Prolog

Ich war gerade auf dem Weg zur Bergbahn und genoss die frische, klare Bergluft. In meiner Tasche hatte ich Essen, mein Taschenmesser, etwas Trinken, Seile und Haken und meine Taschenlampe, da ich heute zu den Höhlen hochklettern wollte, die sich am Gipfel des Berges befanden. Ich stieg in die Gondel, die mich über eine unpassierbare Stelle brachte.
Als ich die Station am oberen Ende der Felswand erreichte stieg ich aus und sah mich um. Es würde wohl ein recht warmer Tag werden, denn ich konnte sehen wie die Sonne über den Dolomiten in den wolkenlosen Himmel aufstieg.
Nachdem ich noch einmal tief einatmete, machte ich mich an den Aufstieg.
Ich weiss, mit meinen gerade mal achtzehn war es leichtsinnig alleine in den Dolomiten zu klettern, aber ich bin nicht auf den Kopf gefallen und außerdem bin ich sehr geschickt. Während ich den Wanderweg entlang ging, band ich meine hellbraunen Haare zu einem einfachen Zopf zusammen.
Nachdem ich den Weg schon einige Minuten entlanglief, wehte mir eine kühle Briese entgegen. Ich schloss die Augen und genoss das frische Gefühl auf meiner Haut. Doch sofort wurde aus der Briese ein kräftiger Windstoß, der auch viel kälter war.
Ich öffnete meine Augen und was ich sah verschlug mir den Atem. Statt des dichten Waldes zu beiden Seiten, sah ich vor mir den Gipfel eines Berges, der von Schnee bedeckt war. Um mich herum toste ein gewaltiger Schneesturm.
Das erste was mir durch den Kopf schoss war, dass ich einen Unterschlupf finden musste. Also machte ich mich auf den Weg zum Berg, der direkt vor mir lag.
Ich musste ziemlich weit oben sein, da ich keinen größeren Berg ausmachen konnte. Als ich mich bis zum Fuße des Berges vorgekämpft hatte, sah ich mich um. Da entdeckte ich den Eingang zu einer Höhle.
Sofort watete ich durch den Schnee darauf zu. Als ich sie betrat stockte mir der Atem. Was ich sah war gleichermaßen unglaublich und beängstigend. Direkt vor mir lag das Skelett eines Drachen und füllte mit seiner Größe die gesamte Höhle aus...
Ich betrachtete ungläubig das was da vor mir lag, denn es war schließlich ein Drachenskelett und ich liebte Drachen und las viele Fantasy-Bücher. Zu meinen Lieblings-Büchern zählte die komplette Eragon-Reihe und ich konnte die alte Sprache auswendig, doch da kam mir ein anderer Gedanke
Warte mal, theoretisch sollten Drachen nicht existieren. Das bedeutet dieses Skelett dürfte gar nicht hier sein. Ich ging weiter in die Höhle hinein und berührte eine der Rippen ganz leicht mit dem Zeigefinger. Sie war da, ich spürte den Widerstand. Und doch hatte ich das Gefühl ich würde träumen. Um sicher zu gehen, dass ich wirklich wach war kniff ich mich selbst in die Schulter. Als ich den Schmerz spürte, war ich mir sicher, ich träumte auf keinen Fall.
Aber wie ist das Skelett bitte in die Höhle gekommen? Ich meine, es ist doch kein Drache vorbeigekommen und spontan mal gestorben.
Ich ging zwischen zwei Rippen hindurch auf die Mitte zu, in der sich eine Mulde befand, als mir noch etwas auffiel.
Meine Kleidung fühlte sich komisch an und meine Schultern schwerer. Nachdem ich meinen Blick an mir hinabgleiten ließ, wusste ich auch warum. Meine komplette Kleidung hatte sich verändert. Aus der schwarzen Kapuzenjacke war ein weiter, schwarzer Umhang geworden und aus meinem Rucksack eine lederne Umhängetasche.
Auch der Rest meiner Kleidung hatte sich geändert, ich sah nun aus, wie eine Cosplayerin zu irgendeinem Fantasy-Rollenspiel. An sich eigentlich total cool, wäre da nur nicht die Tatsache, dass ich keine Ahnung hatte wo diese Kleidung verdammt nochmal herkam.
Was zur Hölle geht hier eigentlich ab? Ich meine ja nur, ich bin verdammt nochmal nur WANDERN gegangen und auf einmal stehe ich mitten in einem f***ing Schneesturm, in Kleidung die mir nicht gehört und finde zu allem Überfluss auch noch ein DRACHENskelett! Diese Situation könnte genau so gut aus irgendeinem SciFi-Anime, oder so sein!
Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, ich bin in irgendein Fantasy-Universum geraten.
Erstaunlich, wie einfach ich das glaube und irgendwie beunruhigend.
Aber ich war schon immer davon überzeugt, dass es mehr gab, als nur unser Universum. Nun stellte sich mir eine andere Frage: Wie zur Hölle bin ich hier gelandet?
Während ich so darüber nachdachte, ließ ich mich auf dem Boden nieder, welcher hier mit Stroh, kleinen Ästchen und anderen weichen Materialien ausgepolstert worden war. Anscheinend war das hier das Nest des Drachen, der es wohl bis zu seinem Tod beschützt hatte.
Die Vorstellung war traurig, doch was hatte er beschützt? Ich sah mich in der Kuhle um, konnte aber weder einen Schatz, noch etwas anders entdecken.
Man hatte das Nest anscheinend schon geplündert.
Gerade als ich mich wieder bequem hinsetzen wollte sah ich einen bläulichen Schimmer zwischen den Ästchen und dem Stroh.
Sofort krabbelte ich, über den Boden, zu der Stelle wo ich das Schimmern glaubte gesehen zu haben. Ich schob das Stroh weg und was ich da auf dem Boden, zwischen all dem Stroh, sah ließ mein Herz erneut kurz aussetzen, nur damit es sofort danach, vor Freude, mit doppelter Geschwindigkeit weiter schlug.
Dort, direkt vor mir auf dem Boden, lag ein großer ovalener Stein, der einen ähnlichen Farbton, wie der Nachthimmel hatte. Aber natürlich erkannte ich, als großer Fan von Fantasy, um was es sich wirklich handelte. Das dort war hundertprozentig ein Drachenei.
Das hatte der Drache also mit seinem Leben beschützt - sein Baby!
Ich nahm das Ei aus dem Stroh und legte es auf meinen Schoß, um es auf irgendwelche Schäden zu untersuchen. Doch ich fand keinen einzigen Kratzer, was mich erleichtert aufatmen ließ. Ich überlegte und kam zu dem Schluss, dass ich nun auf das Ei aufpassen würde bis es vielleicht schlüpft.
Nachdem ich diesen Entschluss gefasst hatte, betrachtete ich das Drachenei auf meinem Schoß. Es war dunkelblau und schimmerte in einem perlmuttenen hellblau. Je länger ich es betrachtete um so mehr Details entdeckte ich.
Doch auf einmal spürte ich ein leichtes Pochen aus dem inneren des Ei's.
Als ich leicht dagegen klopfte, wurde das Pochen deutlicher. Es wurde immer stärker bis ein Knacken ertönte. Auf der Oberfläche hatten sich haardünne Risse gebildet und sie begannen stetig länger zu werden. Und mit einem weiteren, lauteren Knacken brach ein Teil aus der Schale. Als ich endlich begriff, was vor sich ging, half ich so gut ich konnte, indem ich weitere Stücke aus der Eierschale herausbrach.
Am Ende saß, direkt auf meinem Schoß, ein kleiner, dunkelblauer Drache und sah mich neugierig, aus himmelblauen Augen an. Dann begann er sich die Eihülle, die sich noch um ihn herum befand, abzulecken.
Man sah schon den Ansatz der Hörner und einer Art ''Mähne'' aus Stacheln und längeren Schuppen, außerdem konnte man zwei schneeweiße Fänge sehen, welche ein wenig aus seinem Maul ragten, sowie kleine Krallen in derselben Farbe. Entlang der Wirbelsäule verlief eine Linie aus kleinen Zacken, welche im Nacken eine größere, muldenartige Lücke hatte. Trotz seiner Größe von vielleicht 25cm, wirkte er würdevoll und anmutig.
Doch als ich meine Hand ausstreckte und sie an seinen Kopf legte, um ihn zu streicheln, durchzuckte ein Energiestoß meinen Körper, der von meiner Hand zu meinem Arm schoss und wie flüssiges Feuer in meinen Adern brannte. Panisch zog ich die Luft ein.
Ich kann mich nicht bewegen.
Mein ganzer Körper zitterte unter den Schmerzen und ich fiel nach hinten, wo ich, gegen den Rand des Nestes gelehnt, liegen blieb.
Nach etlichen Minuten kam langsam die Wärme in meinen Körper zurück, nur meine Hand war noch taub und der Arm kribbelte. Verängstigt sah ich den kleinen Drachen an, welcher immer noch auf meinem Schoß saß und mich eingehend beobachtete.
Auf einmal spürte ich, wie etwas mein Bewusstsein streifte, es verdichtete sich zu einem besorgten Gedanken. Es war als hätte jemand meinen Geist von einer unsichtbaren Mauer befreit und ich hätte nun die Möglichkeit ihn auf Wanderschaft zu schicken, doch so recht traute ich mich nicht.
Sofort nachdem ich die Verbindung löste, verschwand die neue Sinneswahrnehmung.
Von diesem Gefühl habe ich schon mal gelesen! Und zwar als Eragon zum ersten Mal Saphira berührt hat! Aber das konnte nicht sein! Ich meine, ich bin doch nicht gerade eine Bindung mit einem Drachen eingegangen... Oder?
Es gab eine simple Lösung um das herauszufinden, ich müsste mir nur meine Hand ansehen. Als ich meine Hand umdrehte, um meine Handfläche zu betrachten, stockte mir der Atem.
Dort bildete sie sich, wie zum Beweis fast leuchtend, die Gedwëy Ignasia. Ein silbrig-weißes, diffus schimmerndes Oval auf meiner Handfläche.
Ach du heilige...! Heisst das etwa, dass dieses kleine, nachtblaue Wunder auf meinem Schoß nun mein ganz eigener Drache ist?!
Es war gleichermaßen cool, wie verängstigend. Denn ich hatte keine Ahnung wie ich Nahrung für mich auftreiben sollte, geschweige denn für einen Drachen, der auch noch größer werden würde. Und doch, ich würde es schaffen, da war ich mir sicher.
Ich nahm den Drachen zwischen meine Hände und sah ihm in die Augen.
"Ich werde auf dich aufpassen. Versprochen!", flüsterte ich so leise, dass es fast in dem Sturm unterging, welcher draußen immer noch tobte.
Sein Blick sagte mir, dass er mich, trotz seines jungen Alters, verstanden hatte. Da kam mir eine andere Frage in den Sinn:"Hast du Hunger?"
Wieder tastete etwas nach meinem Bewusstsein, doch dieses Mal war es keine Besorgnis, sondern ein überwältigend großer Hunger. Das war mir Antwort genug und ich griff in meine Tasche in der sich zum Glück noch alles befand, auch einige belegte Brote und drei Äpfel.
Ich nahm eines der Brote, auf denen Salami war, nahm diese runter, schnitt sie mit meinem Taschenmesser in kleine Stücke und hielt dem kleinen eines hin. Das nun Butterbrot aß ich, während ich dem kleinen weiter die Wurst verfütterte.
Nachdem er alle drei Scheiben gefressen hatte, rollte er sich auf meinem Schoß zusammen. Er schlief jedoch nicht ein, sondern döste vor sich hin.
In diesem Moment fiel mir etwas ein, ich sagte zwar immer "Er", aber wissen tat ich es nicht genau.
"Was bist du eigentlich?" Er - oder sie - hob den Kopf und legte ihn schief.
Ich spürte, wie ein fragender Gedanke mein Bewusstsein streifte.
"Naja... Bist du männlich oder weiblich?", fragte ich nach kurzem Zögern.
Nach einiger Zeit, in der er oder sie wohl überlegte, wie man es mir verständlich vermitteln könnte, tauchte in meinem Bewusstsein ein Bild von mir selbst auf.
Also weiblich, dachte ich und hatte, ohne es zu merken, wohl über unsere Verbindung mit ihr geredet. Denn als Antwort bekam ich wieder das bestätigende Gefühl von ihr zugesandt.
Ich ließ mich diesmal voll auf die Verbindung ein und tastete ganz vorsichtig nach ihrem Verstand. Doch trotz meiner Bereitschaft war ich darin nicht sehr geübt und zog mich deswegen schnell wieder in meinen Kopf zurück.
Während ich dies tat, hatte sie sich aufgerichtet und kletterte nun meinen Arm hinauf bis zu meiner Schulter, wo sie sich abermals niederließ und ihren Kopf an meine Wange schmiegte. Ich nahm sie auf meine Hände und betrachtete sie ein weiteres Mal, doch trotzdem wollte mein Gehirn nicht wahr haben, was dieses kleine nachtblaue Wunder für mich bedeutete.
Erst als sie gähnte wurde mir bewusst wie müde sie sein musste. Ich legte mich auf die Seite. Die Kleine immer noch in meinen Armen, legte ich meinen Umhang über sie, damit uns beiden schön warm war. Trotz der Kälte die hier herrschte, strahlte sie genug Wärme aus damit auch ich nicht zitterte.
Durch das gleichmäßige Summen, welches sie von sich gab, und ihre Wärme wurde ich nun auch schläfrig, obwohl ich eigentlich erst vor wenigen Stunden geschlafen hatte. Und trotzdem schlief ich, mit meinem Drachen im Arm, auch endlich ein.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top