16%
tw: selfharm
❝
Samstag und Sonntag fühlen sich ewig an, und ich bin jedes Mal richtig erleichtert, wenn Jeno mir schreibt. Er wirkt alles andere als gut drauf, obwohl er das Wochenende bei seinen Hyungs verbringt. Er schläft auch dort, geht Sonntagmittag erst nach Hause. Dabin ist arbeiten, schreibt er, und ich antworte, dass er sich Wecker für die Mahlzeiten stellen soll.
Eine Antwort kriege ich nicht.
Irgendwann klingelt aber mein Handy, und da ich eh schon besorgt um ihn bin, gehe ich sofort ran, mit klopfendem Herzen.
"Jeno?" Eine Weile nichts. Dann ein hektisches Einatmen.
"Jaemin. Jaemin, ich... Du, du..." Seine Stimme zittert stark.
"Kannst du herkommen?", frage ich leise.
Stille.
"Nein."
"Ich komm zu dir. Fünf Minuten. Versprochen." Und er ist weg. Rauschen, Tuten, Nichts. Ich springe auf, hetze nach unten, kritzle Eomma und Appa einen Zettel, dass ich bei Jeno bin, sie anrufen sollen, wenn sie etwas von mir wollen. Keine Minute später habe ich das Haus verlassen und renne los. Auf dem Weg werfe ich ein Blick auf mein Handy, registriere Jenos Nachricht.
schlüssel im blimentopf
Zwei Minuten dauert es, bis ich an seinem Haus komme, ich zähle die Sekunden, eine halbe, um den Schlüssel aus seinem Versteck zu fischen, zehn Sekunden, um das Haus zu betreten, sechs, bis ich die Treppe hochrenne, eine, um Jenos Tür zu erreichen.
Ich atme immer noch viel zu schnell, bringe meinen ausgelaugten Körper auf die andere Türseite, finde - nichts. Nur Panik in mir.
"Jeno?" Meine Stimme rutscht zu hoch, ich reiße die Tür auf, habe sie nicht einmal vernünftig geschlossen.
"Jeno!"
Ich kann gar nicht schnell genug auf mein Handy schauen, als es summt.
bad
Drei Schritte, eine Sekunde, und ich sehe ihn auf dem Boden sitzen, ausdruckslos zu mir aufsehend.
"Jeno", flüstere ich, endlos erleichtert.
Tränen brechen auf einmal aus ihm heraus, sein Kopf verschwindet hinter seinen Armen. Ich drehe den Schlüssel herum, knie mich vor ihn, lege meine Hände auf seine.
"Ich habe sie nicht angefasst", schluchzt er, "und sie auch nicht und-"
"Hey, Großer. Schon gut, schon gut. Nicht reden, Jen. Nicht reden. Nur weinen." Ich lehne meinen Kopf vorsichtig gegen seinen, umschließe seine warmen, geradezu heißen Fingern mit meinen kühlen.
"Jaemin-"
"Nicht reden. Ist schon gut." Er sinkt gegen mich, sein Körper bebt. Ich ziehe ihn an mich, wiege ihn leicht hin und her, vorsichtig.
"Nimm sie mir weg", schluchzt er, "bitte. Nimm es mir alles weg, bitte, Jaemin, ich werde noch irre von-" Von dem Gedanken, mich umbringen zu können.
"Ich pass auf dich auf. Ich pass auf dich auf, Großer. Das tue ich. Ich bin hier, ich werde auf dich Acht geben, dich im Blick behalten, okay? Ich kann dir die Klingen nehmen, Jeno. Die Tabletten deiner Mutter geben. Aber die Gedanken, die kann ich nicht für dich loswerden."
"Du lässt sie aber auch verschwinden", er schluchzt in meine Schulter, "einfach weg und alles ist okay und und und-"
"Jeno." Es ist nur ein Flüstern, während meine Hand durch seine Haare streicht, er unaufhörlich schluchzt. "Jeno. Halt den Mund. Sei still. Du musst dich beruhigen. Ich bin hier. Ich bleibe hier. Und du sagst nichts. Fragst nichts. Lässt dich selbst in Ruhe weinen, okay?"
***
Ich höre sein Schluchzen immer noch, so verzweifelt, weiß noch, wie es im gefliesten Raum nachgehallt ist, werde das Geräusch nicht los. Dabei ist es mittlerweile vollständig dunkel und wir liegen auf Jenos Bett, aneinandergekuschelt, er in meinen Armen. Schlafend. Ruhig. Sicher. Vor sich selbst.
Ich streiche so sanft ich kann über seine Wange, sehe dabei seine Augen an, bemerke, wie verklebt seine Wimpern sind vor Nässe, dass eine auf seiner Wange liegt, von Feuchtigkeit umgeben, in einem der vielen Tränenströme aus seinen Augen gespült. Ich streiche sie von seiner Haut, puste sie weg, wünsche mir etwas für ihn. Danach wische ich sein Gesicht trocken, so vorsichtig ich kann, will ihn nicht wecken. Und als ich damit zufrieden bin, schließe ich ihn in meine Arme, schließe meine Augen und spüre, wie sie wässrig werden, wie die Tränen sie verlassen wollen. Ich lasse es nicht zu.
Jenos Bein bewegt sich, rutscht über meine, hält mich wie seine Arme bei ihm. Er macht ein leises Geräusch, verschlafen, nicht ganz einzuordnen.
Nicht weinen. Nicht weinen.
Ich merke, wie er sich mehr bewegt, eindeutig schlecht schläft.
Nicht jetzt.
"Jaemin..."
Damit ist es vorbei, und ich kann ihn nicht aus seinem Traum aufwecken, auch wenn er so unruhig ist, weil ich nicht will, dass er es sieht. Dass er sieht, dass ich schon wieder seinetwegen weinen muss, das würde nur dazu führen, dass er ein noch schlechteres Gewissen hat.
Ich ziehe leise meine Nase hoch, lasse meine Finger durch seine weichen Haare gleiten.
"Du weinst, Jaeminnie." Jetzt weine ich richtig.
"Wieso kannst du das", ich hickse, "wieso merkst du das?"
"Weil ich dich liebe." Ich weine um ihn.
Mein Schluckauf wird schlimmer, es werden mehr Tränen, und jetzt ist es Jeno, der mich in den Armen hat, obwohl wir uns kein Stück bewegt haben.
"Ist schon gut", flüstert er, genau in dem Moment, in dem ich zu einer Entschuldigung ansetzen will, "du kannst auch weinen. Ist schon okay. Ich bin ja da."
"Aber ich sollte da sein."
"Das bist du."
"Ich muss aufhören." Ich schluchze.
"Musst du nicht. Erst, wenn es vorbei ist."
Der Stoff unter meinem Kopf wird langsam nass, doch langsam beruhige ich mich auch wieder.
"Verzeih mir."
"Da ist nichts, was ich dir verzeihen müsste."
Ich schweige, weiß nicht, was ich sagen soll.
"Du machst mich emotional", flüstert er kurz darauf. "Verletzlich. Du lässt mich Gefühle haben. Das fällt mir immer nur dann auf, wenn ich ohne dich keine habe." Er lacht leise auf. "Ich weiß nicht, es... Es ist komisch. Wie viel du in mir anrichtest. Mit deiner bloßen Präsenz. Und es ist alles so viel leichter, weniger gewichtig, wenn du bei mir bist. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ist das normal?"
"Ich weiß es nicht. Aber ich will nicht, dass du dich änderst."
Eine Sekunde ist es still, dann lacht er leise. "Du warst lange nicht mehr kitschig."
"Es passt einfach nie. Ich will dich doch nicht verletzen."
"Kitsch", murmelt er.
"Du sagst das, um dich davon abzulenken, oder?" Es ist keine Frage und Jeno entgegnet nichts.
"Du..." Er stößt geräuschvoll Luft aus, wartet, bevor er weiterredet. "Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, wie schnell mein Herz schon anfängt, höher zu schlagen. Es reicht ja ständig schon, dass du mich ansiehst. Also reicht ein Satz, um mich an... deine Lippen zu erinnern. Ist doch klar, dass ich mich davon ablenken will. Ich kann das alles, was ich für dich empfinde, einfach nicht ignorieren, und ob ich darüber hinwegkomme..."
"Ich..." Weiß nicht, was ich sagen soll.
"Genau. Du."
Ich schließe meine Augen, fange wieder damit an, meine Hand durch seine Haare gleiten zu lassen. "Tut mir leid."
"Nicht. Sag das nicht. Entschuldige dich nicht für meine Gefühle."
Wir bleiben still, die ganze Zeit, bis mein Handy anfängt zu vibrieren. Ich lasse Jeno nur widerwillig mit einer Hand los, greife danach und nehme Eommas Anruf an.
"Geht es ihm gut?"
"Wenn es schlimm wäre, hätte ich dich schon lange angerufen."
Sie atmet erleichtert aus, ich höre ein weiches Geräusch. "Also ist alles okay mit ihm?"
"Mehr... oder weniger. Er hat sich nichts getan."
"Gut. Gut. Wann kommst du wieder? Heute noch? Morgen?"
"Ist das eine Erlaubnis, bei Jeno zu übernachten?"
Sie seufzt. "Wenn das der einzige Weg ist, ihn..." Ich weiß schon.
"Ich rede mit ihm."
"Ist gut. Sag es mir dann bitte. Ich kann dir auch noch Sachen rumbringen, aber später bin ich bei einer Freundin. Ich kann euch morgen auch zur Schule fahren, dann kriegst du deinen Kaffee."
Ich muss lächeln. "Okay. Danke. Ich schreib dir."
"Richte Jeno und Dabin liebe Grüße aus. Bitte sie aber auch noch um Erlaubnis."
"Werde ich. Viel Spaß nachher."
"Danke. Hab dich lieb, Schatz."
"Ich dich auch", kann ich noch murmeln, bevor sie auflegt.
"Willst du überhaupt bleiben? Ohne dich verpflichtet zu fühlen?"
"Was ist das denn für eine bescheuerte Frage?"
Seine Finger zucken. "Ich... meine nur..."
"Das war nicht böse gemeint. Aber sowas brauchst du mich doch nicht zu fragen, Jeno." Ich kraule durch seine Haare.
"Okay. Tut mir leid."
"Liebe Grüße von Eomma", übergehe ich seine Entschuldigung, drücke aber seine Schulter leicht.
"Danke. Also... bleibst du?", setzt er zögerlich hinterher, "oder wenigstens bei mir?"
"Im Sinne von Wir packen deine Sachen und gehen zu mir?"
"J...a?" Ich spüre seinen Hals unter meinem Arm warm werden, muss lächeln. "Außer, du willst hierbleiben", murmelt er, leise.
"Nein, ich richte mich nach dir." Erst jetzt merke ich, dass sein Geruch so präsent ist, dass ich mich frage, wie ich es vorher nicht merken konnte, dass er der Grund ist - und natürlich Jeno bei mir -, dass ich mich so gut aufgehoben fühle.
"Also zu dir."
"Zu mir."
***
Wir schweigen fast die ganze Zeit, während wir zu mir gehen, seine Finger streifen immer wieder meine, so eng gehen wir nebeneinander. Aber sie gleiten nie dazwischen, und ich vermisse es fast. Nur fast. Weil ich weiß, dass er es nicht kann.
Die Haustür geht auf, als wir die Auffahrt betreten, Eomma sieht uns, kurz bevor sie die Tür zuziehen kann. Sie ist ziemlich schnell bei uns, mustert Jeno prüfend.
"Wie geht's dir?"
Er zuckt mit den Schultern. "Geht."
"Ihr könnt mich anrufen, wenn ihr etwas braucht. Appa ist auch nicht da, ich versuche, nicht so lange wegzubleiben."
"Brauchst du nicht. Schon gut. Hab Spaß." Eomma drückt mich, streicht Jeno über die Wange und öffnet das Garagentor. Wir gehen ins Haus, hören kurz darauf, wie sie das Auto startet.
"Gibt's irgendwas, das du machen willst?", frage ich.
"Wir könnten einen Film gucken."
"Unten oder oben?"
"Oben." Er sieht mich noch kurz an, als wolle er noch mehr sagen, dreht sich aber weg und hängt seine Jacke auf. Ich frage nicht nach.
Er folgt mir die Treppe hoch, seine Tasche landet leise auf meinem Fußboden.
"Es ist schlimmer, wenn deine Mutter nachmittags arbeiten ist, oder?"
"Dann ist ja niemand da, der es merken könnte." Ich nicke nur leicht, seufze lautlos.
"Willst du auch noch was anderes anziehen?", frage ich leise.
"Nein. Soll ich schon gucken?"
"Kannst du ruhig." Ich gehe zu meinem Schrank, wühle eine Weile darin herum, ehe ich etwas finde, mit dem ich zufrieden bin. Kurz werfe ich Jeno einen Blick über meine Schulter zu. Er scheint völlig vertieft, scrollt gleichmäßig weiter, also wende ich mich meinen Klamotten zu, ziehe meinen Hoodie über den Kopf.
Warte.
Ich stoppe in der Bewegung, drehe mich um.
"Jeno?"
"Mhm?"
"Kann ich mich hier umziehen?" Er sieht vom Bildschirm auf, seine Lippen öffnen sich langsam. Doch er presst sie aufeinander, schüttelt den Kopf.
"Okay. Bis gleich." Ich verschwinde aus der Tür, gehe ins Bad, wechsle hastig meine Klamotten. Zufrieden betrachte ich meine unter den Ärmeln verschwundenen Hände, kehre in mein Zimmer zurück. Jeno sieht auf, als ich meine Klamotten zum Rest schmeiße, er scheint einzufrieren. Für einen Moment sehen wir uns lediglich an, ich ihn fragend, er mich undefinierbar.
"Fuck, bist du süß", rutscht es ihm heraus, und sofort wird mein Kopf zum Teekessel. Aber auch Jeno versteckt sein Gesicht hinter seinen Händen.
"Tut mir leid", murmelt er, "tut mir leid, das ist mir rausgerutscht. Tut mir leid."
"Ist schon gut, ich... Soll ich mir was anderes anziehen?"
"Nein! Nein, schon okay, ist nicht... Ist alles... Gott, es tut mir so leid." Ich setze mich neben ihn, stupse ihn an, sodass er seinen Kopf hebt.
"Lass uns einfach nach einem Film suchen, ja?" Er nickt, fährt sich zerstreut durch die Haare, schiebt den Laptop auch auf meine Beine.
Nach einer Weile legt sich die peinliche Stille zwischen uns und etwas später finden wir auch einen Film. Vorsichtig rutsche ich ein bisschen nach unten, lege meinen Kopf auf Jenos Schulter. Für eine Sekunde erstarrt er, ehe er seinen Kopf auf meinen legt. Ich drücke die Leertaste und der Vorspann beginnt.
***
Wir gehen ziemlich früh ins Bett, diesmal ist die Stille angenehm. Ich merke dennoch, dass Jeno mich ständig ansieht, sich aber davon abhält, mich anzustarren. Besonders während wir Zähne putzen begegnen unsere Blicke sich häufig im Spiegel, und er wird fast jedes Mal rot, murmelt eine Entschuldigung. Auch wenn ich ihn jedes Mal strafend ansehe.
Erst als wir wieder nebeneinanderliegen, viel Platz zwischen uns, merke ich, wie sehr ich es eigentlich vermisse, Körperkontakt zu haben. Also muss Ryan reichen.
"Möchtest du reden?", frage ich leise, kralle mich an das Plushie, um nicht nach Jenos Händen greifen zu wollen. Es hilft kaum.
"Worüber?"
"Vollkommen egal. Such dir etwas aus. Oder wir reden nicht."
Er schweigt, sieht auf meine Finger.
"Alles okay?" Ich kann nicht mehr.
"Eigentlich nicht, nein. Es ist so ungewohnt für mich, weißt du? Ich meine, ich weiß, dass es nicht geht und das ist auch okay, wirklich, aber... Ich kenn's nicht mehr ohne. Dich brauch ich gar nicht zu fragen, ich weiß schon. Aber trotzdem... Keine Ahnung. Tut mir leid."
"Nein. Mir tut's leid." Er streckt eine Hand aus, und ich lege meine darauf, er drückt sie sanft und ich fühle mich schlecht, aber besser.
"Tut mir leid."
"Halt den Mund." Er lächelt sanft und ich will eigentlich weinen, aber meine Augen sind trocken.
"Gute Nacht."
"Gute Nacht."
Ich merke, dass er mich ansieht, aber ich kann meine Augen nicht öffnen. Kann ihn nicht ansehen. Nur seine Hand drücken, bis ich einschlafe.
20-11-25
ich bin nur so schnell weil das gefühlt alles vorgeschrieben ist XD
ich seh's kommen, dear nana ist in einem zehntel der zeit von d127 fertig
and also ich mag einfach irgendwie nichts von den vorgeschriebenen Sachen i wanna cry
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top