Wir bewegen uns kommunikativ auf lokal nahe gelegenem Terrain
"Machst du das öfter?", japste ich und kletterte zitternd von unserem Baum herunter. Meine Pfote war verstaucht, als ich versucht hatte, schneller zu rennen und an einem Ast hängengeblieben war - außerdem hatte ich einen riesigen, blutigen Kratzer an der Flanke.
Katze hingegen sah noch übler aus - ihr graues Fell wirkte wie ein Flickenteppich, mit dem man Messerwerfen geübt hat: an manchen Stellen fehlte der Pelz vollkommen, an anderen klebten Blut und Erde, ihr linkes Ohr war ein Stück eingerissen und auf ihrer Nase prangten zwei saubere Schnitte. Allerdings schien sie das nicht zu stören, im Gegenteil. Sie setzte sich in ihrer Seelenruhe auf den Boden und begann, sich das Gesicht zu waschen.
"Was denn?", fragte sie und warf mir einen forschenden Blick zu.
"Sich Feinde machen", erwiderte ich mit zuckenden Ohren. "Du siehst ziemlich übel aus", sagte ich dann.
Sie sah mich resigniert an. "Manchmal ist so etwas eben nötig. Außerdem", die Katze grinste wieder, "haben wir doch etwas geschafft."
Ich kniff die Augen zusammen. "Und was?", fragte ich, leicht gereizt. Meine Verletzungen taten weh und ich hätte mir für diesen Abend etwas schöneres vorstellen können als bei Maulbeere im Heilerbau herumzulungern.
Katze schien das kaum zu bemerken, ihre Augen blitzten vor Aufregung, als sie sprach. "Wir sind in unserem Plan einen wichtigen Schritt weitergekommen, oder hast du das vergessen?"
Ich unterbrach sie zähnebleckend. "Wie könnte ich, du hast mir nie erzählt, was dieser dämliche Plan ist und ich will auch nicht daran arbeiten, wenn es weiter so geht", fauchte ich die Katze an. Sie schien wenig betroffen zu sein, vielmehr wirkte sie, als hätte sie noch nie in ihrem Leben etwas erfüllenderes getan als das hier.
"Wir haben die wichtigste Stufe bestiegen: Konfrontation mit den Fakten! - Klar ist das nicht einfach und unsere Arbeit ist noch lange nicht erledigt, aber wir haben immer noch den ersten Schritt hinter uns gebracht. Gibt es etwas besseres als einen Tag, an dem man alles geschafft hat, was man sich vorgenommen hat?" Sie überlegte einen Moment und sah dann in dem Himmel. Die Sonne ging bereits unter und im dämmrigen Licht wirkte sie älter als heute morgen, älter als ich. "Wir haben noch etwas zu erledigen, Kleiner", sagte sie dann und stand auf.
"Wir?!" Ich war außer mir. "Ich werde auf gar keinen Fall mit dir irgendwohin gehen, das kannst du vergessen! Ich gehe jetzt zurück und lege mich schlafen und streune garantiert nicht mit einer verrückten Katze, die ich erst seit einem Tag kenne, durch den Wald und - jetzt warte doch!"
"Was hast du vor?", fragte ich missmutig und schlitterte auf drei Pfoten in den Graben. Wir befanden uns zwischen dem ersten - unserem - und dem zweiten Quadranten, das konnte nichts Gutes verheißen. Im zweiten lebte der Clan, den wir am meisten von allen hassten, der VolksClan. Sie nahmen nur reinrassige Perserkatzen bei sich auf und redeten eigentlich nie mit irgendjemanden über friedliche Dinge. Meistens ging es darum, dass Perserkatzen die "einzig wahren" unter uns seien und die "Mischpolitik" der anderen drei Clans ein "Schweinesystem".
"Oh, wir besuchen nur einen alten Kumpel von mir", war ihre Antwort.
"Du hast Freunde bei denen?"
"Naja, ich nenne sie zumindest so." Sie blieb stehen und sah mir vergnügt in die Augen. "Man sollte fremden Leuten ja immer offen begegnen, stimmt's?"
Ich erstarrte.
"Du kennst sie nicht und willst in ihr Territorium einbrechen?!", fragte ich entsetzt und sah mich panisch um. Wäre ich doch nur zuhause geblieben!
"Nein, nein. Ich möchte mich kommunikativ auf lokal nahegelegenem Terrain bewegen." Sie strahlte und tänzelte dann weiter. "Außerdem brechen wir nicht ein, wir benutzten ganz normal die Tür."
"Und hebeln sie aus." Ich seufzte und trabte hinter ihr her. "Was ist dein Plan?"
Sie schüttelte den Kopf. "Das findest du schon noch heraus, Kleiner. Und jetzt", sie sprang aus dem Graben auf die feindliche Seite, "jetzt hat das Spiel begonnen!"
Habe ich gesagt, dass sich ein Wald nicht in einem Katzensprung verändern kann? Was für ein Fehler.
"Ich habe Dornen im Pelz", jammerte ich und bemerkte zähneknirschend, dass ein beängstigend dicker Fellbüschel in dem Gestrüpp hinter mir geblieben war, wo er doch eigentlich ein paar Schritte weiter sein sollte. "Mir ist kalt und ich habe Hunger", fügte ich hinzu und sank auf den Boden. "Und ich kann nicht mehr."
Katze verdrehte die Augen und zerrte mich wieder auf die Beine und dann weiter durch das Dickicht. "Wir sind bald da, schon vergessen?"
Ich winselte. "Das sagst du schon seitdem wir hineingekommen sind. Du kennst dich doch aus, oder? Du kennst den Weg? Du weißt, wohin du willst?"
Sie verdrehte die Augen. "Jedes Lager liegt in der Mitte, das reicht doch als Weg. Himmel, wenn ich gewusst hätte, was du für ein Jammerlappen bist, dann hätte ich heute Morgen einen Antrag gestellt."
Ich wich einem Ast aus, der in erschreckend hoher Geschwindigkeit auf mich zurückschnippte. "Was für einen Antrag?", fragte ich wimmernd, um mich davon abzulenken, dass ich allmählich Angst bekam. Ich bin keine Perserkatze, schoss mir durch den Kopf.
"Na, dich umzubenennen", lachte sie. "Jammerlappen wäre ein hervorragender Name für dich." Sie blieb überraschend stehen und ich lief gegen sie, wodurch wir beide stolperten und auf eine Lichtung fielen. "Lichtung" ist wohl kein treffender Ausdruck - "lichtere Stelle im Wald" trifft es schon besser. Hier wuchsen Kiefern - nur Kiefern - und in Kieferwäldern gibt es, wie allgemein bekannt, nur Farne als Unterholz, wenn überhaupt. Grauweiße, langhaarige Katzen mit breiten Gesichtern und finster dreinblickenden Augen lagen auf der "Lichtung" und genossen die Kühle im Schatten - einige kleine Fellbäusche hüpften um die Bäume und lachten fröhlich vor sich hin.
In der Mitte von ihnen stand eine einzelne Katze - mit grauem Fell, schwarzem Gesicht, schwarzen Ohren, schwarzen Pfoten und stechend blauen Augen. Sie zuckte abschätzig mit den Ohren, als sie uns entdeckte, und peitschte mit dem Schwanz auf den Boden. Seine Augen funkelten in einer bizarren Mischung aus Herabsehen und unverhohlenem Interesse.
"Na, wenn das nicht unser kleiner Widersacher ist", sagte der Kater mit überraschend tiefer Stimme, "Dein Ruf eilt dir voraus, Katze. Weißt wohl noch nicht ganz, wohin du gehörst, Mischling?"
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