Kapitel 81


Gehüllt in die Dunkelheit, die in der Seitenstraße herrschte, kletterte die kleine Heldengruppe an der Feuertreppe eines Nebengebäudes auf das Dach. Das Gebäude, in dem sich der Rattenfänger befand, war ein wenig abseits, und es bestand die Möglichkeit, dass die Schurken noch nicht mitbekommen hatten, dass sie längst umzingelt worden waren, da die Polizisten nichts dergleichen beobachten konnten. Dennoch mussten sie schnell handeln und durften nichts dem Zufall überlassen.

Mit Hilfe ihrer Fangtücher konnten Shinsou und Aizawa einfach auf das Dach des Zielgebäudes gelangen, während Illusion ihnen durch die Hilfe eines Helden namens Rock Lock folgte. Der Profiheld, der ihrer Gruppe gemeinsam mit zwei anderen zugeteilt wurde, um für die Sicherheit zu sorgen, war nicht sonderlich angetan davon, in einem Team mit zwei Jugendlichen zu sein, auch wenn er erklärt hatte, dass er Eraserhead eigentlich kannte. Dennoch war er der Meinung, dass er im Augenblick nichts bei dieser Mission verloren hatte. Für ihn war es unverantwortlich, Kinder in Gefahr zu bringen, wenn es sich hier um einen Schurken mit einer Macke handelte, die nur Kinder beeinflussen konnte.

Die beiden Heldenschüler ließen sich davon jedoch nicht beeindrucken. Auch wenn Shota nach wie vor gegen seine Nervosität ankämpfte, versuchte er sich nichts anmerken zu lassen. Er folgte gemeinsam mit Hitoshi den anderen Helden durch ein Fenster im obersten Bereich. Das Gebäude war nicht sonderlich groß, und hatte auch nicht viele Stockwerke, da es eine riesengroße Halle in der Mitte gab, in der die Kinder vermutlich festgehalten wurden. Der Plan war recht simpel, den die Vorhut zu verfolgen hatte. Sie sollten sich auf einem der Stockwerke über der Halle versteckt halten, während Illusion für Ablenkung sorgte, sollte Eraserhead dafür sorgen, dass die Schurken ihre Macken nicht gegen die Kinder oder anderen Helden, die dann auftauchen würden, einsetzen konnten. Alles sollte schnell und reibungslos passieren, sobald sie eine gute Position fanden, von der aus sie einen perfekten Überblick hatten.

Langsam bewegten sie sich nach vorne, darauf bedacht keinen Laut zu verursachen oder anders auf sich aufmerksam zu machen. Sie mussten vorsichtig sein, um die Kinder nicht in Gefahr zu bringen. Als sie endlich am Geländer angelangt waren, lugte Shota vorsichtig durch einen Spalt. Es würde nicht gerade einfach werden, mit so einem eingeschränkten Sichtfeld. Im Augenblick konnte er keinen der Schurken entdecken.

„Mach dich bereit", flüsterte Illusion Shota zu, als sie bemerkte, dass er die Umgebung beobachtete, „ich werde gleich eine Illusion erschaffen, um die Kinder vor den Blicken der anderen zu verbergen. Das wird für Aufruhr sorgen, deswegen solltest du deine Macke dann so schnell wie möglich einsetzen, vor allem gegen den Rattenfänger!" Bereits zuvor hatten sie kurz über diesen Plan gesprochen, doch da Sakushi bemerkt hatte, wie nervös der Dunkelhaarige war, wollte sie sichergehen, dass er auch zugehört hatte. Obwohl für Eraserhead solche Missionen und Kämpfen kein Neuland waren, hatte Shota im Augenblick keinerlei Erinnerungen daran. Für ihn war das hier also sein erster richtiger Auftritt als Undergroundhero.

Hitoshi war ähnlich aufgeregt. Er hatte seinen Traum verfolgt und war nun an einem Punkt angelangt, an dem es kaum mehr ein Zurück gab. Natürlich war seine Ausbildung nicht abgeschlossen und er hatte noch nicht einmal eine vorläufige Lizenz, aber das hier war sein erster Auftritt als Held! Das durfte er also nicht versauen. Sein Blick glitt kurz zu Eraserhead hinüber, der konzentriert schien. Die Brüstung vor ihnen, die davon abhalten sollte, dass jemand in die Halle hinabstürzen konnte, waren nicht gerade hilfreich dabei etwas zu sehen, wenn man auf dem Boden kauerte. Vielleicht wäre es besser, wenn sie sich ein anderes Plätzchen suchen würden. Im Augenblick konnten sie nur die Kinder sehen, was zwar gut für Illusion war, allerdings weniger Ideal für Aizawa.

Noch ehe der Violetthaarige dem anderen seinen Plan vorbringen konnte, konnte er hinter sich Schritte hören. Doch noch bevor Hitoshi sich umdrehen konnte, spürte er eine unangenehme Hitze, die ihm die Haare in seinem Nacken versenkte, obwohl er seine Fangwaffe um den Hals trug. Auch den anderen entging die plötzlich aufgetauchte Wärme nicht. Rock Lock war der erste, der reagierte, um den unfreiwilligen Besucher anzugreifen. „Anscheinend haben sie uns bereits erwartet", seufzte Illusion.

Auch Shota wandte sich um, und versuchte den Schurken auszumachen, um seine Macke zu löschen. Es war eindeutig, dass dies der Komplize mit der Feuermacke sein musste. Zum Glück hatte nichts in der Umgebung Feuer gefangen und die Hitze und Flammen verschwanden sofort, nachdem Aizawa Löschung aktivierte. Ihm fiel auf, dass die Flammen aus den Handflächen des Angreifers kamen, und wohl ähnlich wie Bakugos Macke, mit seinem Schweiß zusammenhingen. Das Feuer war auch gar nicht sonderlich heiß, zumindest nicht im Vergleich zu dem von dem Schurken der Liga.

Darüber verwundert, wieso seine Macke plötzlich nicht mehr funktionierte, hielt der Mann verwirrt inne. Hitoshi nutzte das sofort aus, um seine Fangwaffe nach ihm zu werfen, während Rock Lock ihn mit einem harten Schlag an den Kopf k.o. gehen ließ. „Wir sind also aufgeflogen. Es bleibt nur zu hoffen, dass wir weiterhin in der Überzahl sind", merkte der Profiheld an, und sah zu Illusion, die nickte, „wir sollten schnell darüber nachdenken, ob es nicht sicherer ist, wenn wir die beiden nach draußen schicken!" Bei diesen Worten deutete er kurz auf die beiden Junghelden.

Tatsächlich war Seki dieser Gedanke ebenfalls in dem Moment in den Sinn gekommen, als der Schurke sie attackiert hatte. Es war nicht sicher für die beiden, und sie würden die Mission nur behindern, wenn man ebenso auf sie achtgeben musste. Andererseits war es Tsukauchis Anweisung gewesen, Eraserhead hinzuzuziehen und gerade eben hatten die beiden sich auch gut geschlagen.

Während die Undergroundhero nachdachte, tauschten Hitoshi und Shota einen Blick aus, ehe ihre Köpfe zu der Brüstung wanderten. Eine seltsame Melodie erklang, die anmutig und schön klang. Die beiden Erwachsenen unterhielten sich weiter, schienen das Geräusch nicht wahrzunehmen. Verwirrt darüber traten die beiden näher an die Brüstung heran. Nur um nachzusehen, redeten sie sich ein. Dabei hatten sie jedoch das Gefühl, langsam die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren. Ohne es zu wollen, begannen beide damit, auf die Brüstung zu klettern.

„Scheiße ...", entfuhr es Sakushi, als sie genau im richtigen Augenblick erneut nach ihren Neffen sah. Schnell eilte sie nach vorne, und griff nach beiden Armen, um die Jugendlichen wieder nach unten zu ziehen, in Sicherheit, bevor ein Unglück passieren konnte. Der andere Held half ihr dabei, die beiden festzuhalten. Es war zu spät, um die beiden in Sicherheit zu bringen. Der Rattenfänger wusste, dass sich weitere Kinder im Gebäude befanden. Aber wieso waren sie ihnen so schnell auf die Schliche gekommen?

Es war nicht einfach, die beiden Jungen festzuhalten, die sie sich, nun da sie der Melodie nicht folgen konnten, zu wehren begannen. Erst nachdem die beiden es schafften, den Junghelden die Ohren zuzuhalten, wurden sie ruhig. Ihre Augen, die zuvor leicht trüb wirkten, klärten sich endlich und sie sahen verwirrt zu den Erwachsenen auf. „Der Rattenfänger weiß, dass wir hier sind", erklärte Rock Lock ohne Umschweife, „ich werde euch beide hier rausbringen. Es hat keinen Sinn, wenn ihr euch noch einmal in Gefahr begebt."

Auch wenn es für die beiden schwierig war, alles zu verstehen, was der Mann von sich gab, schüttelte Shota sofort den Kopf. Er wollte nicht so einfach aufgeben. Gerade eben noch hatten die beiden sich doch gut geschlagen und nun wurden sie weggeschickt? Das war doch unfair.

„Es geht nicht anders", fügte Illusion mit Nachdruck an, um ihnen deutlich zu machen, dass sie keine Widerrede duldete.

Die kleine Gruppe kam wieder auf die Beine und schritt auf die Stelle zu, an der sie in das Gebäude eingestiegen waren. „Rock Lock wird euch zu den Polizisten und Tsukauchi bringen und erklären, wieso sein Plan von Anfang an zum Scheitern verurteilt war", erklärte Seki weiter, deutlich wütend darüber, wie die Sache sich in den letzten Minuten entwickelt hatte. Es war schließlich eine dämliche Idee gewesen, Kinder in die Nähe eines Mannes zu bringen, dessen Macke nur bei Kindern wirkte. Noch dazu basierte der Plan des Detective wohl nur darauf, dass Eraserhead schneller seine Fähigkeit aktivieren konnte, als der Gegner. Das war mehr als fahrlässig.

„Wir werden uns schnell fortbewegen. Falls ihr erneut das Gefühl habt, die Kontrolle über euch zu verlieren, dann sagt mir rechtzeitig Bescheid", wies der Held die beiden an.

Nur zu gerne hätte Shota ihm erklärt, dass sie gerade eben auch nicht wirklich mitbekommen hätten, dass sie gegen ihren Willen gehandelt hatten. Zumindest bis zu dem Punkt, an dem sie damit begonnen hatten, die Brüstung rauf zu klettern, waren sie der Ansicht gewesen, dass sie nur nachsehen wollten, woher die Melodie kam. Da er dem Profihelden jedoch nicht widersprechen wollte, verzog er nur seine Miene und nickte. Es missfiel ihm unglaublich, dass sie weggeschickt wurden. Das Gefühl, versagt zu haben, nagte schwer an ihm, dabei war es abzusehen gewesen, dass es nicht so einfach werden würde, wie Tsukauchi es sich gewünscht hatte.

Dennoch stieß er ein leises unzufriedenes Grummeln aus, als er aus dem Fenster kletterte. Hitoshi gab ebenso ein Geräusch von sich, dass dem Dunkelhaarigen zeigen sollte, dass er ihn durchaus verstand. Das hier hätte ihre Chance werden können, sich zu beweisen und endlich eine Menge dazu zu lernen, und nun wurden sie weggeschickt als wären sie kleine Kinder und durften nur vom Spielfeldrand aus zugucken. Das war wirklich bitter für die beiden.


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