonen in der Stadt an die Regeln und Gesetzte zu erinnern und Strafen und Hinrichtungen verwalten und durchführen muss. Blut wird verteilt, die Morde an Menschen kontrolliert und zudem muss ich dann die Jäger im Auge behalten. Das würde das bedeuten. Aber ... das Gesetz sagt, wer den Anführer tötet, wird zum Anführer. Wir würden also von einem in den nächsten Schlamassel geraten, denn wir müssten mit ziemlich hartem Widerstand rechnen, wenn du an meiner Seite bleiben. Und das, nur damit wir uns verstehen«, ich lief los und drückte ihren Rücken an einen Baumstamm, »wird definitiv der Fall sein, denn du gehst nirgendwo mehr ohne mich hin, Liebes.«

Ich sagte das so leichthin, doch es würde wirklich hart werden. Und wahrscheinlich würde ich sehr viele Dämonen töten müssen, sollte ich meine Mutter überleben. Die Chancen dafür waren allerdings gering.

Ich küsste Lin und verdrängte die Ängste.

Wenn ich ehrlich war, würden wir wahrscheinlich beide nicht lebend aus diesem Konflikt kommen, der sicherlich stattfinden würde.

Ich legte meine Stirn an ihre und flüsterte heißer: »Ich würde dir gerne so viel mehr geben. Ich würde dir gerne die ganze Welt zeigen, aber ... vielleicht werden wir keine Chance dazu bekommen.«

»Azael«, flüsterte sie meinen Namen und küsste mich zurück. »Sollte der Tod für uns die einzige Möglichkeit sein, dann werde ich mit dir gemeinsam diesen Weg gehen.« Wieder traf mich ein Kuss, nur diesmal auf die Schläfe. »Ich liebe dich und ja, ich würde gerne die Welt bereisen, immerhin hätten wir genügend Zeit, aber wenn es nicht sein soll, dann akzeptiere ich das. Denn an deiner Seite zu sein, ist das Einzige, was zählt.«

Dieses Mal war der Kuss innig und zärtlich, doch der Gedanke daran, dass sie ihre Worte genau so meinte, wie sie sie sagte, machte mich verrückt. Ich spürte, wie ernst es ihr war und fand, den Gedanken, dass sie an meiner Seite sterben würde, unerträglich.

Also löste ich den Kuss, setzte sie ab, sah sie ernst an und forderte: »Versprich mir etwas, Liebes. Wenn ich sterbe«, setzte ich meiner Forderung fort, »und du die Möglichkeit hast, zu fliehen oder anders zu überleben, dann tu es. Ich möchte nicht, dass du meinetwegen aufgibst. Du hast jetzt die Möglichkeit, so viel zu tun. Nutze sie, auch ohne mich.« Ich sah ihr in die Augen und ließ sie die Ernsthaftigkeit darin lesen. Zeigte Lin, dass ich keine Kompromisse machen wurde, was die Bitte anging. Ich legte beide Hände an ihre Wangen, rahmte ihr Gesicht ein und meinte noch mal. »Versprich es.«

»Nein«, antwortete sie sofort. »Ich kann nicht. Ich ... kann ohne dich nicht, bitte verlang das nicht von mir.«

Ich blieb stur, auch wenn mich ihre Emotionen überrannten. Aber so wie, ich ihre spürte, spürte sie auch meine Entschlossenheit und meine Unnachgiebigkeit.

Mein Griff wurde fester und ich schüttelte sie fast schon, so dringend musste ich sie sagen hören. »Versprich es mir, Linnea!«

Verzweiflung spiegelte sich in ihre Augen wider und ich musste schlucken.

»Sie verspricht es!«, ertönte plötzlich die Stimme ihrer Mutter.

Geschockt sah Lin zu ihr. Lisa kam mit lockeren Klamotten auf uns zu. »Ich werde dafür sorgen, dass sie lebt«, meinte sie nun an mich gerichtet.

Lin dagegen schüttelte den Kopf. »N ... Nein ... ich will nicht. Ich will das nicht!« Sie wurde lauter und ballte die Hände zu Fäusten. »Ihr könnt nicht über meinen Kopf hinweg entscheiden.« Ihr aufgewühlter Blick traf meinen. »Ich spüre deine Entschlossenheit und Unnachgiebigkeit, okay? Aber ich kann nicht, Azael. Soll ich etwa denselben Schmerz durchmachen, wie du bei Maha? Wie kannst du nur so etwas erwarten?!«

Ich griff sie wieder und zog sie in einen Kuss, der ihr erst mal den Wind aus den Segeln nahm. Dann sah ich sie an und flüsterte: »Wenn ich damals aufgegeben hätte, Lin, dann hätte ich dich nicht gefunden. Wenn du aufgibst, dann ... Hör zu«, setzte ich an und ignorierte Lisa komplett, »ich hätte nie gedacht, dass ich jemals wieder lieben kann. Nach Maha, dachte ich, so wieder zu fühlen, sei unmöglich. Aber hier bin ich, stehe vor dir und liebe dich so sehr, dass es fast unmöglich scheint. Wer weiß, ob, wenn ich sterbe, nicht in Tausenden Jahren jemand für dich das werden kann, was du jetzt für mich bist.«

Mit geschwollenen Lippen sah Linnea mich an. Tränen sammelten sich in ihren Augen und sie schüttelte wieder den Kopf. Den Blick abwendet, sah sie auf den Boden und ließ stumm die Tränen zu Boden fallen.

»Das ... kannst du nicht verlangen«, wiederholte sie. »Ich will keine tausend Jahre auf dich warten ... und abgesehen davon, würde deine Mutter mich nie in Ruhe lassen ... sie würde mich jagen und ebenso töten. Ich bin doch viel zu unerfahren, um allein auf dieser Welt, ohne dich, zu wandeln.« Ihre Beine gaben nach und Lin sackte zusammen. »Irgendwann-« schluchzte sie laut. »-sind alle meine Freunde und Familien tot ... dann bin ich ganz alleine.«

Ihr Schmerz überrollte mich und ich sog scharf die Luft ein. Als Lisa einen Schritt machen wollte, warf ich ihr einen bösen Blick wie ein warnendes Knurren zu. Ich ging in die Knie, hob Linnea hoch und lief mit ihr zurück zum Haus. Als ich an ihrer Mutter vorbeikam, sagte ich: »Treuer um deine Kameraden und dann pack deine Sachen und geh. Lin und ich, werden morgen früh verschwinden. Wenn deine Jäger und du von diesem Ort wussten, ist sie nicht mehr sicher. Die Viper wird kommen und wenn du leben willst, nimmst du die Beine in die Hand. Noch heute.«

Ich ließ sie nicht antworten, sondern ging zum Haus, direkt in Schlafzimmer und legte Lin auf das ziemlich demolierte Bett. Sie in meinen Armen haltend, ließ ich sie weinen und versuchte, ihre Gefühle abzuschotten und sie meine nicht spüren zu lassen. Denn obwohl ich ihre Trauer und Verzweiflung und den Wunsch, mit mir zu streben, verstand, konnte ich das nicht zulassen.

Ich würde mit Cahir sprechen und wenn es sein musste, würde ich ihm eben das Versprechen abringen, dass er Lin im Ernstfall auch gegen ihren Willen wegbrachte. In Sicherheit. Ja, sie hatte recht und meine Mutter würde sie jagen, doch wenn sie es schlau anstellten, hatten sie ein paar Jahrhunderte. Jahrhunderte, in denen sie die Welt sehen konnte. Wie sie sich veränderte, wie sie sich entwickelte. Sie würde leben, würde vielleicht sogar Spaß haben.

›ich will keine tausend Jahre auf dich warten‹

Dass es ohnehin nicht ich sein würde, den sie treffen würde, sagte ich nicht. Wie hoch wäre wohl die Wahrscheinlichkeit, dass mein Blut in einem anderen wiedergeboren wird? Sie verstand weiterhin nicht, dass sie nicht die leibliche Wiedergeburt von Maha war, sondern nur ihr Blut hatte. Lin war so weit von Maha entfernt wie der Nord- vom Südpol. Und sie war zuerst ein Mensch gewesen, was diese ›Wiedergeburt‹ wohl in erster Linie überhaupt möglich gemacht hatte. Ich wurde als Dämon geboren und würde als einer sterben.

Punkt.

Ich küsste ihren Scheitel und spielte mit ihrem Haar, während sie in meinen Armen lag und ich aus dem Fenster die untergehende Sonne durch die Bäume betrachtete. »Ich liebe dich, Liebes.«

Linnea krallte sich an mir fest, als würde ich verschwinden, wenn sie auch nur eine Sekunde loslassen würde. »Ich liebe dich auch«, flüsterte sie weinend und hob den Blick, um mich anzusehen. Sich die Tränen aus dem Gesicht wischend, zog Lin die Nase hoch und sagte: »Können wir morgen bitte noch einen schönen Tag haben? Nur wir beide, irgendwo, weit weg von all den Problemen?«

Ich beugte mich vor und küsste ihr die Tränen von der Wange. Langsam. »Wohin auch immer du willst.«

Wir würden ohnehin aufbrechen, wieso dann nicht noch einen Tag einen Stopp einlegen und ihn genießen? Dir Viper würde uns holen kommen. So oder so. Und vielleicht war es der Letzte, den wir hatten, also wie könnte ich ihr das ausschlagen?

Meine Lippen wanderten über ihr Gesicht und erreichten ihr Ziel, als meine Zunge in ihren Mund glitt und meine Hand dazu in ihre Hose wanderte. Vielleicht wäre von allem ein letztes Mal nötig? Ein letzter Kuss, eine letzte Umarmung, ein letztes Wort, eine letzte Berührung, eine letzte Nacht.

Die Viper konnte jederzeit vor der Tür stehen und da ich weder Lin noch mir vorbereiten konnte ...

Langsam strich ich mit den Fingern über ihre Unterwäsche und versuchte, Trauer in Lust zu verwandeln.

»Was«, fragte ich zwischen dem Kuss, »schwebt dir vor?«

Linnea öffnete die Lippen und sah mir direkt in die Augen. »Ich-«, seufzte sie sinnlich und erwiderte jeden einzelnen Kuss. »-will ein Tattoo.« Mit einem klein Lächeln auf den Lippen fügte sie hinzu: »Ich will ein Partnertattoo.«

Meine Küsse wanderten ihre Kieferlinie entlang und als meine Finger den Stoff hinauf und hinab strichen, erkundigte ich mich: »Bist du sicher?«

»Ja«, hauchte sie. »Ich bin mir ganz sicher.« Sie hob die Hand an und zeigte auf die Innenseite ihres Handgelenks. »Vielleicht ein kleines A und ein dämonisches Einhorn und du dasselbe nur mit einem L?«, fragte sie erregt und belustigt zu gleich.

Ich hob den Kopf und stoppte jede Bewegung. »Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mir eins dieser Biester tätowieren lasse, oder?«

Sie musste von allen guten Geistern verlassen sein, wenn sie dachte, ich ließe mir das auf meine Haut stechen. Einen Teufel würde ich tun.

Lin kicherte. »Das war doch nur Spaß. Ich wollte dich nur ärgern.« Mit einem Kuss und einem kleinen Biss in meine Unterlippe grinste sie mich an. »Und was hältst du von einem Herzen?«

In meine Finger kam wieder Fahrt und ich bewegte sie weiter. Dabei schob ich nun den Stoff beiseite und ließ zwei in sie gleiten. Ich küsste wieder ihren Hals und massierte die Innenwände ihrer Mitte, ohne mich zurückzuziehen.

»Ein Herz?«, raunte ich an ihre Haut. »Klingt gut. Wie wäre es, wenn ich in diesem Herz deinen Fingerabdruck und du meinen hättest?« Ich ertastete mit einem Grinsen ihren G-Punkt und schnurrte: »Das macht es etwas persönlicher als ein Buchstabe.«

Sie stöhnte die Antwort und wölbte den Rücken. »Oh Gott ... Ja!«

Ich lachte leise und zog ich zurück, ehe sie kommen konnte. Dann rollte ich mich auf den Rücken, öffnet meine Hose und setzte Lin, mit einem Beherzten griff um die Hüfte, auf meinen harten Schwanz. »Fein«, stöhnte ich, als sie mich so herrlich aufnahm. »Dann also ein Tattoo, Liebes.«

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