Diese Sendung wird Ihnen präsentiert von Sand
13. August 2019
Ich lebe noch!
Bis jetzt habe ich den Alltag wunderbar überlebt, ich habe es geschafft, den Reis alles andere als Essbar hinzubekommen, habe meinen allerersten Nudelsalat alleine hinbekommen und um Hund und Katz gibt es auch kein verrecken. Dafür tut jetzt mein Rücken weh, hab mich gestern eine volle halbe Stunde an Sport versucht. Gut, nicht ganz 30 Minuten. Vielleicht noch nicht mal 20.
Aber Muskelkater habe ich dennoch, ich untrainiertes Stück.
Inzwischen ist auch mein Vater wieder da. Yeah. Der ist nämlich am Tag der Abreise mit nach Heidelberg gefahren und hat im Hotel übernachtet, während Mama und Brudergewurm im stressigen Krankenhaus schlafen mussten. Ich beneide sie auf jeden Fall nicht um diese Situation. Nebenbei gesagt könnte mein Bruder inzwischen bei The Walking Dead mitmachen, ganz ohne Maske.
Allerdings ist Papa am Freitag zurück gefahren, da er wieder arbeiten muss. Samstag sind wir dann ins Einkaufscenter gefahren, um meinem Bruder einen tragbaren DVD-Player bei Mediamarkt zu kaufen, damit er sich nach der OP nicht so langweilt. Im Übrigen, die 6 stündige Operation ist beendet und der Darm wurde ihm, wie er mir erzählte, durch den Bauchnabel rausgezogen.
Lecker.
Und das beste, das Gewurm wird mir nach seiner Entlassung erstmal alles bis ins haarkleinste, ekelhafte Detail erzählen, wo er wie mit welcher Nadel von wem rein gepiekst wurde. Darauf freue ich mich ja. Nicht.
Aber ich schweife ab, im Einkaufcenter wollte Papa im Auftrag von Mama mit mir Kleidung shoppen gehen. Problem: Ich hasse Shoppen! Vor allem Kleidung! Die muss ich nämlich erst raus suchen, dann muss ich mich ausziehen, dann wieder anziehen, mich präsentieren, überlegen, wieder ausziehen, was anderes anziehen, präsentieren, ...
Öde!
Ich bin ein faules Stück Scheiße, da habe ich doch kein Bock, mich ständig an- und auszuziehen!
Nachdem Papa das kapiert hat, sind wir zu Thalia gegangen. Ein Buchladen ganz nach meinem Geschmack. Dort habe ich ein paar Schreibwaren für die Schule gekauft, ein kleines Heft, dass ich noch zum Schulplanner umfunktionieren möchte, ein schönes Stifteetui, dass ich mir aber dann nicht gekauft habe und ein Buch!
Ein Buch über eine Fantasiewelt! Mit echten Bildern! Damit meine ich keine Bilder von irgendwelchen Menschen, sondern Zeichnungen aus dem 16. Jahrhundert über Hexenverbrennung und Dämonenbeschwörung! Zu dem Thema steht da nämlich sehr viel drin. Ab sofort mein Lieblingsbuch.
Und danach, als ich die gekauften Schätze zuhause begutachtet habe, ist Papa kurz zum Geburtstag von Hans gefahren, der über Umwege mit uns verwandt ist. Er hat nämlich vor zig Jahren die Tante meiner Mutter geheiratet.
Aber schon der Ausdruck Hans weckt ein negatives Gefühl bei mir. Das liegt daran, weil Papa oft hin fährt, um sich zu besaufen. Deswegen haben Mama und er oft gestritten, immer wenn der Name Hans fiel, schon als ich ein kleines Kind war. Außerdem mag ich ihn nicht sonderlich. Er ist so laut und ein totaler Dickkopf, der die Wahrheit nicht mal erkennt, wenn sie ihm das versoffene Hirn raus tritt. Aber gut, Dickköpfe gibt es in meiner Familie zuhauf.
Nehmen wir mal meine Tante. Sie denk, mir ist das zu anstrengend alleine auf das Haus aufzupassen. Sie will mir helfen, also kommt es mal vor, dass sie samt Cousine bei mir übernachtet. -_- Ist ja nett gemeint, aber überflüssig. Das kann ich ihr aber nicht sagen, weil sie ein relativ empfindliches Gemüt hat und ihre Tochter ist erst 8, sie würde es auch noch nicht verstehen, wenn ich sage, dass ich auch mal Ruhe von den Leuten brauche, die mir alle nur helfen wollen!
Ich finde es ganz gut, dass ich niemanden um mich habe. Ab und zu brauche ich mal Gesellschaft, dann schau ich mal im Dorf vorbei oder besuche besagte Tante mitsamt meinem Hund für ein paar Stunden, aber danach freue ich mich wieder an Film gucken und Nichtstun. Und das versteht sie einfach nicht. Deswegen nehme ich bei meinen Besuchen bei ihr immer den Hund mit, damit ich ab einer gewissen Zeit sagen kann, dass er so langsam wieder nach Hause muss, weil er Hunger hat. Wenn sie nämlich gerade nicht bei mir schlafen wollen/können, versuchen sie mich dazu zu überreden, bei ihnen zu schlafen.
Eine wirklich anstrengende Familie, die denkt, mich zu verstehen, obwohl sie es nicht tut.
Na ja, zurück zu meinem Vater, der dann von seinem kurzen Besuch bei Hans um 23 Uhr oder so zurück kam. Angesäuselt und stinkend wie die Pest. Zu der Zeit habe ich längst geschlafen, weshalb er natürlich unbedingt in mein Zimmer kommen musste und den Hund weckte. Dieser hat die Gelegenheit genutzt und Zack! Rannte er runter in den Flur. Er mag es nämlich eigentlich nicht so, oben in meinem Zimmer zu schlafen.
Am nächsten Tag hat Papa dann bis Mittag gepennt. Irgendwann morgens habe ich dann den Staubsauger rausgekramt und habe Lärm gemacht, um ihn zu nerven. Dass der Hund dann irgendwann in der Nachbarschaft einen anderen Hund gehört hat, kam mir da sehr gelegen, denn so stand er am Zaun vor dem Schlafzimmerfenster und hat sich ein wunderbares Bellduell geliefert.
Tja, Rache ist ein Gericht, dass man am besten heißkalt serviert.
An meinem Bruder habe ich mich auch schon oft gerächt, aber er weiß es bis heute nicht. Wenn er mich geärgert hat, habe ich mich heimlich an seinem Süßigkeiten- Vorrat bedient, habe seine Zahnbürste 'misshandelt' und seine Lieblingsdvds versteckt. Er ist nie dahinter gekommen, wenn ich mich gerächt habe, sonst hätte er sich nämlich zurück gerächt und dann würde die Fehde ewig weiter gehen. So aber habe ich die Genugtuung und er hat keinen Schimmer.
Jetzt aber mal zu was anderem, in zwei Tagen geht die Schule wieder los.
Ob Mama und das Brüderchen bis dahin wieder da sind, ist fraglich. Das bedeutet, dass ich morgens um 5 Uhr aufstehen muss, um zu duschen und mit dem Köter Gassi zu gehen, dann mich fertig machen und eine Stunde mit dem Bus zu fahren, wo ich mich mit komplett neuen Mitschülern herum schlagen muss. Dazu kommt, dass ich ab und zu bis um 15 Uhr Schule haben werde, was bedeutet, dass ich erst um 16 Uhr zuhause bin.
Das sind viele Stunden, in denen der Wuffel alleine zuhause bleiben muss und nicht ins Haus pinkeln darf. Das blöde ist, ich kann auch keinen meiner Verwandten fragen, ob sie kurz mit ihm gehen werden. Erstens vertraue ich dem Hund nur sehr wenigen aus der Familie guten Gewissens an und zweitens würden sie denken, ich schaffe das nicht und würden mir noch mehr unter die Arme greifen wollen, wie meine Tante ständig.
Dann könnte ich mich vor Verwandten kaum noch bewegen, die es ja alle nur gut mit mir meinen wollen. Das bedeutet, Ich muss es alleine regeln oder ich bin bald nicht mehr Herr über mein eigenes Haus! Dann kommen sie alle zu Besuch und erdrücken mich mit geheuchelter Freundlichkeit und zu viel Mitleid mit meiner armen, armen Person.
Also ne, das bekomme ich schon hin. Falls nicht wette ich damit, dass meine Leiche dann irgendwo bei einem meiner Verwandten zu finden ist.
Wünscht mir Glück.
Over and out.
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