Kapitel 9. Linnea
Mit einem Kaffee zwischen meinen Händen saß ich mit meinem schwarzen Cocktail Kleid auf dem Sessel in einem Nacht Cafés. Meine zitternden Hände umfassten die heiße Tasse, doch trotzdem erwärmte mich die Flüssigkeit nicht.
Wir waren nachdem Club hier in dieses Café gefahren, da ich mich strikt weigerte mit zwei Dämonen zu uns nachhause zu fahren. Ich wäre doch verrückt mit ihnen allein in eine Wohnung zu gehen.
Schwer schluckend sah ich erst Cahir und dann Azael an. Beiden saßen mir gegenüber. Azaels Augen waren wieder normal, keine Flammen und auch keine roten Adern waren mehr zu sehen. Sie sahen beide wie normale Männer aus. Junge Männer. »Wie alt, sagtet ihr nochmal, seid ihr?« fragte ich ängstlich.
Immer noch bereute ich es, dass ich überhaupt mit ihnen mitgegangen war, aber im Club zu bleiben war auch keine Option. Da waren laut den beiden über die Hälfte Dämonen unterwegs gewesen und es würde wohl im Laufe der Nacht noch für einige der Menschen tödlich enden.
Mein Gott.
Wie war das überhaupt möglich? Wie konnte so etwas existieren? Ich hatte ihn zuvor nicht geglaubt, hatte mich lustig über die beiden gemacht. Doch das Blut in der Bierflasche.....Ich hätte auf mein erstes Gefühl hören sollen.
Unwohl fühlend nippte ich an dem Kaffee und schluckte die heiße Flüssigkeit hinunter.
Während ich mir über meine Lippen leckte, dachte ich an den Kuss mit Azael zurück. Er hatte mein Blut abgeleckt und dann wurden seine Augen unheimlich. Doch.....der Kuss und seine Berührungen waren berauschend und erregend gewesen. Ich hasste, dass ich daran gefallen hatte. Er war kein Mensch und Cahir ebenfalls nicht. So etwas war nicht natürlich. Ich durfte auf keinen Fall so gegenüber einem Monster empfinden. Niemals.
Azael rieb sich den Nasenrücken und seufzte. »9620 Jahre«, wiederholte er sich und zeigte dann auf Cahir, der bereist den Latino-Kellner ins Auge gefasst hatte und schamlos mit Blicken verschlang. »6000 und ein paar Zerquetschte.«
Er gab einen beleidigten Laut aus. »7005 Jahre, Arschloch.«
Sein Blick huschte zu meinen zitternden Händen. »Du hast Fragen. Stell sie.«
Ich sah von Azael zu Cahir und wieder zurück. Noch ein Schluck nehmend, nickte ich und rief mir die Zahlen noch einmal ins Gedächnis.
9620 Jahre?
Und.....
7005 Jahre?
Wie war das nur möglich?
»Seid....ihr als Dämonen geboren oder wurdet ihr zu welchen gemacht?« begann ich die erste Frage zu stellen.
Cahirs Aufmerksamkeit huschte wieder zu mir und er und Azael legten zeitgleich die Köpfe schief, bevor mein Mitbewohner erklärte: »Wir werden geboren wie ihr Menschen auch.«
»Es gibt aber auch einen Weg, einen Menschen zu wan-«
Bevor Cahir zuende sprechen konnte, warf Azael ihm einen so tödlichen Blick zu, dass Cahir augenblicklich aufhörte zu reden und etwas schuldig wegsah.
Einen Herzschlag lang, starrte mein Mitbewohner seinen Kumpel noch an, bevor er sich wieder zu mir drehte. »Dämonen funktionieren wie ihr Menschen. Nur sind wir in allem besser.«
»Und wir können Macht benutzen. Magie, wenn du so willst. Davon gibt es einige. Illusionen«, Cahir zeigte auf sich. »Schwarze Flammen. Elemente beherrschen, Gedankenlesen und so weiter und so weiter.«
Azael nickte. »Und die Lebensspanne unterscheidet sich natürlich.«
Ich kniff die Augen leicht zusammen, weil ich diese stumme Auseinandersetzung mitbekam.
Wieder trank ich meinen Kaffee und fragte: »Können Menschen zu Dämonen werden?«
Ich wollte die Reaktionen der beiden beobachten und fragte noch: »Illusionen? Also war das echtes Blut in den Bierflaschen und du hast.....mich Bier sehen und schmecken lassen? Und diese Frau....die plötzlich verschwunden war, war auch eine Illusion?«
Azael blieb reglos und auch Cahir sagte dazu nichts. Die zweite Frage allerdings beantwortete er mir, indem er mir einfach zeigte, was er konnte. Unsere Umgebung verschwand und plötzlich fanden wir uns an dem Tisch sitzend am Nordpol in einem Schneesturm sitzend. Man spürte die Eiseskälte und Azael verzog die Lippen, während Schneewind an unseren Haaren zerrten. »Illusionen sind mächtige Waffen, Lin.«
»Und dennoch nutzt du sie, um den größten Mist zu bauen.«
Cahir ließ die Illusion zerfallen und wie Sand der hinab rieselte, verschwand das Bild und wir saßen wieder im Kaffee.
»Ach komm schon, als hättest du deine Flammen noch nie benutzt, um ein Lagerfeuer anzumachen.«
Ein entnervtes Schnauben entkam meinem dämonischen Mitbewohner. »Was noch, Liebes?«
Ich erzitterte leicht von der Kälte, die mir noch in den Knochen hing.
Das war alles so verrückt.
So unwirklich.
Langsam stellte ich meine Tasse auf den Tisch vor mir und schluckte schwer.
Das war einfach alles zu viel.
Ich sah Azael an.
»Wieso könnt ihr nur Blut trinken? Und.....tötet ihr Menschen dafür?«
Mein gegenüber zuckte mit der Schulter. »Weshalb können Koalas nur giftige Eukalypten essen? Warum filtern Wale Krill aus dem Wasser? Warum isst du Salat, Burger und Pasta?« Er sah mich an. »Ist es, wenn wir Menschen töten, nicht genau dasselbe, wie wenn ihr eine Kuh schlachtet, um ein Steak zu essen?«
Cahir schnaubte amüsiert. »Manche Dämonen machen es, ja. Aber seit der Inquisition und der Hexenverbrennung und dem Erscheinen der Jäger, hat sich das etwas geändert. In der Moderne haben wir andere Mittel, an Blut zu kommen, als euch dafür aufzuschlitzen. Az zum Beispiel nimmt Blutspenden. Ich auch. Meistens.«
Ich starrte Cahir an. Sie verglichen Menschen mit Tiere?
Ob sie irgendwann mich umbringen würden, um mein Blut zu bekommen.
Plötzlich fiel mir etwas ein und ich blinzelte und sah zu Azael zurück. »Du hast etwas von meinem Blut genommen und...... dann haben sich deine Augen verändert. Und du hast gesagt, dass ich gut rieche und-« ich sah zu Cahir. »-du auch. Wieso rieche ich denn für euch gut? Was stimmt denn nicht mit mir?« fragte ich beide mit großen unwissenden Augen.
Die Tatsache, dass Azael mir gesagt hatte, dass er mich die ganze Zeit schon wollte und beobachtet hatte, ließ ich aus. Die Fragen dazu würde ich später stellen, wenn wir unter uns waren. Wenn ich bis dahin noch leben sollte.
»Denk nach«, forderte Azael. »Blut ist Nahrung für uns. Nicht notwendig, aber um bei Kräften zu bleiben, brauchen wir es. Also, lass mich dich mal etwas fragen.« Er sah mich direkt an. »Hast du ein Lieblingsessen? Wenn ja, warum? Warum riecht ein Stück Salami Pizza für einen besser als Schokolade und für den anderen ist der Geruch von Gulasch unwiderstehlich? Für uns ist euer Blut nichts weiter als Essen. Und wie Essen riecht und schmeckt es eben immer anders.«
Cahir zog eine Braue hinauf, sagte aber nichts und sah wieder zu dem Kellner.
»Verstehe.« meinte ich leise und sah runter auf mein Kaffee.
»Also bin ich für euch eine Art Pizza und die anderen Menschen Gulasch?« fragte ich, da ich Pizza liebte und Gulasch eher weniger.
Cahir lachte leise. »Süße, du bist eher wie ... guter Wein. Und jetzt«, er stand auf und streckte sich, »werd' ich mir, da das mit uns beiden, wegen Az, wohl eher weniger was wird, den Kellner klarmachen. Ich stell' mir schon die ganze Zeit vor, wie er vor mir kniet und ich muss unbedingt rausfinden, ob es wirklich so gut ist, wie in meiner Fantasie.«
Er ging auf den Latino zu und ließ mich mit Azael alleine am Tisch sitzen.
Ich sah Cahir nach.
Guter Wein also.
Meine Augen wanderten zurück zu Azael.
Ich sah ihn lange an, bis ich fragte: »Wirst du mich jetzt töten, weil ich über euch Bescheid weiß?«
Ich hatte Angst vor beiden. Angst, dass sie mich mit einem Mal als lästig empfanden und los werden wollten. Ich würde es doch gar nicht kommen sehen. Es würde alles so schnell gehen. Für die war ich nur ein schwächlicher Mensch. Ich hätte keine Chance.
Mein Mitbewohner betrachtete mich mit seinen wundervollen eisblauen Augen und lehnte sich vor, sodass seine Unterarme auf dem Tisch lehnten. »Warum sollte ich dich töten? Was hast du mir getan, dass das rechtfertigen würde?«
»Ich....ich....« Seine eisblauen Augen waren wirklich unglaublich schön. Aber er war kein Mensch. Auch, wenn er aussah wie einer. Doch seine Worte im Club.....
»Willst du mich?« fragte ich plötzlich, bevor ich mich aufhalten konnte.
»Ja«, antwortete er sofort. »Die Frage ist nur, warum?«
Meine Augen wurden groß und meine Wangen färbten sich rosa. Mein Herz schlug mit einem Mal schneller und ich sah auf meinen Kaffee runter, der wohl langsam kalt wurde.
Er wollte mich.....
Wieso freute mich das?
War ich denn bescheuert?
»Wegen meinem.....Blut, oder? Du...Du hast ziemlich heftig reagiert, als du es getrunken hast. Und...deine Worte waren ziemlich direkt.« stotterte ich.
Seine Worte....
>Ich glaube, du verstehst nicht, wie sehr ich dich gerade will. Haut an Haut. Meine Hände um deinen Hals und den Nacken. Meine Lippen auf deinen. Dein Blut in meinem Mund.......mein Schwanz in deiner .....<
Gott!
Während ich mit meiner Fantasie kämpfte, neigte er wieder den Kopf und leckte sich die Lippen, als er auf meine sah. »Es wird dein Blut sein, ja. Anders ... kann ich mir das nicht erklären, denn, wie ich dir schon sagte, bist du das genaue Gegenteil von dem, was ich an Frauen schätze.«
Ich sah ihn wieder an.
Er legt immer den Kopf schief, wenn er nachdachte.
Diese Entdeckung ließ mich schmunzeln, auch, wenn seine nächsten Worte nicht wirklich erfreulich waren.
Ich war also das genaue Gegenteil.
»Das wird es wohl sein.«
Ich sollte gehen.
Was dachte ich da?
Wir wohnten zusammen.
»Ich möchte nachhause.« sagte ich daher.
Einen Moment betrachtete er mich, bevor er nickte. »Wie du möchtest.«
Azael stand auf und sah zu Cahir, der sehr dicht an den Kellner herantrat und ihm grinsend etwas ins Ohr flüsterte. Ein Schnauben entkam ihm, doch er wandte sich ab und lief los. »Ich würde ja sagen, geh vor, aber wahrscheinlich willst du mir den Rücken nicht mehr zudrehen, hm?«
Ich stand ebenfalls auf und folgte ihm mit einem gewissen Abstand. Ich nickte nur und beobachtete ihn genau. Ich hatte immer noch Angst. Vor beiden. Wie sollte ich bitte mit ihm zusammen in der Wohnung verweilen. Nein! Ich musste mir eine andere Wohnung suchen. Diesmal wirklich!
Da fiel mir ein....
»Weiß Kira auch über euch beide Bescheid?« Immerhin hatte seine vorherige Mitbewohnerin sogar mit ihm geschlafen.
Azael sah über seine Schulter zu mir, bevor wir an seinem Wagen ankamen und er die Tür öffnete. »Nein, sie weiß nichts. Und wenn du dein Leben, wie Cahir und mich nicht gefährden willst, bleibt das so.«
»Drohst du mir?« fragte ich und schreckte etwas zurück. Was würde denn passieren, wenn ich es weitererzählen würde? Und wer würde mir bitte glauben?
Genervt drehte er sich zu mir und trat einen Schritt auf mich zu. »Hör zu, zum aller letzten Mal, okay? Ich will dich NICHT töten, verstanden? Aber es gibt eine Menge Dämonen, die damit kein Problem hätten. Sei es deines Blutes wegen, oder dem Schutz unserer Existenz. Denn ob du es glaubst oder nicht, es gibt Menschen, die uns wirklich gefährlich werden können. Menschen, die Waffe besitzen, die uns schaden können.«
Er sah von meinen Augen zu meinem Mund und wieder zurück. »Wir sterben zwar keines natürlichen Todes, wie ihr Menschen, aber das heißt nicht, dass man uns nicht töten kann. Wenn Jäger spitzkriegen, dass sich hier in der Stadt Dämonen aufhalten, haben wir ein Problem, das im Untergang einer ganzen Stadt enden kann. Es ist in der Geschichte bereits hunderte Male passiert, ohne dass die Meisten Menschen die Wahrheit kennen. Der Krieg Jäger gegen Dämonen ist sehr alt, Liebes.«
Ich sah ihn dennoch ängstlich an. Er konnte mir noch so oft erzählen, dass er mich nicht töten wird und ich hätte dennoch Angst. Ich sah ihn jetzt einfach mit anderen Augen. Und.....trotzdem wollte ich nicht, dass er oder Cahir in Gefahr gerieten. »Ich...werde nichts sagen. Versprochen.« meinte ich daher und ging an ihm vorbei. Ich stieg etwas zögerlich in das Auto ein und betete, dass er mir wirklich nichts tun möge. Es gab also schon unzählige Kriege und er.... Meine Augen folgten ihm als er die Autotür zu schmiss und auf der Fahrerseite Einstieg. Er hatte also diese Kriege miterlebt und überlebt. Das war wirklich einfach nur verrückt.
Der dunkelhaarige startete den Motor und fuhr los. Als ich jedoch nicht aufhörte zu starren, fragte er: »Was?«
»Wie fühlt sich das an so alt zu sein?«
Sein Mundwinkel zuckte. »Ich habe irgendwann Mitte/Ende zwanzig aufgehört zu altern. Seither fühle ich mich gleich.« Sein Blick hing auf der Straße. »Es ist die Welt um uns Dämonen herum, die sich verändert. Zumindest fühlt es sich für mich so an.«
»Ich denke die Welt vor mehreren tausend Jahren war auch anders als jetzt.« lachte ich. Als er mich deswegen kurz ansah, blinzelte ich und ließ mein Lächeln verschwinden.
Was tat ich hier nur?
Mit zusammengepressten Lippen sah ich aus meinem Fenster.
»Du hast immer noch Angst, hm?«
»Ja.« antwortete ich knapp und sah ihn nicht an. Meine Augen weiter auf die Häuser gerichtet, die an uns vorbeiflogen.
Er war also ein Dämon und wohnte mit mir zusammen. Er trank nur Blut aus den Bierflaschen in unserem Kühlschrank. Aber er wollte auch mein Blut, weil ich anscheinend wie ein leckerer Wein schmeckte.
Die Augen schließend, seufzte ich.
Das war doch wirklich alles verrückt.
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