Kapitel 19

Auch wenn seine Stimme leise war, hatte Hitoshi es gehört und eilte sofort zu seinem Lehrer, nachdem er einen Fausthieb von Kaminari ausgewichen war. Natürlich war auch den restlichen Schülern nicht entgangen, dass etwas nicht stimmte, nachdem sie den Mann ständig aus den Augenwinkeln beobachtet hatten, also unterbrachen sie das Training und starrten ihren Lehrer an, der zusammengekrümmt auf der Bank saß und um Luft rang. „Aizawa-Sensei?", fragte Hitoshi unsicher und ging vor dem Älteren in die Hocke, um in sein Gesicht sehen zu können. Er wirkte besorgt, weil der Blick des Älteren erneut so leer und verzweifelt schien. Diesmal lief er jedoch nicht davon und versuchte selbst ruhig zu bleiben. „Wir müssen irgendetwas tun", meinte er an die anderen gewandt, ehe er sich wieder dem Mann zuwandte, in der Hoffnung etwas in Erfahrung bringen zu können, „was ist los?"

„Luft ... ich krieg keine ...", brachte Shota keuchend hervor und begann zu zittern, während er seine Arme um seinen Oberkörper schlang. Ihm war außerdem schlecht und schwindelig. Er wollte einfach nur weg von hier und sich verkriechen, doch der Versuch aufzustehen, scheiterte daran, dass seine Beine nicht auf ihn hören wollten und sich keinen Millimeter bewegten. Er begann zu schwitzen, obwohl ihm kalt war. Was war nur los mit ihm?

„Hat ihm Katsuki so schwer zugesetzt?", fragte Kaminari entsetzt. „Du dämliche Powerbank, sieh ihn dir doch an, das wirkt wie eine Panikattacke", maulte Bakugo und verpasste dem Blondschopf einen Schlag auf den Hinterkopf. Denki rieb sich die Stelle und sparte sich lieber die Frage, woher gerade der impulsive Junge wusste, wie so etwas aussah. Eines war jedoch jedem einzelnen von ihnen klar: Diese Macke musste mächtig heftig sein, wenn sie jemanden wie Eraserhead so sehr zusetzen konnte und ihn fertig machte.

Hitoshi achtete nicht auf seine Mitschüler und zog Aizawa in eine sanfte Umarmung, nachdem er sich neben ihn gesetzt hatte, strich ihm sachte über den Rücken um ihn zu beruhigen. Er wusste, dass es bescheuert aussehen würde und der Lehrer ihn normalerweise unsanft weggeschubst hätte. Doch der Dunkelhaarige war zu versunken in seinen Gedanken, als dass er es realisieren konnte. „Atmen Sie ... tief Luftholen", versuchte er beruhigend auf ihn einzureden und war darum bemüht, selbst ruhig zu bleiben, was allerdings nicht sonderlich einfach war in diesem Moment. Es nahm ihn einfach viel zu sehr mit, seinen Lehrer so zu sehen und zu wissen, dass eine Macke daran schuld war, und man ihm nur schwer helfen konnte. Er wusste nicht einmal, ob er im Moment erfolgreich war mit dem, was er tat und ob es ihm irgendwie half. Ihm fiel jedoch nichts anderes ein.

Tatsächlich half es tatsächlich nach einer Weile und Eraser begann wieder normal nach Luft zu schnappen und das Zittern, das zuvor immer schlimmer geworden war, schien langsam abzuklingen. „Geht es ihnen wieder besser? Vielleicht sollten wir einen der anderen Lehrer holen", schlug Asui vor, doch als sie sich abwenden wollte, griff der Dunkelhaarige nach dem Stoff ihrer Kleidung und hielt sie zurück. „Nein ... nicht ... sie sollen nicht ...", gab er abgehakt von sich, weil er immer noch etwas außer Atem war. Er fühlte sich, als ob er einen Marathon bestritten hätte. Im Moment wollte er auf keinen Fall, dass ihn noch mehr so sahen und schon gar nicht seine Kollegen. Vor allem nicht Hizashi. Allein der Gedanke an seine besorgte Miene, und die Tatsache, dass er ihn zuvor noch davor gewarnt hatte, dass er es lieber ruhig angehen lassen sollte, versetzten ihm einen Stich.

„Aber ... irgendetwas sollten wir tun. Sie brauchen Hilfe, und ..." Kirishima wurde ebenso unterbrochen. „Nein ... ich will ... einfach nur ... allein sein. Lasst mich einfach ...", versuchte Aizawa zu erklären und stemmte sich mit aller Kraft hoch, obwohl jeder Millimeter seines Körpers schmerzte und es nicht einfach war, sich auf den Beinen zu halten. Sein Kopf dröhnte. Ein Schritt nach vorne ließ ihn wanken und führte dazu, dass Eijiro und Izuku ihn auffangen mussten. Wütend versuchte er sich loszureißen, doch es klappte nicht. Die Kopfschmerzen wurden so unerträglich, dass er sich den Kopf hielt und seine Sicht verschwamm. Sieh sie dir an, wie sie auf dich herabblicken, weil du nichts auf die Reihe bringst. Ihre mitleidigen Blicke gelten alle dir, du Versager. Sie werden nie wieder Respekt vor dir haben und dich auf ewig für hilflos und schwach halten. Du bist nutzlos. Da hilft ohnehin nur mehr ein Ausweg ... „Halt die Klappe", zischte er.

Die Schüler, die Aizawa zurück auf die Sitzbank gehievt hatten, sahen sich kurz verwirrt an. „Es hat doch niemand etwas gesagt", murmelte Izuku verwundert.

Shinsou hingegen wurde noch blasser als zuvor. Da er sitzen geblieben war, und sein Lehrer nun wieder neben ihm saß, wandte er sich an ihn. „Hören Sie nicht auf diese Stimme, Sensei ... bitte!", bat er den Mann, zu dem er aufsah und wusste nicht, wie er ihm helfen sollte, „egal was sie sagt, es stimmt alles nicht." Er kam sich bescheuert, aber er wusste nicht, was er sonst tun sollte, schließlich konnte er nicht in den Kopf seines Mentors sehen und diese Stimme abstellen. Er wusste auch nicht, was sie zu ihm sagte, doch es schien nichts Gutes zu sein.

„Stimme?", kam es unisono von den Schülern. Shota begann erneut zu zittern, doch er schaffte es, aufzusehen und seine Schüler anzusehen. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Es war ihm wirklich zutiefst unangenehm, dass ihn jemand in so einer Situation sah. Für gewöhnlich zeigte er nur ungern Schwäche und versuchte Gefühle so gut es ging auszublenden, zumindest was seine eigenen anbelangte. Umso unbehaglicher wurde es, sich nun zu erklären, doch irgendetwas musste er tun, damit sie ihn nicht für durchgeknallt hielten. „Seit ich verletzt wurde höre ich eine Stimme ... die mich in den Wahnsinn treibt", erklärte er leise keuchend, auch wenn er nicht wusste, wieso er den Kindern davon erzählte. Er wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden, und konnte kaum klar denken, auch wenn er versuchte sich zu wehren, was vermutlich das Zittern und die Kopfschmerzen überhaupt auslöste.

„Also hatte die Stimme ihnen gesagt, dass Sie sich nicht verarzten lassen und lieber sterben sollten?", fragte Tsuyu geschockt nach, „und jetzt sagt sie ihnen wieder solche Dinge, oder? Das klingt nicht gut, wir sollten definitiv die anderen Lehrer holen." Tatsächlich ließ sie sich diesmal nicht davon abhalten, einfach davon zu eilen, was Eraser gar nicht gefiel, doch er konnte sie nicht aufhalten. Es war einfach zu gefährlich.

„Vielleicht", begann Izuku nachdenklich, „hilft es ja, wenn Sie erzählen, was die Stimme ihnen sagt. Bei bösen Gedanken ist es wie mit Alpträumen. Wenn man drüber redet, wird es besser!" Zumindest hatte ihm das seine Mutter immer als Kind gesagt, wenn er sich manchmal nachts in den Schlaf geweint hatte, nachdem ihm der Arzt erklärt hatte, dass er mackenlos war. Alles wurde weniger schlimm, wenn man es mit anderen teilte.

Natürlich war Aizawa nicht sonderlich begeistert von dem Gedanken. Doch sein Kopf schmerzte so sehr, dass er Angst hatte, er würde platzen. Er sah schon die besorgten Gesichter von Hizashi und Nemuri vor sich, was seine Schläfen nur noch mehr pochen ließ. Aber seine Gefühle und Zweifel ein paar Jugendlichen offenbaren und sein Innerstes somit hervorkehren? „Unmöglich. Es geht bestimmt bald wieder ..."

„Also wenn ich die Wahl hätte, über Gefühle zu sprechen oder zu sterben, würde ich auch lieber den Tod wählen", murrte Bakugo hinter ihnen. Der Blondschopf hatte die Arme in den Hosentaschen und beobachtete das Ganze aus dem Hintergrund. Er konnte nur zu gut verstehen, wenn ein Erwachsener und gerade ein Mensch wie Eraserhead keine Lust dazu hatte, kleinen Kindern sein Herz auszuschütten und lieber dagegen weiter ankämpfte. Zumindest hoffte der Junge, dass sein Lehrer dagegen ankämpfen würde.

„Du bist nicht hilfreich, Kacchan!", beschwerte Midoriya sich sofort. „Ach halt doch deine Klappe, du scheiß Nerd!", gab der andere wütend zurück.

„Habt ihr nichts Besseres zu tun, als jetzt zu streiten?", mischte Shinsou sich ein. Manchmal konnte er nicht verstehen, wie solche Chaoten in der besten Klasse der UA landen konnten und später einmal Helden werden würden, zu denen viele Kinder aufsahen. Sie hatten noch viel zu lernen.

Glücklicherweise kam Asui schon wieder zurück, dicht gefolgt von allen drei Lehrern. Yamada überholte die Schülerin in den letzten Metern und ging vor seinem Freund in die Hocke. Es gab so viele Dinge, die Hizashi in diesem Moment gerne von sich gegeben hätte, doch er wusste, dass es nichts brachte nun darauf hinzuweisen, dass er von vornherein gewusst hatte, wie dämlich diese Idee gewesen war. Also blieb er lieber beim Wesentlichen. „Hast du die Tabletten genommen, die dir der Psychiater verschrieben, hat?" Natürlich schüttelte der Zitternde langsam den Kopf. Mic unterdrückte ein Seufzen. Ihm war die Antwort schon klar gewesen, allerdings hatte er gehofft, dass sein Kollege vielleicht doch einmal vernünftig war. Gleichermaßen machte er sich selbst auch Vorwürfe, dass er es nicht schon früher überprüft hatte. „Ist es sehr schlimm?"

Diesmal nickte Shota und hielt ich weiterhin den Kopf mit der rechten Hand. Seine Schläfen pochten heftig und machten es unmöglich noch irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Er wollte einfach nur, dass es aufhörte.

Hilfesuchend sah Yamada zu Nemuri. „Haltet alle mal kurz die Luft an", bat Midnight und krempelte den Ärmel hoch, damit sie ihre Macke einsetzen konnte. Keine Sekunde später sackte Aizawa zusammen und wirkte ein wenig entspannter als zuvor und seine schmerzverzehrte Miene verschwand. „Ich bin froh, dass wir über diesen Notfallplan gesprochen haben, allerdings kann ich davon nicht oft gebrauch machen", meinte sie an Present Mic gewandt, der den Schlafenden aufgefangen hatte.

„Solange er im Krankenhaus gezwungen war die Tabletten zu nehmen, war alles in Ordnung, aber es war klar, dass er sie sofort absetzen würde, wenn sich die Möglichkeit bietet. Er hasst sowas einfach", seufzte Hizashi und ließ sich von Nemuri dabei helfen, Shota auf seinen Rücken zu hieven. Wenn das nicht bald besser werden würde, mussten sie sich etwas anderes einfallen lassen. Zu oft durften sie Nemuris Macke nicht einsetzen, sonst würden sie Gefahr laufen, dass Aizawa nie wieder aufwachte. „Ich denke es wird Zeit, mit dem Verursacher zu reden", verkündete er, ehe er seinen Freund in die Unterkunft zurücktrug.

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