Kapitel 33

Hallo ihr Lieben! ^__^

Dieses Kapitel schließt direkt nach dem Vorfall mit Mr. Aizawa an und ist leider ein bisschen sehr deprimierend, wenn auch mit Happy End. Wie gesagt nimmt die Geschichte nun eine andere Richtung ein als ursprünglich geplant, weil ich hoffe, dass es dadurch ein wenig spannender wird. (beim Lesen und beim Schreiben)

Ich hoffe euch allen gehts gut ^__^

Viel Spaß beim Lesen!

Lg Tina <3

TW: Selfharm, Erwähnung von Blut

~*~*~*~

Immer wieder konnte er die Blicke der anderen auf sich spüren, doch er versuchte es zu ignorieren und starrte stur auf seine Unterlagen. Schon jetzt graute es ihm davor, mit irgendjemanden von ihnen über das zu sprechen, was eben passiert war. Es war ihm durchaus bewusst, dass er kaum aus dieser Sache rauskam, ohne mit jemanden darüber reden zu müssen. Sie waren alle so fürchterlich redselig und darauf bedacht, auf die Gefühle ihrer Mitmenschen zu achten. Shota fragte sich, ob es früher wohl auch so gewesen wäre, wenn er mit jemanden über das brutale Verhalten seines Vaters gesprochen hätte.

Doch vermutlich eher nicht. Jedes Mal, wenn er mit blauen Flecken und Schrammen zur Schule gekommen war, hatte niemand weiter nachgebohrt, wenn er ihnen von Trainingsunfällen erzählt hatte, falls es überhaupt Erklärungsbedarf gab. Meist interessierten seine Mitmenschen sich ohnehin nicht für ihn. Nur Oboro und Hizashi hatten ihm nie geglaubt und nachgefragt. Einmal waren sie sogar Zeugen von der unfassbaren Wut von Mr. Aizawa geworden, als Shota wieder einmal tagelang nicht nach Hause gekommen war, weil er Angst vor seinem Vater hatte. Damals hatte er sehr viel Mühe gehabt, sie davon abzuhalten, den Mann bei der Polizei anzuzeigen. Für Shota war dieses Verhalten einfach normal gewesen. Schließlich war es die Macke seines Vaters, anderen Menschen mit einer Berührung Schmerz zuzufügen. Früher hatte er sich immer eingeredet, dass der Mann nichts für seine Taten konnte, auch wenn er, je älter er wurde, bemerkt hatte, wie irrsinnig diese Meinung war.

Als es endlich klingelte, sprang Shota vor allen anderen auf. Seine Sachen hatte er schon zuvor gepackt und die letzten Minuten nur noch ungeduldig die Uhr betrachtet. Er wollte unbedingt alle möglichen Konfrontationen vermeiden. Er schämte sich für das Verhalten seines Vaters und fühlte sich schuldig, dass er ihn so dermaßen enttäuscht und wütend gemacht hatte. Vermutlich wäre der Mann niemals so ausgetickt, wenn er sich nicht so dämlich angestellt hätte. Oder?

Außerdem hatte Shota andere Dinge im Kopf, als dass er sich mit seinen Mitschülern abgeben wollte, die ihn allesamt mitleidig ansahen. Seine Mutter war bereits tot. Niemand lebte ewig, und es waren gut mehr als 15 Jahre vergangen, seit er tatsächlich 16 Jahre alt gewesen war, dennoch schmerzte dieses Wissen. Mehr noch, als die Worte, die sein Vater ihm danach an den Kopf geworfen hatte. Er war adoptiert worden. Ob es überhaupt stimmte? Shota wusste es nicht, und seine Gedanken rasten zu schnell, um sich darüber überhaupt einen Kopf zu machen. Es war zu viel passiert, um alles verarbeiten zu können.

So schnell er konnte lief er über den Campus auf das Wohnheim zu, und schlug die Tür seines Zimmers hinter sich zu. Endlich war er weg von allen Blicken, dem Mitleid der anderen. Er wollte das nicht. Wieso musste die Schule unbedingt diesen Mann herholen? Und warum war er tatsächlich gekommen, wenn er Shota doch überhaupt nicht ausstehen konnte? Schluchzend kauerte er sich vor seinem Bett auf dem Boden zusammen. Vermutlich hatte er das einfach verdient, so wie vieles andere auch. Eine Strafe des Universums für seine Existenz.

Immer mehr Tränen liefen über seine Wangen, bevor er schließlich in seine Hosentasche griff, um etwas hervorzuziehen. Schnell schlüpfte er aus dem Jackett seiner Schuluniform und krempelte langsam den Ärmel seines Hemdes hoch. Der Stoff war bereits schmutzig, mit dunkelroten Flecken bestückt. Sein Vater hatte seinen Arm so fest zusammengequetscht, als er ihn gepackt hatte, dass er die bereits leicht zugewachsenen Schnitte wieder aufgerissen hatte, die er sich vor ein paar Tagen selbst zugefügt hatte. Vorsichtig strich Shota über die roten Striche auf seiner Haut, bevor er das Taschenmesser aufklappte und die scharfe Klinge auf seinem Arm ansetzte.

Er wusste, wie falsch es war, was er tat, doch er konnte nicht anders. Er hatte Schmerz und Bestrafung verdient. Wenn er nur den Mumm dazu hätte, es richtig zu machen, doch er wollte nur diesen Druck loswerden, der sich in ihm anstaute. Sein Vater hatte Recht, er war ein Nichtsnutz. Ohne mit der Wimper zu zucken zog er das Messer über die blasse Haut und sah zu, wie rote Tropfen sich ihren Weg zu Boden bahnten. Schon nach dem ersten Schnitt fühlte er sich etwas erlöst, weniger verzweifelt. Doch er brauchte mehr. Nur durch Schmerz fühlte er sich frei, auch wenn er wusste, dass es vollkommen irrsinnig war. Man verletzte sich nicht selbst. Es war unlogisch.

Erneut setzte er die Klinge an, doch noch ehe er einen weiteren Schnitt setzen konnte, klopfte es an der Tür. Überrascht und erschrocken zugleich, zuckte er zusammen, schnitt dadurch tiefer durch seine Haut als er eigentlich wollte, weil er nicht damit gerechnet hatte, gestört zu werden. „Scheiße", murmelte er panisch, als er das Unglück betrachtete, das er verursacht hatte.

„Shota? Bist du da? Wir würden gerne mit dir reden", erklang Yagis Stimme sanft und schuldbewusst klingend. „Bitte lass uns rein", bat auch Hizashi, „du solltest jetzt nicht allein sein." Leises besorgtes Gemurmel drang durch das Holz der Tür, weil der Dunkelhaarige nicht reagierte.

Nach Luft schnappend, starrte der Sechzehnjährige entsetzt auf die tiefe Wunde, die er sich zugefügt hatte und die sein Hemd und den Teppich langsam rot färbte. Im ersten Moment konnte er den Schmerz gar nicht fühlen, der langsam stärker zu werden schien, während immer mehr Blut aus der Wunde tropfte. Nein, allein sein sollte er im Moment tatsächlich nicht, doch für diese Erkenntnis war es nun leider zu spät. Er konnte die beiden nicht hereinlassen. Sie würden ihn anbrüllen und schlagen, für das, was er gerade getan hatte. Immerhin hatte er es Hizashi einst versprochen, so etwas nie wieder zu tun. Panik stieg ihn ihm auf. Schnell griff er nach seinem Schlafshirt, das auf dem Bett lag und drückte es auf den tiefen Schnitt, um die Blutung zu stoppen. „Lasst mich in Ruhe", rief er ihnen zu, und konnte ein lautes Schluchzen nicht unterdrücken, „kommt bloß nicht rein."

Der panische Tonfall seiner Stimme war kaum zu überhören, weswegen sich Toshinori und Hizashi kurz einen Blick zu warfen, bevor Yamada einfach die Tür öffnete und eintrat. Er wusste nicht, was er genau erwartet hatte, doch als er das Blut auf dem Hemd seines Freundes sah, das Taschenmesser neben ihm liegend und Shota panisch versuchte sich abzuwenden, wurde der Blondschopf bleich. „Scheiße, Sho!", rief er nur aus und eilte zu dem Dunkelhaarigen, „du hattest es uns doch versprochen!"

„Es tut mir leid ... es war ein Unfall", erklärte Aizawa und brach in Tränen aus, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte. Das Versprechen, dass er ihnen damals gegeben hatte, als sie ihn einmal dabei erwischt hatten, wie er sich selbst verletzte, hatte er bereits vor Tagen gebrochen. Er sollte so etwas nie wieder tun, und dennoch befand er sich nun erneut in haargenau derselben Situation wie damals. Er war erwischt worden und hatte sich vor Schreck zu tief geschnitten. Wie konnte man nur so dumm sein und denselben Fehler immer wieder machen?

Entsetzt darüber, was sich vor ihm abspielte, war Toshinori erstarrt in der Tür stehen geblieben. Aizawa war die letzte Person, von der er so etwas erwartet hätte, doch er musste zugeben, dass er keine Ahnung hatte, wie der Dunkelhaarige als Jugendlicher gewesen war und was er durchmachen musste. Er kannte nur Eraserhead, den Undergroundhero, der ihm stets mürrisch und sehr verschlossen gegenüber war. So langsam setzte sich in Yagis Kopf ein vollkommen neues Bild seines Kollegen zusammen.

„Bleiben Sie bei ihm, ich suche den Verbandskasten." Hizashi riss den großen Blondschopf aus seinen Gedanken, als er sich an ihm vorbeidrängelte und davoneilte.

Nur langsam kehrte Toshinori in die Realität zurück, machte ein paar Schritte auf Shota zu und half ihm, sich auf sein Bett zu setzen. „Wieso hast du das getan, Shota? Wieso tust du dir so etwas an?", hörte er sich selbst fragen, weil er verstehen wollte, was in dem Kopf des anderen vor sich ging, der sein tränenüberströmtes Gesicht von ihm abwandte. Yagi hatte das Gefühl versagt zu haben. Er hatte nicht nur zugelassen, dass Aizawa von seinem Vater misshandelt wurde, sondern hatte ebenso versäumt, sich sofort um ihn zu kümmern, um so etwas zu verhindern. Was war er nur für ein mieser Held, wenn er ein Kind in Not und Verzweiflung nicht retten konnte?

Zitternd und bebend zuckte Shota nur mit den Schultern. Wie sollte er es erklären? „Weil ich das verdient habe ...", murmelte er leise und schniefte. Er schämte sich dafür so schwach zu sein und er konnte spüren, wie enttäuscht Hizashi und All Might nun wegen ihm waren.

Doch anstatt zu schimpfen, oder eine Moralpredigt zu halten, legte Toshinori einen Arm um den Jungen, zog ihn zu sich heran und umarmte ihn. „Das hast du nicht", versicherte Yagi ihm und begann damit, tröstend über seinen Rücken zu streichen, „niemand hat das. Es tut mir so leid, dass ich dieses Monster in deine Nähe gelassen habe. Als Held hätte ich dich besser beschützen müssen. Bitte verzeih mir." All Might war eine Niete geworden. Er hätte die Anzeichen erkennen müssen. Bereits als Shota ihnen als Fünfjähriger gegenüber gestanden hatte, hatte er große Angst vor seinem Vater gezeigt und befürchtet geschlagen zu werden, nur weil er dachte er hätte etwas falsch gemacht. Doch Toshinori hatte es übersehen. Es machte ihn wütend, dass er dieses Kapitel im Leben seines Kollegen übersehen hatte, und er so etwas durchmachen musste.

Auch wenn er ihn im ersten Moment gern von sich weggestoßen hätte, brachte Shota es nicht über sich. Stattdessen krallte er sich mit einem Arm an dem Mann fest, der ihn festhielt und versuchte ihn zu trösten, während er erneut stumm in Tränen ausbrach. Bisher hatte er sich selbst immer verboten, irgendeine Art von Schwäche zu zeigen, hatte alles runtergeschluckt und sein Messer als Ventil benutzt. Sogar vor seinen Freunden hatte er bisher selten geweint oder offen gezeigt, was er wirklich fühlte. All Might strahlte jedoch etwa aus, was das Gefühl ihn im weckte, endlich geborgen und sicher zu sein. Er war einer der wenigen Erwachsenen, die ihm sagten, dass er Schutz verdient hatte. Das machte doch einen Helden aus.

Hizashi kam bald zurück und schlug die Tür hinter sich zu, damit keine neugierigen Blicke etwas sehen konnten. Es war nicht einfach gewesen, das Erste-Hilfe-Set ohne die Hilfe der Klasse zu finden, und nun wollten sie natürlich wissen, wozu er es brauchte. Doch Yamada hatte kein Sterbenswörtchen darüber verloren und warf den Verbandskasten nun auf das Bett neben Aizawa und Yagi. „Ich hoffe, dass wir das ohne Recovery Girl wieder hinbekommen", seufzte der Blondschopf und sah zu seinem Freund, der sich langsam von All Might löste und auf seinen Arm sah, um den immer noch das T-Shirt gewickelt war. Er wollte ebenso einen Besuch bei der heilenden Heldin vermeiden. Am Ende steckte sie ihn noch in eine Therapie und das war das letzte, was er wollte. „Willst du mir erzählen, wieso du das Versprechen gebrochen hast?", forderte Hizashi ihn zum Reden auf, und griff dabei vorsichtig nach seinem Arm, um sich die Schnitte anzusehen.

Shota schniefte und wischte sich mit der anderen Hand übers Gesicht. „Es war dumm", murmelte er nur, doch ein Blick von Yamada, ließ ihn leise fortfahren, „ich dachte nur ... wenn Oboro weg ist und du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, schulde ich niemanden mehr Rechenschaft ... ich wollte nur diesen Druck loswerden und mich bestrafen ... ich hätte es nicht tun sollen." Nun im Nachhinein betrachtet, war es wirklich eine verdammt dumme Idee, deswegen wieder damit anzufangen, sich selbst zu verletzen. Natürlich gab es nie einen guten Grund dafür, es überhaupt zu tun, doch vor ein paar Tagen war er nicht in der Verfassung gewesen, über eine andere Lösung nachzudenken und auch jetzt fühlte er sich nicht dazu im Stande.

„Zumindest weißt du, dass es ein Fehler war", seufzte Hizashi und befeuchtete einen Wattetupfer mit Desinfektionsmittel, „mir tut es so leid, dass ich so scheiße war. Ich war sauer und als mir bewusst wurde, dass ich mich kindisch verhalten habe, war ich zu beschämt um mich zu entschuldigen." Er fühlte sich furchtbar schuldig. Wenn er nicht so bescheuert gewesen wäre und Shota dafür verantwortlich gemacht hätte, was mit ihm passiert war, dann hätte er das hier verhindern können. Es war ein Fehler, seinen Frust der letzten Tage an Shota auszulassen.

„Du hattest ja auch ein Recht darauf, böse auf mich zu sein", murmelte Shota, „du wurdest verletzt und mit dieser Macke belegt, weil du mich beschützen wolltest, nachdem ich alle in Gefahr gebracht habe ... ich bin eben nicht dieser Mann, von dem alle ständig reden und ich glaube auch nicht, dass ich zu ihm werden kann. Dieser Druck ist einfach zu groß für mich. Und dann ist auch noch Dad aufgetaucht ..." Alle hatten so hohe Erwartungen an ihn, obwohl er im Moment gerade mal Sechzehn war. Reichte es denn nicht schon, dass er sich selbst zu hohe Ziele steckte, die er nicht erreichen konnte? Es half nichts, dass alle ihn ständig als diesen Helden sahen, der er nicht war, nicht im Moment. Dieser Druck, diese Erwartungen, waren zu viel für ihn, vor allem weil er wusste, was für ein großer Versager er doch eigentlich in Wirklichkeit war.

Als plötzlich Yagis große Hand auf seinem Kopf lag, sah Shota zu ihm auf. Mit schuldbewusster Miene sah der ehemalige Held auf den Jungen hinab. „Es tut mir furchtbar leid, dass du so fühlst. Wir dachten alle, dass es dir helfen würde, einfacher mit der Sache umzugehen, wenn wir dir erklären, was du als Erwachsener erreicht hast. Aber wir haben dabei vergessen, dass du im Moment ein Kind bist, und wir zu viel von dir erwarten", erklärte der Blonde seufzend und wuschelte ihm durchs Haar. Er fühlte sich schlecht, weil er einen jungen Menschen, der so unsicher im Leben stand, von Anfang an nicht die richtige Hilfe entgegen gebracht hatte. Noch immer war er ein mieser Lehrer, obwohl er doch dachte, er hätte dazu gelernt. „Vermutlich hätte es funktioniert, wenn du als Jugendlicher genauso gewesen wärst, wie wir dich heute kennen, aber du wurdest in eine schwierige Lebensphase zurückkatapultiert und darauf hätten wir achten müssen", fügte Toshinori an und sah ihn entschuldigend an.

„Oh Buddy", seufzte Yamada schwer und sah schuldbewusst auf.

„Bitte hört auf, mich so anzusehen, das macht es nicht besser", murmelte Shota schnell, „ich will kein Mitleid." Schnell wich er ihren Blicken aus und sah auf den tiefen Schnitt an seinem Arm, den Hizashi gerade gesäubert hatte.

„Das ist kein Mitleid, wir machen uns nur Sorgen, verdammt große Sorgen. Ich ertrage es nicht, wenns dir schlecht geht. Weißt du doch", erinnerte Yamada ihn und schenkte ihm ein leichtes, aber aufrichtiges Lächeln. Sie würden das schon gemeinsam wieder irgendwie hinbekommen.

„Da hat er Recht", meinte Toshinori und lächelte ebenso, „aber was machen wir damit? Ich könnte versuchen es zu nähen, ein wenig Erfahrung habe ich darin ja, aber vielleicht reicht es auch einfach, es zuzukleben." Nachdenklich runzelte er die Stirn und suchte im Verbandkasten nach den nötigen Klebestreifen, die er anbrachte, bevor er damit anfing, Shotas Arm zu verbinden. Dabei war er so vorsichtig, dass der Junge überrascht darüber war, keine weiteren Schmerzen zu haben. Nachdem sein Vater ihn zuvor so kräftig angepackt hatte, hatte er vergessen, dass nicht alle Erwachsenen so gewalttätig waren.

„Irgendwie bin ich immer noch dafür, zur Polizei zu gehen und ihn endlich dafür büßen zu lassen, was er dir antut", meinte Hizashi wütend, „das hätten wir schon tun sollen, nachdem er dir deinen Arm letztes Jahr gebrochen hat. Unsere dämlichen Lehrer haben wirklich geglaubt, dass es ein Trainingsunfall war! Nichts für ungut, All Might, aber wenn wir damals auch schon Lehrer wie Sie gehabt hätten, wäre alles einfacher gewesen." Damals waren sie wirklich von Einfaltspinseln umgeben gewesen, die nicht viel darauf gegeben hatten, sich um ihre Schüler zu kümmern. Solange es nicht den Unterricht oder Hausaufgaben betroffen hatte, wollte niemand irgendetwas anders wissen oder hören. Immerhin sollten sie Helden werden und sich dementsprechend verhalten. Häusliche Gewalt war da kein Thema.

„Er hat dir ... den Arm gebrochen?", fassungslos starrte Yagi Shota an.

„Ja! Und wissen Sie, was Sho hier Shira und mir erzählt hat? Dass er die Treppe runtergefallen wäre, weil er über sein Fangtuch gestolpert sei!", berichtete Yamada belustigt.

„Ich hab dir doch schon gesagt, dass seine Macke seinen Griff verstärkt. Je wütender er wird, umso mehr Kraft hat er. Es war ein Versehen ...", versicherte Shota sofort und sah beschämt zur Seite, „es war meine eigene Schuld." Er wünschte, dass er aufhören könnte, seinen Vater immer wieder zu verteidigen. Schließlich hatte heute jeder gesehen, was für ein Monster er war. Aber es war ihm so eingebläut worden.

„Das ist keine Entschuldigung", meinte Yagi, „an Kindern sollte man keinesfalls seinen eigenen Frust ablassen." Wütend darüber warf er den Rest des Verbandszeugs in den Kasten zurück und schüttelte den Kopf. Er hatte Erwachsene, die so etwas taten, noch nie verstanden. Kinder konnten nichts dafür und konnten sich auch nicht wehren.

„Das einzig Gute daran ist, dass ich wohl doch nicht dazu verdammt bin so zu werden wie er", gab Shota schließlich von sich und sah auf. Verwirrte Blicke schlugen ihm entgegen. „Naja ... wenn ich wirklich adoptiert bin, dann habe ich nicht seine beschissenen Gene", erinnerte er sie an die Worte des Dunkelhaarigen.

„Du glaubst ihm das?", fragte Hizashi. Er war sich nämlich nicht so sicher, ob an irgendwas, was dieses Monster von sich gegeben hatte, etwas Wahres dran war. Warum sollte er nicht lügen, um Shota absichtlich zu verletzen. Wobei sich der Blonde kaum vorstellen konnte, wie es verletzend sein sollte, wenn man gesagt bekam, nicht mit einem verrückten Schläger verwandt zu sein.

Doch Shota war sich verdammt sicher. „Er hätte es nicht einfach so gesagt", meinte er. Tatsächlich hatten ihn diese Worte zuerst hart getroffen, doch nun, wo er mehr darüber nachdachte, fühlte er sich dadurch jedoch etwas befreit. Er war nicht an diesen Menschen gebunden, den er seit er denken konnte, als Vater bezeichnet hatte, der sich allerdings nie so benommen hatte. „Außerdem ist jetzt endlich klar, wieso meine Macke so komplett anders ist, als die von meinen Eltern." Etwas, was ihn auch sehr lange gequält hatte. Vielleicht waren seine leiblichen Eltern ja mehr wie er und noch irgendwo da draußen. Dieser Gedanke ließ ihn sogar ganz leicht lächeln.

Erleichtert darüber, fiel Hizashi ihm um den Hals. „Buddy, ich dachte schon, dass dich das noch weiter runterziehen könnte, aber du hast Recht: Es entfernt dich wahnsinnig weit von diesem Monster. Du bist nicht wie er und wirst es nie sein", versicherte er ihm. Yamada war froh, dass sein Freund sich nicht weiter nach unten ziehen ließ, sondern auch etwas Gutes an der Sache entdecken konnte.

Langsam erhob sich Yagi vom Bett, und begann damit den Verbandskasten wieder zusammen zu packen. „Wenn es dir besser geht, solltest du dich umziehen und in den Gemeinschaftsraum kommen. Die anderen haben etwas zu Essen besorgt und hatten gehofft, dich irgendwie aufmuntern zu können", erklärte Toshinori. Deswegen waren sie eigentlich ursprünglich hierhergekommen. Dass es in so einer Katastrophe enden würde, hätte er ja nicht annehmen können. „Aber bevor wir da rausgehen, versprichst du uns, dass du so etwas nicht noch einmal machst. Ich werde erst einmal niemanden etwas weitererzählen, aber nur, wenn du es nicht noch einmal tust. Wenn dich irgendetwas bedrückt und du das Verlangen danach hast, dir etwas anzutun, dann komm bitte sofort zu mir. Bitte, bitte hör auf, dir selbst wehzutun!", bat Yagi inständig. Während er das sagte, ging er vor dem Jungen auf die Knie und legte eine Hand auf seine Schulter. „Du kannst immer zu mir kommen, egal womit und egal wann", versicherte er ihm.

Überrascht über die Fürsorge des Erwachsenen, musterte Shota die blauen Augen seines Gegenüber. Obwohl All Might nur mehr ein Schatten seiner selbst zu sein schien, hatte er nichts von seinem alten Glanz verloren und strahlte nach wie vor Schutz und Geborgenheit aus. Etwas, was sich Aizawa im Moment durchaus wünschte. „Ich versprechs", antworte er daher und versuchte sich an einem leichten Lächeln.

„Yo, diesmal wirklich, Buddy", fügte Hizashi an und half Shota hoch und holte dann ein T-Shirt für ihn aus dem Schrank. „Wir halten für immer zusammen. Egal, was passiert. Vergiss das nicht." Vorsichtig knuffte er ihm in den Arm, half ihm aus dem Hemd, und zog ihm das neue T-Shirt über. „Wir sind ein Team!"

„Das sind wir", stimmte Shota zu und umarmte Hizashi, sobald er das Shirt anhatte und seine Arme frei waren. Glücklicherweise waren die Ärmel lang genug, um den Verband zu überdecken. Niemand sonst sollte davon erfahren, und er selbst wollte es auch nicht mehr sehen. Wollte nicht daran erinnert werden, was er getan hatte. Er schämte sich dafür, und wollte es nie wieder tun.

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