Kapitel 18. Azael

Ich riss den Typen von ihr weg und schmiss ihn an die gegenüberliegende Wand.
Den ganzen Abend über hatte ich auf der anderen Seite der Straße gestanden und sie beobachtet.

Beschützt.

Cahir hatte mir gesimst, dass sie tranken und mir geraten zu kommen, doch ich hatte ihm schlichtweg meinen Standort geschickt, um ihm wissen zu lassen, dass ich hier war.

Ich war natürlich nicht nach Hause gegangen, wie ich es vorgehabt hatte, sondern stand gegenüber einer Bar und wartete. Wartete und sah Lin in Gedanken über den Laufsteg schweben. In dieser verteufelt heißen Kleidung. Ich wartete. Starre und wartete.

Worauf?

Weiß der Geier.

Darauf das sie rauskam und mich suchte? Darauf, dass sie spürte, dass ich da war? Darauf, dass Lin sich in meine Arme warf?

Ich schlug dem Wichser ins Gesicht, bevor ich mich bremsen konnte. Leider etwas zu fest, denn sein Kiefer knackte gefährlich. Meine Augen juckten, doch ich zügelte meine Dämonengestalt und sah auf den Mann, der einen halben Kopf kleiner war als ich, herab.

»Azael!«, schrie Lin. Sie packte meinen Arm und versuchte, mich wegzuziehen. »Hör auf! Bist du von allen Sinnen?!«

Es war niedlich, wie sie versuchte, an mir zu zerren. Als würde ein Kleinkind probieren, einen Sumoringer zu bewegen. Als würde ein Mensch versuchen, es mit einem Dämon aufzunehmen.
Ich knurrte, Lin ignorierend: »Falsches Mädchen, Arschloch.«

Der Kerl stöhnte vor Schmerzen und bekam endlich die Augen auf. »Fuck«, nuschelte er und hielt sich den Kiefer.

»Du bist wirklich so ein Idiot!«, rief Lin wütend und viel zu betrunken. Sie ging an uns vorbei, lief wacklig zum Tisch und schnappte sich ihre Tasche. Dann drehte sie sich herum und sah wieder zu mir. »Komm!«, sagte sie nur und wusste, dass ich sie selbst bei der normalen Lautstärke und der lauten Musik in der Bar hörte.

Ich kniff bei dem Befehlston die Augen zusammen, sah zu ihren Freundinnen, die mitsamt den Typen an ihren Armen, geschockt von mir zu Lin sahen, und lief mit ihr aus der Bar, nur um sie dann davor zu packen, herumzuwirbeln und sie in einen wütenden Kuss zu ziehen.

Diese Lippen, dieser Mund, diese Zunge ...
Niemand außer mir darf sie küssen.
Ich löste mich von ihr, erschrocken über meine Gedanken blinzelte ich und fluchte dann. »Was hast du dir bitte dabei gedacht?!«

Ihr stockte der Atem und sie sah mich genauso erschrocken an. »Was habe ich denn gemacht? Ich bin Single und ... dir gegenüber zu nichts verpflichtet«, erklärte sie ruhig und versuchte, sich von mir wegzudrücken.

Ich hielt sie fest. »Du hast betrunken mit einem Typen rumgemacht! Betrunken! Und fuck, nein, du bist kein Single!«, stieß ich aus und diesmal konnte ich das Färben meiner Augen nicht aufhalten. Zu viele Gefühle. Zu viel ALLES. »Du bist seit dem Klubbesuch kein Single mehr! Du bist ...«

Mein, dachte ich, schweig aber und starrte sie nur aufgebracht an. Als ein Gast aus der Bar wollte, wandte ich das Gesicht ab.

»Was bin ich?«, fragte sie mit großen Augen und wollte mein Gesicht berühren, als Paulina nach draußen kam.

»Lin, alles in Ordnung? Wer ist der Typ?«, fragte sie besorgt.

Linnea sah schnell zu mir und prüfte, ob sie meine Augen sehen konnte. Als das nicht der Fall war, sah sie zurück zu ihr.
»Das ist mein Mitbewohner. Alles in Ordnung. Könntest du...«

»Du meinst...« Sie sah Lin intensiv an.

Oh, für diese Sex Boy Sache würde ich sie einen Kopf kürzer machen. Definitiv.

»Ja«, antwortete Lin nur.

»Dann geh ich mal wieder rein. Schön dich kennengelernt zu haben«, rief sie noch zu mir und ging.

Lin drehte den Kopf zu mir und legte eine Hand auf meine Wange, auf der sich die rot pulsierenden Adern sich abzeichneten. »Azael?«

»Was?«, fauchte ich und sah auf sie runter.

So klein. So zierlich.
Ich muss sie beschützen. Vor allem und jedem, inklusive mir selbst.

Linnea zuckte erstaunlicherweise nicht zusammen und sah mich einfach an. Ihre Finger fuhren über die Adern und statt noch mal zu fragen, beugte sie sich hoch und legte ihre ihre Lippen auf meine.

Sie beschützen. Ich muss ...

Ich hob sie hoch und presste sie neben die Tür der Bar.

Der Kuss, in den wir uns hier verwickelten, war besitzergreifend. Heiß, hungrig und verzweifelt. Meine Zunge erforschte alles und verschlang sie regelrecht. Ich spürte meine Nägel wachsen und wie sie den Stoff der engen Jeans anritzen und fast zerrissen.

»Lin«, raunte ich an ihre Lippen, nur um dann nichts mehr zu sagen und sie einfach zu küssen.
Erst als ich Cahir hörte, löste ich mich von ihr. »Oh, okay. Ich dachte schon, ich muss jemanden mit dir umbringen. Die Mädels, von denen zwei sicher in meinem Bett landen und ich eine schon auf dem Klo gevögelt habe, haben gesagt, du hast den Typ verprügelt, der sich noch immer einen Eisbeutel auf die Visage drückt.« Er sah von mir zu Lin. »Aber wie mir scheint, ist ja alles geklärt. Kommt ihr wieder rein?«

»Verpiss dich«, meinte ich und küsste Lin bereits wieder, ehe er antworten konnte.

»Das nehme ich als ein ja. Bis gleich.«

Lin schmunzelte in den Kuss, nahm aber etwas Abstand und sah mich einen Moment lang an, bevor sie fragte: »Bin ich jetzt deine Freundin?«

Ich seufzte. »Nein. So was wie eine Freundin ist ...« Zu wenig und doch zu viel. »Ja. Ja, nennen wir es einfach so.«

Falsch. Richtig. Beides.

Ihre Augen leuchteten und sie lächelte. Doch es hielt nicht lange und das Leuchten und das Lächeln verschwanden wieder. »Willst du das wirklich? Immerhin bin ich doch nur ein billiger Abklatsch und nicht das Original.«

Ach Herrgott, diese Frau!

Ich küsste sie erneut, diesmal sanfter, ehe ich sie absetzte und schlicht sagte: »Du musst dringend lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, Liebes. Denn es werden, wenn du dich auf mich einlässt, einige Momente kommen, in denen ich handle wie ›ein Freund‹, das muss dir klar sein.«

Sie blinzelte und wurde mit einem Mal schüchtern. Mit roten Wangen zupfte sie an ihrem Oberteil. »Du bist also jetzt mein Freund und ich deine Freundin. Ich werde es versuchen, aber ich glaube, ich bin nicht wirklich gut darin.« sie fuhr mir mit beiden Händen übers Gesicht und sagte: »Gott, ich fühl gerade so einen Druck. Werde ich Maha denn gerecht? Ich ... Ich will nicht, dass du mich mit ihr vergleichst, aber jetzt frage ich mich einfach, ob ich gut genug bin. Und ob mein Job dir nichts ausmacht.«

Druck? Was sollte ich dazu sagen?

»Niemand kann Maha gerecht werden«, setzte ich an, auch wenn es sicher nicht das war, was sie hören wollte. »Aber das sollst du auch nicht. Maha ist ... tot. Seit so langer Zeit schon.«

Schmerz.

Ich drängte ihn weg, hob die Hand und fuhr Lin über die Wangenknochen. »Ich liebe sie. Das habe ich vom ersten Moment und werde es bis zu meinem letzten. Aber du musst deswegen keine Konkurrenz in ihr sehen. Du ... bist anders. Linnea, du magst ihr Blut teilen und es ist vielleicht so, dass mich das aus der Bahn wirft und ich erst für mich sortieren muss, was Sache ist, aber ich erinnere dich daran, dass ich im Club zu dir bin, ohne gewusst zu haben, wie du schmeckst. Also ist wohl etwas an dir, dass mich anzieht, dass absolut nichts mit ihr zu tun hat. Denn noch mal. Du und sie, ihr seid, wie Tag und Nacht.«

Ich sah ihr in die Augen und meine Augen wurden ›normal‹. »Es wird passieren, dass ich Vergleiche ziehe. Unbewusst. Denn ob du es glaubst oder nicht, für mich ist das genauso verrückt wie für dich.« Vielleicht sogar deutlich mehr, dachte ich. »Aber ich werde versuchen, es auf ein Minimum zu reduzieren. Für dich und für mich selbst.«

Ich machte einen Fehler. Sicherlich, doch es fühlte sich nicht wie einer an. Es fühlte sich an, als würde ich einen Weg entlanggehen, der für mich bestimmt war.

Eine Bindung. Fühlt es sich so an?

Wieder stach meine Brust und ein Teil von mir, ein großer Teil, wisperte mir zu, dass, wenn ich diese Gefühle zuließe, Maha verraten würde. Denn es war klar, dass wir dieses Band geknüpft hätten, wenn sie am Leben geblieben wäre. Und jetzt?

Ich schluckte. Nein, ich würde mich mit Händen und Füßen dagegen wehren, wenn es so käme. Aber warum machte ich mir überhaupt Sorgen. Sie war nur ein halber Dämon. Wusste nicht mal etwas von ihrer wahren Herkunft und die menschliche Seite würde diese Verbindung zügeln.

Ich legte den Kopf schief.

»Mehr kann ich dir nicht bieten. Also wenn das genug ist und du einen, 9620 Jahre alten Mann, deinen Freund nennen willst, dann bitte, machen wir es. Und dein Job«, fügte ich hinzu und meine Züge verfinsterten sich, »wir werden wohl sehen, wie ich damit klarkomme. Ich verspreche dir nichts.«

Lin sah mir lange einfach nur entgegen. Sie dachte offensichtlich nach und ließ die Worte auf sich wirken. Und dann nickte sie.
»Normalerweise stehe ich nicht auf alte Männer, aber ich werde bei dir eine Ausnahme machen«, sie legte ihre Arme um meinen Hals und kam mit ihrem Gesicht näher. »Keine Sorge, ich habe zwar schon Angebote für Nackt-Shootings bekommen, aber bisher alle abgelehnt«, schmunzelte sie und hauchte dann gegen meine Lippen: »Du wärst der Einzige, der solche Bilder von mir machen dürfte.«

Ich lachte knurrend und presste sie wieder an die Wand. »Vorsicht, Liebes. Du hast mit dem Sex Boy schon einen Bogen überspannt. Treib es nicht zu weit.«

***

Vier betrunkene Frauen waren eine Herausforderung.

Vier betrunkene Frauen, von denen eine Lin war, und sie alle, sowohl mich als auch Cahir mit den Augen auszogen, war sowohl ein Kompliment, als auch anstrengend.

Ich hielt Lins Hand, griff aber zum siebten Mal nach Paulina, die die Straße entlang stolperte. Cahir, der immer wieder mit Isi und der anderen, deren Namen ich ständig vergaß, abwechselnd rummachte, lachte leise.

Wir waren, noch bin Ladenschluss in der Bar geblieben, und liefen jetzt, um 3 Uhr nachts durch die Straßen. Linnea war ziemlich betrunken, aber ihre Freundinnen? Scheiße, die waren kurz vor dem Delirium.

»Ey Sex Boy-«, setzte diese Paulina lallend an und sah grinsend auf meine Hand, die sie rettend im Griff hatte. »Finger weg, ansonsten muss ich ... meiner Freundin das petzen.«
Sie versuchte, böse zu schauen, hob den Zeigefinger, als würde sie mit einem Kind schimpfen wollen und nicht mit einem uralten Dämon. Sie wankte wieder und ich verdrehte die Augen.

Mariam, die alles mit halb fokussiertem Blick beobachtete, lachte laut und zeigte in Lins Richtung. »Lin steht doch da, du betrunkene Bitch.«

Paulina hob verwirrt die Brauen, lehnte sich vor und musterte Linnea.
»Oh mein Gott! Lin von wo kommst du denn her?!«, fragte sie aufgebracht, ging an mir vorbei und umarmte sie. »Ich habe dich so vermisst. Ich dachte, du bist mit dem heißen Typen aus der Bar verschwunden«, nuschelte sie und tätschelte ihren Kopf, während ich mir bei den Gedanken an ›Eric‹ ein Knurren verkniff.

»Wieso-«, mischte sich jetzt auch Isabel ein, die regelrecht an Cahir hing, bereit, jede noch so perverse Schandtat mitzumachen, zu die er sie bringen würde, »sollte Lin mit dem Typen mitgehen? Sex Boy hat den Kerl doch zusammengeschlagen.« Sie wandte sich an mich und zeigte einen Daumen hoch. »Das war heiß, Sex Boy.« Sie grinste und konnte kaum noch gerade laufen, sodass Cahir sie schmunzelnd stütze.

Lin musste lachen und drückte meine Hand, als sie an Isabel gerichtet sagte: »Und was hast du mit Retch Boy auf der Toilette getrieben?«
Isabel wurde rot und zeigte ihr dann den Mittelfinger.

Ich hob meine rechte Braue.

»Retch und Sex Boy?«, fragte ich und hob Lin einen Bordstein hinauf, weil ich mir sicher war, dass sie ihre Füße nicht mehr höher bekam als zwei Zentimeter. »Hat deine Freundin etwa schon rausbekommen, auf was Cahir so steh, ja?«

»Hey!«, maulte dieser, weil er mich ja hören konnte. »Daran ist nichts Verwerfliches und die meisten Menschen stehen drauf, obwohl sie es abstreiten, also ...«
Also legte er auch in einer Bartoilette seine Hand um den Hals der auserwählten Person.

Ich schüttelte den Kopf, doch Cahir meinte: »Ach komm schon, Az. Retch Boy ist doch ganz passend. Wohingegen Sex Boy ja eher so dahergesagt ist. Immerhin habt ihr es nie zu Ende gebracht, oder? Immer nur angefangen und dann-«.

Bevor er weiter sprechen konnte, wandte ich mich ihm zu. Mein Blick war wohl Warnung genug, denn er hob eine Hand und senkte den Kopf.
Ich sah zu Lin und obwohl mein Blick immer noch mürrisch war, sah ich sie wesentlich ruhiger an. »Muss ich mich jetzt darauf einstellen, dass alles, was wir tun, wenn wir es tun, im Detail an deine Freundinnen weitergetragen wird?«

Sie schmunzelte ihn an. »Nicht alles«, antwortete Lin und zwinkerte mir vielsagend zu. Auf einmal platzte Marijam geschockt aus: »Stimmt! Ihr seid ja jetzt zusammen. Herzlichen Glückwunsch.«

Die anderen Mädels stimmten zu, bis Isabel sich an Cahir wandte. »Also ich steh drauf, wenn du deine Hand an meinem Hals hast. Nimm es nicht zu ernst, wir geben jeden Jungen, mit dem wir mal was hatten einen Spitznamen.« Sie zog ›Retch Boy‹ aka Cahir, in einen leidenschaftlichen Kuss.

Paulina verdrehte die Augen und sah zu uns. »Ja, wisst ihr noch big Dick? Der Typ war total vernarrt in Lin und als sie ihn endlich ran ließ, er seine Hose öffnete-«, sie fing an zu lachen, »und seine riesen Schwanz rausholte, ist Lin-«, wieder lachte sie und hielt sich den Bauch. »Lin ist panisch aus der Wohnung verschwunden.«

»Ja! Ich erinnere mich«, begann Mariam und stieg lachend mit in die Unterhaltung ein. »Das war herrlich. Und wie du daraufhin alles betrunken erzählt hast-« schwatzte sie weiter und begann Lins Art zu sprechen nachzumachen: »Ich sag's euch Leute, sein Schwanz war aus einer anderen Dimension. Hätte ich das zugelassen, wäre der mir aus dem Mund wieder rausgekommen.«

Beide lachten sich schlapp, und auch Isabel machte mit. Linnea dagegen schmollte und wurde rot. »Ihr seid solche Bitches.«

Big Dick?

Meine Aufmerksamkeit glitt zu ›meiner Freundin‹. »Zum Mund wieder raus, hm?«

Sie blickte zu mir hoch und lächelte schüchtern. »Der war nun mal riesig. Ich hab Angst bekommen«, erklärte sie und strafte ihre Freundinnen mit bösen Blicken.

»Ah«, machte ich nur und sah weg.

BIG DICK?!

Ich würde diesen Riesenschwanz wohl ausfindig machen und dem Kerl dann mächtigen Prügel in seinen eigenen Rachen stecken.

Cahir lachte. »Ihr müsstet mal unsere besten Stücke sehen. Das würde das Wort ›riesig‹ wohl neu definieren. Nicht wahr, Süße?«

Nun, ich war recht zufrieden mit meinem Schwanz. Vor allem, wenn man bedachte, dass ich ziemlich genau wusste, wie ich damit umzugehen hatte.

»Wenn wir zu Hause sind, Lin«, flüsterte ich leise, »bringen wir die zwei Runden endlich zu Ende.«

Fuck, das war wirklich nötig. Denn wenn ich nicht endlich kam, in ihr, würde ich platzen oder den Verstand verlieren.

»Als würdest du meine Gedanken lesen können«, flüsterte sie zurück und kuschelte sich an mich, während wir weiter durch die Straßen liefen.

Isabel kicherte. »Also ich war mehr als zufrieden.«

»Dann lass uns doch mal ran«, motzte Paulina und Mariam stimmte zu.

»Oh Gott, glaubst du, Cahir schafft 3 Frauen auf einmal? Meine Freundinnen können schon ziemlich dominant im Bett werden«, fragte Lin mich leise und mit Hauch von Besorgnis.

»Er ist ein Dämon«, sagte ich nur. »Deine Freundinnen sollten sich auf eine lange Nacht gefasst machen, wenn sie ihn zusammen in ein Bett lassen.«

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