Leon schob Nicole in seinen schwarzen, sauber glänzenden BMW auf der Beifahrerseite vorn hinein und drückte die Tür ran, noch ehe sie etwas zu ihm sagen konnte. Dann ging er um seinen Wagen vor der Motorhaube herum, rückte seine Krawatte gerade, bevor er auf der Fahrerseite einstieg, warf er ihr einen flüchtigen Blick zu, sah auf seine Armbanduhr und machte den BMW startklar.
Nicole beobachtete ihn von ihrer Seite aus, wie er sich auf den Sitz setzte und sich den Gurt anlegte. Dabei wehte ihm sein schulterlanges Haar ins Gesicht. Mit seiner rechten Hand legte er die Sicht frei und schob seinen langen Pony nach hinten, sodass die Strähnen ihm durch seine Finger fuhren. Es blieb da liegen, wo er es hingeschoben hatte. War wohl hartnäckiger Schaum einmassiert oder Gel oder Haarspray aufgetragen worden. Sein Drei - Tage - Bart strotzte nur so um sein Kinn und um die Mundpartie herum. Seine Autotür war das Nächste, der er seine Aufmerksamkeit schenkte. Er zog sie zu sich heran und steckte den Schlüssel in den Anlasser, startete seinen BMW und fuhr los.
Leon sah kurz zu ihr, dann zurück auf die Straße. "So still?", fragte er sie mit einem leichten, seichten Lächeln und fuhr an der grün leuchtenden Ampel vorüber über die große Kreuzung hinweg.
Nicole warf ebenfalls einen flüchtigen Blick auf ihn und antwortete sarkastisch: "Ich unterhalte mich nicht mit Fremden!", und sie sah wieder aus ihrem Fenster. Und somit blieb die Autofahrt ruhig, aber angespannt.
Sie waren eine halbe Stunde unterwegs gewesen, als Leon mit seinen BMW ein großes, schwarzes Flügeltor passierte und eine große, breite Auffahrt hinauf fuhr. Er hielt an, setzte den Rückwärtsgang ein und ließ seine Augen in die Seitenspiegel schauen, blickte in den Rückspiegel in der Mitte der Frontscheibe und setzte langsam rückwärts in die Parklücke an. Dann ruhte sein Blick auf der Rückfahrkamera unter seinem Bordcomputer und konzentrierte sich auf die Parklücke vor dem großen Wohnhaus. Nebenbei hörte er auf das Geräusch seiner Sensoren, die ihm signalisierten, dass der Abstand zwischen den anderen beiden Fahrzeugen, zwischen die er gerade hinein fuhr, links und rechts korrekt war.
Nicole sah verwundert und überrascht auf das gigantische Wohnhaus im italienischen Baustil. Das Haus gehörte Shannon und ihrem Mann. In dieser Gegend war sie bisher noch nicht all zu oft unterwegs gewesen. Es sah von außen aus, als würde hier seine Mafia - Familie wohnen. Wollte er sie für Millionen Dollar verschachern, damit er das Apartment für sich alleine hatte?
Sie verfiel in Panik, schnallte sich rasch ab und öffnete blitzschnell ihre Autotür und wollte sich vom Acker machen, als eine starke Hand sich um ihren Unterarm legte und sie zurück hielt. "Hier geblieben!...Wohin so schnell? Wir sind doch erst gerade angekommen!", schmeichelte er ihr ins linke Ohr. "Wir fahren früh genug wieder nach Hause. Also zappeln Sie nicht so herum und benehmen Sie sich!", stellte er klar.
"Lassen Sie mich los! Sie...Sie...", knurrte sie grimmig und hielt dabei inne, denn eine ihr bekannte Frauenstimme war hinter ihrem Rücken zu vernehmen.
"Ah!...Ihr habt euch bereits kennen gelernt, wie ich sehe!", stellte die Frau zufrieden fest.
Nicole schaute über ihr linke Schulter und war perplex. "Shannon?...Du...Wir...Ich meine...!", und weiter kam Nicole nicht. Ihr fehlten die Worte. Sie sah erst Shannon an und dann Leon. "Nein!...Haben wir nicht!...Sollten wir etwa?", antwortete sie leicht beleidigt, als ihre Augen immer noch standhaft auf Leon schauten.
Leon grinste und ließ sich von Shannon in eine Umarmung ziehen. "Es ist schön, dass du wieder da bist!", entgegnete Shannon.
Nicole verfolgte das Schauspiel und war verwirrt. "Ihr...Ihr beide kennt euch?...Du kennst diesen ungehobelten, im Handtuch halbnackt herum laufenden Menschen?", fragte sie etwas desorientiert und empört.
Shannon ließ Leon los und widmete sich Nicoles Frage. "Darf ich vorstellen?...Das ist Leon...mein Stiefbruder!...Leon?...Das ist meine Chefin...Kollegin und Freundin Nicole Mahoni!..." Shannon drehte sich zu Nicole und erinnerte sie. "Ich sagte dir doch, Mahoni, dass er hin und wieder vorbei schaut, wenn er hier in der Stadt zu tun hat."
"Du sagtest, er würde nicht so schnell zurück erwartet, Shannon! Das war verdammt schnell...! Nach einer Woche, die ich..."
Nicole trat einen Schritt zurück. "...Na schön! Dann muss ich wohl seine Anwesenheit dulden?... Für ihn passt - Einbrecher - wohl eher zu ihm, anstatt Stiefbruder!...Konntest du mir nicht telefonisch Bescheid geben, Custer?", murmelte sie vor sich hin und streckte zögernd ihre rechte Hand Leon entgegen. Der allerdings zögerte, reichte ihr ebenfalls seine rechte Hand und griff danach.
Nicole ließ ihn sehr schnell wieder los.
"Wollte ich ja...Hab ich ja auch. Aber es war bei dir immer dauerbesetzt!", verteidigte sich Shannon energisch.
"Ich hab mit dem Makler telefoniert.", entschuldigte sich Nicole genervt, denn Leon behielt sie immer noch im Auge..
"Gibt es Neuigkeiten für uns?", fragte Shannon freudig und neugierig zugleich.
"Ich hab etwas für uns und die anderen beiden Bereiche gefunden...", berichtete Nicole voller Stolz und Energie geladen.
Leon legte seine rechte Hand erneut in ihre. "Dann kann man Ihnen ja wohl dafür gratulieren Miss Mahoni?", entgegnete Leon und drückte derb zu, so dass Nicole laut aufschrie: "Au!... Geht's noch?", fluchte sie, schüttelte ihre Hand, um die Schmerzen etwas zu lindern und sah leicht wütend auf Shannon, die es offensichtlich sehr lustig fand.
"Und das ist dein Stiefbruder? Na herzlichen Glückwunsch! Könntest du mich vielleicht vor ihm retten?", kam es Nicole sauer über ihre Lippen.
Shannon legte ihre Arme um Nicoles Nacken und drückte sie an sich. "Ach komm schon! Er ist nun mal so!...Du wirst ihn mögen!..."
Nicole hob ihre Augenbrauen und erstarrte für einen Moment. "Ihn mögen?...Ich...Nein Shannon! Ich werde ihn ganz bestimmt nicht mögen! Dieser...dieser...!", fluchte Nicole auf Shannons Aussage hin. "Das war dein schlechtester Witz des Tages, Custer! Absolut schlecht! Und das weißt du auch!", schimpfte Nicole.
Shannon grinste beide an. "...Na los! Gehen wir rein!...Mein Mann wartet schon auf uns mit dem Essen! Es ist bestimmt schon kalt geworden...Dann kann er nochmal von vorne anfangen und den Herd und die Küche einsauen.", und die Drei steuerten auf die Haustür zu.
"Er hat gekocht?", fragte Nicole sie und Shannon bejahte die Frage. "Er ist der beste Koch! Einen anderen wirst du nicht finden, der deine Wan Tan - Suppe kochen kann. Aber das weißt du ja.", scherzte Shannon.
"Es gibt heute Wan Tan?...Wir essen hausgekochtes Chinesisch? Wir bestellen heute nicht und gehen nicht aus zum Essen?", erfragte Nicole lächelnd.
"Jaap Mahoni! Es soll dir doch heute Abend gut gehen und nicht langweilig werden.", formulierte Shannon und Leon gab seinen Senf dazu. "Mit Wan Tan wird es glaube niemanden langweilig. Es sei denn, man ist danach der chinesischen Sprache mächtig!", konnte er sich den Kommentar nicht verkneifen.
Shannon schlug ihm mit der Handaußenfläche in seine Magengrube "Leon!...Was soll das denn? Reiß dich zusammen! Das war peinlich...und verletzend!", schimpfte Shannon mit ihrem Stiefbruder, aber nicht all zu sehr.
"Wohl eher nicht! Das wird eine Katastrophe mit ihr unter einem Dach!", meckerte er herum.
Nicole blieb stehen und fuhr erschrocken zu den Beiden hinter sich um. "Moment mal!...Hab ich das gerade richtig verstanden? WIR BEIDE...UNTER EINEM DACH?...ER UND...ICH?"
"Ich denke, das wird ein Mordsspass, Mahoni!", belächelte Leon Nicoles Erschrockenheit und hielt sich den Bauch. "Das tut weh, Custer!", zischte er.
Shannon lachte über Leons Gezicke und begann ihn zu necken. "Ich weiß!...Nachholebedarf gefällig?", lächelte sie ihn schelmisch an.
"Untersteh dich, Shannon! Mit ihr ein Bad teilen, wird der Untergang deines Apartments sein.", faselte Leon leicht verärgert und warf Nicole grimmige Blicke zu.
"Das werden Sie nie erleben!", herrschte Nicole ihn an. "Shannon! Du willst mir das antun? Er und ich unter einem Dach? Lieber schlafe ich unter der Brücke, als mit ihm...", und Shannon unterbrach Nicoles Gezeter und ließ die Beiden zuerst ins Haus eintreten.
"Zickenalarm! Wie sollte es auch anders sein!", freute sich Leon und Nicole war sehr erbost. "Da kann ich ja gleich wieder in die WG ziehen! Lieber dahin, als..."
"...Krieg dich wieder ein, Mahoni! Es ist doch Platz für uns Beide in dem Apartment!", stoppte er Nicole, denn sie war aufgebracht, als gäbe es kein Morgen.
Nicole wand sich endlich aufgebracht an Shannon. "Das nächste Mal, wenn er auftaucht, bimmelst du mich solange an, bis die Leitung wieder frei ist, Custer!", erinnerte Nicole Shannon daran.
"Es wird kein nächstes Mal geben, Mahoni!", entschuldigte sich Shannon bei ihr in aller Form.
"Wieso kein nächstes Mal?", halte Nicole neugierig nach.
"Ich hab vergessen auf die Mailbox oder den Anrufbeantworter zu sprechen, nachdem bei dir stundenlang besetzt war."
"Vergessen?...Du hast es vergessen?...So etwas vergisst man nicht, Custer! Ich komme nach einer langen Geschäftssuche nach Hause und da kommt er halbnackt aus dem Badezimmer wie ein gerupfter Gockel heraus stolziert...!", beschwerte sich Nicole bei Shannon mit weit geöffneten, erschrockenen Augen.
Shannon sah Leon an und grinste breit. "Halbnackt?...Du...Du warst nicht mal angezogen?", fragte sie ihren Stiefbruder und prustete los.
"Na so schlimm war es nun auch wieder nicht, Fremde!", sagte Leon zu Nicole und äußerte sich nun auch mal für seinen feucht - nassen- tropfenden Auftritt.
"Nicht mal annähernd war er das!...Angezogen...Nur ein Handtuch um die Hüften!...Idiot!", brummte Nicole ihn sauer an. "So viel Zeit muss sein! Oder nicht, Mister Nachname unbekannt?!", flötete sie ihm ins linke Ohr recht spitz.
Ooooooh! Sie war wirklich richtig sauer auf ihn. Naja! Man sieht nicht alle Tage einen halbnackten Mann in einem Apartment aus dem Badezimmer stolzieren...nur bekleidet mit einem Handtuch um die Hüften. Da muss ich Nicole leider wohl Recht geben.
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