~18~
[1825 Wörter]
_________________________________
Meine Hand zitterte, als ich den Schlüssel ins passende Loch steckte und mein Schlüsselbund beim Herumdrehen leicht klimperte. Es drang leise Musik an meine Ohren und sofort entspannte ich meine Muskeln, als die Tür hinter mir zugefallen war. Ich war schnell aus meinen Sneakern geschlüpft und in bequeme Hausschuhe gerutscht.
>Ich hoffe du hast Hunger.<, rief mir mein Bruder zu, der mit einer ziemlich dreckigen Kochschürze am Herd stand und in einem Topf herumrührt. Ich blieb einen kurzen Moment wie angewurzelt stehen, als ich das Chaos in meiner Küche erblickte, das er verursacht hat.
>Sonst geht es dir aber gut. Oder?<, ich legte meine Tasche neben der Treppe, die nach oben in mein Büro führte, ab und gesellte mich zu Kwon an die Kochinsel.
>Sehr gut. Danke.<, er strahlte mich breit an und stellte den Herd aus.
>Wie war dein Tag? Wie lief das Gespräch mit den Menschen von Hybe?<, er drehte sich um, um sich am Spülbecken die Hände zu waschen und warf noch einen Blick in den Ofen.
>Gut. Es lief gut.<, ich nickte leicht und ließ mich auf einen der bequemen Barhocker nieder und strich mir einmal erschöpft durch die Haare. Kwon stoppte in seiner Bewegung und drehte sich langsam zu mir um.
>Klingt nicht sehr überzeugend.<, ich zuckte nur leicht mit den Schultern.
>Ist Luna noch mit ihrer Arbeit beschäftigt?<, fragte ich, um das Thema zu wechseln. Mein Bruder kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich vorerst nicht über den Tag heute reden wollte. Ich wollte ihn um keinen Willen beunruhigen. Er hatte genug Sorgen.
>Sie meinte, sie muss bis heute Abend in die Firma. Die haben wohl angerufen und meinten, sie brauchten ihre fachmännische Meinung.<, er zuckte die Schultern und fing damit an, das Essen dekorativ auf zwei Teller zu klatschen.
>Ich hoffe es schmeckt. Ich wollte das Rezept unbedingt mal ausprobieren.<, er schob mir grinsend einen Teller vor die Nase und ich konnte nur schmunzeln. Was auch immer er serviert hat, es sah alles andere als lecker aus. Auf einem Brett hatte er das frische Baguette geschnitten und griff sich direkt drei Stücke und biss herzhaft hinein.
>An der Präsentation arbeiten wir noch.<, nickte ich grinsend, während ich die ersten Brocken zwischen meine Stäbchen quetschte und das dampfenden etwas zwischen meine Lippen schob. In meinem Mund breitete sich ein köstlicher Geschmack aus. Es war leicht scharf und was immer er da noch mit hinein geworfen hat, es war köstlich.
>Das ist echt lecker.<, schmatzte ich mit vorgehaltener Hand und sah ihm sich stolz die Brust recken vor mir stehen.
>Aus mir kann doch noch ein Koch werden.<, ich zog fast schon spöttisch eine Augenbraue nach oben.
>Weil dir ein Gericht geschmacklich gelungen ist, heißt das nicht, dass du gleich ein fünf Sternekoch wirst. Sieh dir die Pampe an. Das sieht ekelhaft aus.<, demonstrativ steckte ich mir weitere Brocken in den Mund und begann darauf herum zu kauen.
>Dafür schmeckt es echt gut.<
>Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.<, zuckte er locker mit den Schultern und lehnte sich, während er begann zu essen, etwas nach vorne. Wir genossen Schweigend unser Mahl, bis wir beide satt waren und gemeinsam, zu lauter Musik voller Begeisterung singend und tanzend, die Küche wieder auf Vordermann brachten.
~
Seufzend ließ ich mich in meinem viel zu großen Pullover, den ich mir von Taehyung 'geborgen' habe, neben meinem Bruder auf meiner Couch nieder und zog die Beine an meine Brust, schlang meine Arme darum und bettete mein Kinn auf diesen. Mein Blick lag starr auf den Fernseher gerichtet, in dem irgendeine Dokumentation über Tiere lief.
Ein müdes Gähnen drang aus meiner Kehle, als mein Handy erneut eines dieser nervigen Geräusche von sich gab.
Eine Nachricht.
Mein Bruder hat sich gemütlich neben mich gelegt und sah gespannt in die Flimmerkiste. Meine Augen schlossen sich müde und ich ließ mich langsam auf die Seite fallen, kuschelte mich in die Kissen die dort lagen und versteckte mein Gesicht für einige Zeit in diesen.
>Hey, Kwony.<, begann ich leise zu reden und drehte mich vorsichtig auf den Rücken, um ihn anzusehen. Er lag gemütlich, den Kopf auf die Hand gestützt neben mir und verfolgte den Flug der Zugvögel im Fernseher. Er gab einen leisen Laut von sich, um mir zu signalisieren, dass er mir zuhörte.
>Können wir für ein paar Tage nach Busan?<, fragte ich gerade heraus und bekam einen fragenden Blick von ihm zugeworfen.
>Warum so plötzlich? Was willst du in Busan?<, er setzte sich auf und drehte sich zu mir um. Ich zuckte leicht mit den Schultern und spielte mit den Kordeln des Pullovers herum.
>Ich brauch einfach mal ein paar Tage eine Auszeit von Seoul.<, hauchte ich ruhig und hoffte, er würde mein Unwohlsein nicht bemerken. Doch er war mein Bruder und kannte mich bereits mein ganzes Leben lang. Er sah mich einige Momente stumm an, ehe er leicht zu nicken begann.
>Klar. Wieso nicht? Ich war schon lange nicht mehr Zuhause.<, er wandte seine Augen wieder dem Fernseher zu, den er im nächsten Moment stumm stellte.
>Wir haben immer noch nicht über dich und Jonghyun geredet. Willst du deswegen für ein paar Tage weg?<, ich zuckte bei dem Namen meines Ex-Freundes leicht zusammen und blickte meinen Bruder mit großen Augen an. Ich setzte mich eher mühsam auf und verschränkte meine Beine vor mir.
>Nein. Und ja. Seoul ist mir in den letzten Tagen einfach zu laut geworden. Ich möchte mal wieder ans Meer fahren. Ich möchte einfach mal wieder abschalten können.<, ein unbehagliches Unwohlsein breitet sich in mir aus. Ich konnte Kwon nichts von den Nachrichten erzählen, die ich erhalten habe. Von den Bildern, die mir geschickt wurden.
>Über Jonghyun..<, ich atmete stumm durch und schloss für den Bruchteil einer Sekunde die Augen.
>Ich kann mit dir noch nicht über ihn reden. Lass uns nach Busan fahren. Ich ruf Tante Ji an, sie soll das Zimmer für uns vorbereiten.<, ich entknoten meine Beine und griff nach meinem Handy. Ich spürte, dass Kwon noch etwas sagen wollte, er hatte bereits Luft geholt, doch atmete er diese nur stumm aus, als ich bereits hinter meiner Schlafzimmertür verschwunden war.
Während ich die Nummer von meiner Tante aus meinen Kontakten heraus suchte, ignorierte ich die ankommenden Nachrichten der Jungs und von Luna und hielt mir mein Handy ans Ohr, während ich mich rückwärts auf das Bett fallen ließ und an die Decke blickte. Tausende Gedanken flogen wirr durch meinen Kopf während ich dem Ton lauschte, der in mein Ohr drang.
>Hey, Schneckchen. Was ist los?<, wurde ich von meiner Tante begrüßt und sofort legte sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen.
>Tante Ji, können Kwon und ich für ein paar Tage bei euch übernachten?<, fragte ich sofort und bekam einen überraschten Laut zu hören.
>Natürlich. Ihr könnt jederzeit vorbeikommen. Das Zimmer ist immer für euch vorbereitet.<, ich konnte ihr lächeln hören und auch auf meine Lippen schlich sich ein leichtes Schmunzeln.
>Danke.<, hauchte ich leise und ignorierte das Brennen, das sich hinter meinen Augen bildete.
>Ist alles in Ordnung?<, ich hörte bei ihr im Hintergrund, wie sich eine Tür schloss und sie sich wohl auf ihren knarrenden Schaukelstuhl setzte.
>Ja..<, meine Stimme zitterte und ich wusste, dass sie wusste, dass es mir nicht gut ging.
>Es ist nur..<, ich wischte mir über die Wangen, entfernte die Tränen, die bereits aus meinen Augen gelaufen waren. Meine Tante wartete geduldig am anderen Ende der Leitung und ich konnte spüren, dass sie jetzt am liebsten hier wäre, um bei mir zu sein.
>Es ist gerade einfach so viel los. Erst die Trennung.. ich bin noch nicht darüber hinweg, was davor alles passiert ist. Jetzt der Einzug in die Wohnung, Luna ist hier.<, ich lachte kurz auf.
>Mein Bruder ist hier und..<, ich schniefte einmal und strich mir die Haare aus der Stirn.
>Ich weiß gerade nicht, wo mir der Kopf steht. Ich möchte einfach für ein paar Tage herunterfahren. Ich möchte mal wieder ans Meer, vielleicht mal wieder Jimin's Eltern in ihrem Café besuchen, oder bei Kookie's Eltern vorbeischauen.<, ich versuchte ruhig tief durch zu atmen und es gelang mir auch. Ich beruhigte mich jedoch nur ein kleines bisschen.
>Es liegt mir alles so schwer im Magen und ich kann nicht mit Kwon darüber reden.<, ich legte erschöpft meinen Kopf auf meine Hand und hörte meiner Tante zu, was sie mir zu sagen hat.
>Ahri, Schneckchen. Es wird alles gut werden. Ich verstehe, wenn dir gerade alles zu viel wird oder alles zu schnell läuft. Aber du weißt genauso wie ich, dass diese Zeiten irgendwann vorbeigehen werden. Es wird wieder leichter. Es wird einfacher werden. Du brauchst nur Zeit, um über all das hinweg zu kommen.<, ein sanftes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen.
>Du weißt, dass wir dich alle lieben wie du bist und dich in jeder Situation und jeder Entscheidung, die du triffst, unterstützen.<, ich begann leise zu lachen und dankte meiner Tante stumm.
>Wenn du eine Auszeit brauchst. Ihr seid alle Zeit Willkommen, das weißt du.<, ich hörte ihr Lächeln heraus und zog ein weiteres Mal die Nase hoch.
>Danke.<, sagte ich und stand vom Bett auf, lief kurz im Zimmer auf und ab.
>Wann habt ihr denn vor hierher zu kommen.<
>Ich werde gleich die Zugtickets buchen. Ich würde..<, ich räusperte mich kurz. >Ich würde vorher gerne noch an das Denkmal gehen um.. Du weißt schon.<, ich stoppte vor dem großen, bodentiefen Fenster direkt neben dem Bett und blickte über das erleuchtete Seoul.
>Ja, natürlich. Das habe ich fast vergessen.<, sagte sie plötzlich unglaublich traurig.
>Ich bin mir fast sicher das Kookie auch mitkommen möchte. Ich sollte ihn mal fragen.<, fiel mir gerade ein und ich machte mir gedanklich Notizen, Jungkook noch eine Nachricht deswegen zu schreiben.
>Jimin möchte bestimmt auch mitkommen.<, ich seufzte und ließ mich wieder auf den Bettrand fallen.
>Ja<, sagte ich ruhig und blickte weiterhin über Seoul, hörte jedoch im Hintergrund, wie sich die Haustür öffnete und Luna wohl wieder von ihrer Arbeit da war.
>Wir werden dann an dem Tag noch mit dem Zug nach Busan kommen. Es ist einfacher als mit dem Auto. Kannst du uns am Bahnhof abholen?<, ich erhob mich vom Bett und umrundete dieses.
>Natürlich. Kommt Luna denn auch mit?<, ich zuckte leicht mit den Schultern.
>Ich frage sie mal, ob sie Zeit hat. Ich dachte eigentlich, sie kommt zum Urlaub machen nach Korea. Dabei meinte sie vorhin noch, dass die Firma, für die sie arbeitet, hier eine neue Zweigstelle eröffnet hat.<, wieder zuckte ich mit den Schultern.
>Ja, frag sie mal. Platz hätten wir ja genug.<, lachte meine Tante ruhig, während ich leicht begann zu lächeln.
>Ich werde dir Bescheid geben, wann wir dann genau in Busan ankommen.<, ich unterhielt mich noch kurz mit ihr ehe wir auflegten und ich einmal tief durchatmen musste. Ich wandte mich ein letztes Mal der Aussicht, dem erleuchteten Seoul in der Nacht zu, ehe ich mein Schlafzimmer verließ und mich zu Luna und meinem Bruder auf das Sofa gesellte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top