Kapitel 40 - Ein perfekter Abschluss
Die Verwandlungsprüfung war vorbei und Noah konnte aufatmen. Er hatte den seiner Meinung nach schwierigsten Teil hinter sich und konnte sich nun den Fächern widmen, die einfacher waren. Davon gab es noch vier: Kräuterkunde, diesen Nachmittag, Muggelkunde am nächsten Morgen, danach Zaubertränke und in der Nacht vom übernächsten Tag Astronomie.
Allerdings musste die Kräuterkundeprüfung etwas verschoben werden. Irgendjemand aus der ersten Klasse hatte es anscheinend geschafft, harmlose Rosen in Ranken peitschende und Dornen schießende Ungeheuer zu verwandeln und Professor Sprout war fast zwei Stunden damit beschäftigt gewesen, alle tödlichen Blumen wieder zurückzuverwandeln. Daher war sie auch dezent gereizt, als sie die ersten Zweitklässler hereinrief. Ihre sonst so freundliche Stimme klang beinahe so wie ein Peitschenschlag und eines der Mädchen wimmerte ängstlich, als sie das Gewächshaus betrat. Schwer schluckend ging Noah noch einmal alles im Kopf durch, was sie dieses Jahr so über die ganzen magischen Gewächse gelernt hatten. Es war zwar unheimlich viel, aber als er endlich mit vier anderen aufgerufen wurde, war er sich beinahe sicher, alles noch einmal wiederholt zu haben. Noah bekam einen etwas älteren Prüfer mit einer Knollnase und einer schiefen Perücke ab.
"Hallo, junger Mann. Mein Name ist Professor Bloomfield. Bitte, wenn sie diese Pflanze für mich identifizieren könnten." Der alte Mann deutete mit seiner Hand auf einen Topf, in dem eine Pflanze wuchs, die Noah sofort an ihren charakteristischen Luftballon ähnlichen Gewächsen erkannte. "Das ist ein Kartoffelbauchpilz, Sir." Der Prüfer kritzelte etwas auf ein Klemmbrett. "Sehr richtig. Trennen sie doch bitte die Schoten ab, ohne das sie zerbrechen. Sie finden alles, was sie benötigen auf dem Tisch, hier." Noah schnappte sich ein paar Drachenhauthandschuhe und eine kleine Zange, mit der er sich daran machte, die Schoten vorsichtig vom Stiel zu trennen. Wenn er einen Fehler machen würde, würden die Schoten aufplatzen und die Blüten würden sprießen. Nach gut zehn Minuten hatte er alle abgetrennt, ohne das eine aufgegangen war. Professor Bloomfield notierte sich sein Ergebnis auf dem Klemmbrett und holte dann einen kleinen Blumentop hervor.
"Nun gießen sie bitte diese Blume, deren Name ich gerne wissen würde." Noah erkannte die kleine goldene Lilie aus ihrer letzten Kräuterkundestunde und erinnerte sich auch noch daran, was geschah wenn sie zu viel Wasser abbekam. "Es handelt sich um eine antigonische Opallilie. Sollte sie zu viel Wasser bekommen, färbt sich die Blüte blutrot und aus ihren Blättern werden Dornengewächse." Noah nahm die Kanne vom Tisch und goss etwas Wasser in den Blumentopf. Die Lilie schüttelte sich kurz bevor sie seelenruhig weiterschwankte, wie zum Takt eines langsamen Liedes.
Professor Bloomfield neigte beeindruckt den Kopf. "Perfekt. Nun fehlen uns noch ein paar theoretische Fragen. Erste Frage: Wo findet man normalerweise die Holzblumenranke?" In Erinnerung an die Kräuterkundestunden konnte Noah alle Fragen richtig beantworten. Professor Bloomfield schrieb begeistert auf sein Klemmbrett und die Zensur, die er zum Schluss kritzelte, sah verdächtig nach einem Ohnegleichen aus.
Professor Bloomfield entließ Noah bereits vor Ablauf der Zeit. Auf dem Gang wäre er beinahe in Jade reingerannt, die ebenfalls schon fertig war. „Und, wie war's?", fragten beide unisono und lachten. „Perfekt.", antworteten sie ebenfalls gleichzeitig und grinsten. Gemeinsam gingen sie in die Große Halle, die nach den Prüfungen der älteren Schüler wieder in ihren Normalzustand versetzt wurde. Am Gryffindortisch wurden sie bereits von Jill, Amanda und Tamara begrüßt. Wie sich herausstellte war es Amanda gewesen, die das Rosendebakel angerichtet hatte. Mehrere Schnitte zierten ihren Arm aber trotz dessen grinste sie alle. Leider konnten sie den Tag nicht gemütlich ausklingen lassen, wie sie es gerne würden. Es warteten noch drei weitere Prüfungen auf sie, bevor sie sich wieder entspannen konnten. Noah und Jade verzogen sich mit den restlichen Zweitklässlern in die Bibliothek, um sich gegenseitig zu Muggelkunde abzufragen. Obwohl die meisten von ihnen zwei Jahre Muggelkunde hatten, waren Noah und Jade ihnen durch den Unterricht ihrer Großmutter deutlich überlegen. Die meisten wussten noch immer nicht, wie ein Telefon funktionierte und viele scheiterten schon bei der Aussprache kläglich.
Die Prüfung am nächsten Morgen war eine rein schriftliche. Kurz nach zehn Uhr wurden die Zweitklässler alle in die Große Halle gerufen. In den nächsten zwei Stunden mussten sie dann Fragen zum Strom beantworten, Skizzen zu Telefonen zeichnen und die wichtigsten Merkmale nennen, die ein Strommast besaß. Am Ende der Prüfung rauchte Noahs Kopf und sein Gehirn spuckte auch Stunden später immer wieder Muggelgegenstände und ihre Funktionsweise aus. In der kleinen Pause, die sie zur Zaubertrankprüfung hatten, konnten sie sich die wichtigsten Zutaten und Rezepte noch einmal durchgehen, ehe sie alle erneut in die Große Halle gerufen wurden. Die Prüfung begann mit einem schriftlichen Teil und würde dann in einen praktische übergehen.
Professor Granger verteilte einen dicken Stapel Pergamente an jeden. „Sie haben eine Stunde Zeit um die Fragen zu beantworten, danach noch eine weitere Stunde um diesen Trank zu brauen." Sie deutete auf eine Tafel, auf dem der Furunkelheilungstrank geschrieben stand. „Sie können ehe mit dem Brauen beginnen, sollten sie die Fragen beantwortet haben, oder nicht mehr weiter wissen." Professor Granger stellte sich neben ein Stundenglas, welches sie an Körpergröße deutlich überragte. „Fangen sie an." Der Sand, der in der oberen Hälfte zunächst still war, fing nun an langsam nach unten zu rieseln. Noah verschwendete keine Zeit und besah sich die Prüfung. Die Fragen waren, gelinde gesagt, einfach. Ein paar Zutaten nennen, ihre Verwendung aufzählen, das Rezept für einen einfachen Liebestrank und die Beschaffung einiger Kräuter, dann war Noah auch schon mit dem schriftlichen Teil fertig. Der Heiltrank gegen Furunkel war einer der einfachen Tränke, sogar einer, der im ersten Schuljahr schon recht früh rangenommen wurde. Noah brauchte nicht lange um alle nötigen Zutaten aus der Auswahl herauszuholen und war auch schon mit der Hälfte des Brauens fertig, als die meisten gerade mal anfingen, nachzudenken, was man denn alles noch mal brauchte.
Noah nahm seinen Kessel vom Feuer, tat dann die letzte Zutat, Stachelschwein-Pastillen, hinzu und rührte nochmal kräftig, bevor sein Trank blubberte und dann eine weiße Färbung bekam. Zufrieden verkorkte er etwas davon und gab es zusammen mit seinem schriftlichen Teil bei Professor Granger ab. Mit einem recht beeindruckten Blick ließ sie ihn gehen und Noah konnte sich nun erstmal erlauben, sich etwas zu entspannen. Für die Astronomie-Prüfung in der nächsten Nacht musste er größtenteils die Namen der bekanntesten Sterne und Sternbilder auswendig lernen, wichtige Daten und Koordinaten sich merken und dazu die Laufbahn der Planeten bestimmen. Es war also hauptsächlich ein reines Lernfach und trotzdem war es weitaus komplizierter als man denken könnte. Es passierte sehr schnell, dass man die Namen zweier Sterne miteinander vertauschte und somit auch die Sternbilder komplett ruinieren konnte. Man musste also mindestens alles doppelt und dreifach überprüfen ehe man einen Stern wirklich in die Sternkarte eintragen konnte. Noahs einzige Sorge dahingehend war, das er zu aufgeregt war und zu schnell arbeitete und ihm somit solche Fehler passierten.
Den kompletten nächsten Tag verbrachten er und Jade zusammen und fragten sich gegenseitig ab, lasen sich Jahreszahlen vor oder verglichen Sternkarten miteinander.
Beim Abendessen war Jade dann so aufgeregt, dass sie sich nur zweimal Nachschlag nahm und andauernd ihr Buch hervorholte und die Namen von Sternen vor sich hin murmelte. Jill wollte ihnen partout nicht sagen wie die Prüfung abgelaufen war. Sie und die anderen Erstklässler hatten einen Tag vor ihnen gehabt und hatten dafür an diesem Tag ihre Zaubertrankprüfung gehabt. Jill wollte sogar nichts sagen, als Jade ihr ihren Nachtisch anbot.
Kurz vor Mitternacht wurden alle Zweitklässler dann in den Astronomieturm geholt. Mindestens einhundert Teleskope waren in mehreren Reihen aufgestellt und nebendran immer ein kleines Tischchen mit einer leeren Sternenkarte. Professor Sinistra hatte sich einen Helfer aus dem Ministerium geholt, einen jungen Mann mit langen schwarzen Haaren, der eher aussah, als würde er gerade von einem Metal-Konzert kommen, als vom Ministerium. Die Aufgabe war schnell erklärt. Sie sollten die genaue Position der Planeten eintragen, dazu einige Sternbilder und ein paar der größeren Sterne kennzeichnen. Zwei Stunden hatten sie dafür Zeit und als würde der Himmel von ihrer Prüfung wissen, waren keine Wolken am nächtlichen Himmel zu sehen.
Bis auf einen kleinen Verwechslungsfehler von Sirius und Regulus, den Noah aber rechtzeitig bemerkte, schloss er die letzte Prüfung ab. Mit einem recht befreiten Gefühl ging er dann kurz nach zwei Uhr schlafen. Er fühlte sogar ein bisschen Mitleid mit den älteren Klassen, die immer noch Prüfungen zu schreiben hatten, die auch wesentlich länger gingen als seine. Alleine die UTZ-Schüler schrieben fast fünf Stunden an ihrer Zauberkunst-Prüfung ehe sie in den praktischen Teil wechselten.
„Ahhh, wunderbare Freiheit. Riechst du das? Das ist der Duft unseres Triumphes." Noah konnte Jade nur noch einen mehr als verwirrten Blick zu werfen, ehe der Rotschopf lachend verschwand. Er schüttelte den Kopf und widmete sich wieder seinem Mittagessen, welches inzwischen kalt geworden war.
Bis zum Abschluss des Jahres blieben ihnen noch ungefähr zwei Wochen, die sie in Hogwarts waren. Es war Jills Idee, dass sie doch zum Ende der Prüfung und des Jahres ein kleines Fest am See veranstalten konnten. Jade, beflügelt von ihren ganzen Erfolgen und der baldigen Pause von ihrem verhassten Verwandlungslehrer, war sofort Feuer und Flamme für die ganze Idee und rannte wie von einem Schwarm Bienen verfolgt in die Küchen. Eine Stunde später kam sie mit einer ganzen Wagenladung Hauselfen nach draußen, die ein Buffet vorbereiteten, welches das ganze Schloss versorgen konnte. Jade plante einmal wieder, die halbe Schülerschaft einzuladen, damit auch jeder Freund von einem Freund der einen Bekannten hatte vorbeikommen konnte, doch Adley und Casey schafften es gerade noch so, ihr diese Idee wiederauszureden.
Mit gemütlichem Lagerfeuer, kühlen Getränken und der warmen Sommersonne im Nacken ließ es sich wunderbar entspannen und schon bald kamen auch andere dazu, die sich von ihrem Prüfungsstress erholen wollten. So wurde aus der kleinen Runde, bestehend aus ein paar Erst – und Zweitklässlern schnell eine Feier mit ungeheurem Ausmaß. Pascal zauberte allen bunte Decken auf den Boden und Jades Hauselfenfreund Byddo besorgte ganze Fässer voll mit Getränken. Irgendjemand holte ein Zauberradio dazu und bald hatten sich die Schüler auf der Tanzfläche wiedergefunden. Während die magische Sängerin Celestina Warbeck ein recht schnulziges Lied zum Besten gab verausgabten sich die Schüler beim Tanzen, als gäbe es keinen Morgen mehr. Bis spät in die Nacht dauerte ihre Party an, bis eine recht wütende Professor McGonagall sie beendete. Sie konnte ihnen zwar verbieten auf dem Gelände zu feiern, aber in einem Raum, der alle Geräusche nach außen hin für sich behielt, konnte sie nichts tun. Noah und die anderen verlagerten also ihre kleine Runde in den Raum der Wünsche, der sich in ein fast identisches Gegenstück zu den Ländereien verwandelt hatte.
„Ach, es ist echt schön mal wieder richtig entspannen zu können. Keinen Stress mehr, nur noch Erholung bis zu den Ferien.", sagte Jade und ließ sich in das Gras fallen. „Bis auf ein bisschen Unterricht erwartet uns ja auch nichts mehr.", erwiderte Casey und lehnte sich an einen Stein.
Der Raum der Wünsche schenkte ihnen zur Atmosphäre ebenfalls leise Musik, die aus alles Ecken gleichmäßig ertönte, aber niemanden zum Tanzen animierte. Es war ruhige Musik, die das Herz berührte und beinahe aus der Seele sprach. Noah hatte den Verdacht, dass alle eine andere Melodie hörten, da er beobachten konnte, wie Pascal und Jill zu komplett unterschiedlichen Takten die Füße wippten. Vielleicht war es eine Art Dank des Schlosses, überlegte Noah, bevor er die Augen schloss und seiner Melodie lauschte.
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