Die Lager
Nele
Als wir eine Weile gingen, spürten wir hastige Blicke auf uns. Manche Magier liefen uns entgegen, und Sytrix verwandelte sich in diesen Momenten in einen Wolf. Zähnefletschend biss er wie ein fast unkontrollierbarer Gestaltwandler nach meinen Feinden. Doch jedes Mal hatten wir Glück. Nie warfen die Magier genaue Blicke auf die Zusammenstellung von mir und Sytrix. Sie dachten wahrscheinlich, ich wäre auch eine Magierin.
Nach längerer Zeit verwandelte Sytrix sich wieder mal zurück und knickte ein. Ich stützte ihn noch rechtzeitig, bevor er kraftlos auf den Boden fiel. Und sein Hals ein Feuermal entblößte.
Als Sytrix das bemerkte, verdeckte er das Zeichen, aber es war schon zu spät. Ich hatte schon das Zeichen der Feuerbändiger erkannt. Ein feuerroter Kreis mit einem schreienden Phönix.
Es war kurz fast verblasst, aber dann leuchtete es wieder und Sytrix zuckte stumm. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sah er ein, dass wir nicht weitergehen konnten und ließ sich auf das Gras fallen.
,,Woher hast du das?", flüsterte ich. Zuerst antwortete Sytrix nicht. Dann zog sich ein gequältes grinsen über sein Gesicht. ,,Glaubst du Magier töten nur die Menschen, die sich im Untergrund befinden?" Ich schluckte schwer.
,,Nicht nur Menschen sind das Ziel. Es gibt auch Halblinge. Sie sind zur Hälfte Mensch und zur Hälfte Magier. Und Magier hassen sie. Sie errichten Lager, manchmal in der Oberfläche, manchmal in Untergründen die ,gesäubert' sind." Sytrix machte eine Pause. Seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt.
,,Was... Passiert mit ihnen?", fragte ich, obwohl ich es schon düster ahnte. ,,Sie werden aufgeteilt. Kinder bekommen ein Feuermal. Es hält sie auf ihre Kräfte zu benutzen. Außer sie sind Mischlinge. Jedes Mal... Wenn Mischlinge ihre Fähigkeiten und Magier Kraft nutzen, schwächt es sie. Manche sterben direkt. Manche werden kaltblütig ermordet."
Sytrix strich über sein Feuermal. Es schien lebendiger zu werden, zu pulsieren. ,,Und was passiert mit Halblingen und Erwachsenen?", wollte ich wissen, obwohl jedes seiner Worte mir einen kalten Schauer über den Rücken liefen ließ.
,,Kinder, die das Feuermal besitzen? Es kommt auf ihre Willenskraft an. Die meisten werden in ein paar Jahren von innen verbrannt. Andere, die länger überleben und das Sterben ihrer Mitgefangenen miterleben müssen, werden bis zu ihrem Erwachsenleben von Schmerzen geplagt. Oft halten sie es nicht bis zum älter werden aus und bringen dich selbst um, bevor Magier es tun, falls neuer Platz geschaffen werden muss. Oder sie lernen damit umzugehen und werden älter als die anderen. Das Mal frisst sie von innen auf. Das ,Feuer' breitet sich aus, dringt in alle Körperteile ein, Knochen, Magen, Lunge... Und wenn Magier nicht mitten in der Nacht zu ihn gehen und sie umbringen... Werden sie vor allen Augen..." Sytrix machte nur einen Strich mit seinem Finger an seiner Kehle. ,,Das ist grausam.", brachte ich heraus. Mir lag nur noch eine Frage auf der Zunge, und ohne das ich denken konnte, kam sie schon aus meinem Mund: ,,Also einfach nur-", Ich starrte meinen Gegenüber an. ,,Nein. Manchmal, wenn ein hoch gestellter Aufseher kommt, werden die Opfer aufgeschlitzt. Verbrannt... Oder zerfleischt." Ich wusste nicht, wie emotionslos Sytrix diese schrecklichen Informationen überbrachte. ,,Woher ich das weiß? Ich bin ein Mischling. Und bin in so einem Gefangenen Lager aufgewachsen."
Ich brachte nur ein keuchen zustande.
,,Mir geht es besser. Wohin sollen wir?", Lenkte Sytrix ab und stand auf.
,,Zum nächsten Untergrund.", antwortetete ich mit belegter Stimme.
,,Es ist Vergangenheit. Ich bin frei, meine Familie wurde von Raben gefressen. Es ist alles vorbei.", sagte er trocken und lächelte schwach.
Ich nickte und er half mir auf.
Er roch in der Luft. ,,Niemand in der Nähe. Aber ein Untergrund ist auch nicht weit entfernt.", stellte mein Begleiter fest und ich folgte ihm. Mit schrecklichen Gedanken, die mir mehr Angst machten, als meine kleine Schwester und meinen Vater zu verlieren.
Als wir den nahe liegenden Untergrund erreicht hatten, stieg Sytrix als erstes Eisensprossen hinunter. Sie führten zu einem kleinen Raum. Durch eine flackernde Glühbirne machten wir eine verrostete Tür auf. Sie war sperrangelweit offen. Als ich auf die Tür zuging, zog mich Sytrix zurück.
,,Sie sind da.", murmelte er angespannt und ich wusste was er meinte. Nur durch einen kurzen Blick in den Untergrund, der sich hinter der Tür verbarg, sah man riesige Zäune in Abteile aufgeteilt. So groß, als wollte man mehrere Tiere einsperren. Doch dort befanden sich keine Tiere. Kinder. Erwachsene.
Eng eingesperrt hörte man Schreie, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen. ,,Du darfst da nicht rein." Sytrix hatte meinen entschlossenen Blick gesehen. ,,Wir müssen ihnen helfen! Mir ist es egal, ob du mitkommst oder nicht. Aber ich helfe ihnen. Dort sterben Tausende!", entschied ich und trat zur Tür. ,,Dort sterben viele. Und viele sind so wie du."
Sytrix nahm meine Hand. ,,Gut. Ich komme mit dir." Seine Berührung fühlte sich gut an. Schon entglitt mir seine Hand wieder und wir schlichen so leise wie möglich zu dem Lager hin.
Wir hörten wieder einen Schrei, als wir um das Lager gehen.
,,Keiner, aber auch wirklich keiner tut das wieder, verstanden?", hörten wir eine Stimme. Zustimmendes Gemurmel.
,,Wie befreien wir sie?", zischte Sytrix mir ungeduldig zu und ich überlegte angestrengt. Doch es war umsonst. Eine Wache ging an uns vorbei. Erst schien es, er würde denken, wir wären normale Magier wie er, aber dann riss er seine Augen auf.
,,Du!", brüllte die Wache, wahrscheinlich um andere zu alarmieren. Sytrix fluchte. Kannten sie sich? ,,Renn.", forderte much Sytrix auf, doch ich rührte mich nicht von der Stelle. Die Wache grinste hämisch und formte bereits einen Feuerball.
,,Renn endlich!", schrie Sytrix mich an. Doch ich kämpfte mit mir selbst. Eigentlich wollte ich seinem Befehl folgen, aber gleichzeitig behaarte ich darauf, bei ihm zu bleiben. ,,Das Feuermal würde sich gut auf deiner Hand machen,"Die Wache grinste und warf den geformten Feuerball auf mich.
,,Nein!", Sytrix trat vor mich. Er ächzte. Sein Feuermal zwang ihn auf die Knie. Und er fing an zu brennen. ,,Nein!", kreischte ich und lief automatisch los.
,,Die anderen kümmern sich um dich!", echote die Wache noch bevor er sich meinem neuem Begleiter zuwandte. Sytrix hatte nun ein zweites Feuermal.
Ich weinte. Ich weinte um Sytrix. Ich weinte um die hilflosen Hablinge und Mischlinge die in diesem Moment überall starben. Ich weinte um mich selbst, dass Hoffnungsfunken meine Familie zu finden verschwand.
So schnwll wie möglich hetzte ich mich weiter zu einem Untergrund Raum. Ein Raum wo Menschen gestorben waren. Ich konnte quasi noch das Blut riechen, dass geflossen war. Das Menschen das Lebwn gekostet hat.
Ich versuche die menschlichen Trophäen nicht zu beachten und konzentriere mich auf ein passendes Versteck. Ich fand keines. Der Raum war ohne keinerlei guter Möglichkeiten, sich vor anderen beinahe unsichtbar zu machen. Man hat dies nahezu in jedem Untergrund.
Unruhig quetschte ich mich zwischen Klamotten. Manche schienen blutdurchtränkt zu sein. War dieser Raum etwa für Tote gedacht?
Plötzlich flog die Tür auf. Jemand schlurfte so nah an mir vorbei, sodass ich sogar den Schweiß Geruch riechen konnte. Mit angehaltenen Atem wartete ich, bis die Persob wieder nach draußen ging. Und machte mich über das Essen her, was derjenige hatte liegen lassen. Ich verschluckte mich fast, als ich beim Dörrfleisch an Sytrix dachte, der hinter mir zu verbrennen scheint, verschlucke ich mich fast.
Wieso hatte er sich für einen Menschen geopfert? Mir fällt etwad von dem Buch ein, dass sich in meiner Tasche befand
,,Wir geben nicht auf! Eines Tages werden wir hervorkommen und uns wehren. Doch jetzt erstmal müssen wir einfach zusammenarbeiten. Wir sind Menschen. Und wir sind alle gleich!"
Vielleicht hatte Sytrix such deshalb geopfert? Ich tastete nach dem Buch. Sytrix hatte es den ganzen Tag bei sich getragen. War es nun verbrannt?
Doch obwohl mein ganzer Körper protestierte, legte ich mich in mein Versteck und fing an zu schlafen.
Ich wachte durch einem Gespräch auf.
,,Mischling 4890?", fragte eine Wache eine andere neugierig. ,,Ja, der der als Kind entkommen ist. Er ist einfach zurückgekommen! Das Mädchen finden wir schon noch.", erzählte die andere Wache. Ich schluckte schwer und nachdem sie gegangen waren, machte ich mich auf den Weg zu Sytrix. Oder wo ich vermutete, wo er war.
Ich ließ einen Blick über den Bereich schweifen. Ich entdeckte in der Nähe jemanden, der ungefähr in meinem Alter sein musste. Doch von meinem Begleiter fehlte jede Spur.
Vorsichtig näherte ich mich den Jungen. Irgendwie vertraute ich ihm.
,,Wer bist du?", krächzte der Junge leise, als er mich sah. ,,Nele." ,,N-E-L-E?", buchstabierte er meinen Namen heiser.
,,L-I-L-L-Y.", brabbelte er. ,,Lilly?", hatte ich nach. ,,L-I-L-L-Y. P-A-P-A.", stotterte der Junge. ,,Wo sind sie? Sind sie tot?", drängte ich den Jungen aufgeregt.
Doch das sprechen fiel ihm schwer. Durfte er in dem Lager nicht reden?
,,L-E-B-E-N.", brachte er noch heraus, bevor seine Stimme komplett abbrach und er abwesend in die Leere starrte.
,,Danke.", bedankte ich mich und bekam das Bedrängnis, ihn zu befreien. Alle zu befreien.
Da nahm ich Sytrix wahr. Er lag vor Schmerzen gekrümmt umringt von Wachen, die ihm anscheinend quälten. Ich wurde wütend. Und in dem Moment, als ich versuchen wollte, irgendetwas dagegen zu unternehmen, fühlte ich eine Hand, die sich um meine schloss. Verwirrt blickte ich um mich. Doch niemand befand sich in meiner Nähe. ,,Mir geht es gut. Geh einfach.", hörte ich Sytrix Stimme. Neben ihm saß ein Mädchen, dass mich angestrengt fixierte. Lautlos formte sie Wörter.
,,Ich spreche für ihn." Das Mädchen winkte leicht, dann konzentrierte sie sich wieder. ,,Er wird bald sterben. Genieße den Augenblick.", ,,Ich bleibe."
Meine Stimme bebte und mein Körper zitterte. Die Stimme von Sytrix und dem Mädchen verschwand.
Ich wand mich ab, als ein lautloser Schrei aus der Kehle des Mädchens ertönte und Blut floss.
Ich wollte weinen. Meine Tränen sollten ohne Pause über meine Wangen laufen. Doch nichts dergleichen geschah.
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