Und was machen wir jetzt?

„Dieser Anführer ist mir auch aufgefallen", sagte Jolanta nachdenklich. „Als sie uns überfielen, schubste mich Onkel Tiborek in den Wagen hinein zwischen unsere Waren, damit sie mich nicht fänden. Aber ich nahm mir einen Dolch, der eigentlich zum Öffnen von Ballen und Paketen gedacht ist und als die Räuber auf den Wagen sprangen, stach ich damit nach ihnen. Ich habe auch einige verletzt", erklärte sie stolz, schränkte dann aber ein: „Nicht sehr, fürchte ich. Aber ich habe mich jedenfalls nicht einfach so gefangen nehmen lassen. Schließlich haben sie mich dann doch überwältigt. Sie zogen mich auf den Boden und zwei setzten sich auf mich drauf, damit ich ruhig blieb."

„Bei Piroska hätten nicht mal vier genügt!", rutschte es Ylvigur heraus. Sofort zog er seine Schienbeine aus der Reichweite seiner Angebeteten, gleichzeitig lachte Stepan: „Das wollte ich auch gerade sagen. Die Kleine ist schwerer zu bändigen als eine Katze."

Piroskas Gesicht verriet deutlich, dass sie überlegte, ob die Äußerungen der Männer als Kompliment zu verstehen waren oder als Verhöhnung. Sie entschloss sich für ersteres, ignorierte die Bemerkungen jedoch und forderte Jolanta auf: „Erzähl weiter!"

„Nun, ich konnte kaum etwas sehen und eigentlich nur die Füße der Kämpfenden", fuhr diese fort. „Aber ich sah deutlich die Kaninchenfellstiefel. Erst dachte ich nämlich, wie gut, dass Georg uns zu Hilfe eilt – das ist einer unserer Diener, ein Riesenkerl, der einen Mann mit einem beiläufigen Schlag bewusstlos schlagen kann. Dann fiel mir ein, dass Georg nicht mit uns war. Und seine Stiefel sind grau, diese waren braun."

„Görans Stiefel sind schwarz, passend zu seinem Haar", unterbrach Kriszta. „Katinka findet das eitel, aber sie zieht ihn eigentlich nur damit auf."

„Jedenfalls sah ich diese Stiefel das nächste Mal, als sie mich vor ihren Anführer zerrten und meinten, mich müsse man abernten wie einen Kirschbaum. Er sah mich an und sagte, ich trüge nicht nur viele Schätze mit mir herum, sondern sei selbst einer. Mir machen ja viele Leute Komplimente, manche sind ehrlich gemeint, andere nur, weil man sich bei Vater und Onkel einschmeicheln will. Aber auf keines hätte ich so gerne verzichtet wie auf dieses. Die ganze Zeit, während sie mich ‚abernteten', konnte ich nur auf seine blutbeschmierte Axt starren. Sie hatten mich abseits gezerrt, ich konnte nicht sehen, was mit unseren Leuten war und wie viele er getötet hat. Ich erinnere mich nur überdeutlich an diese riesige Axt und die blonde Mähne, die verdeckte, was die Maske von seinem Gesicht freiließ."

„Zwei", sagte Piroska. „So haben sie es bei uns erzählt. Und dein Onkel lebt noch."

Jolanta lächelte mühsam. „Ja, das hast du mir schon im Keller erzählt."

„Zwei sind zwei zuviel", stellte Ylvigur fest. „Und diese Axt – es fällt mir jetzt auf, sie war wirklich sehr groß. Eine Holzfälleraxt, keine zum Kämpfen."

„Aber er hat die Leute damit auch umgemäht wie junge Bäume", erinnerte sich Stepan. „Wenn Ylvigur nicht geflohen wäre, hätte er ihn auch umgehauen. Mich wollte er bewusstlos, um mich zu verkaufen, ihn wollte er tot sehen."

„Schreckliche Vorstellung", Piroska schauerte noch nachträglich.

„Haltet ihr mich eigentlich für sehr feige?" Der junge Werwolf wirkte plötzlich unsicher. „Weil ich lieber geflüchtet bin statt weiter zu kämpfen?"

„Was für ein Unsinn!" rief Kriszta. „Du warst doch verletzt!"

„Und du hast doch dein Ziel erreicht", sagte Jolanta nüchtern. „Die noch unverletzten Händler konnten sich doch in Sicherheit bringen, habe ich das richtig verstanden?"

Stepan nickte. „Ylvigurs Eingreifen hat den Anführer der Wegelagerer erfolgreich abgelenkt und damit hat er einigen das Leben gerettet. Vor allem auch mir, denn der erste Axthieb hätte mich wohl voll getroffen."

„Ich bin jedenfalls sehr dankbar dafür, dass du eingegriffen hast", Piroska stand auf und setzte sich dicht neben Ylvigur. „Aber auch dafür, dass du dich nicht hast töten lassen. Und was das ‚feige' anbetrifft – so dunkel war es nicht mehr, ich habe deine Narbe deutlich sehen können. Sie sieht aus, als ob man dir den Arm abgetrennt und wieder angenäht hätte." Sie schmiegte sich an ihn und er legte den Arm um ihre Schulter. „Ich bin nur froh, dass du das überlebt hast."

„Es war nicht so schlimm, wie es wohl ausgesehen hat", der junge Mann zuckte die Schulter. „Keine verletzten Organe und das Schultergelenk war auch unversehrt. Er hat nur Muskeln und Sehnen sowie Schlüsselbein und einige Rippen durchschlagen. Sowas heilt meistens gut. Außerdem ist Papa ein sehr guter Arzt und konnte mich schön wieder zusammenflicken."

„Ärzte habt ihr auch?" staunte Piroska.

„Ja, warum nicht? In Menschenform können wir jeden Beruf ergreifen, der auch euch Menschen offensteht. Wenn wir uns trotzdem Waren und Dienstleistungen von euch holen, liegt das nicht daran, dass wir es nicht selbst könnten, sondern dass wir niemanden haben, der das macht. Du wirst sicher eine gute Ergänzung sein."

Piroska seufzte. „Lass mich raten – ihr habt niemanden, der für euch putzt?"

Ylvigur lachte laut auf. „Ich gebe zu, dass ich in der Beziehung nicht sehr fleißig bin, aber das ist bei uns nicht die Regel. Nein, ich dachte an die schöne Stickerei auf deiner Kleidung und du hast ja gesagt, du hast sie selbst gemacht. Und natürlich an dein Gebäck, das du mir versprochen hast."

„Piroska backt wunderbar", versicherte ihm Kriszta. Dann runzelte sie die Stirn. „Wieso Bereicherung? Und warum kuschelst du dich so an ihn? Willst du mit ihm zu den Werwölfen gehen?"

„Ich kann ihn ja schlecht nach Altkirch mitnehmen", gab Piroska zurück. „Schließlich habe ich da keinen Platz mehr, wenn Martin kommt."

„Was will der denn bei uns?" Stepan hatte diesen Vetter noch nie gemocht.

„Vater hat ihm den Hof als Erbe versprochen, wenn er kommt und mit anpackt", erklärte Piroska. „Du warst ja nicht mehr da."

„Jetzt bin ich's aber wieder. Und du weißt genau, wenn ich den Hof erbe, hast du immer einen Platz bei mir. Meinetwegen auch mit Ylvigur und einem ganzen Rudel kleiner Werwolfswelpen."

„Wenn", bremste Jolanta ab. „Noch seid ihr nicht in Altkirch und wir alle nicht da, wo wir hingehören. Und deshalb ist die wichtigste Frage, was wir jetzt machen. Was später wird, wird sich zeigen."

„Am besten befreien wir erst mal alle", schlug Kriszta vor. Aber Stepan schüttelte den Kopf. „Das halte ich aus drei Gründen für unklug. Erstens können wir dabei erwischt werden und sitzen dann erst recht in der Traufe. Zweitens können wir nicht unterscheiden, wer unschuldiges Opfer ist und wer nicht und ich möchte keine Schwersttäter auf freien Fuß setzen, wenn ich nicht weiß, was die mit ihrer Freiheit anfangen. Und drittens würde das die Behörden erst recht aufschrecken und sie würden uns als gefährliche Rebellen einstufen und wohl mit Waffengewalt antworten."

„Ich denke, wir sollten nach Kronburg gehen", meinte Ylvigur nachdenklich. „Jolanta meint ja, mit der Fürstin kann man reden und sie kennt die auch persönlich. Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber Mama wäre stinksauer, wenn sowas in ihrem Refugium abläuft und keiner sagt ihr Bescheid. Und die Fürstin kann dann der Sache genauer nachgehen. Mama jedenfalls würde so handeln."

„Seine Mutter ist die Führerin der Wilkos", erklärte Piroska Kriszta und Stepan, die reichlich verwirrt dreingesehen hatten und nun verständnisvoll nickten.

„Und die Sache mit den Steuern könnt ihr dann auch abklären." Jolanta zeigte sich einverstanden. Daraufhin stimmten auch die anderen drei zu.

„Das wird ein weiter Weg", überlegte Stepan, doch Ylvigur schüttelte den Kopf. „Zu Fuß ja, aber es gibt auch andere Wege."

„Willst du reiten?" erkundigte sich Kriszta. Ylvigur sah sie entgeistert an. „Du glaubst, ich setze mich auf so ein Vieh? Ich dachte eher an ein Boot. Der Lindenfluss fließt doch bis Kronburg!"

„Und wie willst du an eines kommen?" fragte Jolanta. „Stehlen mache ich nämlich nicht mit!"

„Musst du auch nicht", der junge Mann griff nach seinem Rucksack und öffnete die Rückentasche  des Gepäckstücks. Wie bei den meisten derartigen Taschen befand sich auch hier ein mit Wolle umwickeltes Brett zur Stabilisierung. Nur war das Brett, welches Ylvigur nun herausholte, hohl. Er drehte es um und vor den erstaunten Blicken seiner Gefährten fielen einige Gold- und Silbermünzen heraus. „Sollte für ein Boot reichen", stellte er nach einem prüfenden Blick fest.

„Geniales Versteck!" platzte Stepan heraus. „Ob das die Wegelagerer wohl finden würden?"

„Ich hoffe, das müssen wir nicht ausprobieren", Ylvigur steckte den Rucksack wieder zusammen und nahm das Geld auf. „Kommt mit!" Er stand auf und die Gefährten taten es ihm gleich.

„Wo hast du das Geld her?", fragte Jolanta, während sie zum Waldrand gingen.

„Aus dem Verkauf von Fellen und Leder, warum?"

„Moment mal!" Die Kaufmannstochter griff plötzlich an Stepans Ärmel und befühlte dann ihre provisorischen Schuhe. „Das ist von dir? Das hast du gegerbt?"

„Ja."

„Kein Wunder, dass Großvater so begeistert ist von dem Leder, welches ihm Varg bringt! Ihr könnt das wirklich gut."

„Ich kann das!", stellte Ylvigur richtig. „Außer mir macht das keiner in unserem Dorf." Er grinste. „Ich glaube, es stinkt ihnen zu sehr."

„Dir nicht?"

„Doch. Aber nach einigen Minuten riecht man das nicht mehr."

Stepan schüttelte verwundert den Kopf. „Ich lerne heute immer mehr. Bisher dachte ich nämlich auch, ihr lebt im Wesentlichen von der Jagd und habt keine handwerklichen Fähigkeiten."

„Oh, wir betreiben schon so einige Handwerke", erklärte der Werwolf. „Im Gegensatz zu Ackerbau und Viehzucht. Das würde uns niemals einfallen! Unsere Nahrung läuft frei im Wald herum oder wächst ohne unser Zutun auf Bäumen und Sträuchern."

„Woher kommt dann der Käse, der in deinem Rucksack war?" fragte Piroska.

„Vom Markt. Ich liebe Käse, auch wenn ich nicht verstehe, wie man Kühe gefangen halten kann, um sie zu melken."

„Tja, und ich verstehe nicht, wie man rohes Fleisch essen kann", bemerkte Kriszta trocken. „Jedem das Seine, denke ich." Sie schien sich jetzt mit der Tatsache arrangiert zu haben, dass der junge Mann neben ihr ein halber Wolf war.

„Schaut", Ylvigur wies auf den Fluss, auf dem sich mehrere kleine Fischerboote tummelten. Am Ufer stand ein junger Mann und takelte gerade ein kleines Segelboot auf. „Das ist geeignet."

„Meinst du, er verkauft es?" fragte Jolanta. Stepan sah auf die Münzen in Ylvigurs Hand und schmunzelte. „Wenn du ihm die alle anbietest, ganz sicher."

„Ich verhandle mit ihm", Jolanta schnappte sich das Geld. Ylvigur lachte leise. „Darum wollte ich dich auch bitten. Euch drei."

„Häh?" Piroska sah ihn verdutzt an und der junge Werwolf erklärte: „Für die Behörden sind vier Straftäter entkommen, von denen mindestens einer, nämlich ich, als sehr gefährlich eingestuft wird. Und ein weiterer ist vermutlich ertrunken, nur ist seine Leiche nicht aufgetaucht, er könnte also noch leben. Und gerade dieser wurde wegen Raubmord verurteilt. Was glaubst du, wie reagieren die Menschen dann, wenn plötzlich zwei unbekannte Männer auftauchen und ein Boot kaufen wollen?"

„Und bei Mädchen meinst du, fragen sie nicht?"

„Nein. Vor allem nicht, wenn sie so hübsch sind und ganz offensichtlich nur einen Ausflug auf dem Wasser planen. Kriszta, nimm dein Brusttuch wieder ab, dann hat er was zu starren, während er darüber nachdenkt, ob er sein Boot hergibt. Stellt euch albern an, kichert viel und schwärmt von einer romantischen Flussfahrt. Bei uns würde das nicht funktionieren, aber ich habe jetzt begriffen, dass ihr Menschen Frauen, vor allem jungen Mädchen kaum etwas zutraut."

„Gute Idee!" Kriszta schmunzelte. „Das bekomme ich hin! Komm, Piri, zieh das Band da oben etwas auf, dann weiß er nicht mehr, wo er hinsehen soll!"

„Aber – ich kann nicht flirten wie du. Und ich bin auch nicht schön wie ihr beide, dass ich ihn groß ablenken könnte", sagte Piroska verlegen.

„Jetzt hör schon auf damit! Du hast einen ganz eigenen Liebreiz, das habe ich dir schon so oft gesagt", schimpfte Kriszta.

„Und was das nicht ablenken können betrifft, wegen deines Unterkleides habe ich jetzt die gebrochene Nase", bemerkte Ylvigur nicht ohne Selbstironie.

„Wie kann man sich an einem Unterkleid die Nase brechen?" wunderte sich Kriszta und Ylvigur lächelte. „Piroska trug nur das; dadurch war ich unaufmerksam und die Frau Großmutter konnte mich mit der Bratpfanne niederschlagen."

„Also wenn mein Unterkleid so interessant ist ..." Piroska verschwand plötzlich hinter einem Busch und kam kurz darauf wieder hervor, das Kleid in der Hand. Sie hatte Mieder und Schürze wieder umgetan, so war ihre Kleidung nicht allzu enthüllend. Trotzdem senkte sich Ylvigurs Blick prompt auf die Haut, welche das Unterkleid freiließ und Piroska grinste. „Wenn's bei dir wirkt, wird es bei ihm wohl auch klappen."

Der junge Mann wurde rot, lachte dann aber. „Hoffentlich! Je weniger er für das Boot verlangt, umso mehr bleibt uns, um Proviant zu kaufen. Ich kann von rohem Fisch leben, bis wir in Kronburg sind, aber ihr?"

„Wir gehen im nächsten Dorf einkaufen", beschloss Jolanta. „Aber erstmal müssen wir das Boot haben!" Sie lief zum Ufer herunter und die beiden Dorfmädchen folgten ihr; Kriszta bereits mit schwingenden Hüften, Piroska mit energischem Stapfen.

„Deine Schwester ist wirklich einmalig", sagte Ylvigur zu Stepan, während er die Bäume am Waldrand absuchte.

„Absolut!", Stepan lachte. „Sie habe ich im letzten Jahr eigentlich mehr vermisst als meine Eltern." Er wurde ernst. „Es ist gut, dass du das erkennst. Piri hätte schon längst verheiratet sein sollen, aber die meisten Männer wurden davon abgeschreckt, dass sie keine Mitgift hat. Und ich hätte sie auch keinem von diesen geben wollen. Keiner von denen, die ihr den Hof machten, ohne dass es ihr jemals auffiel, wusste sie wirklich zu schätzen."

„Sie hat es nicht bemerkt? Das wundert mich nicht!" Ylvigur hatte endlich einen ihm genehmen Baum gefunden und bildete nun eine Wolfspfote aus. „Ehrlich gesagt, als ich sie zuerst sah, hatte ich nur einige nette Spielchen im Sinn. Aber das änderte sich schon in der ersten Stunde, nachdem ich sie näher kennengelernt hatte."

„Das mir zu sagen, ist keine gute Idee", meinte Stepan. „Mir sagte sie, du hättest sie beschützen wollen."

„Aber natürlich! Nachdem ich den Angriff der Räuber miterlebt hatte und mein Lebensgefährte Rando beobachtet hatte, dass mindestens ein Mädchen zur hohen Dame ging und nicht zurückkam, war ich überaus misstrauisch und wollte wenigstens bei dieser hier sichergehen, dass sie wieder heil zuhause anlangt. Wenn allerdings dabei ein oder zwei Kuscheleinheiten abgefallen wären, hätte ich nichts dagegen gehabt."

„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du dich um Kopf und Hals reden kannst?"

„Viele. Ich kann mich an keine Zeit meines Lebens erinnern, zu der ich keine blauen Flecken an den Schienbeinen oder Bissspuren an den Waden hatte." Ylvigur kratzte sehr sorgfältig einige Streifen Rinde ab. „Aber in diesem Fall brauchst du dich nicht aufzuregen, großer Bruder einer wunderbaren Schwester. Ich habe durchaus ernste Absichten. Und ich weiß sie auch sehr zu schätzen. Die Sache mit eurer Mitgift verstehe ich nicht; wenn schon Geld im Spiel sein muss, müsste meiner Meinung nach ein Mann dafür zahlen, auch nur mit ihr sprechen zu dürfen." Er legte die linke Hand gespreizt über einige senkrechte Rillen, die er in die Rinde gekratzt hatte, um die Ränder zu fixieren und ritzte zwischen seinen Fingern hindurch zwei schräge Streifen darüber.

„Das beruhigt mich", gestand Stepan. „Um ehrlich zu sein, du machst mir jetzt schon einen bei weitem besseren Eindruck als jeder Mann, der bisher Interesse an ihr gezeigt hat."

„Danke. Ich werde mich auch bemühen, weder sie noch dich zu enttäuschen", Ylvigur reckte sich und riss einen großen Flecken Rinde weit oben ab.

„Was machst du da eigentlich?"

„Ich schreibe eine Nachricht. Dieser Baum steht so, dass man schon von weitem die helle Stelle sieht, die ich eben freigelegt habe. Meine Leute suchen mich, sie werden jedes Stück Wald in der Nähe inspizieren. Wenn ihnen der Fleck auffällt, werden sie meine Nachricht finden und wissen, wo sie uns finden."

„Ihr gebt euch ganz schön Mühe, euch nicht zu verlieren. Ich weiß, was das Heulen bedeutet, welches man oft auch tagsüber im Hünenwald hört."

Ylvigur grinste. „Wir sind immer noch Wölfe, auch wenn wir eine Dorfgemeinschaft mit vielen Einzelrudeln bilden. Natürliche Wölfe dulden andere Rudel nur ungern in ihrem Revier, wir haben das auf die Gemeinschaft übertragen. Aber wie reine Wölfe können wir es nicht leiden, wenn wir nicht alle beisammen oder zumindest in Hörweite sind."

Während sie zum Ausgangspunkt zurückgingen, meinte Stepan nachdenklich: „Ihr gebt viel mehr auf Zusammenhalt als wir, glaube ich. Ich würde gerne mehr über euch und eure Lebensweise erfahren."

„Das kannst du, einfach nur fragen. Jetzt wisst ihr alle, was ich bin und ich kann reden. Das tue ich ohnehin gern."

Stepan grinste. Ylvigur mochte sich ja über andere lustig machen, aber ganz offensichtlich nahm er sich selbst von seinen Uzereien nicht aus.

„Schau dir die Mädchen an", der Werwolf wies zum Fluss. Stepan schaute und musste lachen. „Man sieht von hier aus, wie sie albern kichern und kokettieren! Der arme Junge ist ganz betört!"

„Ja, und weißt du, was mir am besten gefällt? Piroska, wie sie versucht, die anderen beiden nachzuahmen. Ich verstehe nicht, wie sowohl dieser Göran als auch der Räuberführer sie als kokett bezeichnen können; sie hat überhaupt nichts Gekünsteltes an sich." Ylvigur lächelte versonnen und Stepan grinste. Es war nicht zu übersehen, dass der junge Werwolf völlig verzaubert von Piroska war. Und das nicht nur von ihrem niedlichen Äußeren, sondern vor allem von ihrem lebhaften, ehrlichen, wissbegierigen und fürsorglichen Wesen. Das war eine Art der Zuneigung, die bestehen bleiben würde, dessen war sich Stepan sicher.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top