Kapitel 3. Linnea

»Genauso, Lin. Ich liebe es mit dir zu arbeiten. Sei noch ein wenig mehr sexy. Perfekt.« sprach mein Fotograf, während er die Bilder von der neusten Calvin Klein Bikini Mode schoss.

Ja, ich liebte meinen Job. Auch, wenn ich merkte, dass dieser immer weiter in eine Richtung ging, die nur noch Männer ansprach. Eigentlich war mal meine Intension gewesen, Frauen zu inspirieren. Doch irgendwie hatte ich die Abzweigung verpasst und fand den Weg nicht mehr zurück.

Ich poste in dem knappen Bikini und machte meinen Job wie immer professionell. Der leichte Wind vom Ventilator, ließ meine Haare fliegen und ich setzte meinen heißesten Blick ein. Ein paar Posen und ein paar Bikinis später, war ich wieder mit meinen üblichen Sachen angezogen.
»Gute Arbeit allerseits.« verabschiedete ich mich von allen. Die Leute packten alles zusammen, räumten auf und wünschten mir einen schönen Abend.

Mit einem Lächeln verließ ich das Studio und atmete tief die Abendluft ein. Diese Bilder würden durch die Decke gehen, das wusste ich. Seufzend dachte ich auch daran, dass es wieder mehr Männer anlocken würde.

Ich setzte meine Capi auf und machte mich auf den Weg nachhause. Dabei dachte ich zurück an heute Mittag, als Azael und sein Freund Cahir in der Wohnung waren. Diese Frau.

Ich war immer noch verwirrt.

Denn nachdem die beiden verschwanden, wollte ich ins Badezimmer und etwas aufräumen. Der Typ hatte ja keine Ahnung wie teuer diese ganzen Produkte waren. Genervt schmollte ich.

Er war wirklich ein Arschloch. Aber das wichtigste war, dass selbst als ich mehrmals angeklopft hatte, die fremde Frau nicht die Tür öffnete und als ich nach fast einer halben Stunde die Nase voll hatte, öffnete ich einfach selbstständig die Tür.

Was mich zuerst überrascht war, dass die Tür gar nicht abgeschlossen war und das zweite war, keine einzige Seele war in diesem Badezimmer!
Genau. Da war einfach niemand im Badezimmer.
Ich kämpfte mit dem Gedanken, dass ich mir alles nur eingebildet hatte. Und als ich dann versuchte Azaels Tür zu seinem Zimmer zu öffnen und diese daraufhin verschlossen war, war ich mir eigentlich sicher, dass ich mir alles nur eingebildet hatte.

Ich erschauderte bei dem Gedanken, wie echt diese Frau aussah. Was ging hier nur ab?
Ich verstand es nicht. Das machte alles keinen Sinn.

Nachdenklich stieg ich in den Bus, fuhr mehrere Stationen und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren. Mein Lieblingssong von Usher, Hey Daddy, dröhnte in meinen Ohren und ich schloss meine Augen. Ich dachte über einiges nach, über meine Eltern, über meine Karriere und plötzlich....über Azael.

Als sein nackter Oberkörper vor meinen inneren Augen auftauchte, riss ich diese erschrocken auf.
»Was zum Teufel.« murmelte ich und sah mich um.

Meine Augen wanderten auf die Anzeigetafel und ich blinzelte.

»Scheiße!« zischte ich und erhob mich. Ich hatte meine Haltestelle verpasst. War ich wirklich so erschöpft gewesen?

Schnell stieg ich bei der nächsten aus und lief den Weg zurück. Es war schon halb 12 und um die Zeit waren kaum noch Menschen auf den Straßen. Ich hasste Dunkelheit und ich hasste es um die Zeit alleine herumlaufen zu müssen. Daher beeilte ich mich und nahm sogar die Kopfhörer wieder raus. Auf einmal fühlte ich mich verfolgt und traute mich nicht hinter mich zu sehen.

Nur noch ein wenig.
Gleich hatte ich es geschafft.
Ich schluckte und lief immer schneller.
Nur noch ein bisschen...

Plötzlich drückte jemand seine Hand auf meinen Mund und zog mich in die nächste Gasse.
Ich schrie gedämpft durch seine übelriechende Hand und riss die Augen auf.

Bevor ich reagieren konnte, hatte derjenige mich schon herumgewirbelt und an die Wand gedrückt. Die Luft stieß aus meinen Lungen, als ich gegen das Gestein knallte. Doch ich verstand gar nicht schnell genug, da hatte er schon mein Gesicht gepackt und begann mich zu küssen.
Ich war erstarrt, erwiderte den Kuss nicht und bewegte mich keinen cm. Ich ließ es über mich ergehen. Konnte mich nicht wehren, obwohl ich es wollte und musste.

Der Typ roch nach Alkohol und küsste sich meinen Hals hinab. Er zerrte an meinen Klamotten, an meinem schwarzen T-Shirt. Der Stoff riss und mein BH kam zum Vorschein.
Würde er mich ernsthaft vergewaltigen?
»Lin-nea.....endlich....« stöhnte er betrunken und drückte mich mit seinem gesamten Gewicht an die Wand.

»Lass das Mädchen los«, brummte plötzlich ein reichlich genervter Typ und betrat die Gasse, in die mich der Täter geschleppt hatte.

Ich drehte meinen Kopf, als auch der Typ von mir abließ.

Azael?

Der Typ, der anscheinend ein Fan von mir war, verzog das Gesicht und spuckte Azael vor die Füße. »Verpiss dich, die kleine .....gehört mir.« Bekam er gerade so hin zu sagen und wankte etwas. Ich wollte mich ernsthaft bewegen, aber ich schaffte es einfach nicht. Nein, stattdessen wurde mir schlecht.

Der Typ hatte mich geküsst, er hatte mich ernsthaft einfach geküsst!

Azael lachte leise und dunkel und kreuzte die Arme vor der Brust, während er sich uns gegenüber an die Wand lehnte. »Dir? Hm, ist das so, ja?« Er sah mich an und meinte: »Dein Männergeschmack lässt zu wünschen übrig, Liebes. Ich rieche deinen Lover bis hier her.«

Ich...konnte überhaupt nichts erwidern. Ich war in einer Art schockstarre. Ja, ich wusste, was mein Job mit sich brachte. Auch, dass viele Männer mich gerne persönlich kennenlernen wollten. Sie verstanden anscheinend nicht, dass das einfach nur ein Job war und nicht mein wahres Ich. Viele dachten auch, dass ich ja diese Fotos machte, weil ich die Männer verführen wollte, oder wie die es formulierten: deren Schwänze in mir spüren wollte. Nein! Das war auf keinen Fall der Grund für meinen Job. Wie gesagt, wollte ich damals und auch heute immer Frauen inspirieren und ihnen mit diesen Fotos Selbstbewusstsein schenken. Wann ging das bitte alles in so eine falsche Richtung?

Ich kehrte in das hier und jetzt zurück, als der Fremde Mann anfing auf Azael zu zugehen. Er hob die Hand, ballte diese zu einer Faust und schlug zu.

Meine Augen weiteten sich, als Azael sich nur minimal bewegte, den Kopf einfach leicht zur Seite beugte und seine Faust dadurch an die Wand donnerte. »Versuch es doch noch mal. Aber wenn du das machst, atme woanders hin. Mir wird schlecht.«

Der Typ wankte wieder, stolperte fast über seine eigenen Füße und zischte vor Schmerzen. Die Faust war zerkratzt und er sah Azael halb betrunken und halb wütend an. »Du hast Glück...« begann er zu lallen. »...Ich habe heute keine Lust jemanden aufs Maul zu hauen.....also lass ich dich nochmal davonkommen.« er bekam Schluckauf, wandte sich zu mir und packte meinen Arm. »Lass uns woanders hin, Lin-nea.« grinste er und zog mich mit sich.

»Ich...will nicht.« schaffte ich nur ganz leise zu sagen.

»Du hörst die Dame«, meinte Azael und stieß sich seufzend von der Wand ab, um nun doch auf uns zuzulaufen. Er packte das Handgelenk des Kerls, mit dem er mich festhielt. Er sah ihm entgegen. »Lass sie los.«

Ich sah zu Azael hoch, konnte seine Augen jedoch nicht ganz sehen, weil seine Haare diese halb verdeckten. Als der Typ zurückschreckte und meinen Mitbewohner mit großen Augen ansah, beobachtete ich überrascht seine Reaktion.
Er ließ mich augenblicklich los. »Was....bist du?« fragte dieser.

Verwirrt sah ich zurück zu meinem Mitbewohner, als ich wegtrat.

»Ein genervter Mitbewohner«, entgegnete er knapp und ließ den Kerl los. Doch er beugte sich vor und flüsterte ihm etwas zu, dass sämtliche Farbe aus seinem Gesicht weichen ließ. Dann wandte Azael sich so herum, dass er den Rücken zu mir gedreht hatte. Irgenetwas passiert und Azael und raunte: »Fasst du noch mal eine Frau gegen ihren Willen an, finde ich dich.«

Überfordert starrte ich von meinem Mitbewohner zu dem übergriffigen Typen, der plötzlich anfing zu schreien. Er entzog sich Azaels Griff und rannte davon, dabei fiel er sogar noch hin, doch so schnell wie er den Boden erreicht hatte, hatte er sich wieder aufgerappelt und rannte weiter.
Meine Augen wanderten zu meinem Mitbewohner.

Was war das gerade?
Ich trat näher und somit in sein Blickfeld. »Danke.«

Er blinzelte schnell. »Was suchst du um diese Zeit alleine draußen?«, fragte er nur und lief dann aus der Gasse. Er sah über die Straße zu Cahir und nickte ihm zu, sodass er daraufhin ging. Davor hob er noch die Hand und salutierte vor mir. »Weißt du, was ich mich frage?«, setzte Azael dann noch mal an und lief Richtung Wohnung. »Ein Supermodel müsste so viel mehr Geld verdienen, als dass du es nötig haben müsstest, in eine WG in der Gegend zu ziehen.«

Ich zog meine Capi tiefer ins Gesicht und schenkte Cahir nur einen kurzen Blick, bevor ich Azael antwortete. »Das Shooting für eine neue Collection hat sich etwas in die Länge gezogen.« erklärte ich leise und folgte ihm. »Ich verdiene gut, aber eine eigene Wohnung zu finden ist nicht so einfach.« erklärte ich und hielt ihn auf. »Warte.« sagte ich und zögerte etwas, bevor ich weitersprach: »Könntest du ...Ähm... mit mir noch einkaufen gehen?« Wir hatten immer noch nichts im Kühlschrank und ich hatte heute nur Mittagessen gehabt. Ich hatte Hunger und so sah ich ihn auch an.

»Es ist mitten in der Nacht«, stieß er genervt aus.

»Ja und, wir leben in einer Großstadt. Ich sag ja nur Sevenelevens.« sagte ich jetzt ebenfalls genervt. Ein seveneleven war sogar gleich hier in der Nähe. Doch als er mich weiterhin so genervt ansah, änderte ich meine Taktik und sagte: »Na schön, dann eben nicht. Dann trinke ich einfach ein Bier aus dem Kühlschrank. Kein Problem.« damit wandte ich mich ab und lief weiter zu Wohnung.

Er blies Luft aus. »Sicher nicht. Hör mal«, meinte er tonlos. »Nur weil ich gerade zufällig in der Nähe war und dich vor einem unfreiwilligen Stelldichein bewahrt habe, bin ich noch nicht dein Freund. Es interessiert mich nicht, ob du Hunger, Durst oder sonst was hast. Wenn du nicht einkaufst, Pech. Ich bin nicht deine Mutter und kümmere mich um dich. Auf dem Weg heim, ist ein Asiate. Hol dir da was, wenn du nicht alleine einkaufen willst.« Der Arsch schnaubte und rieb sich müde übers Gesicht. »Und wenn der Mist da öfter vorkommt, solltest du drüber nachdenken, deine Titten und deinen Arsch eben nur in jedem dritten Magazin ablichten zu lassen.«

Ich sah ihn an, sehr lange, dann nickte ich nur und wandte mich ab. Ohne etwas zu sagen lief ich Richtung Wohnung weiter. So dachte er also von mir. Er war also nicht besser wie die anderen Typen. Ja, ich hatte für einen kurzen Moment geglaubt, dass er vielleicht ein ganz netter Kerl war, wenn er mir zu Hilfe kam, obwohl das nicht seine Aufgabe war.

Vergiss es einfach, Linn.

Redete ich gedanklich mit mir selbst und kramte aus meiner Tasche meinen Schlüssel raus, doch bevor ich diesen ins Schloss stecken konnte, tauchte Azael schon neben mir auf und übernahm das. Überrascht blickte ich zu ihm hoch, während er mir die Tür aufhielt. Er dagegen sah in die Dunkelheit, der Straßen und auf die Laternen, die die Wege nur spärlich beleuchteten. »Geh rein, ich komm gleich.«

Damit ließ er mich stehen und lief wieder weg.

Ich verdrehte nur die Augen und ging hoch. Er war echt ein Arsch. Nachdem ich die Tür zugeknallt hatte, ging ich ins Bad und schloss ab. Abstützend am Waschbecken, starrte ich mein Spiegelbild an. Schnell packte ich meine Zahnbürste in dem nun aufgeräumten Badezimmer und putzte mir gründlich die Zähne.
Es war unglaublich knapp gewesen. Wenn er nicht gewesen wäre, dann.....

Aber egal.

Nicht drüber nachdenken. Es ist nichts passiert.

Alles ist gut.

Ich verließ das Badezimmer.

Er war genau dasselbe Arschloch wie alle....

Ich stoppte meine Hass Gedanken gegen Azael und starrte auf das Asiatische Essen.
Dann sah ich auf zu meinem Mitbewohner. »Ist das für mich?«

»Ich hab' schon gegessen, also ja, Blitzmerker.« Er lief zum Esstisch, klappte seinen Laptop auf und zog dann ein Bündel Geldscheine aus seiner Jeans und schmiss die Hunderter auf den Tisch. »Ich wusste nicht, was du so isst, also hab' ich von allem ein bisschen was geholt«, sagte er ohne aufzusehen und tippte auf dem Laptop, bevor er ihn fluchen zuklappte und sich auf dem Stuhl zurücklehnte. Sein Blick wieder auf mich gerichtet.

Ich holte mir Besteck und setzte mich ebenfalls an den Tisch. Den Blick auf das ganze Geld, wusste ich nicht so recht, was ich sagen sollte. Obwohl eine fragen kam mir dann doch: »Du scheinst selbst nicht schlecht zu verdienen. Wieso bist du in einer WG?« während ich seinen Blick erwiderte und gar nicht erst fragte, woher er dieses ganze Geld hatte und weshalb er schlecht gelaunt war, öffnete ich das Essen.

Mich beim Essen beobachtend, erklärte er wortkarg: »Ich mag es simpel.«

»Okay, verstehe ich, aber, wenn du immer so mies gelaunt gegenüber neuen Mitbewohner bist, solltest du dir vielleicht doch noch überlegen eine eigene Wohnung zu nehmen.« meinte ich und aß weiter. Gott, ich hatte solch ein Hunger.

Azael legte den Kopf schief. »Du bist hier eingezogen, ich war schon hier. Finde den Fehler, Liebes. Außerdem«, sagte er, stand auf und zog sein Shirt aus, sodass er nur noch in Jeans dastand, »hat es mit Karen, nein warte«, verbesserte er sich, »Kira, auch geklappt. Denn«, er lehnte sich im Vorbeigehen zu mir, »sie hat sich an die Regeln gehalten.«

Ich starrte seinen Körper an und dass etwas zu lange, bevor ich ihm wieder ins Gesicht sah. »Ja, aber du lebst in einer WG Wohnung und deswegen ist es doch klar, dass irgendwann jemand hier einzieht. Dass ich es nun bin, ist nur Zufall.« antwortete ich und holte mein Handy raus. »Ich halte mich nicht gerne an Regeln, aber trotzdem danke für das Essen. Wie viel schulde ich dir?« fragte ich und wollte ihm das Geld mit dem Handy senden.

Azael sah mir in die Augen und seine Nasenflügel zuckten, bevor er sich aufrichtete. »Ist das Vanille?« er verzog angeekelt die Lippen. »Das beißt sich mit deinem natürlichen Geruch. Versuch etwas Zitrusartiges. Das harmoniert besser mit der Süße. Limette, Orange. Sowas in der Richtung.«
Er lief auf die Couch und schmiss sich auf das Polster, um SUPERNATURAL anzuschalten.

Was?

Mit meinem natürlichen Geruch?

Wie meinte er das?

Was für eine süße?

Irritiert sah ich ihm nach und wusste nicht mehr, was ich dazu sagen sollte.

Der hat sie doch nicht mehr alle!

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