Der erste Kuss

Liebe Molly,

das erste Mal, dass du mich geküsst hast, war in einer Bibliothek. Für mich ist dieser Ort magisch. Eine unglaubliche Ruhe herrscht dort. Keiner stört einen, man ist allein mit sich- und tausenden von Figuren, die einem ihre Geheimnisse verraten, wenn man sie nur sucht. Ich weiß, du nennst das vertane Zeit, aber für mich ist jeder Tag in einer Bibliothek magisch.

Du hast eigentlich nur ein Buch für dein Studium gesucht, und vielleicht etwas Lesestoff für zwischendurch. Später hast du mir mal erzählt, dass du dabei an mich gedacht hast. Und gehofft hast, mich bald zu sehen. 

Als du mich erblickt hattest, meintest du, du wärst  auch freiwillig Stunden in der Bibliothek geblieben, würde das bedeuten, Zeit mit mir zu verbringen. Wir saßen zusammen, und du hast mir einfach beim lesen zugeschaut.

Und dann hast du dich vorgebeugt, meine Wange gestreichelt und mich geküsst. Einfach so. 

In diesem Moment fühlte sich mein ganzer Körper wie neu geboren an. Ich weiß nicht, wie lange ich brauchte, um zu realisieren, dass du mich geküsst hast. Aber ich habe mich bedankt. Hallo!?

"Danke, Molly"; Oh Gott. Ich hatte mich bedankt. Für einen Kuss.

Ich hätte auf der Stelle im Boden versinken können, so peinlich war mir das. Aber du warst natürlich cool, und hast mich einfach noch ein Mal geküsst. 

"Gerne Hedda."; mit jeder anderen Person, wäre dieser Moment unangenehm gewesen. Mit dir nicht. Es war ein seltsamer Moment, ja, ich meine, du hast mich das erste Mal geküsst. Und das zweite Mal. Und irgendwie bedeutete das doch, dass wir zusammen gekommen sind. 

Ich habe mich erbarmt und die Bibliothek, Bibliothek sein lassen. Für dich. Du wolltest unbedingt etwas unternehmen. Irgendwas, irgendwas mit Adrenalin. Wir waren beide total aufgedreht an diesem Tag. Ich glaube, du warst auch davon überrascht, dass du mich geküsst hast. 

Im Moment bin ich leer, alles ist so leer. Ich vermisse dich gerade. Aber jedes Mal, wenn ich mich an unser kleines Abenteuer zurück erinnere, muss ich lächeln. Kein Molly-Lächeln. Das kann ich nicht so gut. Eher eins dieser Lächeln, dass man nicht so oft sieht. Eines dieser 2-Uhr-Nachts- Lächeln, schwermütig, voller Emotionen, meist alleine gelächelt. Jetzt gerade muss ich auch daran denken. 

Ich habe dich überredet ein Zugticket zu kaufen und in eine andere Stadt zu fahren. Irgendeine Kleinstadt, außerhalb von Bonn. Wir sind nach Heimerzheim gefahren und Stunden lang einfach nur rumgelaufen; haben neue Orte gesehen, ein kleines Straßencafé entdeckt, dass leider schon geschlossen war, uns für Bäume Namen ausgedacht und unsere Gegenseitige Präsenz genossen.

Ja und dann haben wir uns verlaufen und kamen ganz knapp mit dem letzten Zug wieder in Bonn an. Ich hatte echt Angst, dass wir eine Nacht im freien verbringen müssen. Ich meine, Campen ist cool, aber es war schon Oktober und auch, wenn es noch nicht all zu kalt war, hatten wir nichts dabei. Gar nichts. Und ohne alles draußen zu schlafen, ist echt ungemütlich.

"Molly, willst du mit mir zusammen sein?", das habe ich tausend Mal geübt, nachdem wir im Kino waren. Immer wieder habe ich das ausgesprochen. Ausprobiert, wie ich es richtig sage. Ich glaube, es gibt gar kein richtig. Aber das war mir egal. Bei dir war alles irgendwie richtig. 

"Molly, willst du mit mir zusammen sein?", fragte ich dich also. Einfach so. Wir saßen im Zug zurück nach Bonn und sahen der Sonne beim Untergehen zu. Als würde sie uns ein Bild malen, hast du gesagt.

"Ja, Hedda, ich würde gerne mit dir zusammen sein"; und schon wieder dieses Grinsen. Ehrlich. Und diesmal voller Stolz. Man konnte Bände in deinem Gesicht lesen. Stolz, Zufriedenheit, Freude, Liebe. Ich wusste ganz genau, du magst mich so sehr, wie ich dich mag.

Molly. Deinen Namen kann ich mir immer wieder auf der Zunge zergehen lassen. Wie ein Stück Schokolade. Weiße Schokolade natürlich, die mag ich am liebsten. Aber das weißt du ja.

Erinnerst du dich daran, dass weiße Schokolade meine Lieblingsschokolade ist?

Ich weiß, dass du am liebsten Vollmilchschokolade isst.

Mit ganz viel Liebe,

Hedda

P.S.: Fühl dich ganz doll gedrückt Molly, so wie damals. 

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