35. Fick dich, Fliege!
†‡‡†
†‡‡†
Jesse und ich hatten die ganze Nacht über eine Möglichkeit nachgedacht Dad von dem verschwunden Meth abzulenken. Das Ergebnis war niederschmetternd, wobei Jesses Idee ihm eine Nutte zu besorgen noch das realistischste war.
Wir fuhren am nächsten Tag ziemlich verschlafen zur Wäscherei. Jesse konnte mich einigermaßen beruhigen in dem er mir klar machte, dass Dad keine Beweise hatte und wir ihm wahrscheinlich mit der Erklärung von Überreste von uns ablenken konnten. Wenn er überhaupt uns in Verdacht hatte.
„Sind wir zu spät?", fragte Jesse und zog an seiner Zigarette während er zum Seitenfenster raus sah. Ich folgte seinem Blick und sah Dads verlassenen Wagen.
„Nein... eigentlich sind wir sogar ausnahmsweise mal überpünktlich.", sagte ich nachdenklich und bei Jesses Miene musste ich mir ein Lachen verkneifen.
Wir wären sicher auch heute wieder zu spät, wäre es nach Jesse gegangen. Ich beugte mich lächelnd zu ihm rüber und gab ihm einen Kuss, wobei ich es mir nicht nehmen ließ seine Zigarette zu klauen. Jesse lächelte leicht und sah mich eine Weile an, ehe er sich verschlafen übers Gesicht rieb. Ich zog ein letztes Mal an der Zigarette und drückte Sie im Aschenbecher aus, während Jesse kopfschüttelnd aus dem Wagen stieg. Ich wollte ihm gerade folgen als mir etwas ins Auge stach. Ein Zigarettenstummel mit rotem Lippenstift. Ich runzelte die Stirn und sah kurz zu Jesse der ungeduldig zuwarten schien. Ich sah noch einmal zu dem Aschenbecher ehe ich selbst auch ausstieg.
Ich benutze keinen Lippenstift... Jedenfalls keinen Roten und mir fiel nur eine Frau ein die roten benutzt hatte und in Jesses Wagen bestimmt öfters mitgefahren war... Fuck.
Es störte mich nicht das etwas von Jane noch in Jesses Auto war. Ganz im Gegenteil. Ich hatte Jesse Schließlich auch das Bild und ihren Narcotic Chip gegeben. Nein, Jane war ein Teil von Jesses Leben gewesen und das akzeptierte ich. Doch kam in mir immer wenn ich an Jane dachte die Frage auf, ob sie noch leben würde wäre ich an dem Abend nicht in's Crystal Palace gefahren sondern zu Jesse um ihn zur Vernunft zu bringen. Anstatt mich ebenfalls zu zudröhnen, hätte ich für ihn da sein müssen, um ihn von dieser bescheuerten Idee abzubringen. Währe Jane nicht gestorben wäre auch das mit dem Flugzeugabsturz und Janes Vater nicht passiert. Obwohl sich mir unweigerlich die Frage stellte, ob Jesse und ich dann trotzdem zusammen währen. Oder würde er jetzt mit Jane irgendwo in Neuseeland sitzen... Oder aber währen beide irgendwann mit einer Überdosis tot gefunden worden? Bei dem Gedanken zog sich mein Herz zusammen. Ich musste wieder daran denken wie ich Jesse in dem Haus gefunden hatte mit der Spritze im Arm. Kaputt und Hoffnungslos.
Es war wie mit dem Flügelschlag eines Schmetterlings, der einen Orkan erzeugen konnte. Ein Mensch konnte die Welt aus den Angeln heben.
„Alles Okay?", fragte Jesse als wir auf dem Weg zum Labor waren. Ich sah ihn an und überlegte ob er auch manchmal daran dachte.
„Ja, alles okay... mach mir nur Sorgen wegen Dad.", murmelte ich ihm zu was irgendwie auch nicht gelogen war. Er legte beruhigend einen Arm um mich, was mich schmunzeln ließ und wir gingen runter zum Labor.
Wir waren an der roten Tür angekommen und Jesse wollte sie wie immer öffnen, doch kaum hatte er sie einen Spalt offen schlug sie auch wieder zu.
„Was zum...?"
Jesse sah mich fragend an und auch ich sah stirnrunzelnd auf die Tür. Jesse versuchte es noch einmal und warf sich anscheinend mit all seiner Kraft gegen die Tür um sie weit genug zu öffnen das wir durchpassten. Wind schlug mir entgegen und wir mussten wie gegen eine unsichtbare Wand ankämpfen, um über die Türschwelle treten zu können.
„TÜR ZU!"
Dad kam hektisch angerannt und sprintete auf die Tür zu um sich keine Sekunde später dagegen zuwerfen, wobei er mir beinahe die Haare eingeklemmte, hätte Jesse mich nicht zur Seite gezogen.
„Macht die verdammte Tür zu.", schrie er uns weiter an, während er irgendwelche Tücher vor den Türspalt schob, was mich im Moment allerdings wenig interessierte, da ich mir an die Ohren griff und ein Schmerzenslaut von mit gab. Das gleiche Tat auch Jesse.
Fuck, tat das weh.
„Ich hab so ‚nen verdammten Druck auf den Ohren."
„Meine Ohren sind zu wie im Flugzeug was für ‚ne scheiße is' en das?", mault Jesse ebenfalls und griff sich erneut an die Ohren. Wir warfen uns beide verständnislose Blicke zu, ehe Dad sich auf den Boden kniete um die Tür weiter zu versiegeln.
„Überdruck.", sagte er nur ohne aufzusehen.
„Über- was? Ah, Scheiße! Das tut weh."
„Warum- Ahh.", stöhnte ich auf. Ich musste Jesse rechtgeben. Der Druck auf den Ohren war schmerzhaft und es stellte sich mir dir Frage wozu er nötig war.
„Du musst den Unterkiefer bewegen. Bewegt einfach euren Unterkiefer.", sagte er in herrischem Ton zu uns und stand auf, um an uns vorbei zugehen.
Ich rollte auf Dads Gemecker hin die Augen tat aber was er sagte, doch wirklich besser wurde es nicht.
„Ich beweg ihn schon das bringt nichts.", maulte Jesse und hätte ich nicht langsam Kopfschmerzen von dem Scheiß hätte ich vielleicht gelacht.
„Ach mein Gott. Dann gähn einfach, aber benimm dich nicht wie ein Baby.", fuhr Dad zu ihm rum, ehe er seinen Weg nach unten fortsetze.
„Ah verdammt, was für ‚n Über... Über- was?"
„Überdruck! Ich hab die Lüftung voll aufgedreht damit draußen draußen bleibt."
„Warum.", fragte ich forsch und wünschte mir jetzt schon ich wäre einfach mit Jesse im Bett geblieben.
„Es gibt hier eine Kontamination."
Ich blieb stehen was Jesse beinahe in mich reinlaufen ließ. Verwirrt und leicht panisch sah ich Dad an und dann zu Jesse, der jetzt auch in Alarmbereitschaft war.
„Warte Dad, was?"
Er ging an uns vorbei ohne uns zu beachten und wir folgten ihm während er irgendwie verwirrt und hektisch durch die Gegend lief.
„Moment, Moment warte mal.", rief Jesse und griff nach seinem Arm um ihn zum Stehen zu zwingen.
Dad sah zu uns und sprach in ernstem Ton: „Da ist was ins Labor gekommen."
Meine Stirn legte sich in Falten und ich sah mich um. Ich konnte keine giftigen Dämpfe oder ähnliches sehen, geschweigenden riechen.
„Ja und was machen wir jetzt?", fragte Jesse leicht panisch, „Ich meine... sollten wir nicht... Warte, warte-„, sagt Jesse und hielt Dad wieder auf der sich abwenden wollte, „Sollten wir da nicht lieber Masken tragen?"
„Nein, nein.", sagte Dad, „Es ist nicht so eine Art von Kontamination."
Wir waren vor einem Tisch stehen geblieben auf dem zu meiner Verwunderung Alufolie und eine Menge Klebeband lag, sowie ein komisch aussehender Stab mit einem Spaten am Ende. Er wirkte selbstgebastelt und genau diesen Stab nahm Dad jetzt in die Hand. Ich sah skeptisch von dem Stab zu Dad. Fuck, was war das? Hat er hier den ganzen Morgen gesessen und gebastelt?
„Heißt das, die ist nicht gefährlich? Mister White antworte mir gefälligst.", sprach Jesse auf Dad ein.
„Nicht für uns speziell... Nein."
„Was soll das heißen?", fragte Jesse während ich verwirrt auf das Dings mit dem Dad Jesse und mir vor dem Gesicht herum wedelte.
„Was in aller Welt ist das?", fragte ich und wechselte einen Blick mit Jesse, der angepisst schien Angesicht der Tatsache, dass Dad ihm keine vernünftige Antwort gab.
„Das ist äh selbst gebaut.", sagte er und hob den Stab in Augen Höhe bevor er Jesse ernst ansah.
Gott was ist hier passiert?
„Und mit was einer Kontamination haben wir es genau hier zu tun?", fragte ich jetzt etwas drängender, weil mir das ganze Theater so früh am Morgen auf den Sack ging. Doch nichts hätte mich auf die Antwort von Dad vorbereiten können.
„Mit einer Fliege."
Kurze Stille ehe ich vorsichtig fragte: „Wie bitte mit einer Fliege? Was meinst du damit?"
„Ich meine eine Fliege. Eine Stubenfliege."
„Das heißt mit einer Fliege... Singular? Was hat die getan?", fragte nun Jesse, da es mir ehrlich gesagt die Sprache verschlagen hatte.
„Sie ist ins Labor gekommen und ich versuche sie daraus zu entfernen. Versteht ihr?"
Jesse und ich sahen uns an bevor wir uns zu Dad drehten und beide synchron antworteten: „Nein."
Ich drehte mich weg und lehnte mich mit verschränkten Armen an den Tisch. Jetzt war es anscheinend passiert. Dad ist irregeworden.
„Nein, Mann nicht ganz. Wir können dir überhaupt nicht folgen. Du hast uns echt ‚nen riesen Schreck eingejagt, Mann. Du sagst Kontamination. Da denk ich selbstverständlich an Ebola oder so."
Dad Drehte sich zu Jesse um und sah ihn ungläubig an.
„Ebola?"
„Ja... das ist eine Seuche auf Discovery, wo einem am Schluss die ganzen Eingeweide aus ‚em Arsch raus flutschen."
Ich gab ein Seufzen von mir und verdrehte die Augen. Memo an mich. Den Discovery Channel kündigen.
„Danke, aber ich weiß was Ebola ist.", sagte Dad überheblich.
„Äha.", gab Jesse von sich und die beiden sahen sich wieder so an als würden sie gleich aufeinander losgehen.
„Jetzt erklär mir mal wie ein westafrikanisches Virus wohl in unser Labor kommen sollte, mh?"
Jesse fing ungläubig an zu lachen.
„Das heißt... Du hier, jagst eine Fliege und in deiner Welt... bin ich hier, der Idiot?"
„Okay Auszeit!", sagte ich bestimmt und stieß mich vom Tisch ab und stellte mich zwischen die zwei, bevor es wieder zu einem Streit kommen konnte.
„Also erstens!", und damit wand ich mich an Jesse, „Bestellten wir den Discovery Channel ab.", Jesse funkelte mich an und sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Wut und Amüsement, doch das interessierte mich gerade wenig. Ich wand mich zu Dad der immer noch ziemlich aufgewühlt wirkte: „Und zweitens, hast du nicht nur Jesse einen Schrecken eingejagt. Fuck, ich dachte als erstes an giftige Dämpfe oder sowas."
Dad sah von mir zu Jesse, eher er sich zu uns beugte und er eindringlich zu sprechen begann: „Hört zu! Diese Fliege. Jede Fliege, darf einfach nicht in unserem Labor sein. Das ist ein Problem. Es ist eine Kontamination, und das ist keinsten Falls eine falsche Verwendung dieses Wortes. Ist das klar? Das heißt, um gewissermaßen unsere Küche sauber zu halten und unser Produkt nicht zu verunreinigen, müssen wir das sehr ernst nehmen. Hab ihr das jetzt verstanden?"
Jesse nickte zwar, sein Gesichtsausdruck sagte aber alles andere aus, als das er Dad Glauben schenkte.
„Klar.", sagte ich gedehnt.
„Ist das also dein Fliegentöter?", fragte Jesse und sah erst zu Dad dann zu dem Stab in Dads Hand.
Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, riss mich aber zusammen als Dad mich böse ansah.
„Eine Fliegenpatche und die funktionier auch ziemlich gut, danke.", brummte er eingeschnappt und drehte uns den Rücken zu. Jesse und ich warfen uns zum gefühlten hundertsten Mal einen verwirrten und leicht genervten Blick zu, ehe sich Jesse wieder an Dad wandte und ihn vorsichtig fragte: „Aha... Hey? Hast du dir was am Kopf getan?"
Tatsächlich befand sich auf Dads Stirn eine kleine Schramme.
„Nein! Nichts! Alles bestens."
„Du hast dich nicht angeschlagen? Ziemlich fest sogar?"
Er drehte sich wütend zu Jesse um und sagte fest: „Meinem Kopf ist nicht das Probleme! Die Fliege ist das Probleme!"
„Du hast nicht zufällig unser Produkt ausprobiert, oder?"
Ich sah zu Jesse und funkelte ihn an. War das sein ernst?
„Jesse ich weiß das das für dich, als Leien alles ziemlich ungewöhnlich klingt. Eine Fliege, na klar ist wahrscheinlich bedeutungslos. Nicht wahr? Aber in einer so hochgradig kontrollierten Umgebung wie hier..."
Dad hatte langsam und sehr deutlich gesprochen als hätte er angst wir würden ihn nicht verstehen. Er ging an Jesse und mir vorbei und ich sagte spöttisch: „Ich bin kein Leihe und versteh es nicht."
Entweder hatte er mich nicht gehört oder er ignorierte mich, denn er sprach leise weiter: „...kann jede Verschmutzung.... So klein sie auch sein mag..."
Dad ging weiter durch den Raum und sah sich suchend um. Ich beobachtete jede seiner Bewegungen mit den Augen und auch Jesse sah ihm skeptisch zu wie er durch das Labor schlich.
„...den Produktionsprozess komplett-„, er verstummte und ich wartete geduldig das er weiter sprach. Stattdessen sah er sich nur immer noch suchend um, den Blick an die Decke gerichtet."
„Äh Dad?"
„Halooo?", fragte Jesse ungeduldig.
Dad sah zu uns als wären wir gerade erst aufgetaucht und fragte: „Was ist?"
Ich stieß angestrengt die Luft aus und sah kopfschüttelnd zu Dad.
„Warst du etwas die ganze Nacht hier? Hast du überhaupt geschlafen?"
„Ach mir geht's bestens also konzentrier dich lieber bitte auf-„
Das Piepen der Zeitschaltuhr unterbrach Dad und wir sahen alle zu dem kleinen Timer der uns daran erinnern soll, dass wir anfangen müssen zu kochen.
Dad ging in Richtung piepen und schaltete den Timer aus.
„Also wir sind spät dran.", sprach er zu uns und blieb vor uns stehen, „Deshalb lass uns einfach anfangen. Je eher wir das tun desto eher sind wir fertig."
„Na endlich.", stöhnte Jesse auf und ging in Richtung der Säcke mit dem Natriumdioxid.
„Halt Augenblick! Augenblick! Was tust du da?", hielt Dad Jesse in seinem Vorhaben auf.
„Wir müssen alkalisieren.", sprach ich das offensichtlich aus.
„Hast du mir wiedermal nicht zugehört. Wir können nicht kochen bevor wir nicht die Sache mit der Fliege erledigt haben. Sag mal red' ich hier mit mir selbst."
„Verdammt Dad!"
„Der Timer hat sich aber gemeldet, yo. Wie lange können wir diese Charge warten lassen. Vielleicht noch eine Stunde? Zwei?"
„Diese Charge wird nicht zu gebrauchen sein wenn wir nicht die Kontamination beseitigen."
Ich verdrehte die Augen ehe ich aufgebracht auf Dad zutrat.
„Die Kontamination beseitigen? Wir machen hier Meth. Keine Spaceshuttles, Dad!"
„Wir machen hier gar nichts bevor wir nicht diese Fliege gefangen haben."
„Welche Fliege.", unterbrach Jesse Dad aufgebracht, „Wo ist denn diese scheiß Fliege. Diese Fliege hab ich noch gar nicht gesehen. Vielleicht hat dein Überdruck sie bereits zur Tür raus geblasen oder so was."
„Nein, nein! Sie ist hier. Sie ist in der Nähe, ja? Sie ist hier und ich werde diese Charge nicht der Luft und der Kontamination aussetzen! Punkt! Entweder ihr geht und überlasst das mir oder ihr helft mir aber du hast Recht, Jesse. Die Zeit läuft uns wirklich davon. Deshalb brauch ich eure Entscheidung. Sofort!"
Dabei sah Dad Jesse durchdringend an und die beiden standen sich beunruhigend nahe. Jesse lässt den Sack, den er die ganze Zeit auf seiner Schulter gehalten hatte auf den Boden Fallen und sieht Dad auffordernd an.
„Okay?", fragt er noch einmal und sieht erst Jesse dann mich abwartend an.
Wir beide nicken ergeben. Lass die Fliegenjagd beginnen.
†‡‡†
Wenig später liefen Dad, Jesse und ich durch das Labor und sahen uns aufmerksam um. Nun, jedenfalls sah Dad hochkonzentriert aus, wohingegen ich und Jesse gelangweilt umherliefen, beide Jeweils mit einer zusammengerollten Zeitung bewaffnet. Bis jetzt noch keine Spur von dieser ominösen Fliege.
„Hey! Tick Tack, yo.", rief Jesse und sah entnervt zu mir. Seufzend lief ich weiter.
„Hey, ich steh schon drauf gute Ware zumachen. Aber seien wir realistisch. Wir machen Gift für Leute denen das vollkommen egal ist. Wir haben wahrscheinlich die unkritischsten Kunden der Welt."
Schnaubend gab ich Jesse Recht. Fuck, unsere Kunden waren Methuser. Ich hatte Badger schon Pizza essen sehen die vermutlich Toxischer war als das Meth selbst, geschweige denn eine verkackte Fliege. Aßen nicht Japaner auch dauernd Insekten?
„Nein, nein! Das sind Ausflüchte.", sagte Dad energisch ohne mit seiner Suche aufzuhören, „Wir werden sie jeden Augenblick kriegen. Nur nicht aufgeben."
Ich ging neben Jesse lustlos her als er plötzlich auffällig nervös nach Dad sah, ehe er einen Finger an seine Lippen legte und mir bedeutete still zu sein. Stirnrunzelnd sah ich dabei zu wie er sich eine Atemmaske vom Hacken nimm und sie sich halb aufsetzte, um dann so leise wie möglich den Sack mit Natriumdioxid aufzuheben den er eben fallen gelassen hatte. Skeptisch sah ich ihm dabei zu wie er auf den verschlossenen Deckel des Kondensators zuging.
„Übrigens.", fing Jesse laut an zureden während er langsam die Schnallen des Deckels löste. Ich stand gegenüber von ihm und sah nervös in die Richtung in die Dad verschwunden war.
„Hast du gewusst dass es einen akzeptablen Anteil von Rattenscheiße gibt, der in Schokoriegel sein darf. Das geht vom Staat aus. Alter, nicht mal die Behörden scheren sich so viel um Qualität. Weißt du was sich unter anderem in Hotdogs befinden darf? Schweinelippen und Arschlöscher."
Ich verzog angewidert das Gesicht und half Jesse die Letze Schnalle zu lösen, während er sich wieder den Sack schulterte ohne dabei jedoch aufzuhören über Produktqualität zu predigten: „Hey! Ich sage, von mir aus! Ihr Schweine... den ich mag Hotdogs, also... Verstehst du was ich-„
„Was macht ihr da?"
Ich schrak so heftig zusammen das die Klappe, die ich nur einige Millimeter öffnen konnte, zufiel.
„Gott.", keuchte ich und sah zu Dad der mich und Jesse streng fixierte. Sein Blick konnte man schon fast als mörderisch beschreiben.
„Oh Hey.", sagte Jesse nervös und sah zu mir, die ebenfalls nicht wusste was jetzt zutun war.
Ich sah zu Dad und hob beschwichtigend die Hände als müsste ich ihn aufhalten: „Lass Jesse das nur schnell damit auffüllen. Er beeilt sich! Echt nur ein bisschen Natriumhydroxid. Deckel zu und die Charge ist okay."
Dad sah mich kurz an, eher er an mir vorbei ging und um den Behälter rum auf Jesse zu, dabei immer noch die bescheuerte Fliegenklatsche in der Hand.
Als Jesse den Deckel wieder öffnen will, als Dad nicht sagte, schlug er den Deckel einfach wieder mit der flachen Hand zu, was mich zusammen zucken ließ.
Fuck, seit wann war ich so schreckhaft.
„Dieser. Deckel. Hier. Bleibt. Zu. Das ist ein Befehl!", sprach Dad gepresst zu uns und sah Jesse mit seinem Gangsterblick an.
„Du befiehlst mir ‚nen Scheißdreck, Adolf. Wir sind nämlich 50/50 Partner, nicht wahr?"
Ich ging ebenfalls jetzt um den Kessel herum und sagte auf Jesses Einwurf hin: „Eigentlich 33,33333 % Partner."
Jesse runzelte kurz die Stirn und sah mich fragend an, ehe ihm wohl klar wurde das ich ja auch vollbeteiligt war.
„Ähh ja genau.", sagte er und ich lächelte, was mir allerdings wieder verging als Dad Jesse voll mit der Fliegenpatche auf die Schulter schlug, weil Jesse den Deckel erneut öffnet wollte.
„Fuck, Dad!?"
Ich sprang einen Schritt zurück und fluchte laut, weil mich das Ding beinahe getroffen hätte.
„Au, sag mal spinnst du.", stöhnte Jesse vor Schmerz auf.
„DAD!"
Als die zwei sich dann anfingen zuschlagen wie zwei Schulmädchen ging ich dazwischen und zog Jesse von Dad weg.
„Blöder Psychopath", schrie Jesse ihn an und ich stellte mich vor ihn um zu verhindern, dass sie sich wirklich noch prügelten.
„Jesse!"
Jesse und ich ignorierten Dad und ich fragte besorgt: „Alles okay?"
„Nein, dein Dad ist irre... Voll auf die Schulter.", jammerte er.
„Jesse!"
Ich drehte mich um und wollte Dad eigentlich anschreien, allerdings hielt ich inne als ich sah, dass er stocksteif da stand und tatsächlich auf seiner Stirn eine Fliege saß.
„Jetzt seht ihr sie doch auch?"
„Ja.", murmelte ich und spürte das Jesse neben mich trat und ebenfalls dich Fliege anstarrte.
„Dann los.", flüsterte Dad ohne dabei die Lippen oder sonst ein Körperteil zubewegen.
„Du willst das ich sie erschlage.", fragte Jesse und bei seinem Ton sah ich ihn fragend an. Was zum-
„Ja.", sagte Dad und als Jesse einen Schritt auf ihn zu machte sagte er schnell: „Eh, eh! Langsamer... Ganz langsam."
„Ich weiß ganz langsam. Ja, völlig klar! Aber ich brauch dein Fliegenklatschen Ding."
Als Jesse das sagte rollte ich mit den Augen und zischte Jesse zu: „Dein ernst?"
Er ignorierte mich und konzentrierte sich ganz auf meinen verrückten Vater.
„Na komm schon. Mann los! Ist okay! Gib her. Komm gib mir das."
Dad reichte Jesse vorsichtig seine Klatsche.
„Du muss sie..."
„Ja! Nein, nein, nein! Ich werde gut... Ich werde bis drei zählen...", sagte Jesse und schnaubend ging ich von den zwei Idioten weg und setzte mich die Beine überschlagend auf einen Tisch um dem Schauspiel aus sicherer Entfernung zu zusehen.
„Okay dann bei drei.", sagte Dad langsam, „Eins-„
Jesse schlug zu und Dad kippte fast zu Seite. Stöhnend richtete er sich auf und sah sich hektisch um während Jesse ihm die Klatsche entgegen schmiss.
„Ja, wie gefällt dir das? Tut weh, he?"
„Hast du sie?", fragte Dad nur und schien nicht zu realisieren, dass Jesse ihn gerade geschlagen hatte.
„Seit ihr jetzt fertig?", fragte ich genervt.
„Ich denke schon, ja.", sagte Jesse, wobei ich nicht wusste ob er mir geantwortet hatte oder Dad.
„Wo ist sie?"
„Verdammt Dad!"
„Keine Ahnung! Was spielt das für eine Rolle... Wen interessiert's? Ich hab sie erwischt... Oh großer Gott! Also echt!", stöhnte Jesse auf und auch ich sah fassungslos dabei zu, wie mein erwachsener Vater auf allen Vieren auf dem Boden herumkroch und nach einer toten Fliege suchte.
„Wo ist sie.", rief er schon fast panisch und ich fuhr mir gestresst durchs Haar um mit anzusehen, das auch Jesse mit seinen Augen den Boden absuchte.
„Super, jetzt ist es passiert. Ihr Beide seit durch die Dämpfe vollkommen verblödet.", stöhnte ich auf und ignorierte Jesses eingeschnappten Blick. Er sah wieder zu Boden und suchte genau wie Dad nach der Fliege.
„Sie ist... Da! Da drüben! Sieh mal, da...", rief er plötzlich und zeigte in einer Ecke unter dem Tisch auf dem ich saß.
Dad krabbelte auf allen Vieren zu der Stelle hin in die Jesse zeigte, um eine Sekunde später etwas in der Hand zu halten, was ihn resigniert zusammen sacken ließ. Ich beugte mich über den Tisch um ihn besser sehen zu können.
„Siehst du ich hab dir gesagt ich hab sie erwischt.", sagte Jesse wurde aber von dem schwer enttäuschten Walter unterbrochen: „Das...", er hielt das kleine schwarze etwas hoch, „Ist eine Rosine."
„Also ich hab sie ganz bestimmt erwischt. Mann, ich...", Jesse unterbrach sich als ein Summen ertönte und die Fliege an ihm vorbei flog. Wir beide folgten ihr mit leicht belustigtem Blick.
„Ah Mann. Die hat echt was drauf, yo. Das muss man ihr lassen.", sagte er und sah zu mir und Dad. Dad lag immer noch auf dem Boden und wirkte mehr als erschöpft als er sprach: „Hört zu! So langsam hab ich das Gefühl mir gehen die Möglichkeiten aus wie ich euch das noch erklären soll. Trotzdem werde ich es versuchen. Diese Fliege ist für uns ein erhebliches Problem. Sie wird unsere Charge ruinieren. Wir müssen sie und jede Spur von ihr vernichten, damit wir weiterkochen können. Denn wenn wir das nicht schaffen, sind wir tot. Hier gibt's keinen Freiraum für Fehler. Nicht bei diesen Typen.", flüsterte er nur noch am Schluss und ich sah besorgniserregend zu Jesse, der jetzt ebenfalls zu mir sah und sich die gleiche Frage zu stellen schien. Was verfickt noch mal war hier bitte los?
„Wie wer's wenn wir etwas an die frische Luft gehen, Dad?"
Ich sprang vom Tisch und ging um diesen herum auf Dad zu und hielt ihm die Hand hin.
„An die frische Luft? Ist das deine Lösung? Wir schlittern mit dem Kopf voran in die Scheiße."
„Moment, Moment mal Mister White.", sprang Jesse ein als Dad wieder einen herrischen Ton auflegte, „Wir verstehe ja, das diese Fliege eine ernste Sache für uns ist. Ja? Wir sind an Bord.", sagte er beschwichtigend und zeigte dabei abwechselnd auf mich und ihn, wobei ich bekräftigend mit dem Kopf nickte.
„Wir meinen ja nur, das ein bisschen frische Luft uns vielleicht helfen würde, wenn wir einen Plan austüfteln dieses scheiß Vieh zu erwischen. Dann kommen wir wieder runter und kriegen das Vieh am Arsch.", sagte ich langsam und wartete auf Dads Reaktion, der zu meinem Glück dann doch ergeben nickte.
Erleichtert halfen Jesse und ich ihm hoch um gemächlichen Schrittes Richtung Ausgang zugehen. Dabei sahen Jesse und ich uns kurz an. Uns beiden war klar, dass irgendwas Dad durchdrehen ließ.
Jesse öffnete mit einem Ruck die Tür und ließ mir den Vortritt.
„Halt, warte! Habt ihr eure Schlüssel.", fragte Dad und sah uns an.
„Meine Jacke liegt unten.", sagte ich als Erklärung dafür dass ich keinen dabei habe.
„Ich habe meinen."
„Ganz sicher das Letze das wir brauche ist das wir uns aussperren."
Jesse klimperte zum Beweis vor ihm mit seinen Schlüsseln und mit einer Geschwindigkeit, die ich Dad gar nicht zutraute, riss er sie Jesse aus der Hand und verschloss die Tür
„Hey.", kam es wie aus einem Mund von Jesse und mir.
„Wenn ihr mir nicht helfen wollt...", zischte Dad und sah uns durch das kleine Fenster in der Tür an, „dann geht mir aus dem Weg.", und damit war er verschwunden und ging Richtung Labor die Treppe hinunter.
„Scheiße.", sagte ich nur und Jesse drehte sich zu mir, ehe er an mir vorbei stürmte rauf zur Wäscherei.
„Hey! Jesse!"
Ich folgte Jesse der wie ein irrer oben herumlief und die Arbeiter nach einer Axt fragte. Als ihm keiner eine Antwort gab rannte er nach hinten in den Wirtschaftsraum, wo einige Werkzeuge standen. Als ich genervt hinter ihm herlief sah ich gerade wir er einen schweren Hammer in der Hand hielt.
„Ist das dein ernst? Das ist eine Sicherheitstür.", schnaufte ich und sah von ihm durch den Raum, als mein Blick an dem Sicherungskasten hängen blieb.
Mit einem vielsagenden letzten Blick auf Jesse ging ich auf diesen zu und legte nach kurzem Suchen den Schalter für das Labor um.
Jesse ließ scheppernd den Hammer fallen.
„Hast du ihm den Strom abgedreht?"
„Jap.", sagte ich gelangweilt und ging an ihm vorbei, „Und jetzt geh ich nach Hause."
„Hey.", Jesse lief mir hinterher und hielt mich auf in dem er mich an meinem Arm zurückzog.
„Was soll das?"
„Was das soll?", fragte ich aufgebracht wobei meine Stimme einige Oktaven höher schien. „Fuck, mir ist das echt zu blöd... Ich hab keinen Bock eine von Dads weiteren Psychosen mitzumachen."
Ich riss mich los und ging an dem verwirrten Jesse vorbei zum Parkplatz. Ich nahm den Zweitschlüssel unter Jesses Wagen, wo Michael des Öfteren auch seinen Stoff hinterlassen hatte und stieg ein.
Als ich hinter dem Steuer saß, ließ ich entkräftet und absolut entnervt meinen Kopf auf das Lenkrad fallen, was ein einmaliges Hupen ertönen ließ.
Fuck off.
Ich konnte gar nicht in Worte fassen wie sehr mich Dad ständige Launen zur Weißglut brachten. Ich wusste nicht wie lange ich in dieser Position verharrte aber ein Klopfen ließ mich aufschrecken. Jesse kam in mein Sichtfeld und sah mich fragend an.
„Yo, alles okay?"
Seufzend nickte ich und sah ihn müde an.
„Hat er die Tür geöffnet?", fragte ich, ohne dass es mich wirklich interessierte.
Jesse nickte und bedeutete mir rüber zu rutschen. Ich kletterte auf den Beifahrersitz und er stieg ein.
„Ich hab ‚ne Idee.", sagte er nur, ehe er den Motor startete.
†‡‡†
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top