Kapitel 9...Molly Evans

Leon hatte aus Versehen ihr Handy mitgenommen, nachdem er es ihr vom Ohr abgenommen hatte, damit der Anruf unterbrochen werden konnte. Sie bemerkte es zu spät, als sie bereits vor der Boutique im Einkaufszentrum "Satisfaction" stand. Sie hatte die ganze Handtasche danach umgewühlt und umgedreht, zuletzt musste das Auto noch daran glauben gefilzt zu werden. Denn sie war der Meinung, ihr Handy hätte den Weg in ihre Hände zurück gefunden. Doch letztendlich musste sie die Schlüsselübergabe allein tätigen, denn ohne Handy konnte sie nun mal niemanden anfunken.

Sie betrat das Kaufhaus. Im Erdgeschoss herrschte eine beängstigende Stille. Sie konnte ihr Herz klopfen hören. Ihre Augen schweiften durch das Erdgeschoss und in ganz weiter Ferne konnte sie das rege, hektische Treiben der Käufer und Verkäufer sehen.

Sie wischte sich ein paar Tränen aus ihrem Gesicht und lenkte ihre Schritte in Richtung Boutique, steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch und schloss ihr Geschäft auf und trat ein. Es würde das letzte Mal heute sein, dass sie ihren Fuß dahinein setzten würde. Alles war leer...kein Regal stand mehr an seinem Platz, keine Figur oder eine Vase aus Kristall war hier mehr vorzufinden. Sogar das Carport, was ihr Adoptivvater eingebaut hatte, war abmontiert worden. Damit sich die Kunden eine Ausruhpause gönnten oder die Drei aus der Boutique ihr Frühstück oder Mittag einnehmen konnten oder ihre Dienstbesprechungen für die nächsten Bestellungen dort führen konnten, die manchmal feucht - fröhlich endeten. Dafür ließ sie es herrichten.

Nicole ging durch den großen Verkaufsraum und betrat ihr altes, geliebtes Büro. Auch hier war alles schon hinaus gebracht worden. Ihr liefen die Tränen über das Gesicht. Ihre Füsse lenkten sie langsam vor die Wand zwischen den beiden Fenstern mit Blick auf die große Wareneinfahrt. Dort verharrte sie eine Weile und blieb wie angemauert stehen.

Ihre Augen hafteten auf einem Herz, das zwischen den beiden Fenstern in die Wand in das kalte Gestein eingraviert worden war. In dem Herz standen zwei Namen: "Molly & Nicole! - ein Leben lang durch dieses Herz in ewiger Freundschaft verbunden."

Nicole ballte beide Hände zu Fäusten und schlug gegen die Wand auf das Herz ein. Immer wieder brüllte sie: "Ich verfluche dich Molly Evans!" und presste ihre Stirn an die kalte Wand. Hinter ihrem Rücken verspürte sie einen leichten Luftzug.

Sie wand sich von der Gravour ab und verließ das Büro. Als sie in dem großen Raum zurück war, blieb sie in der Mitte abrupt stehen. Ihr Blut begann sich in den Venen zu erheben und schoss durch ihren ganzen Körper in einem Strom voller Zorn.

"Du hier? Was willst du?...Verschwinde!", brüllte sie die junge Frau an, die ihr gegenüber stand und Nicole gelassen ansah. 

"Tut mir leid! ich habe leider keinen Kaffee mitgebracht! Das Bistro hat leider geschlossen und ist ausgezogen.", hörte Nicole aus dem Mund der jungen Frau, auf deren Gesicht sich ein freches Grinsen abzeichnete und schlug Nicole folgende Worte entgegen.

"Schön dich wieder zu sehen, Mahoni! Warst schnell aus der WG verschwunden, als ich zurückkam. Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?", fragte die junge Frau ohne mit der Wimper zu zucken.

Dann setzte sie sich in Bewegung und lief durch den großen Raum um Nicole im Kreis herum. "Na?...Was sagst du zu meinem grandiosen Kauf?", versuchte sie Nicole aus der Reserve zu locken.

Nicole allerdings war verwirrt. "Ich verstehe nicht...!", kam es mit kratziger Stimme aus ihrem Hals und sie verfolgte die Frau mit ihren Augen.

"Ich bin die neue Besitzerin des Saticfactions. Hast du noch nichts von dieser Neuigkeit gehört?"

Nicole blieb stumm und in ihr wütete ein Sturm.

"Nein?...Oh!... Ich dachte, du wüsstest davon, Mahoni!", sprach sie überraschend auf Nicole ein.

Nicole verstand überhaupt nichts mehr. "Sag mir, dass das nicht wahr ist!...Du hast dem Bistro, dem legendären Schuhgeschäft und unserer Boutique den Pachtvertrag gekündigt und uns hochkantig hinaus geworfen und auf die Straße gesetzt?...Du warst das also? Wieso?", wurde Nicole hysterisch. "WIESO...frage ich dich!", schleuderte sie der jungen Frau entgegen.

"Wieso? Ja wieso, weshalb, warum habe ich das wohl getan, Mahoni?...Das kann ich dir sagen Nicole. Jeder in diesen Geschäften hat einen deiner Freunde oder Freundinnen beschäftigt. Du kannst keine Freundschaften pflegen. Sieh doch, was sie dir jetzt alles zu verdanken haben...den Job gekündigt bekommen, keinen Lohn mehr...Und sieh nur, was du mit mir gemacht hast! Du hast mich im Stich gelassen! Du bist von heute auf morgen aus der WG verschwunden und keiner kannte deinen Aufenthaltsort. Findest du das etwa fair?"

Nicole kam jetzt zum Endspurt ihrer Wut. "Du redest von Fairness? Du hast uns Wochen und Monate lang an der Nase herum geführt. Du hast Kelly heiß gemacht und hast ihn glauben lassen, dass du es ernst mit ihm meinst und ihm eine Chance einräumst. Du wusstest, was er für dich empfunden hat und du spielst mit seinen Gefühlen und brichst ihm das Herz, indem du mit seinem Vater bei uns in der WG anbandelst. War das mit Absicht so eingefädelt? Sollten wir es so erfahren oder wolltest du immer ein Geheimnis daraus machen?...Oder wann hattest du je vor gehabt, es uns zu erzählen?"

Die Frau blieb vor Nicole stehen und musterte sie. "Kelly war ein Schwächling, ein Feigling, ein einsamer Spinner! Er hat gesabbert wie ein Hund. Er hat nach Sex gebettelt. Er hat mich angeschmachtet, als würde ich für ihn alle Hüllen fallen lassen, nur um ihn..."

Nicole kochte vor Wut. "...Du hast ihn provoziert, gereizt und ihn glauben lassen, dass er eine Chance bei dir hätte...Erinnerst du dich vielleicht noch? Er hat dich geliebt, Evans! Er hätte Berge für dich versetzt! Er hätte dir jeden Wunsch erfüllt! Er wäre für dich sogar durchs Feuer gegangen, nur um deine Aufmerksamkeit zu bekommen!...", und Nicole unterdrückte sich ein paar Tränen. Ihr blieb fast die Luft weg.

"...Ja, ja! Er wäre sogar für mich von der Brücke gesprungen...in den Fluss!...Das hat er mir tausend mal ins Ohr gesäuselt, als ich ihn an mich ran gelassen habe. Ja! Da guckst du blöd, was? Ich habe mich in der Nacht, in der du verschwunden bist, mit Jeff gestritten. Ich bin zurück in die WG und fand Kelly im Wohnzimmer mit einer Anderen auf der Couch. Es ging richtig zur Sache mit dieser Schlampe. Ich habe sie hinaus geworfen mit ihren teuren Designer - Schuhen. Ich habe ihn getröstet. Da hab ich ihn ran gelassen...Aus Mitleid versteht sich!"

Nicole begann rot zu sehen. "Du hast mit seinen Gefühlen gespielt und hast ihn ausgenutzt. Du hast ihm deine Freundschaft vorgespielt, nur um an seinen Vater heran zu kommen. Du spielst uns die - ach so arme Molly - vor und wir lassen dich auch noch einziehen. Wie lange lief das da schon mit Jeff? War er vielleicht der Grund, weshalb du aus deinem Elternhaus abgehauen bist?...Oder haben deine Mutter und deine Großmutter dich hinaus geworfen? Du hast unser Vertrauen missbraucht, hast uns glauben lassen, wir wären die besten Freunde!...

Wieso rege ich mich überhaupt so auf?...", und Nicole holte erstmal Luft. Das war alles heftig mächtig viel für sie.

"Weiß Kelly, was du hier tust? Hast du ihm gesagt, dass du uns hier hinaus geschmissen hast? Womöglich mit dem Geld von seinem Vater?...", und eine kleine Stille trat ein. "Ist es nicht so?...Nutzt du ihn genauso aus und ziehst ihm das Geld aus der Tasche?...Wann wirst du endlich erwachsen, Molly Evans? Du hast wohl den Ernst des Lebens noch nicht begriffen!", und Nicole schickte sich an zu gehen.

"Kelly liebt dich, Nicole! Er hat es mir gesagt, als ich ihn ran gelassen habe.............Er besann sich eines Besseren und machte einen Rückzieher und ließ mich fallen!", verkündete Molly Nicole.

"Genauso, wie du es mit ihm getan hast!", den Rest ignorierte Nicole. Davon wollte sie nichts mehr hören.

Nicole warf ihr noch den Ersatz - Schlüssel entgegen, direkt vor ihre Füße und knurrte sie an. "Es ist besser, wenn du aus meinem Leben verschwindest, Evans! Sprich mich nie wieder an! Sollten wir uns rein zufällig begegnen, dann sieh zu, dass du die andere Straßenseite benutzt und mir aus dem Weg gehst.

Ansonsten, das verspreche ich dir, kann ich für nichts mehr garantieren, Molly Evans!", und sie ließ Molly allein im Verkaufsraum ihrer ehemaligen Geschenk - Boutique stehen.

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