Kapitel 1 - Gefangen

Please, don't hate me!

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Man darf bloß nicht vergessen, ein Licht leuchten zu lassen. - Albus Dumbledore

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„Wie viele?" Jade horchte auf, sie hatte das erste Mal nach langer Zeit einen annähernd guten Schlaf gehabt, doch Noahs flüstern ließ sie aufschrecken. Es war immer noch dunkel, immer noch kalt. Immer wieder hatte sie gehofft, es sei alles nur ein böser Traum, eine Einbildung. Müde wischte sie sich über die Augen und versuchte ihren Bruder auszumachen, dieser saß neben Casey an der Eisentür und die beiden hatten sich dicht zusammengekauert.

„Aus dem Hogwartsexpress haben sie 16 Schüler geholt, drei Slytherin, vier Hufflepuffs, fünf Ravenclaws und vier Gryffindor. Der jüngste ist ein Erstklässler, verdammt Noah was wollen die nur von uns?" Trotz der Dunkelheit in ihrer Zelle, konnte Jade wahrnehmen wie ihr Bruder den Kopf schüttelte. Müde stand sie auf und streckte sie.

„Das kann ich euch sagen, als ihr alle geschlafen habt, hab ich etwas mitbekommen." Jade hatte die Stimme gesenkt, um die anderen nicht aufzuwecken. Pascal und Leonie saßen eng umschlungen in einer Ecke, Edwin lehnte alleine in einer Ecke und machte seltsame Geräusche im Schlaf. Vorsichtig ließ sie sich an der Wand neben Casey runtergleiten, unter ihrem dünnen Hogwartsumhang zitterte sie ein wenig.

„Der Kerl, der uns immer zu den Bädern bringt hat sich aufgeregt, wann denn endlich neue Befehle kämen. Wir sind nicht die einzigen, die entführt worden sind, sie haben anscheinend noch ein paar Hexen und Zauberer im Gewahrsam. Das sind Todesser, versteht ihr? Die haben Personen entführt, die gegen das kämpfen wofür diese ... Wahnsinnigen stehen. Casey, du bist Muggelgeborener, Leonie und Pascal gelten als Blutsverräter und überleg mal, was unsere Eltern alles gemacht haben?" Ein kurzes Schweigen, Jade zog die Beine fest an den Körper und legte ihre Arme darum.

„Ich habe Angst..." flüsterte sie fast lautlos und Tränen kamen ihr. Es gab wenige Momente, wo nicht die Schreie andere Personen durch die kalten Gemäuer hallten und es würde nur seine Zeit dauern, bis auch sie aus der Zelle gezerrt und womöglich gefoltert werden würden. Casey legte einen Arm um ihre Schulter und drückte sie fest an sich.

„Habt keine Angst, wir werden gerettet werden." Noah lachte kalt auf. „Wie stellst du dir das vor? Die Lakaien mögen vielleicht blöd sein, aber ich glaube die Drahtzieher sind gute Strategen. Niemand wird uns finden." Noahs Stimme brach ab und auch ihm kamen die Tränen. Weinend und an Casey gelehnt schlief Jade wieder ein. Wurde wieder wach, aß trockenes Brot, wurde in das Badezimmer geführt, erneute Dunkelheit und in den Schlaf weinen. Wie lange sie schon in der Dunkelheit saßen, vermochte niemand mehr zu sagen. Es gab einfach keine Anhaltspunkte, nichts woran sie sich orientieren konnten. Während sie in den ersten Tagen, vielleicht auch Wochen, noch viel geredet hatten, sich Mut zugesprochen hatten, verbrachten sie einen Großteil der Zeit nun mit Schweigen. Auch Noah und Jade sprachen noch kaum miteinander, einen Fluchtplan würde es nie geben, eine Flucht war unmöglich. Die Männer waren allzeit bewaffnet, sie waren bloß Kinder. Jade war die erste, die man aus der Zelle holte. Es war mitten in der Nacht, als die Tür aufgeworfen wurde und drei massige Männer reinkamen. Erschrocken sprangen die Kinder beiseite und drückten sich an die kalten, feuchten Wände ihres Gefängnisses. Einer der Männer deutete auf Jade, die anderen beiden kamen auf sie zu und obwohl Casey, Edwin und Noah sich auf die Wärter stürzten, konnten diese die drei Jungen leicht zur Seite schubsen und Jade aus der Zelle zerren. Jemand verband ihr die Augen, ihr Herz begann zu rasen und tausende Fragen huschten durch ihren Kopf. Angst. Panik. Angst, ihr wurde abwechselnd warm und kalt, während man sie grob durch die Steingänge zerrte. Ihre Schritte hallten leise wieder und es schien, als wäre die Luft erfüllt von einem leisen Flüstern. Die Schweren Schritte der Wärter übertönten ihren Atem, ihren Herzschlag. Schreie mischten sich in diese Geräuschkulisse ein, sie klangen so nah und Jade hatte das Gefühl, diese Stimme schon einmal gehört zu haben. Schon einmal in Hogwarts. Mehrere Türen wurden geöffnet, geschlossen, es ging Treppen hinauf und wieder hinunter und irgendwann hatte sie komplett die Orientierung verloren, nicht das sie je welche gehabt hätte. Plötzlich wurde es wärmer, eine letzte Tür wurde geöffnet, dann wurde Jade in einen Raum gestoßen und ihre Fesseln wurden gelöst. Verwundert verharrte sie zunächst eine Weile starr, horchte. Als sie nichts vernahm, begann sie, die Hände zu ihrer Augenbinde zu führen und das schmuddelige Tuch abzulösen. Sie öffnete die Augen und musste sie sofort wieder schließen, weil es zu hell war. Es dauerte eine Weile, bis sie es erneut versuchte und schützend eine Hand über ihre Augen legen musste um den Schmerz zu lindern. Blinzelnd schaute sie sich in dem spärlich eingerichteten Zimmer um. Ein Tisch mit zwei Stühlen stand in der Mitte des Raumes, zwei Kerzenständer standen in den Ecken und das Licht der Kerzen war sehr hell. Niemand außer ihr, befand sich in dem Raum, dessen Wände kalt und aus Stein waren. Vorsichtig machte sie einen Schritt auf den Tisch zu, dann noch einen bis sie auf einem der Stühle saß. Vorsichtig schaute sie sich um, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein großer, hagerer Mann eintrat. Jade zuckte fürchterlich zusammen und schrumpfte auf ihrem Stuhl etwas. Der Mann hatte eine dunkle Hautfarbe, sein Gesicht war länglicher und an seinem Kinn wuchs ein kleiner Bart. Seine Augen waren groß und... schwarz. Wie eine endlose Finsternis in die man starrte. Er trug einen schmucklosen und bodenlangen schwarzen Umhang und mit grimmigen Gesichtsausdruck ließ er sich auf dem zweiten Stuhl nieder. Interessiert begann er dann, Jade zu mustern die alles versuchte, nicht zu zittern und ihr Herz dazu zu bewegen, bloß weiterzuschlagen. Plötzlich begann der Mann sie anzulächeln und leise zu lachen.

„Hab keine Angst, ich tu dir nichts. Du hast bestimmt Hunger, oder?" Er zückte seinen Zauberstab und mit einem Schwung ließ er einige Teller mit köstlichkeiten auf dem Tisch erscheinen. Jade beugte sich vor, ihr Magen knurrte fürchterlich laut und das Wasser begann, sich in ihrem Mund zu sammeln. Sie wollte schon zugreifen, als eine Stimme in ihrem Hinterkopf warnte. Das Essen könnte vergiftet worden sein, oder anderes! Zögerlich ließ sie ihre Hand sinken schaute fort von den Leckerleien, eine Hand in ihren Umhang gekrallt, da ihr Magen so laut knurrte. Der Mann seufzte und ließ das Essen verschwinden, eine weitere Minute des Schweigens verging.

„Wie heißt du, Kleine?" Jade schaute ihn wütend an und antwortete nicht. Er faltete seine Hände auf dem Tisch zusammen und kniff ein wenig die Augen zusammen. „Willst du nicht reden?" Ohne zu Blinzeln ließ Jade ihre Augen auf ihm gerichtet und legte all ihre Wut, ihren Hass in diese Blicke. Der Mann seufzte erneut und lehnte sich ein wenig zurück.

„Nun gut, wenn du nicht anfangen willst. Mein Name ist Steve. Du willst bestimmt wissen, wo du hier bist und was wir mit dir und deinen kleinen Freunden vorhaben, stimmts?" Jade rührte sich weiterhin kein Stück, aber sie spitzte die Ohren. Vielleicht würde sich der Kerl ja verplappern.

„Ihr seid hier in Irland. In einem unserer Unterschlupfe." Er beugte sich nun vor und seine schwarzen Augen musterten sie erneut. „Ihr seid unsere Gefangen, weil wir ein paar Leute aus der Regierung dazu bringen wollen nach unserer Nase zu tanzen, verstehst du kleines Mädchen? Ihr seid kostbar für uns, denn je mehr Leute wir in unserer Gewalt haben, desto mehr gerät der Minister in Bedrängnis und das können Minister gar nicht leiden, wenn sie mit dem Rücken an der Wand stehen." Jade sagte weiterhin kein Wort und ihre Augen wurden zu schlitzen. Sie waren also so etwas wie Geiseln. Das hatte sie sich aber auch schon gedacht, etwas anderes wäre nicht logisch gewesen.

„Nun, Mädchen ich muss dir leider etwas sagen. Wir wissen natürlich ganz genau, wen wir hier vor uns haben. Jade Graeham, nicht wahr? Natürlich seid ihr nicht nur unsere Geiseln, wir wollen auch ein wenig mit euch... plaudern, wenn du verstehst was ich meine." Er stand auf, verschränkte die Hände vor der Brust und spielte mit seinem Zauberstab herum.

„Du hast die Wahl, entweder du redest freiwillig, oder ich bitte dich freundlich darum. Was ist dir lieber?" Er stützte sich auf dem Tisch ab und beugte sich tief zu Jade hinab. Sie nahm all ihren Mut zusammen.

„Verrecken sie in der Hölle, Sie elender Mistkerl!" Dann spuckte sie dem Mann ins Gesicht. Dieser knurrte wütend und hob seine Hand. Einen Moment später lag Jade auf dem Boden und hielt sich mit Tränengefüllten Augen die Wange, die rot anlief und langsam sickerte Blut aus ihrer Nase. Wütend griff der Zauberer nach ihren Haaren und zerrte sie hoch.

„Du kleines Miststück! Wir werden schon alles aus dir ausquetschen, niemand wird sich uns in den Weg stellen und verhindern können, das die Todesser an die Macht kommen!" Dann warf er sie zu Boden, Jade kauerte sich zusammen und unterdrückte verzweifelt Schluchzer, während ihr Gesicht und ihr Nacken höllisch schmerzten. Eine unsichtbare Kraft zwang sie, aufzustehen.

„Incarcerus." Sprach der Kerl und Seile sprossen aus seinem Zauberstand und schlängelten sich in Windeseile um ihren Körper. Jade knurrte und wehrte sich gegen die Seile, der Stuhl wackelte hin und her doch sie konnte sich nicht befreien. Einige Haare hatten sich gelöst und fielen ihr ins Gesicht, wütend schnaubte sie und pustete diese weg, bevor sie den Mann mit ihren Blicken erdolchte.

„Dann fangen wir mal an. Wie ist dein voller Name?" Jade blieb stumm, sie hatte gar nicht vor diesem Mann nur eine Sache zu sagen. „Na gut, wie du willst." Murmelte er und ließ einmal seinen Zauberstab durch die Luft peitschen. Ein stechender Schmerz durchzuckte sie und ein roter Striemen zierte ihre Wange.

„Dann eben etwas anderes, etwas... leichteres. Was weißt du über den Orden des Phönix?" Jade starrte ihn wütend an, die Zähne fest aufeinander gepresst als er erneut seinen Zauberstab schwang, dieses Mal erwischte es ihre Schulter. Leise keuchte sie auf, sagte jedoch nichts.

„Was weißt du über den Orden des Phönix?" Ein weiterer Peitschenhieb, dann noch einer und noch einer. Blut sickerte ihre Schulter hinab, ihre Wange war aufgeplatzt und sie hatte sich längst die Innenseite ihres Mundes blutig gebissen. Verzweifelt versuchte Jade an etwas anderes zu denken, während die Tränen ihr in Strömen über die Wangen flossen. Noah, Jill, Mum, Dad. Casey, Pascal, Leonie. Adam. Der Schmerz benebelte ihren Geist, der Mann stellte immer weiter Fragen und als sie weiterhin stumm blieb, folterte er sie weiter. Eine dünne Blutlache hatte sich unter dem Stuhl gebildet, einiges Blut war bereits verkrustet, hatte sich in ihren Haaren verfangen oder im Stoff gesammelt. Eher Ohnmächtig als lebendig hing sie nur noch durch die Fesseln gehalten auf dem Stuhl. Sie hatte nicht geschrien, nur gewimmert und gekeucht. Sie wollte diesem Mann keine Genugtuung geben, nicht das Gefühl dass er über sie siegen könne. Plötzlich kam er auf sie zu, umgriff ihre Kehle und drückte ihren Kopf weit in den Nacken. Seine Zähne blitzten auf und mit wütender Stimme flüsterte er in ihr Ohr.

„Dein Mut wird dir nichts bringen! Ich werde dich noch brechen." Dann wurde alles schwarz um sie herum.

Drei Tage und drei Nächte hatte es gedauert, bis sie wieder erwacht war. Sie spürte Verbände um ihre Wunden, spürte den warmen Körper, an welchem sie gelehnt war und hörte leises Flüstern. Sie stöhnte, ihr Mund war ausgetrocknet und ihr Kopf dröhnte als hätte sie jemand gegen eine Wand geschmettert.

„Jade! Oh bei Merlins Bart, sie ist wach!" Der Schmerz und die Erleichterung die in Noahs Stimme lagen brachten sie fast um. Nie hätte sie sich zu träumen gewagt, so eine Angst um sie in der Stimme ihres Bruders zu hören.

„Wo...Achja..." Plötzlich fluteten alle Erinnerungen ihren Kopf. Entführung, Todesser, Folter... In der Dunkelheit erkannte sie nicht viel, aber sie spürte wie die anderen dicht um sie gedrängt saßen. Ihr Bruder umarmte sie stürmisch, es schmerzte zwar aber ihr war diese Geste viel zu wichtig als etwas zu sagen.

„Noah... es tut mir Leid. Ich wollte dir keine Sorgen machen." Sie hörte an Hand seiner Stimme, dass er kurz davor war zu weinen. „Halt die Klappe du Idiotin und spiel nicht immer die Heldin." Er drückte ihre Hand fest und sie hatte das Gefühl, das er nie wieder loslassen wolle. Sie versuchte zu Lächeln und mit kratziger Stimme antwortete sie ihm.

„Aber ich bin doch die Heldin, schon vergessen? Jade die Gerissene... ich hol euch schon irgendwie hier raus." Mit diesen Worten verfiel Jade wieder in einen tiefen Schlaf.

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