Tag 2
Die Sonne schien mir warm und hell ins Gesicht, weshalb ich mich auf die andere Seite wälzte und mir meinen Arm schützend vor die noch geschlossenen Augen hielt. Einen kurzen Moment genoss ich diese morgendliche Ruhe, die nur von dem Gezwitscher einzelner Vögel unterbrochen wurde.
Aber es war heute ungewöhnlich ruhig und schon im nächsten Moment stellte ich geschockt fest, welche Geräusche mir fehlten. May. Ich konnte ihr sanftes Atmen nicht hören und auch das Herumwälzen, das sonst immer von ihr ausging, nicht. Ich schlug hektisch meine Augen auf und schaute ihr in Gedanken in die Augen. In der Realität jedoch, sah ich bloß die leere Hälfte des zu großen Bettes. Zu groß, wenn sie nicht da war.
May und ich standen immer zur selben Zeit auf, überlegte ich und grübelte wo sie sein könnte. Hätte sie einen Termin oder eine Verabredung gehabt, hätte sie mir wie immer Bescheid gegeben. Plötzlich holte mich der gestrige Tag mit einer heftigen Wucht, die mich umgeworfen hätte, würde ich nicht bereits liegen, schmerzhaft ein.
Sie hatte den ganzen Tag nicht mit mir gesprochen, daher war es nicht wunderlich, dass sie einfach gegangen war ohne mir etwas davon mittzuteilen. Ich spürte wie es mich innerlich auffraß am heutigen Morgen, und wahrscheinlich noch an einigen weiteren Tagen, kein Gespräch mit ihr führen zu können.
Wie konnte es nur so weit kommen? Was bedrückte meine geliebte May? Ich wollte sie um keinen Preis verlieren oder gar für jemand anderen hergeben. Bei diesem Gedanken schüttelte ich mich unbewusst und mir wurde so übel, als hätte man mir einen starken Fausthieb in die Magengrube verpasst.
Bevor ich weiter solch grausigen Gedanken nachgehen konnte, stand ich, für meine Verhältnisse zu früh, auf und machte mich in aller Ruhe fertig. Normalerweise war ich im Badezimmer in Sekundenschnelle fertig, doch heute fehlte mir jegliche Kraft und Lust dazu. Warum war ich nicht einfach liegen geblieben?
Nach geschätzten einundzwanzig Minuten schlenderte ich gemächlich zu unserem runden Küchentisch. Ich liebte diesen Tisch. Er war aus Mahagoni und ein Erbstück meiner Mutter. May und ich behandelten ihn stets mit Sorgfalt, um auch kleinste Schäden zu vermeiden.
Schon wieder waren meine Gedanken zu May abgeschweift und ich schimpfte mich innerlich einen Idioten, obwohl doch nichts daran schlimm war, an meine Frau zu denken. Immerhin liebte ich sie und sie liebte mich doch auch. Oder?
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