Sitzblockade
"Was hast du vor?", fragte ich und warf der grau gestreiften Katze einen Seitenblick zu. Meine Pfoten kribbelten vor Aufregung auf ein neues Abenteuer. Im Nachhinein muss ich allerdings zugeben, dass ich vielleicht ein wenig mehr darüber hätte nachdenken sollen, was ich mir wünschte. "Was ist "Stufe zwei?" unseres Plans?"
Katze schnurrte. "Wir machen uns einen Clan zum Feind", sagte sie, als wäre es etwas ganz natürliches. Ich schwieg jedoch, wovon sie ein wenig verwirrt wurde. "Gar nichts einzuwenden?"
Ich schüttelte mir den Staub aus dem Pelz. Seitdem ich mit Katze herumstreunte und nicht mehr so viel Zeit für meinen eigenen Job hatte, konnte man die Musterungen meines Fells wieder erahnen und eigentlich war ich ganz froh darüber. "Den VolksClan, hoffe ich?", erkundigte ich mich stattdessen und war mit einem Satz wieder an ihrer Seite. "Die konnte ich noch nie leiden."
Sie lachte. "Nein, ich dachte eher an den PartyClan." Ein wenig amüsiert fügte sie hinzu: "Oder willst du wirklich wieder durch dieses Gestrüpp rennen? Also ich brenne jetzt nicht darauf."
Wir grinsten uns an. "Klingt nach einem Plan", sagten wir dann beide und rannten los.
Erinnerst du dich daran, wie ich dir den PartyClan vorgestellt habe? Genau, wie eine Jungs-WG. Verrückt, ohne jeglichen Plan vom Leben, lernen nichts, tun aber so als ob. Und jetzt darfst du dir vorstellen, wie es in ihrem Lager aussah: Chipstüten - sehr viele leere, nur wenige volle -, Bierflaschen - was mich ehrlich erstaunte, welche Katze verträgt so etwas -, Baldrian - eine Katzen-Alkohol-Pflanze, wenn man so will - und sehr, sehr viele schlafende und dösende und ich will gar nicht wissen was noch alles.
Es roch übrigens auch so. Ich rümpfte die Nase und wich ein wenig zurück.
"Weihnachtssternchen!", rief Katze, ohne sich etwas anmerken zu lassen, "Willst du deinen Besuch nicht begrüßen?"
Diesmal schien der Anführer in besserem Zustand zu sein - oder zumindest in einem anderen -, er torkelte nicht, lallte nicht und gab nicht einmal mehr den Eindruck von innerer Unruhe. Ganz im Gegenteil. Er wirkte, als hätte er zu viel Katzenminze genommen.
"Was für ein Zufall!", rief er und kam etwas näher - zumindest, bis er bemerkte, wer wir waren. Ich war mir nicht ganz sicher, ob das für uns ein gutes oder schlechtes Zeichen war. "Wollt ihr noch einmal zerfleischt werden?", fragte er, offensichtlich verdutzt.
"Sieh an, heute kannst du ja richtige Sätze formulieren!" Katze war begeistert. "Dinge gibt's, die hätte man nicht für möglich gehalten."
Der Anführer ignorierte sie gekonnt und musterte mich.
"Nur ein Angestellter", sagte ich.
"Komisches Unternehmen", sagte Weihnachtsstern und spannte dann wieder Katze mit den Augen ein. "Ich würde dir raten, jetzt ganz schnell wieder zu verschwinden."
"Wieso genau?", fragte Katze und setzte sich seelenruhig auf den Boden. "Das ist doch nur ein Stück Wald, was hindert mich daran, hier zu sitzen?"
Weihnachtsstern legte den Kopf schief, als hätte er nicht ganz verstanden.
"Das war ein Nein", erklärte ich freundlich und setzte mich ebenfalls.
"Das hier ist unser Territorium", stellte Weihnachtsstern fest. "Unser Territorium, und du gehörst nicht zu uns."
"Und wenn ich aufgenommen werden will?"
"Du bist schon Teil des IdiotenClans."
"Und wenn ich hier aufgenommen werden will?"
"Man kann nur Teil eines Clans sein. Du bist schon im IdiotenClan", wiederholte Weihnachtsstern ruhig.
"Ich will aber hier sitzen. Was ist daran schlimm?"
Das schien zu reichen. Weihnachtsstern bleckte die Zähne. "Verschwinde jetzt und wir vergessen das hier. Andernfalls ... eben nicht", fauchte er.
"Ich sitze nur hier", beharrte sie hartnäckig. "Ich greife niemanden an, ich stehle nichts und ich fresse keine Mäuse. Ich sitze nur hier."
"Dann sitz doch woanders", gab Weihnachtsstern zurück. Eine Reihe von Kriegern und Schülern hatte sich auf der Lichtung geweckt und beobachtete uns halb neugierig, halb in anderen Welten, Käsefuß war neben seinen Anführer getrottet. "Zeig' ihnen, was es heißt, ungebeten unseren Boden zu betreten", befahl Weihnachtsstern zähnebleckend.
Käsefuß nickte schwach und wollte Katze angreifen, aber sie blieb nur sitzen und ließ sich nicht davon stören. Ich wäre aufgesprungen und hätte diesen "Krieger" zerrissen, aber sie sah mich nur an und schüttelte den Kopf.
"Sie - sie wehrt sich nicht!", rief der Stellvertreter entsetzt, nachdem er meiner Freundin einen Schlag gegen den Kopf verpasst hatte.
"Warum geht ihr nicht einfach?", fragte Weihnachtsstern.
"Ich will hier sitzen", antwortete Katze, ein wenig benommen, trotzdem aber mit diesem klaren, entschlossenen Blick in den Augen.
Käsefuß griff sie erneut an, immer und immer wieder. Ich wandte den Blick ab. Wieso wehrte sie sich nicht? Wieso ließ sie sich einfach so verprügeln - ohne etwas dagegen zu unternehmen?
Aber eigentlich wusste ich die Antwort bereits.
Sie wollte nur dort sein. Sie wollte niemandem etwas böses tun, niemandem schaden. Nur dort sitzen.
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