𝟏𝟖 - 𝐀𝐧𝐝𝐞𝐫

Nach unserer Nacht im Wohnwagen waren wir verbunden, wie nie zuvor. Eine Woche war vergangen und seitdem sahen wir uns jeden Tag.
Wir waren quasi unzertrennlich und ja, wir liebten uns. Jeden Tag mindestens einmal.
Gerade lag ich völlig außer Atem neben meinen Prinzen. Er hatte seine Augen geschlossen, war wohl eingeschlafen. Langsam drehte ich mich auf die Seite, sah ihn an. Patrick lag einfach nur da. Seine vollen Lippen waren einen kleinen Spalt offen. Mein Engel. Mein wunderschöner Engel. Sanft zog ich die Decke über uns. Meine Mutter war diesen Abend mit ein paar Freundinnen essen gegangen. Es würde also länger dauern. Das hatten wir sofort genutzt.

Patrick brummte leise und legte einen Arm um mich. Vorsichtig löste ich mich aber ein Stück. Samuel hatte mir geschrieben und mich nach einem Treffen gefragt. Ich hatte zwar keine Ahnung, was er so spät noch von mir wollte, aber ich hatte zugesagt. Samu war mein Freund. Vielleicht brauchte er ja Hilfe.
»Schlaf gut«, flüsterte ich Patrick zu, nachdem ich ihm sanft einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte, auch wenn mir klar war, dass er mich nicht hören konnte. 
Dann stand ich endgültig auf, ließ meinen Gott im Bett liegen und ging.
Schweigend lief ich die dunklen Straßen entlang. Es regnete. Die Lichter spiegelten sich auf dem nassen Asphalt wieder.
Meine Kapuze hatte ich mir tief in die Stirn gezogen, während ich schnellen Schrittes zu unserem Treffpunkt ging. Was zur Hölle wollte Samuel bei diesem furchtbaren Wetter von mir?

Als ich ankam war dort niemand. Das überraschte mich auch nicht besonders. Vielleicht war Samuel spät dran oder er war wieder nach Hause gegangen. Was wollte er von mir? Was war so wichtig, das er es mir persönlich sagen musste, anstatt es mir einfach zu schreiben?
Nervös ging ich hin und her, bis ich plötzlich hinter einem kleinen Busch ein Stück Stoff hängen sah. Langsam ging ich drauf zu und nahm es an mich. Es war völlig durchnässt, aber nicht so, als würde es schon seit längerem hier hängen. Es musste also eher frisch sein.
»Samu? Bist du hier?«, fragte ich in die Stille hinein. Plötzlich hörte ich Schritte. Leise schmatzten sie auf den nassen Boden. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, machte mich bereit, zuzuschlagen.
Plötzlich spürte ich eine Präsenz hinter mir. Ganz deutlich. Ich zwang mich, ruhig zu atmen.
»Samu? Ist alles okay?«
Gerade als ich mich umdrehen wollte, packten mich zwei Hände. Sie pressten mich gehen die Mauer, vor der ich mich gerade befand.
»Es ist so schön, wenn es heutzutage noch so treue Freunde gibt. Eine SMS und sie kommen. Rührend«, flüsterte die Stimme. Ich schluckte schwer und wollte mich los reißen, doch plötzlich spürte ich etwas kaltes an meiner Schläfe. Metall. Dieser gottverdammte Wichser hat eine Pistole!

»Was willst du von mir und was hast du mit Samuel gemacht?«, zischte ich und sah meinen Gegenüber finster an. Dieser Typ war mir unbekannt. Ich hatte ihn noch nie in meinem Leben gesehen und ich verstand auch nicht, was er plötzlich von mir wollte.
»Ich von dir? Gar nichts. Ich wollte dich nur nett empfangen, wo du doch extra hier her gelaufen bist«, flüsterte der Unbekannte. Sein Atem roch nach Minze.
»Scheiße! Was ist mit Samu? Was hat er gewusst? Lass mich los«, fauchte ich. Zum Glück hatte dieser kranke Spinner mittlerweile seine Pistole sinken gelassen.

»Wenn ich dir das jetzt sage, dann müsste ich dich auch aus dem Weg schaffen. Das willst du doch nicht oder?«, säuselte er weiter und ich würde ihm am liebsten ins Gesicht schlagen.
»Gut, danke für das nette Gespräch. Wenn du deine Schnauze hältst, dann wird deinem lieben Freund nichts passieren. Wenn du aber ein einziges Wort sagst, dann war es das mit ihm und mit dir auch. Hast du mich verstanden«, knurrte er und ich wäre zurück gewichen, wäre nicht diese verdammte Mauer hinter mir.
Ich nickte mechanisch, ärgerte mich über mich selbst, weil ich so feige war. Samuel brauchte nun wirklich meine Hilfe, weil er etwas wusste, dass er nicht wissen sollte. Verdammt und nun saß er irgendwo fest. Wie sollte ich ihn nur jemals finden?

»Gut, du Scheißer und jetzt geh nach Hause spielen«, sagte er und schubste mich. So heftig, dass ich beinahe hingefallen wäre. Im letzten Moment fing ich mich und lief. Ich rannte nach Hause, wollte einfach nur zu Patrick. Fuck, was war ich für ein schlimmer Freund?
»Es tut mir so leid, Samuel«, flüsterte ich immer wieder und merkte, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Der Schock, die Verzweiflung, die Angst um meinen Kumpel. Alles prasselte auf einmal auf mich ein.
Völlig durchnässt stand ich vor meiner Haustür, fummelte hektisch an meinem Schlüsselbund herum, bis ich den richtigen Schlüssel hatte. Dann trat ich ein, schloss hinter mir ab und stürmte nach oben in mein Zimmer.

Patrick, der bis eben noch friedlich geschlafen hatte, wachte sofort auf. Er sah sich verschlafen um, bis seine Augen mich fanden. Augenblicklich schien er hellwach zu sein.
»Ander? Was ist passiert?«
Er stand sofort auf und nichtmal sein unglaublicher Körper konnte mich nun beruhigen. Er kam auf mich zu, ergriff beide Hände und drückte sie leicht. Ich starrte ihn einfach nur an, die Lippen leicht geöffnet und kam mir vor, wie der größte Vollidiot.
»Baby, sprich mit mir«, flüsterte er sanft, bevor er mich einfach umarmte. Ich schlang meine Arme um ihn, klammerte mich an ihn, so als wäre er meine einzige Hoffnung.
»Ich kann nicht. Ich darf nicht«, brachte ich heraus. Meine Stimme hörte sich seltsam piepsig an, aber das war Patrick egal. Er presste mich noch enger an sich und ich schluckte.
»Samu ist weg. Irgendein Typ hat mir aufgelauert. Ich bin sicher, dass er Samuel etwas angetan hat. Er meinte, er wüsste zu viel. Ich hab keine Ahnung, wo er ist«, flüsterte ich hilflos und Patrick schluckte schwer. Sanft fing er an, über meinen Rücken zu streichen, ließ mich aber kein bisschen lockerer.
»Shhh Ander. Alles wird gut werden«, hauchte er mir zu und ich hoffte, dass er recht behalten würde.

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