Kapitel 10...Ein schlechter Zeitpunkt

Nicole stand fassungslos vor ihrem Auto auf dem großen Parkplatz vor dem Kaufhaus. Sie warf einen Blick auf das Einkaufszentrum zurück und konnte nicht glauben, dass das alles war. Sie hatte das Gefühl, irgendetwas würde aus ihren Händen entgleiten. Und ausgerechnet Molly brach gänzlich mit ihrer Freundschaft, indem sie ihr das nahm, was ihr Leben bedeutete...das Kaufhaus...ihre Geschenke - Boutique.

Nicole stieg in ihr Auto ein und fuhr stur geradeaus zu Shannon. Der Schock, den Nicole in sich trug, saß tief. Sie fuhr das Anwesen im Vollspeed hinauf und legte eine Vollbremsung hin. Ihre Stirn kam auf dem Lenkrad zu liegen und ihre Tränen suchten ihren Weg nach draußen.

Shannon kam mit ihrem Stiefbruder hastig und aufgeregt aus der Villa auf sie zu. Leon riss die Autotür auf und schnallte Nicole ab und holte sie aus ihrem Auto. "Nicole?", fragte er vorsichtig. Sie hob ihren Kopf und sah ihn an. "Sie steht unter Schock, Shannon!"

Sie drohte nach vorn zu kippen und er fing sie auf und hob sie auf seine Arme. "Wir sollten Sie ins Haus bringen, Leon!...Ich koche uns erstmal einen Kaffee.", entgegnete Shannon hastig und völlig aufgeregt. Was war passiert, dass Nicole so aus der Bahn geworfen wurde?

Leon trug sie hinein und ließ sie auf der Couch nieder. Er selbst hockte sich vor sie hin und strich ihr ein paar Strähnen aus ihrem Gesicht und legte eine Hand auf ihre Wange. "Was ist passiert, Mahoni?", fragte er sie besorgt. "Hey!", flüsterte er leise ihr zu.

Shannon kam mit dem Kaffee und drei Tassen zu ihnen und stellte das Tablett auf dem Couchtisch ab und setzte sich zu ihnen. Dann nahm sie Nicoles Hand in ihre und wärmte sie mit ihrer. "Willst du darüber reden?"

Nicole sah sich im Wohnzimmer um und holte tief Luft. "Molly...Molly Evans hat das - Satisfaction - gekauft...Und die Geschäfte, in denen Freunde von mir arbeiten...denen hat sie den Pachtvertrag ebenfalls gekündigt. Sie sagt, ich wäre nicht fähig Freundschaften zu pflegen...Ich bin schuld an dem, was vorgefallen ist. Wegen mir verloren ein paar Menschen ihre Arbeit, weil sie wegen mir diese drei Geschäfte hinaus katapultiert hat!..."

Shannon wurde etwas unzivilisiert laut. "...Davon lässt du dich einschüchtern? Sie manipuliert dich, Mahoni!", gab Shannon ihr daraufhin zu verstehen. Sie sah Leon wütend an und er schüttelte den Kopf mit einem "Nein". Doch Shannon hielt sich nicht an sein Kopf schütteln.

Sie sprang von der Couch hoch und fuhr sich nervös durch ihre Haare und sprühte Feuer in den Raum. "Ich glaube das einfach nicht!...Ich glaube das einfach nicht!...", wurde Shannon hysterisch. "Meine Tochter lässt sich von so einer toxischen Schnepfe unterkriegen!...Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so erniedrigen lässt, Nicole Custer!", und sie drehte sich zu Nicole um.

Nicole sah geschockt auf Shannon und auf Leon und Leon sah seine Stiefschwester verwirrt an.

"Sagtest du gerade...Ehm...berichtige mich bitte, wenn ich das gerade falsch verstanden habe...Nicole...ist...ist deine...?", fragte Leon.

"...meine Tochter...!", unterbrach Shannon ihren Stiefbruder.

Leon sah Nicole in die Augen und fragte sie: "Hast du das gewusst, Mahoni?"

Nicole entzog ihre Augen von Shannon und starrte Leon an. Sie verneinte stumm und dann wurde auch sie laut. "Mein Name ist Mahoni! Ist das klar?...Ich habe keine Mutter!...Du bist nicht meine Mutter Shannon!"

Dann stand sie auf und kam auf Shannon zu und antwortete ihr sarkastisch: "Du...bist meine Mutter? Meine...leibliche Mutter?", begann sie stockend und mit leicht wütender Stimme. "Du sagtest, dein Kind wäre gestorben. Also bin ich das auch!...Für dich!"

Shannon blieb standhaft. Nicole war stinksauer auf sie. Wer würde das nicht sein, wenn er nach vielen Jahren seines Da - seins erfährt, dass das die leibliche Mutter sei?

"Wenn du meine Mutter sein willst, dann frage ich mich, wieso lügst du mich an? Wieso hast du mich weggegeben?...So etwas tut eine Mutter nicht! Und um dich meiner würdig zu erweisen, gibst du mir deine Schlüssel für das Apartment und willst mich mit IHM verkuppeln?...Wofür?...Damit du mich in diese Familie hinein bekommst?...Wohl eher nicht!", und Nicole zeigte wütend auf Leon. "Willst du so alles wieder gut machen, was du als meine leibliche Mutter versaubeutelt hast?...Ich brauche das Alles nicht!...Ich bin bisher ohne meine leibliche Mutter ausgekommen! Die Familie, die mich adoptiert und groß gezogen hat, war meine Familie...Nicht du! Eine Mutter lässt ihr Kind nicht im Stich!", und Nicole verließ das Wohnzimmer und das Zuknallen der Haustür war nur noch zu hören.

Leon sah seine Stiefschwester enttäuscht an. "War's das wert?"

"Was meinst du, Leon?", fragte Shannon ihren Stiefbruder zornig.

"Dich in ihrem Geschäft zu bewerben und ihr die beste Freundin vorzugaukeln...und zu allem...Gott verdammt...ihr dein Apartment zu überlassen?"

"...und du bist mein Stiefbruder, verdammte Scheiße nochmal und ich erwarte von dir, dass du mich unterstützt und mir nicht in den Rücken fallen tust!"

"Was tue ich denn, um dir in den Rücken zu fallen?...Gar nichts!...Du nutzt gerade ihre Verletztheit aus. Sie hat ihr Geschäft im Kaufhaus verloren und zwei weitere dazu! Freunde von ihr sind durch Mollys unüberlegtes Handeln arbeitslos geworden.. Molly Evans, angeblich beste Freundin von Nicole, hat sie dort hinaus geworfen! Sie hat gerade alles verloren, was ihr Leben bestimmt hat und was für sie wichtig war, Da kommst du mit deinen Muttergefühlen und denkst, du machst somit alles wieder gut?...DAS...war ein schlecht, gewählter Zeitpunkt, Shannon Custer!...Ein sehr schlechter Zeitpunkt!...So hätte sie es nie erfahren dürfen!...Und wie soll's jetzt weitergehen?", und Leon ließ seine Stiefschwester stehen und folgte Nicole.

Shannon rannte ihm nach und hielt ihm an seinem Auto auf. Sie schaute auf den Parkplatz. "Wo...Wo ist...Wo ist sie hin?", fragte sie aufgewühlt.

"So etwas nennt man - Verkraueln auf grauenvolle Art und Weise auf ganzer Linie, Shannon! Du kannst es auch - Flucht - nennen. Ich würde dasselbe tun!...Und so etwas nennt sich Mutter!...Keine Ahnung, wie du das wieder gerade bügeln willst!"

"Ich finde, es ist an der Zeit, dass sie über die Wahrheit bescheid weiß! Ich dachte, das ist der richtige Zeitpunkt!", verteidigte sich Shannon.

"DAS...war nicht...der richtige...Zeitpunkt, Custer! Und um es ihr zu sagen, ist wohl reichlich spät, finde ich. Du nicht auch? Sie ist erwachsen und hat ein eigenes Leben...ohne ihre Adoptiveltern und du...Du gehörst nicht da hinein...Sie ist jetzt eine junge Frau...und von niemanden ein Kind! Ich hätte es in diesem Alter lieber nicht mehr erfahren wollen. Sie ist ohne dich viel besser dran, Shannon!...
So, wie es bisher lief, war es gut so. Hättest du sie damals nicht weggegeben, wäre das hier alles überhaupt nicht nötig, Shannon Custer!", sprach er zynisch. "Was sagt dein Ehemann dazu, dass Nicole deine Tochter ist?...Er ist nun mal nicht ihr leiblicher Vater, Shannon!"

"Er weiß es...und er will sich nicht einmischen!...Sie ist nicht sein Fleisch...und nicht sein Blut! Aber SEINE Unterstützung habe ich!"

Leon sah sie verspottet an. "Na großartig!...Wenigstens einer, den du herum gekriegt hast!...Aber mich halte bitte da raus!...Verrate mir mal eines: Wieso hast du sie weggegeben?"

Shannon verschloss ihren Mund und zögerte noch etwas.

"Ich bin dein Stiefbruder, man!...Nein! Das stimmt nicht so ganz...Ich bin dein Bruder, Custer! Du solltest mit mir darüber reden. Ich bin deine Familie, Shannon! Es ist ein Wunder, dass du das solange geheim halten konntes!", wetterte er.

Shannon verschloss ihre Augen. "Das kann ich nicht!"

"Du kannst - WAS - nicht?", stellte Leon enorm genervt die Frage.

"Weißt du...Ich glaube nicht, dass...", begann sie zu stottern.

"Hast du Drogen oder Alkohol in deiner Jugend genommen?", fragte Leon sie etwas überfordert. "Oder hast du mit jedem Mann geschlafen, der dir über den Weg gelaufen ist und du nicht weißt, wer von all denen ihr Vater ist!" Leon war geladen und wütend auf Shannon. Wie konnte sie Nicole so etwas nur antun?

Shannon sah ihn etwas verschlossen und eingeschüchtert an. Dann sagte sie kaum hörbar: "So...So in etwa...!"

Leon kam auf sie zu. "So in etwa?...Sprich weiter...!", forderte er sie auf.

"...Mein Ex - Freund hat mich damals vergewaltigt, nach dem ersten Date...", und Shannon hörte auf zu erzählen. "Nicole darf das nie erfahren, dass sie durch eine Vergewaltigung gezeugt wurde, Leon!...Du musst mir das versprechen, verstehst du? Wenn sie das erfährt, dann wird für sie eine Welt zusammenbrechen!"

Leon startete seinen BMW und sah seine Stiefschwester an. "Glaub mir Shannon! Ihre Welt ist bereits mehr als zerbrochen!"

"Leon! Bitte!...Du darfst es ihr nicht erzählen! Sie wird sich die Schuld geben, dass ich sie weggegeben habe, weil sie dadurch entstanden ist!"

"Reden wir hier von Schande, Shannon, die du hiermit in deine Familie gebracht hast oder reden wir hier von Schande, die auf dir selber liegt? Oder geht es hier um Reue? Oder gibst du Nicole die ganze Schuld?...Ich werde ihr kein Wort darüber sagen, Shannon! Doch es ist deine Aufgabe, das alles wieder ins Reine zu bringen! Nicole hat ein Recht auf die Wahrheit und ein Recht auf ihr eigens Leben und ihre Herkunft...auch wenn sie es nicht hören will!", und Leon raste mit seinem Wagen davon, als nehme er an einem illegalen Rennen durch die ganze Stadt teil.

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