Kapitel 31
Die nächsten Tagen entpuppten sich als die Hölle auf Erden. Bereits seit dem Kindergarten wusste Shota, dass er nie jemand gewesen ist, der sonderlich beliebt war und das alle einen weiten Bogen um ihn machten, weil er zum einen seltsam rüberkam und zum anderen niemand mit seiner Macke in Berührung kommen wollte. Als er an die UA gekommen war, hatten zwei seiner Mitschüler sich in den Kopf gesetzt, ihn als ihren Freund aufzunehmen, aber ohne sie, fühlte er sich nun vollkommen allein. Dabei hatte er noch in seinem ersten Schuljahr immer darauf bestanden, dass sie ihn in Ruhe lassen sollten. Nun, da das tatsächlich der Fall war, fehlte ihm etwas.
Seit dem Gespräch im Lehrerzimmer würdigte Hizashi ihn keines Blickes mehr, hing meist nur mehr mit Yuga herum, bemühte sich sogar, ihm aus dem Weg zu gehen und nicht einmal ansatzweise in seiner Nähe sein zu müssen. Somit ließ er nicht einmal zu, dass Shota sich erneut für alles entschuldigen konnte. Dabei war es ohnehin sinnlos. Es änderte nichts an der Tatsache, dass die beiden nun als Sechzehnjährige ihr Dasein fristen mussten, bis die Profihelden diesen Schurken zu fassen bekamen. Sie brauchten eine Lösung für dieses Problem, doch ihnen wurden die Hände gebunden und Aizawa wollte nicht schon wieder negativ auffallen. Sein momentaner Putzdienst reichte ihm schon aus, obwohl ihm die Strafe noch zu milde erschien.
Diese nahm er furchtbar Ernst. In jeder freien Minute, in der er nicht in den Unterricht musste oder Hausaufgaben zu machen hatte, sorgte er dafür, dass das Wohnheim sauber aussah, und fegte das Klassenzimmer, wischte die Tafel und Tische. Dabei war er so fleißig, dass den anderen Bestraften kaum mehr Arbeit übrig blieb. Für ihn hatte es aber vor allem den Vorteil, dass er mit keinem anderen sprechen musste und seinen neuen Mitschülern aus dem Weggehen konnte. Für alle war es wohl so am besten. Niemand musste sich dazu gezwungen oder verpflichtet fühlen, sich mit ihm abzugeben. Er war nicht Hizashi, der schnell Freunde fand und umgänglich war. Zumindest konnte er sich durch den Putzdienst nützlich machen und war keine allzu große Plage für die A-Klasse. Vielleicht sollte er seinen Wunsch ein Held zu werden nun endgültig an den Nagel hängen und lieber als Hausmeister in der UA jobben. Wenn er das Gelände ohnehin nicht mehr verlassen durfte, wäre das vermutlich die allerbeste Möglichkeit, um allen weiterhin aus dem Weg zu gehen.
Seufzend lehnte Shota den großen Besen an die Wand, und wischte das Häufchen Staub auf eine Schaufel, um den Dreck in den Mülleimer zu entsorgen. Dabei war er so in die Arbeit versunken, dass er nicht bemerkte, dass sich ihm jemand näherte. „Wenn du so weitermachst, haben die anderen keine Arbeit mehr. Denki hat noch nicht einmal nen Besen in der Hand gehabt, seit All Might die Strafe ausgesprochen hat und das Klassenzimmer hältst du ganz allein sauber." Izuku war an ihn herangetreten. „Es hat doch keinen Sinn, wenn du die Strafe allein auf dich nimmst, obwohl All Might betont hat, dass alle daran arbeiten sollten. Sie waren es doch, die dich angestiftet haben", erinnerte der Grünhaarige den anderen und hinderte ihn daran, den Besen erneut in die Hand zu nehmen.
„Aber ich habe es zugelassen. Immerhin bin ich älter und hätte es besser wissen müssen", gab Shota leise von sich, „und ich bin schuld, dass Hizashi jetzt auch hier festsitzt." Ruckartig entzog er Midoriya den Besen, damit er die Küche fertig fegen konnte. Danach sollten noch die Fenster geputzt werden und das Saubermachen wäre für heute getan. Diesmal hatte er es wohl geschafft, dass die anderen gar keinen Finger krumm machen mussten. Darauf war er allerdings nicht stolz, sondern dachte bereits über weitere Aktivitäten nach, denen er nachgehen konnte, um den anderen aus dem Weg gehen zu können.
Doch Izuku ließ nicht locker. „Ich glaube nicht, dass du Mic-Sensei angestiftet hast euch zu suchen, und dich zu beschützen. Er ist von ganz alleine plötzlich aufgetaucht und wollte euch helfen", meinte der Grünschopf und verschränkte die Arme, „ganz ehrlich: Als Erwachsener hättest du niemals zugelassen, dass sich die anderen vor der Strafe drücken, sondern hättest sogar überwacht, dass alle es gemeinsam machen." Tatsächlich überraschte Midoriya es immer wieder, wie komplett anders sich Shota verhielt. Der erwachsene Aizawa hätte niemals zugelassen, dass ein einzelner die gesamte Strafe auf sich nahm.
„Aber ich bin nicht erwachsen!", platzte es genervt aus Shota. Langsam reichte es ihn, dass sie ihn ständig mit den Leistungen verglichen, die sein erwachsenes Selbst erbracht haben sollte. Er war nicht dieser Mann und war weit davon entfernt er zu sein. „Und wenn sie Yearthief nicht schnappen, werde ich dieser Mensch auch niemals werden, von dem ihr alle redet", fügte er leiser an, „lasst mich einfach in Ruhe." Er wollte nichts weiter, als nie wieder aufzufallen, aber wenn man ihn immer wieder belagerte, war das schwer. Früher war es ihm immer leicht gefallen, in der Menge zu verschwinden und unterzutauchen. Vielleicht schaffte er es ja irgendwann wieder, dass sie ihn in Ruhe ließen.
„Ich kann mir vorstellen, dass es schwer ist und du dich unter Druck gesetzt fühlst, weil alle ständig Erwartungen an dich haben", erklärte Izuku. Zumindest versuchte er sich so zu erklären, woher dieser Frust kam, den Aizawa plötzlich zu haben schien. Vermutlich setzte er sich selbst ebenso unter Druck und war von sich selbst enttäuscht, weil das letzte Mal, als er unbeschwert sein wollte, etwas schief gelaufen war. „Weißt du was? Komm doch mit mir mit. Mein Training mit All Might startet gleich, und es wäre klasse, wenn du mich begleitest", schlug Midoriya vor und nahm Shota einfach den Besen aus der Hand, „den Rest können die anderen sauber machen."
Ohne auf eine Antwort des Dunkelhaarigen abzuwarten, zog Izuku ihn einfach mit, und drückte im Vorbeigehen Mineta den Besen in die Hand. „Die Küche muss noch gefegt werden", erklärte der Grünhaarige kurz und wandte sich an Tenya, der bei den Sofas stand, „ich nehme Shota mit zu einem Treffen mit All Might." Gemeinsam mit den Lehrern hatten sie abgemacht, dem Klassensprecher immer Bericht zu erstatten, wo sich ihre neuen Mitschüler befanden. Nur um zu verhindern, dass niemand erneut auf abenteuerliche Gedanken kam. Vor allem musste er auch die Strafe der Abenteurer überwachen, solange es zu wenige Lehrer gab.
Auch Hizashi saß auf einem der Sofas, plauderte mit Ochako und Yuga und warf einen Blick zu Shota und Izuku. Als sich die Blicke der beiden Jungen kurz trafen, wandte sich Yamada schnell wieder ab, was Aizawa traurig zu Boden sehen ließ. Der Blonde war wohl immer noch mächtig sauer auf ihn. „Na gut. Aber bleibt nicht zu lange weg", meinte Tenya. Izuku nickte.
~*~
Wenig später, nachdem Shota seine Schuluniform gegen seine Sportkleidung getauscht und sein Fangtuch aus dem Zimmer geholt hatte, kamen die beiden Jungen im Wald an, wo Yagi bereits auf sie wartete und überrascht dreinsah, als er die Jugendlichen sah. „Ich hoffe, du bist nicht sauer, aber ich habe Shota mitgenommen, damit er mal wieder an die frische Luft kommt und etwas anderes sieht, als einen Wischmopp", erklärte Izuku sofort seinem Mentor und lächelte.
„Das bin ich keineswegs", meinte der ehemalige Profiheld und legte eine große Hand auf Shotas Kopf, „soweit ich weiß, hat er sein Soll was das Putzen anbelangt für die nächsten Tage bereits erledigt und seine Strafe soweit abgesessen." Sofort lief Aizawa rot an und ließ den Kopf sinken. Irgendwie war es ihm unangenehm, dass der ehemalige Nummer Eins Held mitbekommen hatte, dass er sich beim Putzen so ins Zeug legte. „Du verwöhnst sie zu sehr. Die anderen haben doch nichts von der Strafe, wenn du alles übernimmst", seufzte Toshinori, wirkte jedoch nicht streng, sondern lächelte leicht, als Shota überrascht zu ihm hochsah, weil er eine Predigt erwartete, „es ist nicht nötig, sich selbst so sehr dafür zu bestrafen und Hizashi wird sich auch wieder beruhigen. Alles kommt wieder ins Lot, glaub mir."
Als er das ansprach, zuckte Aizawa zusammen. „Ist mir doch egal ...", murmelte er leise, während er den Blick wieder abwandte, „ich brauche sowieso keine Freunde." Solange er allen nach dem Unterricht und in den Pausen aus dem Weg gehen konnte, würde er sich auch niemanden aufzwingen müssen. Er wollte einfach in Ruhe gelassen werden, bis er endlich wieder da war, wo er hingehörte.
Mit diesen Worten schien er allerdings sowohl Yagi, als auch Izuku zum Lachen zu bringen. Verwirrt sah er auf. Lachten sie ihn etwa aus? „Du klingst echt wie Shinsou!", stellte Midoriya nach einer Weile fest und lächelte Shota an, „aber mal im Ernst: Du musst uns nicht aus dem Weg gehen. Keiner ist sauer auf dich und du musst dich nicht selbst bestrafen. Wir sind alle verdammt neugierig darauf, dich und Yamada kennen zu lernen, bevor ihr wieder zu unseren Lehrern werdet." Immer wenn jemand der Meinung war, dass er keine Freunde finden wollte, fühlte Izuku sich dazu angestachelt, demjenigen das Gegenteil zu beweisen.
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien Izuku das wirklich ernst zu meinen. Es klang nicht nach einer leeren Floskel oder nach etwas, was er nur sagte, um Shotas Gefühle zu schonen. Er meinte es wirklich so. „Wird es dann nicht seltsam, wenn die Verwandlung umgekehrt wurde?", seufzte Shota, als letzte Hoffnung, dadurch vielleicht in Ruhe gelassen zu werden. Doch Midoriya schüttelte den Kopf. Der Junge schien sich wohl durch nichts von seinem Vorhaben abbringen zu lassen.
„Es ist nur gut, wenn ihr die beiden so gut es geht integriert", gab All Might von sich und seufzte, ehe er sich im Nacken kratzte, „die Liga ist im Moment untergetaucht, ebenso wie ihr neues Mitglied." Was also so viel bedeutete, dass die Suche nach Yearthief länger dauerte, als sie gehofft hatten. Aus diesem Grund hatte man Shota und Hizashi auch bereits Zimmer im Schülerwohnheim überlassen. „Doch das bedeutet nicht, dass wir die Hoffnung aufgeben sollten, verstanden, Shota?", fügte der Blonde an und zwinkerte ihm lächelnd zu, „du hast es bestimmt in letzter Zeit schon oft gehört, aber das wird schon wieder. Bis es soweit ist, seit ihr in der 1A gut aufgehoben und wenn du etwas brauchst, kannst du gerne zu mir kommen. Und nun lasst uns mit dem Training beginnen!"
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top