🥡 Delivery Boy's Love 🥢

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Sonntag, 24.02.2019

So, hier ist er nun.

Irgendwo im Nirgendwo, weit weg von daheim, weit weg von der nächsten größeren Stadt. Aber ein Krankenhaus gibt es im nächsten Dorf, und hier eine Uni – also eine kleine, mit zwei Studiengängen.

Jisung hat sich für Biologie entschieden, denn Geologie ist noch weniger seins. Eigentlich wollte er immer Englisch und Musik studieren, doch dafür hätte er an eine größere Uni gemusst in irgendeiner größeren Stadt mit vielen Menschen, da ist ihm das hier lieber.

»So, Bub, das is ab heut dein trautes Heim – schön, nich wahr?«, fragt ihn die ältere Dame mit tiefen Lachfalten rund um die fröhlichen Augen und den zu einem Strahlen verzogenen Mund. Sie ist echt klein, bestimmt einen Kopf kleiner als Jisung und er kann gar nicht einschätzen, wie alt sie wohl ist. Bestimmt schon um die Achtzig, wenn nicht älter – zerbrechlich oder schwach wirkt sie aber kein bisschen.

»Ja, vielen Dank, Frau Shin«, erwidert Jisung und beugt sich höflich ein kleines Stückchen nach vorne. Seine neue Vermieterin lacht deswegen leise, aber herzhaft über ihn und tätschelt ihm gutmütig den Arm.

»Ach, Bub, sowas brauch's hier nich«, versichert sie ihm. »Du bist zwar ganz für dich hier drüben, aber deine Wohnung ist Teil 'es ganzen Hauses, also bist du Teil der Familie Shin, solang du hier wohnst. Mindestens solang.«

»Vielen Dank, Frau Shin«, sagt Jisung – nicht zum ersten, aber ganz sicher auch nicht erst zum zweiten Mal heute – und er muss sich ehrlich zurückhalten, damit er sich nicht verbeugt. Das ist mittlerweile so eine Angewohnheit von ihm, und allzu schnell wird ihm das auch niemand austreiben.

»Natürlich, Bub, du sollst dich ja wohlfühln hier«, beteuert sie weiter und tätschelt seinen Arm noch genauso wohlwollend wie seit einigen Augenblicken schon. »Du bist ja noch so'n Junger! Ach, herrje ... Wenn ich mir vorstell, dass meine Ryu ...! Nee, nee, das würd mir gar nich gefalln. Meine Ryu, meine Urenkelin, is nur 'n bissel jünger als du, macht dieses Jahr 'n Abschluss. Wenn ich mir vorstell, dass sie gleich danach weggeht ...! Da würd ich mir auch wünschen, dass sie wer mit offenen Armen empfängt – warum sollt ich dann eines anderen Kind nicht genauso herzlich willkommheißn?«

Ein paar Minuten bleibt die alte Frau Shin noch da, erzählt dies und das über Ryujin – ihre Urenkelin, wie sie mehrmals betont – und hört Jisung voller Mitgefühl zu, als er erzählt, dass der Umzug ihm wirklich nicht so leicht fällt.

Das tut er echt nicht und Jisung lässt sich gleich auf das – sein – kleines, knarzendes Stoffsofa mit einem Häkelüberwurf an der Lehne plumpsen, sobald Frau Shin weg ist, und starrt an die Holzdecke an, bis er nichts mehr erkennt, weil alles so verschwommen ist.

»Ich will nach Hause«, schluchzt Jisung. Bevor er bemerkt, was gerade abgeht, einen Moment lang die verheulten Augen weit aufreißt, sich die Hand über den Mund schlägt, nochmal laut schluchzt, sich auf den Bauch dreht, sein Gesicht in seinen überkreuzten Armen vergräbt und weiterheult.

Jisung hat schon die ganze Zeit Heimweh, seit der Umzug sicher ist, und jetzt, wo er echt hier ist, etwa zwei Stunden mit dem Zug von Zuhause weg ... Klar, das ist objektiv betrachtet nicht weit, aber wer zur Hölle denkt bei Heimweh denn objektiv? Jisung will einfach nach Hause zu seinen Eltern und zu seinem großen Bruder. Er würde sogar wieder in die Schule gehen, solange er das Erwachsenwerden einfach ein bisschen herausziehen könnte ...

Dienstag, 26.03.2019

»Guten Abend, wie geht's, wie steht's?«, begrüßt der junge Mann, der Jisungs Abendessen in einer wiederverwendbaren Transportbox – Ein bisschen Umweltbewusstsein darf ja sein, wenn man sich schon was nach Hause liefern lässt!– in den Händen hält, als Jisung die Tür kaum geöffnet hat. »Du bist neu hier, wa? Die gute alte Kyungja hat schon von dir erzählt, du sollst ja auch ganz gut mit Ryujinnie auskommen – wirst wahrscheinlich schon mitbekommen haben, dass sie gerne über ihre ›süße, kleine Urenkelin‹ spricht. Freut mich, dass du dann gleich in den ersten Wochen bei unserem Restaurant bestellt hast!«

Der Redefluss scheint gar nicht abzureißen und als er es doch tut, setzt Jisung schon an zu antworten, doch seinem Essenslieferant fällt anscheinend noch was ein: »Ich bin Changbin, übrigens, und du ...«, er spickt kurz auf den Zettel, der am Deckel der Box mit einem durchsichtigen Klebestreifen befestigt ist, »Jisung! Schöner Name, passt wie die Faust aufs Auge. Freut mich, dich kennenzulernen!«

»Die Freude ist ganz meinerseits«, nuschelt Jisung perplex zurück und braucht dann erst ein paar Augenblicke, um sich zu vergegenwärtigen, was der junge Mann – Chang ... Chan ... Cha ... B-Irgendwas? – alles in dieser kurzen Zeit gesagt hat. »Dein Name ist auch schön, Changbin«, meint Jisung, sobald er diesen Teil des Monologs wieder gedanklich rekonstruiert hat, und gibt sein Bestes, um zu lächeln.

So breit und so fröhlich strahlen wie sein Gegenüber kann er aber nicht. Liegt anscheinend an diesem Dorf, dass man immer strahlt, denn Uroma Kyungja – so soll Jisung sie nennen – grinst seit Jahrzehnten genauso, davon zeugen ihre tiefen Lachfalten, und Ryujin und alle anderen Mitglieder der sehr großen Shin-Familie genauso. Es grinsen auch alle so, denen Jisung in seinen vier Wochen hier bisher über den Weg gelaufen ist, und so langsam macht das auch was mit seinem Gemüt.

Das Heimweh ist zwar noch nicht ganz weg und er telefoniert fast jeden Abend mit seinen Eltern, aber das kleine Dörflein hier mit seinen kleinen Läden und Konzernen und der kuscheligen Uni werden immer mehr zu einem zweiten Zuhause. Uroma Kyungja, Ryujin und die ganze Shin-Familie, die ihn glatt quasi-adoptiert hat, spielen dabei auch eine nicht ganz unerhebliche Rolle.

»Und ja, Ryujin und ich verstehen uns gut«, fährt Jisung fort und legt dann nochmal eine kurze Pause ein, um zu überlegen, was Changbin noch so von ihm hören wollen könnte. Mittlerweile ist er ganz still – er hat nicht mal mehr einen einzigen Piep gesagt, sondern Jisung einfach aufmerksam beobachtet und immer wieder genickt oder: »Mhm«, oder: »Ah ja«, oder; »Okay«, gemurmelt.

Irgendwie ist er süß, wenn er so schaut, und dass er auf der Treppe am Eingang eine Stufe unter Jisung steht, macht die Sache nicht besser. Wahrscheinlich wären sie normalerweise gleich groß, doch jetzt muss Changbin mit seinen weit aufgerissenen, dunklen Augen nach oben blicken. Und durch seinen wuschelig-lockigen Pony hindurch, denn der ist ziemlich lang. Irgendwie ... macht ihn das noch süßer.

»Ach, wegen eures Restaurants!«, fällt Jisung auf einmal wieder ein und kaum hat er den Satz beendet, räuspert er sich, weil er Changbin quasi angeschrien hat. »Ähm, ja«, stammelt er dann weiter und er merkt, wie sein Gesicht ganz heiß wird, »es ist hier das einzige mit Lieferdienst und online waren die Fotos und die Bewertungen toll, deswegen ... ähm, ja.«

»Supi!«, ruft Changbin begeistert aus und, was Jisung mehr als nur ein bisschen beruhigt, er ist noch ein ganzes Stückchen lauter als er selbst vorhin. »Dann bleibst du hoffentlich Stammkunde«, fügt er zwinkernd hinzu und stupst Jisung sanft in die Seite. »Und mit Ryujinnie und ihrer Bande schaust du bestimmt auch mal vorbei, wa? Wär schön. So ganz live ist unser Restaurant noch ein bisschen netter. Außerdem is da immer was los.«

Jisung nickt und lächelt, denn er weiß nicht so recht, was er antworten soll. Doch er muss auch gar nichts antworten, denn Changbin geht die eine Treppenstufe nach oben und lehnt sich nah an Jisung heran, um ihm verschwörerisch ins Ohr zu flüstern: »Mit Ryujinnie, Chae und Innie tratsch ich meistens über das aggressive Flirten, was meine Cousine und ihr Freund so fabrizieren, das darfst du dir nicht entgehen lassen.«

Changbin ist wirklich ungefähr genauso groß wie Jisung, doch ein ganzes Stückchen breiter. Also muskelmäßig. Richtig zum Neidischwerden. Lange beschäftigt das Jisung allerdings nicht, das ist nur so der erste kurze Eindruck gewesen, als Changbin sich neben ihn gestellt hat. Jetzt übermannt ihn viel mehr die Freude, dass er eingeladen worden ist. Von einem komplett Fremden, mit dem er gar keinen Kontakt außer: »Hallo«, »Danke«, und: »Tschüss«, erwartet hätte – aber das gute Verhältnis mit Familie Shin zahlt sich hier mal wieder aus.

Wenn man in so einem kleinen Ort wie hier die richtigen Leute kennt, kennt einen der ganze Ort. Und wenn man mit den richtigen Leuten dann auch noch gut auskommt, kommt das ganze Dorf auf Anhieb gut mit einem aus. Schon toll, irgendwie ... So ganz anders als daheim in dem Vorort einer großen Stadt. Einer sehr großen Stadt mit sehr vielen Menschen, die viel zu beschäftigt mit sich selbst und dem einsam-schnellen Großstadtleben sind, um sich die Zeit für dermaßen eng verknüpfte Netze wie hier am Land zu nehmen.

Es ist nicht so, dass Jisung das Leben hier irgendwie besser gefallen würde, seine Familie und seine paar Freunde vermisst er echt richtig mies, aber dafür, dass er sie so vermisst, geht es ihm gut, weil die Leute hier so gut zu ihm sind.

»Oha, bekomme ich hier gerade voll das Insiderwissen?«, fragt Jisung ein bisschen – na gut: ganz schön – hibbelig nach und grinst. Er grinst so breit, das spürt er, dass er in sechzig Jahren bestimmt genauso aussieht wie Uroma Kyungja, wenn er so weitermacht.

»Absolut«, bestätigt Changbin ihm in einem stolzen Ton und stupst ihn nochmal in die Seite. »Warte nur, bis du die Zwei siehst«, meint er schließlich, drückt Jisung die gut isolierte Essensbox in die Hand und hüpft dann regelrecht die Treppen hinunter. »Ich freu mich schon auf dich!«

»Ich mich auch«, erwidert Jisung schnell, denn Changbin ist längst auf dem Weg zu seinem klapprigen Fahrrad. »Danke! Fürs Essen! Und fürs Insiderwissen!«

Einmal dreht Changbin sich noch um und grinst Jisung schief an, bevor er sich auf sein Fahrrad schwingt. Wobei ... Sobald er auf seinem Fahrrad sitzt und in die Pedale tritt, dreht er sich noch ein zweites Mal um und winkt Jisung zu. Es ist nicht so ein kindlich-wildes Hin-und-her-Gewinke wie bei ihm selbst, sondern so ein charismatisches. Also eins, wo er zwar die erhobene Hand bewegt, aber nicht wirklich peinlich herumwedelt, sondern sie nur mal kurz schwingt, oder wie man das auch immer beschreiben will. Cool halt ... Charismatisch eben. Anders als der fröhliche Monolog ganz am Anfang oder dieses süße Von-unten-hinauf-Beobachten, als Jisung geredet hat.

Nun ja, cute, cool, charismatisch, Changbin – das passt ja ganz gut. Einen Augenblick lang sieht Jisung dem immer kleiner werdenden Radfahrer hinterher – und ja, er grinst dabei –, dann dreht er sich um und zieht sich in seine Wohnung zurück, um endlich zu essen.

Dienstag, 07.05.2019

»Heh, meinen Kram mit ›Stammkunde‹ bei unserem ersten Treffen hast du ja echt ernst genommen, wa?«, begrüßt Changbin Jisung ein paar Wochen später an der Tür, als er mal wieder was bestellt hat. So wie jeden Dienstag. Dienstag und Donnerstag, da hat Jisung immer bis spät Uni, deswegen gönnt er sich da den Lieferservice – außerdem sieht er so Changbin.

»Bei so einem reizenden Delivery Boy«, ärgert Jisung ihn zurück und erntet sich einen Stupser in die Seite.

»Deinen reizenden Delivery Boy hast du aber auch ganz präsent und quasi nur für dich, wenn du vorbeikommst. Also mal ohne Ryujinnie und ihre Bande«, erwidert Changbin und geht noch die letzte Stufe nach oben, um sich direkt neben Jisung zu stellen. »Dann darfst du mit an den Familientisch und das Schauspiel zwischen Baekhab und Minho so richtig nah erleben«, flüstert Changbin ihm verschwörerisch ins Ohr, »und natürlich mit mir drüber tratschen, is ja klar.«

Anders als bei ihrer ersten Begegnung geht Changbin dieses Mal nicht weg, nicht mal, sobald Jisung sich zu ihm dreht und sie sich direkt ansehen, Angesicht zu Angesicht vielleicht zehn Zentimeter voneinander entfernt. »Familientisch? Heißt das, mich adoptiert nicht nur die Familie Shin, sondern auch die Familie Seo?«, erkundigt sich Jisung und grinst Changbin an.

»Na, logisch«, prahlt sein Gegenüber, ohne lange darüber nachzudenken. »Wenn's hier erlaubt wär, wärst du im Nullkommanix angeheiratet«, fügt er schließlich hinzu, drückt Jisung die gut isolierte Essensbox in die Hand und macht sich schnell davon, natürlich nicht, bevor er sich nicht zweimal umgedreht hat – einmal nur schief grinsend, beim zweiten Mal charismatisch winkend.

Und Jisung, der steht zur Salzsäule erstarrt da und falls er noch ein Grinsen auf den Lippen hat, dann nur, weil es mit ihm erstarrt ist. Wie war das mit »angeheiratet« ...? »Wenn's hier erlaubt wär« ...? Es dauert, es dauert wirklich ein bisschen, bis Jisung sich wieder fängt, zurück in seine Wohnung geht und das Essen am Tisch abstellt.

»Angeheiratet ... im Nullkommanichts«, nuschelt Jisung vor sich hin, während er auf sein kleines, knarzendes Stoffsofa mit dem Häkelüberwurf zuschlurcht und sich dort in Zeitlupe hinsetzt. »Familientisch ... Angeheiratet ... Wenn erlaubt«, wiederholt er abwesend. »Homo-Ehe ist nicht erlaubt«, setzt er die Puzzleteile schließlich zusammen. »Mag Changbin mich?« Jisung wird ganz hibbelig, als er so darüber nachdenkt, denn er mag Changbin und wenn Changbin ihn auch mag ...

Donnerstag, 09.05.2019

Genauso aufgedreht ist Jisung auch zwei Tage später, am Donnerstag, und er meint, er schwebt richtig über die Türschwelle zu »Seos feine Heimkost«. Es ist ein gemütliches, kleines Lokal mit überraschend vielen Sitzplätzen und dem wohl herzlichsten Personal, das man sich vorstellen kann: Frau Han, Changbins Mama – sie ist hellauf begeistert gewesen, als Jisung sich vorgestellt hat, denn Hans sind hier ziemlich selten und sie selbst ist auch erst durch die Ehe hierhergekommen–, Herr Seo, der Hauptkoch, Frau Seo, Changbins Oma und die Oberaufseherin in der Küche, Wooyoung, Changbins bester Freund und Küchenhilfe, Baekhab, Changbins Cousine, und Minho, Baekhabs fester Freund oder von ihr auch »Schatzi«.

»Das Küken! Willkommen, willkommen!«, begrüßt Letzterer Jisung überschwänglich, indem er ihm einen Arm um die Schultern wirft. »Heute mal ganz ohne die rebellischen Oberschüler – oder besonders: -innen?«, erkundigt er sich, während er Jisung weit nach hinten, hinter einen Sichtschutz manövriert, wo der Familientisch liegt. »Binnie hat schon so 'ne Bemerkung fallen lassen, dass du irgendwann allein vorbeikommst, aber so zügig?«, plaudert er weiter, ohne Jisung eine Gelegenheit zu lassen, etwas zu erwidern. »Du musst ja richtig Sehnsucht nach ihm haben ...« Kaum hat Jisung verarbeitet, was Schatzi da ganz am Schluss gedroppt hat, schnellt sein Blick zu ihm, wo ihn schon längst ein für Minho typisches fies-freches Grinsen erwartet.

»Spatzi, schau mal, wer da ist«, lenkt Minho schnell ab, da sie schon am Familientisch angekommen sind, und deutet stolz auf Jisung, als wäre er ein besonders großer Fang beim Angeln oder so. Seine Augen kleben allerdings förmlich an Baekhab und es wundert Jisung ehrlich, dass sie nicht gleich mit einem lauten: »Schatzi!«, aufspringt. Die Zwei sind das wohl peinlichste Paar, das man sich vorstellen kann, doch sie sind schon so überspitzt peinlich, dass man merkt, wie wenig ernst sie das ganze Schauspiel nehmen.

Und wenn es kein großes Publikum – oder zumindest eine Person zum Aufziehen, wie Jisung jetzt gerade–, gibt, dann lassen sie die Fassade auch schnell fallen. Im Privaten sind sie eigentlich echt süß, wenn die »Schatzis« und »Spatzis« auch mal zu »Minhos« und »Baekhabs« werden und ihr Tonfall so gar nicht mehr süffisant ist.

»Hallo, Jisung«, begrüßt Baekhab ihn überraschend ruhig und ohne gleich begeistert aufzuspringen. »Binnie freut sich bestimmt, wenn er wieder da ist«, meint sie und klopft auf das Sitzkissen neben sich, um Jisung zu zeigen, dass er sich setzen soll, und Minho lässt ihn dafür gleich los. »Er ist nur bei Herrn Cho um die Ecke. Du weißt ja, jetzt so frisch nach seiner Hüft-OP kann er noch nicht herkommen und allein kochen war eh nie seins, deswegen liefert da Changbin dreimal am Tag was aus. Der Arme ist ja auch so einsam, seitdem seine Frau letztes Jahr verstorben ist ...«

Jisung nickt eifrig, als er sich setzt, und hört Baekhab zu, wie sie ihn weiter über die älteren Leute im Dorf aufklärt, denen das Restaurant am regelmäßigsten Speisen liefert, und darüber, was für ein Schatz Changbin ist. »Er fährt meistens ziemlich alleine aus, weißt du? Und das auch noch mit dem Fahrrad, wegen der Umwelt«, erzählt sie ihm und erst jetzt fällt Jisung auf, dass sie nebenbei Servietten faltet. »Die wiederverwendbaren Lieferboxen waren zwar meine Idee, aber ohne Changbin hätten wir nie so schnell welche in dieser Qualität gefunden.«

Changbin hat wohl auch schon als Kind freiwillig hier ausgeholfen und seit seinem dreizehnten Lebensjahr fährt er das Essen mit aus. Früher ist Baekhab immer noch mitgefahren, jetzt bleibt sie die ganze Zeit im Restaurant und kümmert sich darum, dass alles an Besteck, Geschirr und sonstigem Kram, den es im Restaurant so braucht – wie die Servietten zum Beispiel – sauber und stets einsatzbereit an seinem Platz ist. Das war früher Frau Hans Aufgabe, doch heute macht sie eher die Buchhaltung. Und Putzen, wenn das Lokal schließt, mit Changbin, dem Lieben, und Minho. Die Küche reinigen nur Herr Seo und Wooyoung, während die alte Frau Seo sie beaufsichtigt, dass auch ja alles richtig abläuft. »So ist Oma eben«, seufzt Baekhab mit einem verschmitzten Grinsen, doch so richtig fit sieht sie nicht aus. Allerdings hat er nicht lange Zeit, über die Erschöpfung, die man ihr echt ansieht, nachzudenken, denn ...

»Jisung!!«, ertönt es auf einmal neben ihnen und es läuft ein freudiger Changbin auf sie zu. »Hab mich schon gewundert, dass du nichts bestellt hast an einem Donnerstag ...«, murmelt er, vermutlich eher zu sich selbst, und kniet sich neben Jisung auf den Boden. Also direkt neben Jisung, genau auf dem kleinen Fleck Boden zwischen ihm und dem nächsten Sitzkissen. »Ich freu mich so«, flüstert Changbin, während er mit seinen vor Freude strahlenden Augen in Jisungs sieht und Jisung kommt es so vor, als würde er noch ein bisschen näher zu ihm rutschen, »ehrlich.«

»Ich hab mich auch so gefreut, als du mich eingeladen hast«, erwidert Jisung und er lehnt sich, absichtlich, ein bisschen nach vorne zu Changbin, »ehrlich.«

Sonntag, 30.06.2019

»Dein Lieblingslieferbursche ist da!«, trällert Changbin breit strahlend, als Jisung ihm aufmacht. Er hat gar keine Chance, irgendwie zu reagieren, denn Changbin überfällt ihn gleich mit einer für ihn typischen, extra-warmen Umarmung, tritt die Tür mit einem Fuß zu und gibt ihm einen Begrüßungskuss. Oder zwei. Vielleicht auch drei oder vier oder acht, wenn man den einen auf die Nasenspitze mitzählt.

»Und ich hab Essen dabei«, fügt Changbin hinzu, während er sich stolz zur Seite dreht, damit Jisung seinen Rucksack sehen kann.

»Damit machst du dich ja noch sympathischer«, erwidert Jisung und nimmt seinem – Ja, seinem!– Freund den Rucksack ab, damit er sich leichter die Schuhe ausziehen kann. »Aber am allerwichtigsten ist ja, dass du dich selbst dabeihast.«

Changbin grinst ihn einfach an, bevor er im Bad verschwindet, um sich die Hände zu waschen. Gerade hat Jisung zwar groß angegeben, dass Changbins Präsenz ihm am wichtigsten ist, aber ... Nun ja, sein Magengrummeln spricht für sich. Deswegen macht er sich in der Zwischenzeit daran, den Tisch zu decken.

»Spatzi, du bist einfach der Beste«, möchte Changbin sagen, sobald er zurück ist – möchte, da er vor Lachen kaum einen Ton herausbringt.

»Du meinst es also wirklich ernst damit, dass du die ›Spatzi‹- und ›Schatzi‹-Tradition fortsetzen willst?«, fragt Jisung kichernd nach, als er auf seinem Sitzkissen Platz nimmt.

»Logisch«, prahlt Changbin und grinst zu Jisung hinunter, der im Gegenzug zu ihm nach oben lächelt. »Irgendwer muss das ja weitermachen, wenn die Originale jetzt auf ›Mäuschen‹ – und das nicht mehr zueinander – umsteigen.«

»Na dann«, meint Jisung. Er ist nicht ganz so überzeugt, zumindest, wenn Changbin das auch in der Öffentlichkeit so durchziehen will, doch jetzt gerade, im geschützten Raum seines Zuhauses ... Jetzt gerade findet er es sogar süß und er würde lügen, wenn er behaupten würde, dass sein Herz bei »Spatzi« gerade eben keinen Hüpfer gemacht hätte.

»Jetzt setz dich aber, Schatzi«, fährt Jisung fort und zupft sanft an Changbins Hosenbein. »Sonst wird das Essen noch kalt – und das kann doch einem 1A Delivery Boy wie dir nicht passieren!«

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Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, und freue mich über Feedback, denn das hilft mir sehr weiter. 🧡

Wie im Intro schon angemerkt hat hoer_ichda_liferando  mich zu dieser Geschichte inspiriert. Vielen Dank dafür! >//< Das war aber erst am Sonntag und ich hab mir dann vorgenommen, den Oneshot bis heute fertig zu schreiben, also ist das hier (für mich xD) in Highspeed entstanden.

Es war mir so wichtig, ihn heute hochzuladen, denn: Herr Lieferdienst hat Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank, dass du da bist, du machst das Leben von so vielen ein bisschen schöner. 🥹🧡

(Schaut gerne mal bei ihm vorbei, er ist (mindestens) genau so ein Schatz wie Changbin. >//<)

[08.05.2024]

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