Kapitel 37 - Gesucht, gefunden und gerettet
Magnus spürte, wie ihm das Lächeln aus dem Gesicht fiel.
Stimmt ja, ich habe es ihm nie gesagt, fiel es ihm wieder ein. Er hatte Alexander nie seinen Namen verraten.
Anfangs wollte er die Stimmung nicht ruinieren, denn obwohl er nie ein Freund davon gewesen war, war Asmodeus Bane eine kleine Berühmtheit. Jeder hatte den Kaufmann gekannt, der die exotischsten Dinge aus fernen Ländern anbot. Auch die Nachricht seines Tods ging wie ein Lauffeuer durch ganz Idris.
Allerdings waren die Gerüchte um seinen Vater nicht nur positiver Natur. Es hieß, dass er einem alles beschaffen konnte, wenn man nur genug Geld bot. Auch Dinge, die nicht ganz legal waren. Man erzählte sich außerdem, dass er Leute bestach oder dazu zwang, einige seiner Waren herzustellen.
Magnus hatte das nie geglaubt, aber er wollte nicht, dass Alexander ihm gleich mit Vorurteilen strafte, wenn er ihm seinen Namen verraten würde. Er wollte ihn völlig ohne diese kennenlernen.
Natürlich war auch etwas Nervenkitzel dabei, den jungen Prinzen kennenzulernen, wenn dieser im Gegenzug eine so elementare Information nicht über ihn kannte. Zum Schluss war es wohl einfach so etwas wie eine Gewohnheit geworden, die jetzt allerdings ihr Ende nehmen würde.
Aber im Gegensatz zu früher vertraute Magnus ihm jetzt mit Sicherheit.
Alexander hatte ihn gerettet. Er hatte nach ihm gesucht und ihn gefunden. Er war stets freundlich zu ihm gewesen und zur Hölle noch mal, er war bis über beide Ohren verliebt in diesen Mann.
Zum Teufel mit den möglichen Vorurteilen!
~Magnus, Magnus Bane.~
Alexanders Augenbrauen wanderten minimal nach oben.
~Bane? Der Sohn vom Kaufmann Asmodeus Bane? Der, der einem alles besorgen konnte? Mein Vater hat mir von ihm erzählt.~
~Genau der.~, seufzte er mit einem schiefen Lächeln.
~Entschuldige, das hörst du sicher öfter, Magnus.~
Ein kleiner Schauer jagte über seinen Rücken, als er seinen Namen zum ersten Mal aus Alexanders Mund hörte. Es klang weich und geschmeidig, nicht so hart, wie es bei seiner Stiefmutter der Fall war oder so hämisch wie bei seinen Stiefgeschwistern.
Er zuckte nur die Schultern.
~Das letzte Mal ist schon eine Weile her, aber es ist in Ordnung. Solange du mich jetzt nicht anders siehst ...~
~Nein, natürlich nicht! Du behandelst mich schließlich auch nicht anders, nur weil mein Vater Robert Lightwood ist. Väter kann man sich nicht aussuchen~, beruhigte er Magnus, bevor er verlegen den Blick abwandte,~Außerdem ist es für eine Meinungsveränderung schon zu spät. Ich m-mag dich so, wie d-du b-bist.~
Sein Herz schien einen Takt lang auszusetzen, um dann doppelt so schnell weiterzuschlagen. Alexander mochte ihn. Zugegeben, in der schönsten Nacht seines Lebens wurde das ziemlich deutlich, jedoch hatte er ihm das noch nicht ins Gesicht gesagt. Bis jetzt.
Das löste irgendetwas in ihm aus, das dafür sorgte, dass Magnus sich furchtbar leicht fühlte. Gedanklich hatte er bereits weit über dem Bett geschwebt, aber jetzt schien sein Höhenflug einmal über den Palast zu führen.
~Das ist g-gut. Ich m-mag d-dich nähmlich au-auch.~, stotterte er hilflos und mit pinken Wangen. Auch der junge Prinz war rosarot angelaufen und kurz schwiegen sie in peinlicher Stille.
Schließlich räusperte Alexander sich.
~Ich weiß zwar bereits, dass du der bist, den ich die ganze Zeit über gesucht habe, aber hättest du etwas dagegen, wenn wir das nochmal ganz offiziell prüfen?~, fragte er beinahe schüchtern, während er einen bekannten weißen Seidenhandschuh aus der Hosentasche zog.
Magnus erinnerte sich, dass er ihn im Garten hatte liegen lassen und es rührte sein Herz, dass Alexander ihn behalten hatte und wohl für genauso wertvoll hielt wie er.
Dennoch zögerte er, denn noch immer war es ihm mehr als unangenehm, wenn jemand seine nackten Hände sah. Sie waren einfach so hässlich, erinnerten sie ihn doch nur an harte Arbeit und daran, dass falsches Verhalten immer seine Konsequenzen nach sich zog.
Er war geschockte und angeekelte Reaktionen gewohnt, doch Alexander war anders. Er hatte ihn nicht weggestoßen als hätte er irgendeine ansteckende Krankheit. Im Gegenteil, er hatte ihn nur noch näher gezogen und das Gefühl der Geborgenheit hatte sich verstärkt.
Außerdem vertraute er dem jungen Prinzen, obwohl er ihn noch nicht so lange kannte und es noch viele Dinge gab, die er nicht über ihn wusste. Wenn er ihn vorher nicht weggestoßen hatte, würde er das jetzt auch nicht tun oder?
Magnus beschloss, es zu versuchen.
~Ok.~, hauchte er und versuchte sich an einem Lächeln.
Doch er spürte, dass es ihm misslang und biss sich deshalb auf die Unterlippe. Er sollte nicht so dramatisch sein.
Alexander wanderte von dem Stuhl auf die Bettkante und griff sanft nach seiner Hand. Er lächelte ihn an und beugte sich kurz vor, um ihm beruhigend über die Wange zu streicheln. Dort, wo er ihn berührte, begann es zu kribbeln und dieses Mal war das Lächeln echt, das er ihm schenkte.
Behutsam zupfte er den Lederhandschuh von seiner Hand und aus Reflex wandte Magnus den Blick ab und konzentrierte sich stadessen auf die weiche Decke.
Er erinnerte sich, einmal eine ebenso weiche gehabt zu haben, nur war das schon viel zu lange her. Er war den kratzigen und viel zu dünnen Stoff so gewohnt, dass sich dieser wie eine Wohltat anfühlte.
~Irgendwann wirst du mir erzählen müssen, woher du die ganzen Narben hast~, riss ihn Alexanders leise und besorgte Stimme aus seinen Gedanken,~Und auch, wer dich in diese Hütte eingesperrt hat.~
~Das werde ich, nur ...~
~... nicht jetzt.~, beendete er.
Magnus seufzte erleichtert. Natürlich würde er dem Prinzen irgendwann alles erklären, aber jetzt waren all die Wunden noch zu frisch. Er musste das Geschehene ersteinmal verdauen, bevor er es wiedergeben konnte, ohne in Zitteranfälle und Panikattacken zu verfallen. Er musste ersteinmal realisieren, dass es vorbei war. Dass er sicher war. Bei Alexander.
Der Seidenstoff liebkoste seine Haut, als er über diese glitt und sich perfekt an seine Hand schmiegte. Der Handschuh passte noch immer wie angegossen und war so schön wie eh und je.
Magnus sah auf und versank sofort in diesem tiefblauen See seiner Augen. Alexander lächelte ihn an, während er sich seinem Gesicht näherte. Noch immer hielten sie Händchen und er drückte diese, als sie sich so nah kamen, dass sich ihr Atem miteinander vermischte.
Magnus' Herz galoppierte in seiner Brust und sein Blick haftete auf Alexanders Lippen, die seinen so nah waren. Nah, aber nicht nahe genug.
Ehe Magnus über seine Handlungen nachdenken konnte, hatte er die Arme um seinen Nacken gelegt und ihn daran zu sich gezogen. Als sich ihre Lippen trafen, entwich ihm ein süßer Seufzer, denn er hatte so lange von genau diesem Moment geträumt. Nun war er endlich da und er hätte nicht schöner sein können.
Alexander hatte ihn gesucht, gefunden und gerettet und jetzt schien sogar eine gemeinsame Zukunft nicht mehr so weit entfernt, wie befürchtet. Er fühlte sich sicher und hegte sogar die Hoffnung, dass das kein vorübergehendes Gefühl mehr war.
Er war hier mit dem Mann, der ihm den Kopf verdreht hatte und er hätte nicht glücklicher sein können.
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