Lachende Kinder
Flügel. Rote, prachtvolle Drachenflügel. Langsam weiteten sich die Arme und streckten die Finger in alle Richtungen. Die Flugblätter, durch die das Licht schien, waren angespannt. Die Silhouette eines großen, breit gebauten Menschen zeichnete sich ab. Seine Aura war bedrohlich und ließ einen vor Schauder zittern.
Elegant und selbstsicher schritt er die Treppe seines Thrones hinab. Der samtige Umhang des königlichen Gewandes schwebte die Stufen hinunter. Die Kleidung bestand oberhalb aus schwarzem Leder und hatte einen tiefen Ausschnitt, der mit dicken, weißen Federn bestückt war. Die Ärmel endeten bereits unter ihnen, sodass die muskulösen Arme zum Vorschein kamen. Ebenso wie der obere Teil, war seine Hose aus dem schwarzen Leder der Drachenpferde, die in der Unterwelt lebten.
Um ihn herum bildete sich Rauch, dessen Partikel im Lichtschein tanzten. Schlagartig flackerte das Licht, und ehe man sich versah, verschlang die Dunkelheit den Raum. Es waren nur die Schritte seiner hohen Absätze zu hören. Schritt für Schritt wurden sie lauter, bis sie in einem Hall verklangen. Er war nun ganz nah.
„Mike", erklang eine tiefe Stimme, darauf folgte eine große Hand auf der linken Schulter. „Mike, ich warte auf dich." Der Druck der Hand lockerte sich, als der Mann sie anhob. Langsam war wahrzunehmen, wie die Finger sich lösten und sanft, fast schon lieblich, am Rücken entlang streiften. Zusammen mit einem huschenden Windzug verschwanden sie. Gänsehaut stellte sich auf, und ein kühles Kribbeln überzog die Haut. Die Schritte waren erneut zu hören, wurden leiser und kamen schlussendlich zum Stehen. Am anderen Ende öffnete sich ein Tor, an der Stelle, wo der Thron zuvor stand. Der Weg zu diesem zog sich urplötzlich in die Länge und distanzierte sich immer mehr. Helles Licht drang aus dem Tor, welches durch die Flügel schien. Sie blitzten auf, und für einen Moment erhellte das strahlende Rot die Dunkelheit. Erst jetzt war zu erkennen, dass das Nichts den Raum eingenommen hatte.
Der Mann betrat das Tor und blickte zurück. Wind wehte in seine Richtung. Der Stoff tanzte. Die Haare tobten. Ein gigantischerer Schatten zog sich von ihm weg. Ein breites Grinsen mit zwei leeren Augen waren darin zu erkennen. Sie starrten in die Luft. Ein erneuter Blick zu dem Mann hinauf, doch er war weg. Das Tor zu. Ätzendes Kindergeschrei krächzte in den Ohren und wandelte sich in ein schauriges Lachen, das einem die Luft zum Atmen nahm. Das Gesicht verzog sich. Angst und Schmerz widerspiegelten sich in den Augen. Ein breites Grinsen verzierte den Mund, ehe er sich zusammenzog und schlagartig aufriss. Das Gesicht schien, als würde es schreien, schreien vor dem Schmerz und der Angst, seinem Leid, welches ihn quälte. Schwarze Schnörkeleien rankten sich, sie wirkten wie Äste mit Dornen, die das Gesicht im Boden verschlangen.
Stille. Dunkelheit. Einsamkeit. Ein befremdliches Gefühl kam auf, gemeinsam mit großer Angst und Nervosität. Es dauerte eine Weile, bis sich Feuerfunken zeigten, die mit jedem Wimpernschlag präsenter wurden. Sie tanzten im Nichts. Kleine Flammen, sie knisterten leise. Das Geräusch wurde lauter. Das Feuer wuchs, es wurde aggressiver, heller. Unruhe sammelte sich. Unerträgliche Hitze nahm dem Körper seine Flüssigkeit. Das Blut kochte.
Gestalten, sie waren sieben an der Zahl. Im gleichen Takt flackerten sie in den lodernden Flammen. Leises Gemurmel war zu hören. Die Stimmen wurden lauter. Ein hauchiger, leidender Ton begleitete ihre Worte:
„Isaliga ... Isaliga ...", hinter ihnen rankten sich dicke Äste nach oben. Ihre Dornen trugen die Leichnamen von Kindern, deren Körper schlaff hinab hingen und von der Bewegung der Ranken baumelten. Das Lachen kehrte zurück. Die Nervosität wuchs.
In regelmäßigen Abständen flackerte das warme Licht des Feuers. Schneller, immer schneller. Die Gestalten wurden größer, immer größer. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und ihr kalter, starrer Blick ließ einen eiskalten Schauer hinunterlaufen.
„Ira", „Superbia", „Avarita", „Luxuria", „Invidia", „Gula", „Acedia", jede von ihnen sprach ein Wort, ehe sie sich näherten. „Es gibt kein Entkommen. Es gibt kein Entkommen. Die Sünde. Sie frisst dich von innen auf. Das Feuer. Es lodert in deinem Herzen. Der Schmerz. Er belastet deine Seele. Schwarz, pechschwarz ist sie."
Die Flammen breiteten sich immer weiter aus. Als würde jemand einem mit einem Messer in die Brust stechen. Als würde man im lodernden Feuer qualvoll verbrennen. Ein starkes Kippeln überzog den Körper, dieser bebte und sich nicht beruhigen ließ, zusammen mit der immer größer werdenden Angst. Tränen flossen die Wangen hinab und verdampften auf der Haut. Der Druck kehrte zurück, doch diesmal deutlich intensiver und gewaltsamer, umso näher die Gestalten waren. Er gab einem das Gefühl, zerquetscht zu werden. Gegen ihn anzukämpfen war sinnlos. Schwach, zu schwach.
Eine lange Atempause, gefolgt von ...
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