Kapitel 8 - Zu schön, um wahr zu sein

Am Tag nach seiner Begegnung mit Alexander ging Magnus auf den großen Wochenmarkt in Alicante. Oder eher wurde er von seiner Stiefmutter dorthin geschickt, da kaum noch Lebensmittel im Haus waren.

Nachdem er Gestern wieder aus dem Wald zurückgekehrt war, war Mr Aldertree bereits gegangen, was bedeutete, dass nun niemand mehr da war, um die eigentliche Strafe für seine Verspätung noch weiter in die Länge zu ziehen. Die Demütigung war, wie bereits befürchtet, nur der Anfang gewesen. Nachdem er dann endlich gehen durfte, hatten sowohl sein Rücken als auch seine Hände gebrannt wie Feuer, aber er war zu erschöpft gewesen, um wirklich etwas dagegen zu tun.

Er hatte sich also nur auf seiner unbequemen Matratze zusammengerollt und sein Abendritual abgehalten. Er befolgte die Worte seiner Mutter und suchte am Abend immer das Wunder, das ihm der Tag geschenkt hatte. Gestern war es eindeutig die Begegnung mit Alexander gewesen, die ihm den Tag versüßt hatte.

Er war so sanft gewesen und freundlich. Ihm hatte es nichts ausgemacht, als er ihn korrigierte. Magnus hatte sich so wohl bei ihm gefühlt.

Noch immer schien sein Körper leicht zu kribbeln, als er daran dachte, wie er in seinen starken Armen gelegen hatte, nachdem er gestolpert war. Normalerweise hätte er sich für seine Ungeschicklichkeit geschämt, aber jetzt war er einfach nur glücklich. Für einen Augenblick hatte er sich vollständig und sicher gefühlt.

Nun erinnerte er sich mit einem wehmütigen Lächeln daran zurück, denn er sehnte sich danach, das noch einmal zu spüren. Aber das würde nicht passieren, denn wie oft geschah es schon, dass man jemand zweimal im Leben begegnete? Und dann auch noch er, der so selten das Haus verließ.

Das grenzte an die Unmöglichkeit und würde ganz sicher nicht passieren. Außerdem kannte er ja nur seinen Namen und das würde auf der Suche nach ihm nicht viel weiterhelfen. Aber er durfte schließlich noch träumen und in seinen Träumen sah er immer wieder diese so schönen blauen Augen, bei denen er sich so sicher fühlte.

Magnus mochte den Wochenmarkt eigentlich ganz gerne, denn dort kam er mit vielen anderen Menschen in Kontakt. Es war immer etwas los und die aufgeweckte Atmosphäre lenkte ihn teilweise von den Problemen in seinem Elternhaus ab.

Überall herrschte Leben und es trafen Menschen aus jeglichen Schichten zusammen. Man konnte reiche Grundherren sehen, die direkt neben einfachen Bauern hergingen. Es war laut und bunt und Magnus liebte das.

Die meisten hier waren sehr freundlich und es gab nur wenige, die ihn misstrauisch beäugten. Magnus konnte diese feindlichen Blicke ganz gut ausblenden, denn die, die ihn so ansahen, besaßen nur selten den Mut, ihm ins Gesicht zu sagen, was sie genau störte.

Er hatte dann meist nur Mitgefühl für diese übrig, denn es musste erst einiges geschehen, bevor man einem Fremden einen solchen Hass entgegenbrachte. Außerdem ging ihn ihr Problem ja nichts an, immerhin war es ihres.

Viel lieber genoss er das bunte Treiben, bevor er wieder zurück müsste.

Möglicherweise war dieser Marktbesuch ja sein heutiges Wunder? Er wusste es noch nicht, aber es würde ihn nicht enttäuschen, wenn er es tatsächlich wäre.

Gerade hörte einer jungen Kaufmannstochter Namens Cecily zu, die ihm sein Leid klagte, während sie nach dem perfekten Geschenk für ihren Liebsten suchte.
~... Er ist wundervoll und auf seine Art und Weise lieb, jedoch würde mein Vater nie einen Lehrling akzeptieren. Aber ich kann einfach nicht aufhören, ihn zu lieben. Was soll ich jetzt nur tun?~

~Man selbst kann nicht einfach aufhören, jemanden zu lieben, selbst wenn man es noch so sehr will.
Ihr solltet dennoch versuchen, Euren Liebsten dem Vater vorzustellen, es jedoch ersteinmal zu vermeiden, seine Anstellung preiszugeben. Euer Vater soll sich erst in die Persönlichkeit Eures Liebsten verlieben, bevor er dessen Anstellung erfährt. Denn jemand kann noch so gut verdienen, aber das ist nichts wert, wenn der Charakter der eines Froschs ist.~

~Aber er kann mir doch nichts bieten.~
~Er liebt Euch doch, oder?~, fragte Magnus und lächelte leicht  als er sah, wie die Frau errötete. Wegen ihrem blassen Teint stach das noch stärker hervor.

~Ja.~
~Dann bietet er Euch Liebe und Akzeptanz und das ist das wichtigste.~
~Habt Ihr so jemanden?~
~Leider nein.~
~Dann wünsche ich es Euch, denn es ist das schönste, jemanden zu haben, der einen liebt und auf Händen trägt.~
~Danke.~, meinte er mit einem traurigen Lächeln.

Er bezweifelte, dass es so jemanden gab. Jemand, der ihn liebte und akzeptierte. Dem die Narben an seinen Händen und in seiner Seele egal waren.

Er hoffte es natürlich, denn er hatte gelernt, dass es auch Dinge gab, die man nicht sehen konnte, aber das wäre dann doch etwas zu schön, um wahr zu sein.

Sie blieben am Rand einer großen Menschenansammlung stehen, die sich um ein Podium gebildet hatte. Auf diesem stand ein Bote des Königs, erkennbar an dem Feuer-Wappen in seiner teuren Kleidung, der mit einer Schriftrolle in den Händen dastand und eine Hand gehoben hatte, damit Ruhe in die Menge einkehrte.

Als es für ihn still genug erschien, sprach er mit lauter Stimme.
~Sehr geehrte Damen und Herren, es steht uns etwas Großes bevor: Ein Ball, auf dem der junge Prinz seine Braut auswählen wird, mit der er über unser geliebtes Königreich herrschen kann. Zu diesem Spektakel hat unser guter König nicht nur den Adel eingeladen, sondern auch alle Bürger. Egal ob Dienstmagd oder Grundherr, ob Mann oder Frau, jeder ist zu diesem Ball, der in zwei Tagen bei Sonnenuntergang beginnt, eingeladen!~

Nach seinen Worten brach lauter Jubel aus und auch Cecily hüpfte aufgeregt auf und ab.
~Ein königlicher Ball! Wie aufregend!~
~Ja, das klingt wirklich schön.~, stimmte er ihr zu.

Natürlich freute er sich, denn das hieß, dass selbst er auf diesen Ball gehen durfte. Aber er bezweifelte, dass seine Stiefmutter das zulassen würde. Sie ließ ihn schließlich nur hinaus, wenn sie etwas brauchte und ein Ball gehörte definitiv nicht dazu.

Dennoch war da ein Funken Hoffnung, denn wenn jeder zu diesem Ball geladen war, standen die Chancen hoch, dass er Alexander dort wiedersah. Bei dieser Vorstellung begann sein Herz schneller zu schlagen und es kribbelte verheißungsvoll in seinem Bauch. Vieleicht war das Unmögliche ja doch möglich?

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