Mit Kopfschmerzen schaltete ich meinen Wecker aus, stöhnte und drehte mich dann wieder um. Im Halbschlaf erinnerte ich mich an meine heutigen Pflichten und quälte mich schließlich doch hoch.

Für zwei Minuten saß ich geistig abwesend auf der Bettkante und starrte an die Bilder welche an der Wand hingen. Ohne großartig zu überlegen griff ich mir eine Chino-Hose und ein schlichtes, weißes Shirt und zog mich an.

Nachdem ich im Bad fertig war, überprüfte ich die Wunde an meinem Kopf. Es hatte anscheinend aufgehört zu bluten, denn der Verband sah trotz der unruhige Nacht noch aus wie neu.

Eine wilde Geigenmelodie spielte in meinem Kopf und führte mich plötzlich in die Küche.

Dort fand ich heraus das es keine Melodie in meinem Kopf, sondern eher in meinem Handy war. Schnell ging ich ran, während ich mir einen Schokoriegel rausholte.

''Hallo?'' Ich klemmte mein Handy zwischen meine Wange und meine Schulter und packte meine Tasche.

''Ella? Ich warte schon draußen! Wo bist du?'', fragte mich ein gut gelaunter Zayn und ich verschluckte mich an meinem Frühstück. Panisch sah ich zur großen Wanduhr und ließ beinahe mein Handy fallen.

''Shit!'', schrie ich beinahe, legte auf, stopfte mein Handy in die Tasche und rannte mit dem Haustürschlüssel in der Hand die Treppen hinunter. Man könnte meinen ich hätte aus dem gestrigen Tag gelernt, niemals wieder Treppen hoch oder runter zu laufen - doch eher im Gegenteil, ich vergaß meine Verletzung und rannte noch schneller.

Wenn Mr Payne mir für diese verspäteten zehn Minuten kündigen würde wäre ich - ohh halt! Er würde mir so schnell nicht kündigen dann 'würde es ja keinen Spaß mehr machen'! Irgendwann würde ich ihm beweisen das man sich nicht mit einer Burton anlegte.

Ich erinnerte mich noch an den Tag als meine Mum völlig erschöpft nach Hause kam, damals war ich noch sechs Jahre alt. Im Schlepptau hatte sie meinen Vater, ebenfalls total erschöpft.

Am Abend erzählte sie mir dann mit vollem Enthusiasmus das sie meinen Vater aus einer Prügelei ziehen musste und das diejenigen die es auf ihn abgesehen hatten, ihn nun nie wieder belästigen würden.

Seit diesem Tag wuchs mein Respekt für meine Mutter, denn ich wollte mir gar nicht erst vorstellen was sie mit diesen Typen angestellt hatte. Ich war nur froh das niemand von den beiden irgendwelche Verletzungen davo getragen hatte.

Ohne auszurutschen kam ich heil unten an und sprintete nach draußen, vorbei an erschrockenen Bewohnern und Jungs mit alten Pullovern, Sneakern und Sonnenbrillen. ''Chill mal, Alte!'', rief mir der Junge hinterher, welcher vielleicht gerademal 14 Jahre alt war.

Abrupt blieb ich stehen, kurz vor Zayns Auto und drehte mich zu ihm um. ''Nenn mich nie wieder 'Alte' du klischeehafter Hipster! Geh doch einfach woanders hin! In die Schule zum Beispiel!''

Ohne noch etwas zu sagen stieg ich ein und ließ den beleidigten Kerl auf dem Bürgersteig zurück. Allein sein tristes Gesicht ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen.

''Tut mir leid Zayn, ich hab verschlafen!'', entschuldigte ich mich mit einem bettelnden Gesicht und umarmte ihn zur Begrüßung. Heute roch sein Autosagenhaft gut nach Zimt und es ließ mich sofort  entspannen. Die Sitze waren aus Leder und generell sah sein Auto sehr edel aus, wahrscheinlich war der Preis dementsprechend auch sehr edel.

''Ist doch kein Problem! Ich sag Liam einfach das ein Unfall auf der Straße - .. was hast du denn an der Strin gemacht?'', besorgt fuhr er nach vorn und sah gebannt auf meine Stirn, an welcher der Verband prangte. Ich sah wirklich lächerlich aus, aber immerhin schien es zu helfen.

''Ich bin ausgerutscht ..'', murmelte ich beschämt. Ich mochte es nicht sonderlich gern einen Fehler zuzugeben, es sei denn er war wirklich mehr als offensichtlich. Doch dieser Unfall war nicht meine, sondern die Schuld des Regens.

''Musst du nicht zum Arzt damit?'', erkundigte er sich während er etwas schneller fuhr als gestern. Die Rechtskurve legte er fast mit einem Drift zurück und ich klammerte mich an den Sitz, geradezu um mein Leben bangend.

''Nein, Mr Payne meinte das ich .. shit!'' Ich stockte und brach meinen Satz ab, Zayn war kurz davor das Auto anzuhalten und mir blieb das Herz stehen.

''Sag mir nicht das Liam dir das angetan hat!'', murmelte er mit einem finsteren Blick und seine Strin zog sich in Falten. Das Spiel seines Gesichtsausdruckes schüchterte mich ein, da ich ihn noch nicht einschätzen konnte.

Ich schüttelte verstört meinen Kopf, meine Hände verkrampften sich weiterhin am Sitzpolster des Wagens. ''Nein! Nein, nein, hat er nicht! Ich bin wirklich ausgerutscht aber Mr Payne hat mir .. sowas wie geholfen!'', versicherte ich ihm und fühlte mich mit einem Mal aufgeregt.

Ich wollte vermeiden das Zayn es erfuhr, damit er mit Liam nicht darüber reden würde, denn sonst würde ich als die Sekretärin dastehen, die sofort jedem alles erzählte. Oh, und welche von ihrem Chef ein schlechtes Gewissen über ihren Freund bekam.

''Gut, ich glaube dir, tut mir leid! Warte, ich hab noch etwas für dich! Dürfte noch heiß sein ...'', ächzte er, während er das Auto parkte und nach hinten auf die beiden Sitze griff. Zayn holte eine Palette hervor mit zwei dampfenden To-go- Kaffees.

''Zayn! Danke, dass brauche ich jetzt wirklich! Du musst mir nicht immer etwas mitbringen, ich möchte dir wirklich keine Umstände machen! Hier, dass Geld bekommst du auf jeden Fall wieder!'' Eigentlich hatte ich vor mein Portmonee aus der Tasche zu kramen, als Zayn mein Handgelenk festhielt.

''Lass nur! Nur das beste für die beste!'', lächelte er mit einem kleinen Zwinkern und sah mir in die Augen. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen und setzte ein freundliches Lächeln auf. Seine Nähe war mir unheimlich aber zugleich auch sehr unangenehm. Ich war es nicht gewohnt das jemand den ich noch nicht lang kannte, mir immer so nette Sachen mitbrachte!

Schnell drückte ich Zayn einen Kuss auf die Wange, worauf er sofort errötete und sich räuspernd wieder aufrichtete. ''W-wir gehen wo ..wohl besser. Liam wartet s-sicher schon!'', stotterte er ungläubig und ich verkniff mir ein leises Kichern hinter hervorgehaltener Hand.

Zusammen mit dem immernoch baffen Zayn trat ich in die große Firma und wir gingen in das nächste Stockwerk, nicht wissend was für eine Furie dort auf uns wartete.

''Da seit ihr ja! Ms Burton, in mein Büro, sofort! Mr Malik, wir reden später!'' Schwer schluckte ich und sah mit einem benebelten Blick hinüber zu Zayn, welcher entgeistert unseren Chef anstarrte.

Neben der schlichten, monotonen Wand, wirkte dieser wie ein unbeschriebenes, weißes Stück Papier. Sein hellgrauer Anzug und sein weißes Hemd schien perfekt zu seinen geballten Fäusten und seiner momentanen Wut zu passen. Beinahe zerplatzte der Kaffeebecher in meiner Hand und mit einer geraden Haltung ging ich wortlos in Mr Paynes Büro, ohne dabei meine, mittlerweile kleine, Würde zu verlieren.

Die Tür fiel hinter mir mit einem dumpfen Knall in das Schloss und ich zuckte merklich zusammen. Mein Körper war angespannt und der heiße Kaffee verbrannte durch den Pappbecher so langsam meine Hand.

''Wieso sind sie beide so spät?'' Trotz das es eine klare Frage war, klang es dank seinem groben Ton eher nach einem Befehl. Sofort schoss mir das Bild von einem in Uniform gekleideten Mr Payne in den Kopf und ich schüttelte mich leicht dabei, als ich mich ertappte das mir diese Vorstellung gefiel.

''Es war meine Schuld, ich habe verschlafen ..'', flüsterte ich kleinlaut. Strafend richtete sich sein Blick gegen mich und er verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen. Mit erhobener Brust schritt er gemächlich auf mich zu.

Sein gestriger Sport Look inklusive Jogginghose, gefiel mir an ihm eindeutig besser als jeden Tag einen Anzug an ihm zu sehen.

''Ella .. machen sie lieber nicht zu viele Fehler. Keine Angst, wie gesagt, ich schmeiße sie nicht raus! Dafür müssten sie mich schon umbringen!'', grinste er hämisch. Uhm .. was? War das eine Einladung?

''Sie brauchen mich, dass wissen sie doch! Schwamm darüber ... wie geht es eigentlich ihrer Wunde?'' Seine Haltung entspannte sich allmählich wieder, doch dafür wurde ich umso entschlossener ihm erneut meine Meinung zu sagen, oder eher sie zu flüstern.

''Ich bin vollständig ohne jemand anderen. Ich bin kein Bruchteil. Ich bin ein Kunstwerk - oder auch eine leere Leinwand - nur durch mich und ich brauche niemanden, vorallem keinen Mann, der mir meine Existenz bestätigt!'' Oh Gott, ich war echt lebensmutig.

''Raus aus meinem Büro, sie haben noch Arbeit zu erledigen! ... eine Menge Arbeit!'', zischte Mr Payne mit zusammen gebissenen Zähnen und deutete mit seinem Finger auf die Tür. Auf meine Aussage ging er gar nicht erst ein.

Das Grinsen blieb mir irgendwo im Hals stecken, immerhin hatte ich mir seine Laune selbst eingebrockt. Aber witzig war es schon!

''Tut mir leid für die Verspätung, Mr Payne!'', entschuldigte ich mich brav und ging dann selbstbewusst wieder hinaus. Sein aggressiver Gesichtsausdruck folgte mir und ich spürte ihn in meinem Rücken. Zayn stand neben dem Büro an der Wand und tippelte nervös mit seinem linken Fuß hin und her.

Mit einem aufmunternden Lächeln verschwand ich in meinem Büro und er schlüpfte sichtlich eingeschüchtert in das von Mr Payne. Dieser lief wie ein Affe mit Hardndrang unruhig auf und ab.

''Arbeit ... wuhuu ..'', jubelte ich sarkastisch in einem leisen Ton und ließ mich samt Tasche auf meinen Stuhl sinken. Ich musste mir abgewöhnen, meinem Chef gegenüber immer so frech zu sein, aber manchmal konnte ich es mir einfach nicht verkneifen!

Träumerisch machte ich mich an die Arbeit und schrieb nebenbei mit Charlie. Er wollte mir heute Abend unbedingt etwas zeigen und mich zu einem 'abgefahrenen' Ort bringen. Um 20 Uhr sollte es losgehen, also stimmte ich zu.

Voller Vorfreude auf heute Abend, endlich mal wieder gemeinsam etwas mit meinem Freund zu unternehmen, durchwühlte ich die vielen Ordner und Dokumente auf meinem Schreibtisch und tippte meine Finger wund.

Versunken in den Bergen von Papier, schreckte ich auf als es an meiner Tür klopfte.

''Ja?'' Meine Stimme stockte und ich tat so, als müsste ich husten.

Herein trat ein bedrohlich aussehender Mr Payne, mit einem kleinen Verbandskasten in der Hand. Sofort drückte ich mich in meinem Stuhl zurück und musterte ihn scharfsinnig.

''Stimmt etwas nicht? Ich schwöre bei meinem Job, dass ich die ganze Zeit gearbeitet habe, ich bin sogar fast fertig mit dem Verschicken!'', sagte ich schnell und deutete auf die vielen Briefumschläge vor mir, welche sich bereits stapelten.

''Ja, stimmt das sehe ich. Aber .. ich bin hier um ihren Verband zu wechseln!'' Monoton hielt er den Koffer hoch und es sah mir mehr danach aus, als ob Zayn ihn dazu überredet, wenn nicht sogar gezwungen, hatte.

''Das brauchen sie nicht, vielen Dank!'', wich ich ihm aus und wand mich wieder meinem vollen Schreibtisch zu.

''Ich bin ihr Chef und was ich sage wird gemacht!'', sein Ton wurde strenger und ich ließ erschrocken meinen Stift fallen. Meine Finger verkrampften sich und ich nickte widerwillig. ''Gut.'', murmelte ich und setzte mich gerade auf.

Mr Payne öffnete den Koffer und holte ein neues Verbandpäckchen raus, welches er auf den Tisch legte als er sich einen Stuhl nahm und sich neben mich setzte.

''Eine Wunde muss man sauber halten, auch wenn es nicht mehr blutet.'' Mit einer ruhigen Hand nahm er mir den Verband ab und tupfte irgendetwas drauf, was mich mit voller Wucht gegen den Tisch treten ließ.

''Heiliger! Mr Payne, schon wieder? Bitte sagen sie mir Bescheid wenn sie die Wunde mit diesem brennenden Zeug überkippen!'' Ich biss meine Zähne zusammen und mit einem fiesen Grinsen machte er wortlos weiter. Und ich dachte schon er wollte mich einfach nur mit einer freundlichen Geste wieder aufmuntern nach seiner widerlichen Ansprache.

Als er mir den neuen Verband angelegt hatte, richtete er sich wieder auf und sah abwertend auf mich hinunter. Sein starrer Blick weckte geradezu Hassgefühle in mir, doch ich blieb ruhig.

''Sie haben heute eine Stunde früher Schluss, da sie ja gestern eine Überstunde gemacht hatten ..'', begann er, während er bereits zur Tür schritt, seine Hand umklammerte eisern den Griff des Koffers als hielte er sich an seinem Leben fest.

Eine Überstunde? Das waren mit Sicherheit drei!

''Zudem treffe ich mich heut Abend noch mit wichtigen Geschäftspartnern, deshalb haben fast alle früher Feierabend! Bis morgen dann Ms Burton und passen sie auf mit ihrem Verband!'' Mit diesen Worten verließ er nun endlich mein Büro und ich sah auf die Uhr. Noch eine Stunde und ich wäre entlassen, was für eine Erleichterung!

Innerlich hoffte ich das ich mit der Wunde nicht doch zum Arzt hätte gehen müssen, schob den Gedanken jedoch beiseite und packte bereits meine Sachen ein um mich danach mit Charlie zu treffen.

Als ich fertig war verließ ich die Firma, Zayn hatte ich nicht mehr gesehen. Zu Fuß ging ich nach Hause - was mir vierzig Minuten meines Lebens kostete - und zog mich dort schnell um. Ich wechselte bloß mein Shirt und machte mir einen Zopf.

Um 20 Uhr erwartete Charlie mich bereits in seinem Auto und freudig stieg ich ein. Nach einem langen Kuss konnte ich meine Neugier nicht mehr verbergen.

''Ich hoffe ich habe mich jetzt nicht falsch angezogen, wo geht es denn hin?'', fragte ich ihn und schnallte mich an.

Charlie ließ den Motor an und fuhr los. ''Mein Arbeitskollege hat mir davon erzählt, es ist mal ein etwas anderes Date, aber ich hoffe es gefällt dir! Wir fahren in das hintere Viertel Wolverhamptons, zu den vielen Clubs, zu einem Underground Fight!''

A/N: Ein wunderschönes Hallo an all die wunderschönen Bewohner dieses Planeten!

An der Seite ist mein Trailer für Dauntless, hoffe er gefällt euch! :)

Mal wieder kein spannendes Kapitel, kein Cliffhanger, keine Konflikte aber ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen!

Liebe euch!