Kapitel 9 - In der Schneiderei
~Ich nehme an, dass du auch Gewänder für den Ball brauchst?~, fragte Dorothea die Schneiderin und eine gute Freundin von ihm, während sie in den hinteren Teil ihres Ladens ging. Magnus folgte ihr und antwortete~Ja, zwei Kleider und einen Anzug.~
Dot, wie er sie liebevoll nennen durfte, wirbelte auf dem Absatz herum und sah ihn wütend an, doch er wusste, dass sich diese Wut nicht gegen ihn persönlich richtete.
~Das ist nicht ihr Ernst, oder?~
Mit sie meinte sie Lilith und Magnus lief ein kalter Schauer über den Rücken, als er an das Gespräch zurückdachte, das er nach der Verkündung des Balls mit seiner Stiefmutter und Geschwistern geführt hatte.
Rückblende
~Ein königlicher Ball!~, quietschte Camille vergnügt und auch Sebastian schien sich zu freuen.
Lilith lief geschäftig hin und her und schien bereits irgendwelche Pläne zu schmieden.
Plötzlich blieb sie stehen und sah ihn an.
~Geh sofort zur Schneiderin, Magnus, bevor sie in ihrer Arbeit förmlich ertrinkt! Wir brauchen zwei Kleider und einen Anzug.~
~Nur ... einen Anzug?~, fragte Magnus zögerlich, denn noch immer glimmte der Hoffnungsschimmer in ihm, er dürfte vielleicht auch auf den Ball.
Noch immer hoffte er, dort möglicherweise Alexander zu sehen, mit ihm zu reden und ... vielleicht sogar mit ihm zu tanzen, wenn er selbst denn tanzen könnte.
Kurz herrschte Stille, bevor Sebastian laut loslachte.
~Er denkt echt, er darf mitkommen!~
Nun lachte auch Camille und sofort fühlte sich Magnus irgendwie vor den Kopf gestoßen.
Beschämt senkte er den Blick und murmelte leise~Ich dachte nur, weil alle Bürger zu diesem Ball gehen dürfen ...~
Er stoppte, als Lilith plötzlich vor ihn trat, und seinen Kopf mit der Hand unter seinem Kinn gewaltsam hochdrückte. Er sah direkt in ihre heimtückisch dunklen Augen und sein Herz raste, während pure Angst durch seine Adern gepumpt wurde.
~Aber aber, Magnus~, säuselte sie,~Du würdest dich auf so einem Ball doch gar nicht wohlfühlen. Nein, du bleibst lieber hier und passt auf das Haus und den Hof auf. Du willst uns doch nicht mit deiner Anwesenheit blamieren, oder?~
Ihr Griff um sein Kinn war fest, denn er hätte den Blick nur zu gerne abgewandt. Er fühlte sich furchtbar unwohl in seiner Haut, aber gleichzeitig war er auch so unendlich enttäuscht.
~Nein. Natürlich nicht.~
~Dann gehst du jetzt schnell zur Schneiderin und holst zwei Kleider und einen Anzug.~
Dann ließ sie ihn endlich gehen.
Rückblende-Ende
~Diese Frau ist wirklich ein Drache! Wie kann sie dir das nur verbieten?! Selbstverständlich darfst du auf den Ball, Magnus!~, wetterte Dot empört, als Magnus mit seinem Bericht geendet hatte.
Mittlerweile saß er auf einem der Arbeitstische, der von verschiedensten Stoffen nur so übersäht war. Auch die anderen drei Tische in Dorotheas Kreativwerkstatt waren voll und überall stand etwas herum.
Magnus mochte ihr Chaos aber irgendwie und er wäre bestimmt nicht besser, wenn er denn genauso viele Dinge besitzen würde, wie sie.
~Aber was wenn sie Recht hat? Ich weiß doch gar nichts von so einem Ball!~
~Na und? Dann lernst du das eben! Du bist eine der freundlichsten und anpassungsfähigen Personen, die ich kenne. Dir würde es auf so einem Ball bestimmt richtig gefallen!~, meinte sie und strich ihm aufmunternt über die Wange.
Magnus schenkte ihr ein schwaches Lächeln.
~Aber selbst wenn, ich habe doch überhaupt nichts zum Anziehen.~
~Wozu ist deine beste Freundin nochmal Schneiderin? Ich fertige dir einfach einen netten Anzug an. Deine Maße habe ich ja ... Und bevor du jetzt widersprichst, das Ganze kostet dich nichts. Ich mache das gerne.~, sagte sie mit Blick auf seinen bereits zum Protest erhobenen Finger.
Magnus schüttelte über den Enthusiasmus seiner Freundin nur den Kopf.
Sie stellte sich das alles so einfach vor.
Selbst wenn er einen Anzug hätte, seine Stiefmutter würde ihn doch niemals mitnehmen! Sie hatte schließlich klar gemacht, dass sie seine Anwesenheit nicht auf diesem Ball wünschte und er
hatte zu viel Angst davor, sich ihr zu widersetzen.
Er wollte die Folgen davon nicht zu spüren bekommen, fühlte er doch noch immer das Brennen seiner Hände von seinem letzten Fehltritt.
~Meine beste Freundin ist Cat.~
~Cat ist ein Pferd.~
~Na und? Sie ist immer noch ein Lebewesen.~, widersprach er grinsend, denn er kannte diese Konversation schon.
~Du willst mir also sagen, dass ein Pferd besser ist als ich? Vielleicht überlege ich mir das mit deinem Geburtstagsgeschenk nochmal.~, schnaubte sie und stemmte gespielt empört die Hände in die Hüften.
Magnus wurde hellhörig.
~Ein Geschenk? Für mich?~
Dot nickte nur und kramte dann in einem der vielen Regale, in denen noch mehr Krimskrams lagerte. Sie schien sich dennoch in ihrem Chaos zurecht zu finden oder aber es war reines Glück, dass sie anscheinend gleich das fand, was sie suchte.
Sie kam wieder zu ihm und drückte ihm ein Paar weicher Lederhandschuhe in die Hände.
Sie warem wunderschön. Hellbraun mit einem dezenten, blauen Muster am unterem Rand, welches ein wenig an Sterne erinnerte.
Sie sahen sehr hochwertig aus, weshalb er Dorothea entgeistert, aber auch irgendwie glücklich ansah.
Dennoch ...
~Dot ... Das ... Das kann ich doch nicht annehmen.~, meinte er gerührt.
Dieses Geschenk bedeutete ihm ebenso viel wie die Rose, die sorgfältig in einer kleinen Vase neben seiner Schlafmatratze stand.
Er freute sich riesig, konnte es aber noch immer nicht recht glauben.
~Du kannst und du wirst, Magnus Bane. Du bist die wahrscheinlich stärkste und liebenswürdigste Person im ganzen Königreich. Du bist zu jedem freundlich, auch wenn er dich wie den letzten Dreck behandelt. Du hast immer ein offenes Ohr und bist frei und gut im Herzen. Wenn irgendwer ein Geschenk verdient hat, dann du. Eigentlich hast du alles Gute dieser Welt verdient und das hier ist lediglich ein schlechter Abklatsch von dem, was dir eigentlich zusteht. Also hör auf, dich klein zu machen. Du bist nämlich etwas ganz Besonderes und deine Eltern wären so stolz auf dich und den, zu dem du geworden bist.~
Plötzlich übermannten Magnus die Gefühle und er zog Dot in eine feste Umarmung. Er vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge und drückte sie so nah wie möglich an sich.
So etwas hatte noch nie jamend in der Form zu ihm gesagt und gerade heute bedeuteten ihm diese Worte mehr als alles Geld der Welt.
Er war einfach nur ... dankbar. Dankbar, so eine tolle Freundin zu haben, die in solch hohen Tönen von ihm sprach, von denen er noch nicht einmal träumte. Es erfüllte ihn mit einem warmen Gefühl der Zuversicht und er genoss jede Sekunde davon. Er war einfach nur glücklich.
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