5 || 04:00

Schweißgebadet wache ich auf und knipse das kleine Licht neben meinem Bett an. Noch immer laufen die Bilder vor meinem inneren Auge ab. Sobald ich die Augen schließe sehe ich wieder das Messer vor mir. Und Ash. Es ist doch verrückt. Er ist reich, hat einen riesiges Haus, genug zu Essen und sonst auch alles was er sich wünschen kann und trotzdem hat er mir geholfen. Er hat sein eigenes Leben in Gefahr gebracht, um mich zu retten, obwohl nicht mal mehr klar war, ob ich das überlebe. Und jetzt will er mich nicht mehr loslassen. Es fühlt sich an, als würde es sich an mich festklammern und ich könnte nichts tun als mitgehen. Das ist doch verrückt!

Zitternd schlinge ich die Arme um mich. Die Angst steckt mir noch immer tief in den Knochen.

Es klopft an der Tür.

"Miss? Ist alles okay bei ihnen?", ruft einer der Wachen und ich antworte ihm leise, dass alles gut ist und ich nur schlecht geträumt habe.

"Na dann. Sagen sie nur Bescheid wenn etwas ist."

Ich lache leise und freudlos.

***

Die nächsten zwei Tage bleibe ich fast die ganze Zeit in meinem Zimmer eingesperrt und nur zu den Mahlzeiten wird die Türe geöffnet. Ash bekomme ich die ganze Zeit nicht zu Gesicht und als ich einmal nach ihm frage, erklärt mir die Wache, das so viel mit den Vorbereitungen der Hochzeit zu tun ist, dass er keine Zeit hat, nach mir zu schauen.

Ich langweile mich in meinem Zimmer zu Tode. Immer wieder rufe ich den Wachen vor meiner Tür zu sie sollen mir endlich ein Schloss einbauen, damit ich nicht jedes Mal zum rausgehen klopfen muss.

Inzwischen habe ich schon alle Bücher aus den Regalen durchgelesen und jeden Winkel des Zimmers nach was auch immer abgesucht. Doch ich habe nichts gefunden, außer einmal eine tote Ratte.

Jetzt tigere ich mal wieder ruhelos vor der Tür herum, auf der Suche nach einer Sache die ich tun kann, damit ich hier nicht noch verrückt werde.

"Miss Jane?", fragt da mein Leibwächter.
Ich antworte nicht, also spricht er einfach weiter.

"Der Herr ist da. Und möchte sie sprechen. Gewährt ihr ihm den Einlass?" Ich pruste los. Also das ist jetzt wirklich übertrieben. Ich komme mir ja vor wie im Märchen.

"Sie muss mir nicht erlauben, in meinem eigenen Haus rumzulaufen! Los, lasst mich durch", höre ich die wütende Stimme von Ash.

Ich verdrehe die Augen. Der hat ja eine Laune!

Die Tür fliegt krachend auf und Ash stürmt herein. "Los, setz dich", sagt er und deutet auf den kleinen Tisch neben der Tür.
Zögernd gehe ich auf ihn zu und seine Finger trommeln ungeduldig auf die Tischplatte, bis ich schließlich sitze.
„Ich schätze es gibt keine guten Neuigkeiten, oder?", seufze ich und er schaut mich stirnrunzelnd an.
„Wie kommst du denn darauf?"
„Du müsstest mal dein Gesicht sehen." Belustigt hebe ich eine Augenbraue und er zieht eine Grimasse.
„Ich bin nur im Stress. So ist das eben eine Woche vor seiner Hochzeit."
„Ach so. Aber ich schätze, für mich gibt es trotzdem keine guten Neuigkeiten? Also das du mir endlich einen Job gibst? Sonst gehe ich jetzt nämlich durch diese Tür und verschwinde auf nimmerwiedersehen. Ich warte seit Tagen, Ash! Du meintest, ich solle unbedingt hierbleiben und dann zeigst du dich tagelang nicht?! Ich fühle mich wie eine Gefangene!", rufe ich anklagend und er verzieht den Mund.
„Wie man's nimmt."
Ich schaue ihn fragend an.
„Na ja, kommt darauf an, ob du gerne bereit bist, einer Lady zu dienen..."
„Wie bitte?"
„Jane. Meine Verlobte braucht dringend eine neue Zofe, da ihre alte gestern leider verstorben ist. Und weil es schwer ist, so schnell eine neue und gute Kammerdienerin für Priscilla zu finden, mussten wir improvisieren. Ich habe meinem Dad gesagt, dass ich eine gute und qualifizierte Zofe kennen würde und sie morgen mitbringe. Jane, ich möchte das du bei mir bist. Du hast diese.... Ausstrahlung und wenn du da bist fühle ich mich nicht ganz so verloren. Außerdem könntest du etwas aus deinem Leben machen und Geld verdienen."
„Als Zofe?"
„Das ist heutzutage ein hochangesehener Job hier in Großbritannien."

Entgeistert starre ich ihn an. „Ich soll also ernsthaft die Zofe deiner Verlobten werden?"
Er nickt. „Ich musste bei diesem Job sofort an dich denken. Du kannst gehorchen, sagst aber auch offen deine Meinung, was mich vielleicht vor manchem schrecklichen Kleid bewahren wird." Er zwinkert mir zu. „Außerdem kannst du Haushaltliche Dinge, bist klug und gebildet und hast auch noch Mut. Das alles sind Dinge die man als Kammerzofe braucht und ich denke wir können froh sein, jemanden wie dich zu haben."
Er macht eine Pause und schaut mich ernst an.
Ich lache los. "Du meinst das wirklich ernst, oder?"

"Klar!"

"Ash, ich wollte die Welt sehen, aus dieser Stadt hier raus. All das hinter mir lassen. Und jetzt soll ich hier für dich arbeiten?"

Er legt mir vorsichtig eine Hand auf den Arm. "Es tut mir leid, Jane. Aber ich fürchte du hast keine Ahnung was dich überhaupt da draußen erwartet. Wenn du hierbleibst hast du einen Job, eine Absicherung und kannst Geld verdienen. Du bekommst essen und Kleidung und du könntest dich hocharbeiten. Ich will dir eine Chance bieten, verstehst du? Und dich nicht versklaven."

Ich schaue ihn stumm an. Seine Augen glänzen und an manchen Stellen blitzen kleine, schillernde, grüne Streifen auf, die aber immer sofort wieder verschwinden und einen glauben lassen, man hätte sich das alles nur eingebildet, bis sie in der nächsten Sekunde an einer anderen Stelle wieder auftauchen.
Seine Augen sind nicht besonders, eher schlicht. Und doch würde ich sie überall wieder erkennen. Sie sind so braun, wie Mom's Marmorkuchen, den sie mir immer an Weihnachten backt. Nur eben mit diesem Grünton, der sie so besonders macht wie auch Weihnachten immer ist.

In diesem Moment klopft es leise an der Tür. Nur mit Mühe kann ich den Blick von Ash abwenden, um zu schauen wer uns stört. An der Tür steht ein Diener mit einem schwarzen Anzug und einem Karabinerhaken Tattoo auf dem Arm und verbeugt sich vor Ash.
„Herr? Verzeihen sie bitte die Störung, aber Lady Priscilla wünscht ihre sofortige Anwesenheit in ihren Gemächern", sagt er und wirft Ash einen bedeutungsvollen Blick zu, bevor er sich umdreht und wieder nach oben verschwindet.
Ash fährt sich nervös durch die Haare und als er mich anschaut, bemerke ich, das er ein bisschen durch den Wind aussieht. Vielleicht haben ihn ja meine Augen genauso fasziniert wie mich seine.

Wie geht es euch?

Falls ihr mal reden möchtet, ich bin da. :)

Schönen Tag!

Lory. <3

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