Kapitel 29
Der Rest des Unterrichts war nicht sonderlich erfreulich. Zumindest empfand Shota es so. Nach Mathe hatten sie eine Stunde Moderne Literatur, was für den Dunkelhaarigen furchtbar ermüdend war. Er fühlte sich einfach nur erschöpft und hätte sich am liebsten in einer Ecke zusammengerollt, um zu schlafen. Doch wenn die Lehrer heute so waren wie damals, dann würden sie es nicht gut heißen, obwohl er im Moment ja keinerlei Noten dafür bekommen konnte. Wenn sowohl Yamada als auch er bereits erwachsen waren und ihren Abschluss hatten, dann war es vollkommen sinnlos, ihre Zeit hier zu vergeuden. Viel besser wäre es doch, nach einer Lösung ihres Problems zu suchen. Denn scheinbar beendete sich die Verwandlung nicht von alleine, wenn sie gerade bei ihm nun schon so lange andauerte. Laut Recovery Girl hätte er sich längst weiter seinem Alter annähern sollen, aber es passierte nichts. Wenn er nur daran gedacht hätte, diesen Yearthief festzuhalten und dafür zu sorgen, dass er nicht entkommen konnte. Vielleicht gab es ja doch ein Gegenmittel für dieses jugendliche Aussehen. Irgendwie gefiel es Shota nicht, dass er keine Ahnung hatte, wie diese Sache noch weiter verlaufen würde.
Als die Stunde zu Ende war, hatte Aizawa nicht ein Wort von dem mitgeschrieben, was Cementoss ihnen vorgetragen hatte. Er hielt es ohnehin für sinnlos, so zu tun als würde er etwas lernen wollen. Immerhin war ihm klar, dass sie nur hier waren, weil alle der Meinung waren, dass er und Hizashi einen Babysitter brauchten. Seufzend ließ er seinen Kopf auf die Tischplatte sinken, während er hinüber zu Yamada sah, der sich mit Denki, Yuga, Sero und Mina unterhielt. Die Blamage aus dem Mathematikunterricht war längst vergessen und wie immer brachte der Blondschopf gekonnt alle zum Lachen. Für Shota war es unverständlich, wie der laute und nervige Junge es immer wieder schaffte, sich überall einzufügen und schnell Freunde zu finden. Der Dunkelhaarige war stets nur ein Klotz am Bein, auch jetzt, und sie gaben sich nur mit ihm ab, weil er normalerweise ihr Lehrer war und sie deswegen nicht unhöflich sein wollte.
„Na, bist du müde?" Plötzlich standen Todoroki und Midoriya bei ihm und ließen sich auf den Pulten in seiner Nähe nieder. „Wir haben von dem Kampf gehört! Du hast dein allerbestes gegeben! Shinsou hat uns erzählt, dass ihr letztens trainiert hattet, du hast also eine Menge seit der Kampftrainingsstunde von Mic dazu gelernt ", sprudelte es aus dem Mund des Grünschopfs, was Shota nur grummeln ließ. Er hätte nicht angenommen, dass es noch schlimmere Plaudertaschen als Hizashi gab, vor allem verfiel der Blondschopf nicht in so ein seltsames Gemurmel.
Todoroki hingegen sah eher gelangweilt drein und musterte den Dunkelhaarigen. „Konntet ihr etwas herausfinden?" Zumindest stellte der Sohn des Flammenhelden die richtigen Fragen und plauderte nicht sinnlos darauf los.
„Wir konnten nur den Namen des Schurken herausfinden, der die Verjüngungsmacke hat", gab Shota leise von sich, „Yearthief. Er meinte er würde seinen Opfern die Jahre stehlen. Aber er konnte leider entkommen, gemeinsam mit den anderen." Es war ganz allein seine Schuld, dass der Schurke davon kam. Wenn er Dabi schneller ausfindig hätte machen können, und verhindern, dass Hizashi verletzt wurde, dann hätten sie nicht fliehen können. Aizawa hatte so viele Fehler gemacht, die ihn jetzt seine Haare raufen ließ. Er hatte eindeutig nichts im Heldenkurs verloren.
„Das ist aber nicht deine Schuld!", versuchte Izuku ihn aufzumuntern, und legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. „Du hast alles richtig gemacht!" Doch die Worte brachten nicht wirklich etwas. Er konnte verstehen, dass sich sein Klassenlehrer an allem Schuld gab, schließlich hatten die anderen nur wegen ihm das Schulgelände verlassen. Aber deswegen sollte er sich nicht so fertig machen, immerhin konnten sie nicht wissen, dass die Liga im Café auf sie lauern würde. Apropos. „Es ist wirklich erstaunlich, dass die Liga immer dort auftaucht, wo wir sind ... als ob sie ständig darüber Bescheid wüssten, was wir tun", stellte der quasselnde Junge fest.
Shota seufzte und hob schließlich den Kopf. „Das klingt wirklich seltsam. Sicher, dass es hier keinen Verräter gibt?", fragte der Dunkelhaarige und ging nicht auf die Aufmunterungsversuche des Jungen ein. Er brauchte ihr Mitleid nicht, er wusste selbst, dass er nicht gut genug war, und daran würde niemand etwas ändern können. Auch wenn er vor kurzem noch begeistert von seiner Leistung gewesen war, weil Hizashi ihn gelobt hatte, wusste er dank Nemuri wieder, dass er keinen Grund hatte, Stolz auf irgendetwas zu sein, was er bei diesem Kampf vollbracht hatte.
„Laut All Might gibt es die Theorie unter den Lehrern schon länger, aber man konnte noch nicht herausfinden, ob sie wahr ist", meinte Midoriya und kratzte sich am Kinn. Angeblich hatten diese Vorkommnisse nach dem Sommercamp aufgehört, doch nun passierte es wieder. Irgendjemand schien sie zu beobachten und gab die Informationen an die Liga weiter. Das wäre die einzig logische Schlussfolgerung, wenn man bedachte, dass diese Typen überall auftauchten.
Während der Grünhaarige nach seinem Notizbuch griff, um es durchzublättern, sah Todoroki zu seinen Mitschülern, die in Gruppen zusammenstanden und plauderten. „Da die Lehrer uns nie offiziell darüber in Kenntnis gesetzt haben, nehme ich mal an, dass sie irgendwann der Meinung waren, dass es keiner der Schüler oder Lehrer ist?" Immerhin konnte er sich nicht vorstellen, dass einer seiner Mitschüler etwas verraten haben könnte, oder einer der Lehrer. Alle waren Helden und für ihre Sicherheit zuständig. Es wäre fatal, wenn einer von ihnen ein Maulwurf wäre.
Shota folgte seinem Blick, ehe seine dunklen Augen bei Hizashi hängen blieben, der gerade lebhaft einen Witz erzählte. Er konnte sich ebenfalls nicht vorstellen, dass einer dieses Chaotenhaufens ein Verräter sein könnte. Als ihr Lehrer hatte er das bestimmt eingehend geprüft. Da er niemanden von ihnen rausgeworfen hatte, mussten wohl alle sauber sein. Es konnte gar nicht anders sein. „Ich kann dir dazu leider nichts sagen", meinte Aizawa und zuckte mit den Schultern, „ich weiß schließlich nur, dass ich älter sein sollte, als ich aussehe und das für mich immer noch sehr schräg klingt." Genauso wie es schräg klang, dass er vor kurzem noch ein Fünfjähriger gewesen war, der fast von der Liga entführt worden wäre. Gerade er! Wo er doch keinen Wert für irgendjemanden hatte. Alles war so verquer und unvorstellbar. Nichts ergab Sinn.
„Das stimmt wohl", seufzte Shoto, „wir müssen immer noch herausfinden, was genau ihr Ziel ist. Aber da Denki erzählt hat, dass Toga dich erneut mitnehmen wollte, dürfte nun wohl klar sein, dass die ganze Aktion dafür da ist, um Eraserhead zu rekrutieren und auf ihre Seite zu ziehen." Anders konnte es sich der Rot-Weißhaarige nicht vorstellen. Es ergab sogar sehr viel Sinn und passte zu den Überlegungen, die sie vor ein paar Tagen schon angestellt hatten. Immerhin hatte die Verjüngungsmacke Aizawa getroffen und seither versuchte die Liga ständig, ihn mitzunehmen. Shigaraki fand ihn schließlich cool, da war es nur logisch, wenn Eraserhead jünger machte, und versuchen würde, sich mit ihm anzufreunden. Jedoch war der Boss der Liga bisher noch nie aufgetreten.
Allerdings war diese Theorie eher amüsant für Shota. „Ja klar ... weil irgendjemand scharf auf einen Schwächling ist, der nur kurz die Macken anderer blockieren kann, aber ansonsten vollkommen nutzlos im Kampf ist. Aber ich weiß schon, worauf du hinaus willst", seufzte Shota, und legte seinen Kopf wieder auf die Tischplatte, „ich habe die Macke eines Schurken und würde wunderbar zu ihnen passen. Die Leier wird langsam öde." Wie oft musste er noch hören, dass er nur dazu gut war, böse zu werden. Eigentlich hatte er gehofft, dass sie damit aufhören würden, wenn er erst einmal an der UA im Heldenkurs war, aber er hatte vergessen, dass Kinder immer gleich fies blieben, ebenso wie seine Eltern.
„So war das nicht gemeint!", merkte Izuku sofort an, doch er konnte nichts weiter anfügen, als plötzlich die Klassenzimmertür aufging und Yagi eintrat. Scheinbar würde der Blondschopf nun die Englischstunden übernehmen, weil Yamada im Moment als Lehrer kaum geeignet war. Müde wirkend trat er vor die Klasse und setzte ein Lächeln auf, als er in die Gesichter blickte. So ganz gesund war er wohl nicht, aber er wollte auch nicht zulassen, dass die Schüler zu viel Freizeit hatten. In dieser Zeit kamen sie nur auf dumme Ideen, wie die letzte Aktion gezeigt hatte.
„Hello, Class! Please take your seats. Let's start this lesson with ..." Obwohl Yagi sich scheinbar gut für den Unterricht vorbereitet hatte, ging der Rest seines Satzes in einem Hustenanfall unter. Vielleicht hätte der dürre Blondschopf wohl doch lieber noch ein bisschen länger auf der Krankenstation bleiben sollen. Es dauerte eine Weile bis er sich wieder beruhigte und normal atmen konnte.
Noch immer ging Yagis Atem rasselnd, da schnellte schon Yamadas Arm nach oben. „Yo, All Might, brauchen Sie Hilfe, oder so? Alle meinen, dass ich hier normalerweise das Englischgenie bin, also kann ich das gern für Sie übernehmen!", bot er freundlich grinsend an, obwohl es ihn eher beunruhigte, dass der große Held, zu dem sie bisher immer aufgesehen hatten, nun so ein gruseliges Klappergestellt war, der Hilfe benötigte. Was war nur aus den Helden in den letzten Jahren geworden?
Sofort hob Shota seinen Kopf und warf Yamada einen bösen Blick zu. Wie konnte Hizashi nur so respektlos sein? Hatte er denn nichts aus der letzten Stunde gelernt, in der er sich blamiert hatte? Aizawa seufzte schwer und ziemlich laut, was die Blicke der anderen auf sich zog. Als ihm das bewusst wurde, machte er sich klein. Irgendwie war heute einfach nicht sein Tag.
„Das ist nett von dir, Hizashi, aber ich schaffe das schon", meinte Toshinori freundlich über die freche Art des jungen Voiceheros hinweglächelnd. Yagi wusste bereits von Ectoplasma, dass die jüngere Version von Yamada noch ein kleines bisschen ungehaltener ist, als er es als Erwachsener war. Unterricht mit der 1A war schon immer eine Herausforderung gewesen, aber im Moment war es noch mehr Plus Ultra. „Aber es ist schön zu sehen, dass es dir gut geht. Laut Recovery Girl hast du bei dem Kampf gegen die Liga einiges einstecken müssen", fuhr der ehemalige Profiheld munter fort, „was mich zu einem wichtigen Punkt führt: Eurer Strafe!" Ein Raunen ging durch die Klasse. „Alle, die es für notwendig hielten, Aizawa zu einem Ausflug zu überreden und zu begleiten, werden gemeinsam mit ihm die nächsten Tage damit verbringen, den Gemeinschaftsraum sauber zu halten, und das Klassenzimmer." Selbst wenn es für heftige Diskussionen im Lehrerzimmer gesorgt hatte, Aizawa zu bestrafen, da er eigentlich einer der Lehrer war, hatten sie am Ende doch entschieden, dass es sein musste. Immerhin war es wichtig keine Ausnahmen zu machen. Sie hatten alle die Regeln gebrochen und da der Dunkelhaarige im Moment ein Teil seiner Klasse war, wurde er ebenso wie sie behandelt.
Denki seufzte ziemlich laut, und Mineta brach theatralisch in Tränen aus. Shota hingegen begann auf seiner Unterlippe herum zu kauen. Das alles fühlte sich nicht richtig an. Langsam und zögerlich hob sich sein Arm. „Ja, Shota?", rief Yagi ihn sofort auf. Ein wenig überrumpelt davon, das es so schnell passiert war, dass er aufgerufen wurde, schluckte der Dunkelhaarige erst einmal. „Ähm ... Ich ... ich nehme die Strafe auf mich ... allein ... Ich meine, die anderen können ja nichts dafür, es war meine Schuld und ich habe die Erlaubnis gefälscht und Nemuri angelogen." Er würde auch alleine alles putzen und nachsitzen, solange die anderen wegen ihm keine Strafe bekamen. Das wäre immerhin nicht fair.
„Ach komm schon, das macht uns nichts aus! Wir stehen das zusammen durch", versicherte Kaminari ihm. „Außerdem kann ja keiner was dafür, dass diese bescheuerte Liga ständig auftaucht", mischte sich auch Sero ein. „Ganz ehrlich, wir machen das schon", meinte Mina und streckte einen Daumen hoch. Keiner der Schüler, die mit ihm beim Café waren, schien sich vor der Strafe drücken zu wollen, obwohl sie ihnen zuwider war. Ob sie das nur taten, weil sie nicht wollten, dass er sich später als ihr Lehrer an ihnen rächte?
Dieser Zusammenhalt der Klasse ließ auch Yagi lächeln, vor allem als er Shotas überraschte Miene sah. „Aber wäre es nicht wichtiger, herauszufinden, wer zum einen der Verräter an der Schule ist, der die Liga ständig an die richtigen Orte führt, um uns angreifen zu können und zum anderen, wie man diese Macke beendet?", mischte sich Todoroki ein. Natürlich war Strafe wichtig, aber damit kamen sie nicht weiter und schon gar nicht an den Kern des Problems.
Toshinori hatte Mühe, sein Lächeln nicht fallen zu lassen, als er diese Worte hörte. „Lasst das bitte die Sorge der Lehrer und Helden sein", bat er die Schüler und warf einen strengen Blick in die Runde, „vor allem solltet ihr euch lieber auf eure Ausbildung konzentrieren und darauf, die Regeln einzuhalten." Hoffentlich würde dieser Zusatz reichen, um zu verhindern, dass sie auf eigene Faust ermittelten. Vor allem aber warf er kurz Izuku einen Blick zu, woraufhin der Junge ein wenig einsank. Allein diese Geste verriet ihm, dass wohl sein Schützling die Theorie der Lehrer ausgeplaudert hatte. Wieso musste er Midoriya nur ständig daran erinnern, keine Geheimnisse mit seinen Klassenkameraden zu teilen. Er musste wohl später noch einmal mit ihm reden. Aber jetzt war dafür keine Zeit. „Dann lasst uns jetzt endlich den Unterricht starten." Mit diesen Worten, wandte sich Yagi der Tafel zu und begann endlich damit, den heutigen Stoff durchzunehmen.
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