Kapitel 39 - Zerrüttete Verhältnisse

Alexanders Sicht

Im Salon herrschte eine angespannte Stille.
Entgegen Magnus' Vermutung, war sein Stiefbruder nicht zugegen, aber Alec wusste noch nicht, ob das gut oder schlecht war.

Er wusste nur, wie unangenehmen ihm dieses Schweigen war und wie gern er zurück in den Palast wollte, um dort weiter Zeit mit seinem schönen nicht-mehr-Fremden zu verbringen. Gott, wie gerne würde er mit Magnus kuscheln!

Er unterdrückte ein Lächeln bei diesem Gedanken, denn normalerweise vermied er solchen Körperkontakt lieber. Aber mit Magnus war alles anders. Ihn wollte er schier ständig berühren und sei es auch nur, um ihm eine Haarsträhne aus der Stirn zu streichen.

Er war so schön, von außen wie von innen und Alec war so froh und dankbar ihn zu haben.
Er schüttelte leicht den Kopf, um seine Gedanken von seinem Liebsten zu lösen und sich wieder auf die jetztige Situation zu konzentrieren.

Die beiden Frauen vor ihm beobachteten ihn still. Man hätte sie für Statuen halten können, wenn sie nicht geatmet hätten.
~Ihr seht heute einfach reizend aus, Camille.~, sagte er das erstbeste, das ihm einfiel.

Es war nicht gelogen. Camille sah in ihrem lavendelfarbenen Kleid, das ihre helle Haut zum Leuchten und ihre Augen zum Strahlen brachte, hinreißend aus. Zwar fühlte er sich in keinster Weise zu ihr hingezogen, jedoch war das eine Tatsache, die selbst er anerkennen musste.

Camille lächelte, während sie mit säuselnder Stimme antwortete~Vielen Dank, Eure Hoheit.~
~Anscheinend glaubt ihr, denjenigen gefunden zu haben, den Ihr gesucht habt.~, schaltete sich Lilith ein.
~Ich weiß es und ich bin sehr glücklich darüber.~, machte er klar.

Magnus war ihm wichtig, schon immer gewesen, und er würde es nie müde werden, das zu sagen.

Gerade bei dieser Frau war es ihm besonders wichtig, denn sie schien seinen Liebsten nicht gern zu haben. Zumindest hatte er das indirekt aus Magnus' Erzählungen herausgehört, denn direkt etwas gegen sie gesagt hatte er nie.

~Das mag jetzt ja sein, aber ich bezweifle, dass das noch lange der Fall sein wird.~
~Wieso?~

~Ihr kennt Magnus noch nicht so gut wie ich und könnt deshalb nicht wissen, dass er es nicht ernst mit Euch meint und Euch nur wegen Eures Titels wegen will. Er hat so etwas schön ofter getan und ich weiß langsam nicht mehr, was ich noch mit ihm machen soll.~, antwortete sie verzweifelt. Ihre Miene verriet nichts, aber dennoch hörte sie sich so unglaublich ehrlich an. Wie eine liebende, aber verzweifelte Mutter.

Alec hätte ihr bestimmt geglaubt, würde er die Wahrheit nicht kennen.

Magnus hatte ihm noch nicht alles über sich erzählt, weshalb er ihn noch nicht so gut kannte, da hatte sie recht. Allerdings hatte er Alec während einem ihrer Gespräche anvertraut, dass der Kuss unter der Weide in der Ballnacht sein erster Kuss überhaupt gewesen war. Das hatte er insgeheim schon vermutet, aber es störte ihn nicht im geringsten.

Er mochte es irgendwie, dass er der Erste für Magnus war, aber genauso war dieser in mancher Hinsicht auch Alecs erster.
Er war der erste, der Alecs Herz an sich genommen hatte, sanft und vorsichtig, und sich bis jetzt hervorragend darum kümmerte.

Magnus war stets ehrlich mit ihm gewesen, was seine Unerfahrenheit anging und deshalb wusste er, dass die Frau vor ihm log.

Das bestätigte seine Vermutung über das zerrüttete Verhältnis der beiden.

~Ach echt? Er schien mir immer sehr aufrichtig zu sein.~
~Er ist ein guter Schauspieler.~, entgegnete sie.
~Das bezweifle ich.~, antwortete er entschieden.

Ihn irritierte es, dass sie so gegen Magnus zu sein schien. Natürlich waren sie nicht verwandt, aber dennoch war sie seine Stiefmutter und hatte jahrelang mit ihm unter einem Dach gelebt. Sollte sich da nicht zumindest ein Gefühl der Vertrautheit entwickeln oder eine Art Beschützerinstinkt, wie bei den leiblichen Kindern?

Aber selbst wenn, er verstand nicht, wie man Magnus nicht mögen konnte. Er war so sanft, friedlich und freundlich. Er schien wie pures Licht, hell und strahlend. Wenn man ihn nicht leiden konnte, musste man auch etwas gegen Sonnenschein, Spaß und Schokolade haben.

~Wie Ihr meint. Ich möchte nur nicht ...~
Sie wurde von einem Miauen unterbrochen und im nächsten Moment stolzierte eine kleine Katze in den Salon. Zielsicher hielt sie auf ihn zu und sprang kurzerhand auf das Sofa.
Alec zog überrascht die Augenbrauen hoch, streichelte den Neuankömmling aber.

Anscheinend war es keine Katze  sondern ein kleiner Kater mit grün-goldenen Augen, die ihn auf eine arrogante Art anfunkelten.
~Wer ist das?~, fragte er, während er den Kater hinter dem Ohr kraulte. Das schien ihm zu gefallen, denn er schnurrte genießerisch.

~Das ist der Streuner, den Magnus irgendwann angeschleppt hat.~
~Nicht ganz, der Kater war schon vor uns da~, schaltete sich unerwartet Camille ein,~Er hat irgendeinen kindischen Namen. Charming oder so.~
~Chairman Meow.~, verbesserte er sie.

Das hier war Magnus' Kater, von dem er Alec schon so viel erzählt hatte. Sein Liebster hatte ihn gewissermaßen aufgezogen und sah ihn als wichtigen Teil seines Lebens an. Der Kater war immer etwas arrogant und schreckhaft, trug das Herz aber wohl am rechten Fleck.

Was machte er jetzt hier?

Als ob er seine Gedanken gelesen hatte, miaute der Kater und sprang wieder auf den Boden. Dann drehte er sich zu ihm um und sah ihn mit hin und her schwingenden Schwanz an.

Alec wurde stutzig, denn ihm kam diese Situation bekannt vor. Es war etwas mehr als eine Woche her, dass ihm das letzte Mal eines von Magnus' Tieren begegnet war und gezeigt hatte, dass seine Cinderella in Gefahr schwebte. Sorge überschwemmte ihn und er stand auf.

~Wo wollt Ihr hin?~, fragte Lilith und erhob sich ebenfalls.
~Ich muss etwas herausfinden. Wenn Ihr mich entschuldigen würdet.~, antwortete er abwesent, während er dem Kater durch den Salon folgte und sich in der Eingangshalle wiederfand.

Zielstrebig lief der Kater auf eine offenstehende Tür zu, hinter der er nur Dunkelheit und eine Treppe sah. Er wollte gerade weitergehen, als sich die Hausherrin vor ihn stellte.

~Wo wollt Ihr hin? Ich denke nicht, dass Ihr in den Keller wollt. Er ist voller Gerumpel. Wollen wir vielleicht lieber nach oben gehen?~
~Ihr wisst nicht, was ich will oder nicht. Wenn Ihr mich jetzt passieren lassen würdet.~, sagte er und wollte weiter Richtung Tür, aber wieder versperrte Lilith ihm den Weg.

~Wieso?~
~Gibt es hier etwa ein Problem?~, fragte plötzlich jemand und Jace trat aus dem Schatten. Er war bereits die ganze Zeit vor Ort gewesen, hatte sich jedoch an Alecs Befehl gehalten und war im Hintergrund geblieben.

Obwohl man es dem selstverliebten Blonden nicht ansah, er nahm seinen Job sehr ernst und wusste, wie man Befehle befolgte -auch wenn er von dieser Fähigkeit nicht so oft Gebrauch machte, wie es vielleicht wünschenswert wäre.

Nun hatte er das Gefühl, dass er richtige Zeitpunkt zum Einschreiten gekommen war. Alec war ihm dankbar für sein Timing, denn gerade war er mehr als beunruhigt.

War es normal, dass man so lange brauchte, wenn man nur ein paar Dinge zusammenpacke?
Gott, warum hatte er sich auch ablenken lassen!?

~Natürlich nicht, mein Herr. Ihr könnt tun und lassen, was Ihr wollt.~
Alec nickte knapp und tauschte einen kurzen Blick mit Jace, bevor er die Treppen in den Keller hinabstieg.

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