Tag 1
"May, jetzt sprich doch mit mir!", schrie ich meine Geliebte an, denn ich hatte nun gänzlich die Geduld verloren. Warum wollte sie nicht mehr mit mir sprechen? Was hatte ich ihr getan? Lag es an dem Streit mit ihrer besten Freundin Mary? Oder lag es doch an mir?
Tränen glänzten in ihren Augen und ich nahm sie in den Arm. "Es tut mir leid. Ich wollte nicht...", weiter kam ich nicht, denn mir traten ebenfalls Tränen in die Augen und ich spürte diesen dicken Kloß im Hals, den man immer hatte, wenn man weinen musste. Ich hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge und meine Lippen wurden trocken. Ich leckte mir in Gedanken über die Lippen, doch um es wirklich zu tun fehlte mir im Moment die Kraft.
Ich war völlig ausgelaugt und konnte einfach nicht mehr. May hatte den ganzen Tag nicht mit mir gesprochen und ich fing an ihre Stimme zu vermissen. Ihre Stimme und die langen Gespräche jeden Morgen wenn wir noch im Bett lagen. Alleine der Gedanke daran, versetze mir einen Stich in die linken Brust.
Wir sprachen dann über die verschiedensten Themen und May missverstand mich nie. Bei ihr fühlte ich mich immer wohl, akzeptiert und verstanden. Mit ihr konnte ich über alles sprechen ohne einen dummen Kommentar zu bekommen. Sie wurde auch nie aufbrausend wenn ich eine andere Meinung vertrat als sie es tat. Sie hatte für alles Verständnis, selbst wenn sie meine Worte und Taten hin und wieder kritisierte. Doch sie meinte es immer nur gut. Sie hatte mir damit nie schaden wollen. Sie wollte mir beistehen, dafür sorgen, dass ich nicht die falschen Entscheidungen traf, die mir dann alles kaputt machen könnten, was ich mir aufgebaut hatte.
May war ein guter Mensch. Das war sie schon damals gewesen, als wir uns kennenlernten. Sie hatte ein reines Gewissen und ein gutes Herz. Sie wollte andere nie verletzen, darum verstand ich es umso weniger, dass sie es gerade tat. Sie verletzte mich, denn sie ignorierte mich. Sie ging zwar auf meine Berührungen ein, doch nicht auf meine Worte. Sie sprach nicht mit mir, verdammt. Schweigen war die schlimmste Strafe. Es war eine Qual angeschwiegen zu werden. Schweigen ist das Mobbing der Psyche. Diesen Satz hatte ich jahrelang nicht verstanden, doch nun kannte ich die Bedeutung sehr gut. Zu gut.
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