Epilog
»Stegi? Packst du kurz mit an?«
Ich drehte mich zu Veni um, der gerade auf der Straße stand und versuchte, aus dem Laderaum des Kastenwagens, der dort stand, eine eingerollte Matratze zu heben. Ich nickte und lief selbst zu ihm, wo ich das andere Ende der Matratze ergriff. Es dauerte einige Zeit, bis wir das sperrige und viel zu große Ding über den Bürgersteig und durch das Treppenhaus bis in den dritten Stock getragen hatten. Aufzug gab es hier natürlich keinen. Veni dirigierte mich in das Zimmer, das später das Schlafzimmer werden sollte und wir ließen dort die Matratze erschöpft fallen. Schwer atmend setzte ich mich auf die Matratzenrolle und wortlos nahm Veni neben mir Platz. Als wir beide wieder zu Atem gekommen waren, bemerkte ich irgendwann, wie Veni mich musterte. Irgendetwas beschäftigte ihn.
»Was ist los?«
Veni seufzte tonlos auf, bevor er wortlos aufstand und zur Zimmertür ging. Er warf einen Blick auf den Flur, bevor er die Tür zuzog und sich wieder neben mich setzte.
»Ich habe einfach Angst, dass das alles hier Tobi viel zu viel wird. Wir sind gerade einmal drei Monate gebunden und ziehen schon zusammen. Glaubst du nicht, dass das alles ein bisschen schnell geht?«, beichtete der Alpha mir gerade heraus, was ihn zu beschäftigen schien. Ich lachte leise auf.
»Ich bin wohl der letzte, der meinen würde, dass das alles bei euch zu schnell gehen würde. Ich war noch nicht einmal mit Tim zusammen, als ich zu ihm gezogen bin.«
»Aber du kennst Tobi. Du bist sein bester Freund. Ich habe Angst, dass er das alles eigentlich gar nicht will. Dass er nur mit mir zusammenzieht, weil er in drei Wochen eh ausziehen muss, wenn er achtzehn wird.«
»Nee, das glaube ich nicht. Tobi ist total verliebt. Der ist überglücklich mit dir. Und ihr sprecht doch miteinander, oder? Meinst du nicht, er würde es dir sagen, wenn er unglücklich wäre?«
Veni zuckte mit den Schultern und setzte einen fast schon verzweifelten Gesichtsausdruck auf.
»Ich hoffe es. Aber wenn du irgendetwas mitbekommst, sagst du es mir? Bitte. Ich will nicht, dass Tobi unglücklich ist.«
Ich nickte, woraufhin Veni dankbar lächelte.
»Lass uns weiter machen, sonst nimmt das hier niemals ein Ende«, schlug ich seufzend vor und deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf die halbfertige Einrichtung um mich. Veni lachte auf und stimmte mir zu, bevor wir uns auf in die zukünftige Küche machten, wo Mik und Tobi gerade dabei waren, einen der Hängeschränke anzubringen. Misstrauisch beäugte Veni, wie Tobi auf einer Leiter balancierte und sich dabei an der Wand einen guten Meter neben ihm abstützte, während er eine Schraube festdrehte. Der Alpha schien nicht gerade erfreut zu sein, über das, was er dort zu Gesicht bekam und zugegebenermaßen sah es auch nicht gerade sicher aus. Am liebsten hätte Veni Tobi dort runter geholt, das konnte jeder sehen, und dennoch sagte er nichts, da er Tobi nicht einschränken oder ihm das Gefühl geben wollte, dass er ihm etwas verbieten wolle. Ich rechnete ihm das hoch an, zumal seine Angst zwar nachvollziehbar war, aber Tobi dennoch alt genug war, um sich selbst gut genug einschätzen zu können, um nicht beim Küche aufbauen zu verunglücken.
»Leute, einen Schritt zur Seite bitte! Vorsicht!«
Irritiert drehte ich mich um und sah Tim und Basti, die gerade ein Sofa durch den Türrahmen tragen wollten, den Veni und ich mit unseren Körpern versperrten. Mit Basti konnte ich immer noch nicht wirklich was anfangen, schließlich war und blieb er einer von Max' Freunden, aber Felix war super nett und hatte in letzter Zeit immer öfters Zeit mit uns verbracht, wenn er nicht gerade bei Basti war. Der pfiffige Omega hatte ebenfalls angeboten, bei Tobis und Venis Umzug zu helfen und war schließlich gemeinsam mit Basti hier aufgetaucht. Zwar wusste ich nicht, warum, aber Tim schien sich recht gut mit dem anderen Alpha zu verstehen. Für mich war Basti bloß ein Alpha wie jeder andere, denn genau so benahm er sich. Ich wusste nicht, warum, aber in diesem Moment hatte ich das Bedürfnis, Basti zu beweisen, dass wir Omega auch nicht nur willenlose, verblödete Besitztümer waren, die nur zum ficken gut waren, sondern, dass wir genau wie Beta auch eine ganz normale Beziehung zu einem Alpha führen konnten, ohne dem Anderen groß untergeordnet zu sein. So wie er Felix behandelte, schien ihm das nämlich nicht bewusst zu sein und ich würde nie verstehen, warum gerade so ein kluger und frecher Omega wie er sich an jemanden wie Basti binden ließ. Ohne also groß nachzudenken machte ich den beiden Alpha mit dem Sofa Platz, nur aber, um, sobald sie zur Hälfte durch die Tür waren, selbst auf das Sofa zu klettern und mich dort im Schneidersitz hinzusetzen.
»Junge, verpiss dich, du Misset!«, beschwerte sich Basti in genervtem Tonfall und sah mich vorwurfsvoll an. Tim lachte laut auf.
»Vergiss es, Rewi. So erreichst du bei Stegi niemals was.«
»Alter ...«, ich konnte nicht sagen, ob Basti wirklich genervt war, oder ob er bloß so tat, »Wie hältst du das aus? Du hast ganz eindeutig was falsch gemacht, wenn dein Omega null Respekt hat.«
Erneut lachte Tim auf, während er und Basti das Sofa mit mir darauf an einer Wand abstellten.
»Das musst gerade du sagen. Felix ist auch nicht gerade bekannt für seinen Respekt dir gegenüber.«
»Junge, fick dich doch. Felix macht wenigstens das, was ich sage.«
Tim war während Rewi geantwortet hatte zu mir auf das Sofa gekommen und saß jetzt neben mir, eine Hand mit der meinen verschränkt. Leicht lehnte ich mich an ihn.
»Stegi macht auch viel, wenn man ihn darum bittet.« Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah ich zu dem Alpha.
»Okay, manchmal zumindest«, ergänzte Tim lachend und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.
»Das halte ich ja für ein Gerücht«, mischte sich nun auch Tobi, wieder festen Boden unter den Füßen habend, ein, dem ich bloß wortlos die Zunge herausstreckte. Tobi erwiderte mit einer Kusshand.
»Okay, bevor das hier jetzt ganz eskaliert: Was haltet ihr davon, wenn ich langsam mal Mittagessen holen gehe? Ich gebe eine Runde Brötchen für alle aus.«
»Ja man!« Sofort wirbelte Tobi herum und Veni hatte sichtlich Mühe, seinem Freund auszuweichen, der ansonsten wohl gegen ihn gelaufen wäre. Ich fand es immer wieder faszinierend, wie verfressen Tobi war. Und trotzdem war an ihm nicht mehr Fett als an einem Zahnstocher.
Nach und nach gaben auch wir anderen alle unsere Bestellung auf, bloß Felix lehnte dankend ab, mit der Begründung, dass ihm eh schon schlecht sei. Während Tobi sofort großzügigerweise anbot, seinen Teil zu übernehmen, schien der eben noch so großmäulig herzlose Basti auf einmal gar nicht mehr so großmäulig und herzlos, sondern sogar ziemlich besorgt um seinen Freund und bestand darauf, dass Felix sich auf das Sofa legte, das wir für ihn räumten und uns stattdessen davor auf den Boden setzten. Die anderen gesellten sich nach und nach zu uns, bis wir alle, bis auf Basti, der auf dem Sofa saß und gedankenverloren über Felix' Kopf auf seinem Schoß strich und Veni, der sich für ein paar Minuten von Tobi hatte trennen können und jetzt Mittagessen holen war, auf dem Boden hockten. Irgendwie machte die zärtlich besorgte Art, mit der Rafi auf einmal den Omega behandelte und die so widersprüchlich zu dem, was er sonst von sich gab, war, ihn für mich sympathischer.
»Leute, wäre es für euch okay, wenn Dennis nachher vorbeikommen würde?«
Irritiert sah ich von Tim zu Mik, der die Frage eben gestellt hatte.
Dennis hatte sich keine zwei Wochen nachdem ich damals im Krankenhaus gewesen war, von Louis getrennt, hatte aber nie mehr wirklich zu unserer Gruppe gehört. Irgendwie war er ein Einzelgänger geworden und schien nicht wirklich glücklich damit. Die meisten von uns sprachen wieder mit ihm, auch wenn der Begriff »Freundschaft« zu viel gesagt gewesen wäre. Und gerade Mik war es gewesen, der es nie geschafft hatte, seinem ehemals besten Freund und Crush den Verrat zu verzeihen. Allein schon aus Rücksicht auf ihn hatten wir Dennis nicht mehr zu uns gebeten. Und der Beta war sich selbst bewusst, was er für Mist gebaut hatte, denn er war auch von sich selbst aus nie zu einem von uns gekommen, um uns zu bitten, ihn wieder aufzunehmen. Ja, er hatte sich entschuldigt und und mehrmals gebeten, auch Mik auszurichten, wie sehr es ihm leid täte, da der andere Beta ihn nicht zu sich lassen wollte, aber er hatte selbst gewusst, dass eine wirkliche Freundschaft zwischen ihm und uns nicht mehr so schnell entstehen konnte. Und jetzt das.
»Seit wann schreibt ihr wieder miteinander?«, sprach Tobi die ungestellte Frage aus und Mik zuckte nichts sagend mit den Schultern.
»Seit zwei Wochen oder so. Ich habe es irgendwann nicht mehr ausgehalten.«
»Und das ist okay für dich?«
»Ich weiß nicht. Er hat sich tausend mal entschuldigt. Ich glaube, er weiß inzwischen, dass ich nicht nur Freundschaft gefühlt hatte. Sonst hätte er sich ja eher bei dir entschuldigt, Stegi, und nicht bei mir.«
»Gefühlt hattest? Ist da nichts mehr?«
Wieder zuckte Mik mit den Schultern.
»Doch. Irgendwie schon. Zumindest wenn er wirklich so fühlt, wie er behauptet. Er scheint es echt zu bereuen und hat ziemlich süße Sachen geschrieben. Wenn er das wirklich so meint alles, würde ich es vielleicht einfach auf mich zukommen lassen. Aber wir brauchen viel Zeit, denke ich.«
»Und du willst ihn wirklich heute sehen?«
Mik nickte.
»Lieber, wenn ihr alle dabei seid, als alleine. Dann ist es vielleicht nicht ganz so ... komisch.«
Ich merkte, wie Tim und Tobi mich beide ansahen und zuckte mit den Schultern.
»Von mir aus gerne. Ich bin Dennis nicht mehr böse, das wisst ihr.«
Auch Veni, der wenig später mit unseren Brötchen wiederkam, stimmte zu und Mik meinte, Dennis würde so ungefähr in einer Stunde dann kommen. Davor aber verabschiedeten Basti und Felix sich von uns, da es dem Omega immer noch nicht besser ging. Und während Rewi nur wenige Minuten aus dem Raum war, um ihre Sachen zusammenzusuchen, verplapperte Felix sich.
Tobi wünschte dem anderen Omega gute Besserung, doch Felix lachte nur auf, eine Hand auf seinem Bauch liegend.
»Schön wärs.«, seufzte er, »Das wird wohl noch einige Monate so weiter gehen.«
Sofort wurde Tim hellhörig.
»Wie jetzt? Einige Monate? Weißt du denn schon, warum dir schlecht ist? Warum bist du dann überhaupt hier, wenn du krank bist?«
Ertappt sah Felix zu Boden und in meinem Gehirn machte es ›Klick‹.
»Du bist nicht krank, oder?«, fragte ich den Omega, der für den Bruchteil einer Sekunde in der Bewegung erstarrte.
»Ich glaube, wir sollten jetzt wirklich gehen«, kam Rewis Stimme kalt von der Tür und mit nur drei Schritten stand er neben Felix und strich ihm behutsam über den Rücken. Er hielt dem Omega die Hand hin, um ihm aufzuhelfen, doch Felix ignorierte sie und sah mich vorsichtig an, bevor er kaum merklich nickte. Unwillkürlich hielt ich die Luft an, bevor ich mich neben den anderen Omega auf die Couch setzte und ihn vorsichtig umarmte. Dankbar erwiderte Felix die Berührung.
»Wenn du Hilfe brauchst, kannst du immer zu uns kommen«, flüsterte ich kaum hörbar und Felix nickte leicht.
»Danke«, murmelte er, kurz bevor wie uns wieder voneinander lösten.
»Was ist denn los?«, fragte Mik nun auch nach und wie in seinen Augen spiegelte sich auch in denen der anderen Unwissenheit. Ich jedoch blieb stumm, es lag nicht an mir, ob sie es erfahren sollten. Rewi schien das auch so zu sehen, denn er sah mich drohend an. Währenddessen schien Felix selbst aber beschlossen zu haben, dass man uns vertrauen könne, denn er erklärte den anderen in drei kurzen Worten, was los war.
"Ich bin schwanger."
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