5
- Bild im Anhang : Vivienne Brown -
Ich wachte mitten in der Nacht total verschwitzt auf, weil ich schlecht geträumt hatte. Weil ich wahrscheinlich nicht so schnell wieder einschlafen konnte, beschloss ich nach unten zu gehen, um etwas zu trinken. Es war gruselig alleine um 3 Uhr Nachts im Haus herrumzuschleichen, weswegen ich schnell wieder nach oben ging und mein Fenster öffnete.
Ich liebte es mich Abends oder Nachts auf meine Fensterbank setzen zu können und nachzudenken. Ich hatte Kopfhörer in den Ohren und schloss kurz meine Augen. Als ich genug frische Luft hatte ging ich wieder in mein Bett und versuchte irgendwie einzuschlafen, was mir jedoch misslang. Noch immer Musik hörend, scrollte ich auf Instagram herrum. Ich hatte Instagram, jedoch nicht unter meinem Namen. Das tat ich nur zur Sicherheit, damit die Leute auf meiner Schule mich nicht noch im Internet mobben konnten. Ich stieß plötzlich auf Davids Profil und überlegte für einen kurzen Moment ihm eine Anfrage zu schicken.
Tu es einfach.
Als ich mir etwas später meine Fotos auf dem Handy anschaute, wurde ich traurig. Warum konnte ich nicht wie eine normale andere 17-Jährige zur Schule gehen, ohne Bauchschmerzen zu haben? Warum ich? Ich war eigentlich ein Mensch, der anderen gerne zuhörte und versucht zu helfen, aber durch die letzten 4 Schuljahre hatte ich jegliche Lebenslust verloren. Und ja, ich ritzte mich, aber die letzten Tage hatte ich nicht den Drang dazu und wenn habe ich es irgendwie geschafft zu bekämpfen. Darauf war ich wirklich stolz. Trotzdem frage ich mich oft, wo die alte Vivienne geblieben ist? Klar, 4 Jahre sind eine lange Zeit, jedoch war ich immer ein lebensfrohes und glückliches Kind. Und eigentlich habe ich mich auch nie hässlich oder fett gefühlt, ich und mein Körper fingen einfach irgendwann an es selbst zu glauben, was Menschen wie Sophie sagten.
***
Da heute Sonntag war, hatte ich eigentlich nicht geplant etwas produktives zu tun, jedoch machten mir meine Eltern einen Strich durch die Rechnung. Sie hatten für Heute geplant, zu meinen Großeltern zu fahren die 2 Stunden von hier entfernt wohnten. Meine Tante wollte auch mit ihrer Tochter kommen, allerdings ohne meinem Onkel, da er arbeiten musste. Ich war froh eine Familie zu haben. Meine kleine Cousine zauberte mir schon ein kleines Lächeln aufs Gesicht, wenn wir zusammen spielen und sie glücklich ist. Menschen fröhlich zu sehen macht mich automatisch auch fröhlich.
Im Auto hörte ich wie immer Musik. Wie ich Fall Out Boy liebte. Gerade kam "Irresistible", einer meiner Lieblingssongs, als plötzlich mein Homebildschirm anging und ich die Benachrichtigung bekam, dass David meine Anfrage angenommen hatte und mir eine zurückgeschickt hat. Ich bestätigte sie ebenfalls und sah mir seine Bilder an. Irgendwas lag mir an ihm. Ich versuche zwar noch rauszufinden was genau, aber er war von Anfang an so anders zu mir. Und ja, auch wenn er mit den anderen über mich lacht, wenn die Clique wieder einer ihre Sprüche bringt, auch wenn er mich ignoriert und ihm es so ziemlich egal ist wenn ich rumgeschubst wurde, ich mochte ihn. Mich muss man nicht verstehen. Aber ich war viel zu schüchtern und zu ängstlich ihn darauf anzusprechen. Was ist wenn ihn die anderen am Anfang nur beauftragt hatten so nett zu mir zu sein? Auch wenn ich bei ihm weniger das Gefühl hatte, das war alles möglich.
Die restliche Stunde der Fahrt versuchte ich zu schlafen, was zwar sehr ungemütlich war, mir aber trotzdem Gelang.
,,Vivienne", sagte meine Mutter und rüttelte leicht an meinem Arm, ,,Wach werden. Wir sind da." Langsam öffnete ich meine Augen und bemerkte meine leichten Nackenschmerzen. Als ich meinen Kopf ein wenig hin und her bewegte, ging es wieder. Ich machte meine Musik aus und stieg aus dem Wagen. Meine Großeltern wohnten eher etwas abgelegen und ländlich. Man könnte meinen, es wäre langweilig hier und nichts los, aber ich fand das total beruhigend.Ich war als kleines Kind sehr oft hier und freute mich, einen Teil meiner Familie wiederzusehen.
Meine kleine Cousine Clara sprang mir sofort in die Arme. Ich hockte mich hin um sie aufzufangen und begrüßte sie lächelnd. ,,Vivienne! Endlich sehe ich dich wieder. Ich hab dich sooo vermisst" , sagte sie und veranschaulichte mit ihren auseinander gestreckten Armen wie sehr sie mich vermisst hat. Aww.
,,Du musst mit mir spielen, ich habe ein neues Puppenhaus bekommen!", sagte sie total aufgeregt.
,,Warte noch einen kurzen Moment, ich sage erstmal den anderen Hallo" , und lächelte sie an. Ich begrüßte meine Großeltern und meine Tante mit einer Umarmung und nachdem wir etwas Smalltalk führten, zog mich Clara an meiner Hand ins Wohnzimmer um zu spielen.
Es war total niedlich, wie sie sich freute, dass ich mit ihr zusammen Puppen spielte. Bis mein Ärmel etwas hochrutschte und eine noch nicht ganze verheilte Narbe zu sehen war. ,,Was ist das?", fragte sie.
Ich antwortete mit einem schwächen Lächeln : ,,Ach nichts, ich habe mich bloß gekratzt."
Doch bevor sie noch weiter fragen konnte wurden wir zum Essen gerufen. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass sie das gleich nicht vor meinen Verwandten ausplaudert. Wir unterhielten uns gerade alle bis meine Oma plötzlich fragte : ,,Sag mal Vivienne, wie sieht es bei dir denn mit einem Freund aus? Du bist doch ein hübsches Mädchen."
Ich verschluckte mich fast an meinem Stück Torte und krächzte nur : ,,Ehm nichts. Da siehts nach gar nichts aus."
Erstmal war alles ruhig bis Clara mir ihrer süßen Stimme rief : ,,Ich mag Henri aus dem Kindergarten totaaal gerne. Er hat mich gestern auf die Wange geküsst. Guck da", sagte sie und zeigte auf ihre linke Wange. Alle lachten, weil das einfach zu niedlich aussah.
Super, eine 4-Jährige hat schon mehr mit Jungs zu tun als ich mit meinen 16 Jahren.
Nachdem wir gegessen und uns alle noch lange unterhalten hatten, fuhren wir wieder nach Hause, da es schon 18:00 Uhr war und ich morgen Schule hatte. Ich hoffe man hörte die Begeisterung herraus. Als ich mich von allen schweren Herzens verabschiedet hatte, insbesondere von Clara, setzte ich mich wieder in den Wagen meiner Eltern und wartete darauf, dass mein Vater losfuhr. Da ich die ganze Zeit mein Handy weggelegt hatte, schaute ich jetzt, ob ich irgendwelche wichtigen Benachrichtigungen bekommen hatte. Ich scrollte meinen Sperrbildschirm runter und bis auf ein paar unwichtigen Nachrichten in Kurs-Gruppen stand dort nur, dass David meine Fotos geliket hatte.
Mir huschte ein kleines Lächeln über die Lippen. Ich likte das Foto, das er auch als Profilbild hatte, weil es mir gefiel.
Ich war wieder eingeschlafen, denn als ich aufwachte waren wir nur wenige Minuten von unserem Haus entfernt. Ich litt echt an Schlafmangel, anders konnte ich es mir nicht erklären, dass ich bei jeder Gelegenheit einschlief.
In meiner Straße wohnte keiner von der Clique, zu meinem Glück. Unser Haus war eigentlich relativ groß obwohl wir nur zu dritt drin wohnten. Ich raffte mich auf, ging rein und sagte meinen Eltern noch Gute Nacht. Als ich oben war zog ich mir gemütliche Klamotten an und übte noch ein wenig das Stück "Riptide" am Klavier, bis ich irgendwann müde wurde. Ich putzte meine Zähne, stellte mir einen Wecker für morgen früh und legte mich schlafen. Und diese Nacht konnte ich beruhigt und ohne Tausende von Gedanken einschlafen.
***
Ihr seid toll nicht vergessen. <3
Bild im Anhang : Nina Dobrev
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top