Warum meine Angst vor Psychologen berechtigt ist ...
2. Februar 2020
Rotz und Wasser heulen. Bis heute konnte ich mir unter dem Spruch nur lustige Cartoon Figuren vorstellen. Selbstverständlich habe ich mir früher schon mal die Stimme aus dem Leib geheult. Ich halte sogar als Kind meinen persönlichen Rekord von 4 Stunden Dauer Heulen, weil sich an dem Tag damals gefühlt die ganze Welt gegen mich verschworen zu haben schien.
Aber noch nie habe ich so unkontrolliert geheult wie vor einer halben Stunde.
Aber zuerst einmal, welche Zeit haben wir:
Wir schreiben das Jahr 2020. Der 21. Januar, an dem um Punkt 6 Uhr morgens meine verdammte Periode begann. Ich hatte es heute morgen gerade noch so aufs Klo geschafft und bin sehr froh darüber.
Wie ihr bestimmt schon wisst, beginnt rund um meine Periode herum mein ewiger Kampf mit der miesen Dämonin in meinem Unterbewusstsein. Meistens fängt es ein paar Tage vorher an. Ich beginne, die Haut an meinen Fingern systematisch abzuknabbern. Meine Fantasie läuft auf Hochtouren, meine Langeweile steigt. Innerhalb drei Sekunden ohne fremde Aufmerksamkeit verfalle ich meinen grausamen Gedanken.
Und worüber ich mir Gedanken mache. Über Illusionen, Morde, Zeitreisen, Feuer, Figuren, ...
Ich fange an, zu summen oder zu pfeifen, habe Dutzende Ohrwürmer gleichzeitig, erinnere mich an komische Sachen und trommel mit den Fingern irgendwo drauf herum.
Und kurz vor oder während der Periode greift sie an. Zília. Die rachsüchtige Dämonin. Ich habe sie Zília genannt, weil es so viel einfacher ist, gegen einen bösen Geist zu kämpfen, als gegen sich selbst. Zília will mir die Kontrolle nehmen. Sie will, dass ich durchdrehe und ich drehe auch schon fast durch bei dem Versuch sie zu kontrollieren.
Im letzten Jahr war ich deswegen bei einer Psychologischen Psychotherapeutin, weil meine seltsamen Anfälle nicht normal sein können. Sie werden nämlich heftiger und meine Kämpfe mit Zília werden schlimmer und schlimmer. Ich lache und habe Heulkrämpfe, weil ich nicht aufhören kann, zu lachen. Der Psychotante habe ich mitgeteilt, was mich so beunruhigt, doch sie konnte mir nicht weiter helfen, weil sie keine Termine mehr für mich frei hat.
Also machte ich Termin bei einer anderen Tante.
Und die versteht mich mal so irgendwie überhaupt nicht. Sie behandelt meine körperlichen Symptome, von meinen psychischen Macken will sie nichts hören. Sie unterbricht mich immer wieder, wenn ihr was zu dem einfällt, was ich sage ( Willkommen in meinem Wort) und hört nur das, was sie auch hören will.
Zwei mal war ich bei ihr. Sie meint, meine Schwindelanfälle kommen vielleicht von Blutgerinnung oder dass meine Venen sich nicht schnell genug schließen. Interessanter Gedanke, hilft mir aber nicht viel gegen Zília. Außerdem ist ihr Vorschlag, um gegen Zília gewappnet zu sein, der Dämonin einfach mal die Kontrolle überlassen und schauen, was passiert.
...
Nein! Einfach nur Nein!
Ich weiß, was passiert. Oder anders, ich ahne es. Ich würde mich doch nur weiter in diesen Zustand rein steigern, immer höher und höher fliegen, bis ich irgendwann nicht mehr in der Lage bin, aus dem Loch zu kriechen, in das ich fallen werde, wenn ich unten aufschlage.
Ich werde mich selbst verletzen, das weiß ich genau. Vielleicht nicht absichtlich, vielleicht mit volle Absicht. Wie, wenn man verdammt wütend und/oder verzweifelt ist und seine Finger in die eigene Haut drückt. Wenn man gerade auf direktem Kurs gegen die betonierte Wand zu krachen droht, dann sollte man den Kurs ändern und nicht das Steuer los lassen. So nach dem Motto, die Maschine wird es schon wissen. Das habe ich versucht, ihr klar zu machen, dieser komischen Psychotante.
Aber sie hat es nicht verstanden.
Tja, dann eben nicht. Aber zu der gehe ich nicht mehr hin.
Und heute war der schlimmste Anfall meines bisherigen Lebens. Ich war den ganzen Tag schon sehr froh, dass Zília nicht aufgetaucht ist. Dafür ist abends etwas sehr seltsames geschehen.
Ich saß auf dem Sofa und habe versucht, Kopfhörer aus ihrer Plastikverpackung zu pulen. Dieser Scheiß hat sich vielleicht gewehrt, kann ich euch sagen. Und gerade, als ich am Gewinnnen bin, taucht ein dumpfes Geräusch in meinem rechten Ohr auf. Es piept kurz leise, verschwindet aber schnell wieder. Also mache ich weiter wie gehabt.
Kurz darauf werde ich von Schwindel geplagt. Alles bewegt sich seltsam. Also saufe ich aus der Wasserflasche und warte, bis es vorerst verschwindet. Während ich aber die Verpackung weiter bekämpfe, kommt das dumpfe Gefühl wieder in mein Ohr. Fast wie der Druck unter Wasser. So klingt es.
Ich weiß nicht, was es ist, aber ich muss heulen.
Und wie ich heule. Rotz und Wasser. Mir kullert nicht nacheinander rechts und links mal ne Träne runter, sondern es bricht hervor, wie bei einem Damm. Und meine Arme und Beine zucken wild. Nicht unkontrollierbar, sondern nach Drang. Ich muss die Arme bewegen, sie strecken und dehnen, sonst habe ich das Gefühl, irgendetwas wird explodieren.
Nebenbei habe ich immer wieder versucht, mich durch Atemübungen zu beruhigen, aber es hat nicht geklappt. Ich habe getrunken, aber es hat auch nicht geholfen. Gehen konnte ich nicht mehr. Nicht weil meine Beine weh taten oder weil ich sie nicht bewegen konnte. Sondern einfach, weil wegen deshalb.
Mir fehlte die Kraft, der Wille, aufzustehen. Um den halben Couchtisch habe ich es geschafft, dann musste ich mich setzen. An Ort und Stelle bin ich auf den Boden gesackt. Meine Arme haben derweil weiter gezuckt, ich konnte nicht aufhören zu heulen und habe irgendwie alles ganz komisch wahr genommen.
Es war so merkwürdig, so falsch.
Bis jetzt weiß ich nicht, was es war.
So einen Anfall hatte ich noch nie. Immer wieder habe ich es zwischendrin geschafft, mich zu beruhigen, aber es brach immer wieder raus. Ich fühlte mich einfach total hilflos. Meine Mutter hat versucht, mich zu unterstützen, aber sie konnte nicht viel ausrichten. Gute 10 Minuten bekam ich kaum was von meinem Umfeld mehr mit. Danach war mir schlecht.
Zu viel Wasser aufeinmal gesoffen.
Trotzdem war ich wie ausgetrocknet. Ausgedörrt, aber ich konnte nichts trinken. Und jetzt sind die Schatten auch wieder da. Stärker denn je. Schneller, als mein Gehirn begreifen kann, dass es sich lediglich um eine Spiegelung oder einen gewöhnlichen Schatten handelt, sieht es dort Augen, Gesichter, Körper, ... Immer unterschiedlich.
Nach einiger Überlegung kam ich zu dem Entschluss, dass es vielleicht alles nicht einfach körperlich ist, sondern vom Gehirn. Dem Gehirn. In meinem Schädel. Vielleicht stimmt dort etwas nicht und ich sollte mal zum Neurologen. Oder ich sollte die Anfälle beim nächsten Mal ignorieren und unterdrücken. Wer weiß, was dann passiert.
Jedenfalls bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich nie wieder zum Psychologen will. Wenn ich denen von meinen Macken erzähle, denken die, ich wäre verrückt und stecken mich in die Klappse. Das will ich nicht. Und wenn einer von euch Pfeifen mich verpfeifen sollte, dann suche ich euch heim und zerre euch in das elende Loch eurer persönlichen Hölle!
Ich weiß, wo euer Haus wohnt O.o
Muhahahahahaha!!!
Aber ne, mal im Ernst. Ich habe wirklich Angst davor. Ich habe Angst, in der Klappse kaputt zu gehen, ich habe Angst davor, dass Zília gewinnt, ich habe Angst, dass ich mich völlig verliere.
Und ich habe Angst davor, was passiert, wenn sie gewinnt.
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