KAPITEL 1 / VOTING KAPITEL

*NEIN, DAS IST NICHT NUR DER PROLOG MEINER GESCHICHTE SILVER PROMISE!*

Ich öffnete meine Augen, die sofort anfingen zu tränen, als sie mit der Luft in Berührung kamen. Ich atmete ein. In meinen Lungen brannte es, als ich das gasförmige Gift einatmete. Ich spürte die Hitze auf meiner schweißnassen Haut. Orange und blutrote Zungen leckten nur wenige Stockwerke unter mir an den Mauern, an denen meine Erinnerungen wie süßer Honig klebten und hinterließen eine schwarze, rußige Spur. Feuer kündigte sich knisternd und mit einem Feuerwerk aus Funken an. Stickige Schwärze war es, was ich sah. Ein Verhängnissvoller Nebel lag in der Luft und brachte mich vor Angst und Panik noch mehr zum Schwitzen. Selbst damals hatte ich das Gefühl schon gehasst. Das Gefühl, die Fassung zu verlieren und die Kontrolle wie Sand durch meine Finger rieseln zu sehen. Machtlosigkeit war es, was ich fühlte gepaart mit einer mächtigen Menge an kindlicher Verzweiflung, die in meinem Innern brodelte. Am liebsten hätte ich mich einfach zu meinen Puppen in die Spielzeugecke gesetzt, und darauf gewartet, dass mich jemand abholte. Aber ich wusste es besser. Es würde mich niemand abholen kommen. Und wie sehr ich recht behalten würde, sollte sich erst einige Jahre später herausstellen.
Mit tapsenden Schritten verließ ich meinen Traum aus Federn und mein lockeres Nachtgewand folgte mir. Ich schlich zu der Tür, die auf den Flur führte, erstarrte aber sofort als ich sah, was vor sich ging. Wenn ich auf diese Situation zurückblicke, hier in Sicherheit und an einem gemütlichen Ort, kommt mir alles sehr befremdlich vor. Es war, als ob sich eine fremde Macht in dem Moment, als sich die Flammen in meinen Irden spiegelten und sie golden schienen ließen, die die Kontrolle über meinen kleinen Körper übernahm. Denn anders als es ein normales Kleinkind tun würde, drehte ich mich wieder in mein Zimmer zurück und machte mich daran, aus dem Fenster zu klettern. Natürlich war ich kein Meister darin, die passenden Ritzen für meine verletzlichen Zehen zu finden, allerdings war die fremde Macht darin sehr gut. Sicher hangelte ich mich an der Mauer entlang und versteckte mich in einem Vorsprung, als ich fremde Stimmen hörte. ,,Bei Seus, das Kind ist nicht hier!" , fluchte eine raue Männerstimme und hustete wegen des Rauches. ,,Es ist egal. Das kleine Balg ist viel zu dumm, um das hier zu überleben. Wenn wir es nicht kriegen, kriegt es das Feuer", meinte sein Komplize und spuckte aus. Monoton hing ich weiter still an der Wand, bis ich hörte, dass sie weggegangen waren. Der Wind griff mit seinen stürmigen Krallen nach mir. Weder riskierte ich einen Blick in die Tiefe, noch verspürte ich große Angst. Es war außergewöhnlich. Eine Außnamesituation. Mein kindlicher Geist wollte sich einfach nur weinend an Mutters Brust verkriechen. Bald, flüsterte die fremde Macht und führte mich weiter, Bald siehst du sie alle wieder. Hätte ich damals nur gewusst, was bald hieß.

Als ich mich schließlich mit klammen Fingern und blutig geschürften Zehen von der klobigen Steinwand löste, zitterten meine Muskeln protestierend vor Anstrengung. Ich hockte mich in das struppige Gebüsch, das unweit von meiner Absprungstelle im Schatten lag. Blätter kratzten auf meiner Haut und das Rascheln, das sie verursachten, schien viel zu laut in meinen Ohren. Vorsichtig spähte ich aus meinem Versteck hinaus auf den einst wunderschönen Garten, der sich nun feuer- und blutgetränkt vor mir erstreckte. Entfehrnt ertönten Kampfgebrüll, Eisenschaben und Schmerzenslaute an mein Ohr. Ich erschauderte und riss die Augen vor Fassungslosigkeit auf. Soldaten kämpften zwischen den teuren Pflanzen und schlugen auf sich ein. Blut spritzte auf, wo die Waffen ihren Gegner trafen. Ein grausames Bild bot sich mit. Freunde mit denen ich so gerne Fangen gespielt hatte, wurden nacheinander abgeschlachtet. Natürlich rissen sie einige Gegner mit sich in den ewigen Schlaf, aber dennoch hatten sie große Schwierigkeiten, mein Heim zu verteidigen. Ich bemerkte die Tränem in meinen Augen erst, als sie mir die Wangen streichelten. Die Soldaten, meine Freunde, sollten nicht kämpfen! Sollte Seus doch ihr Ehrgefühl und ihren Stolz nehmen! Sie sollten fliehen!
Eine Mischung aus Schluchzen und Wimmern entwich meinen Lippen. Langsam richtete ich mich zitternd auf meine Beie auf und stolperte zu meiner nächsten Deckung, wo ich das Gleichgewicht verlor und wieder auf meine dreckigen Beine fiel. Gerade zum rechten Moment, denn just hatte ich den Boden mit meinen Knien geküsst, sauste ein zweischneidiges Schwert dort vorbei, wo sich einen Wimpernschlag zuvor noch mein Kopf befunden hatte. Erzitternd von der Kraft seines Herren blieb die Waffe an dem dicken Baumstamm des Maobaums, mein neustes Versteck, stecken. Der Mann gab einen animalischen Laut von sich und spannte seine Muskeln an, um sein Eisen wieder freizusetzen. Doch ehe er es geschaft hatte, das Mordmittel aus dem Baum zu ziehen, wurde er hinterrücks von dem Schwert des Kommandanten durchbohrt. Zitternd wich ich mit großen Augen zurück als der feindlich gesinnte Mann mir Blut ins Gesicht spuckte. In seine Züge war so ein unermessliches Entsetzen eingemeißelt, das ich bis jetzt noch nie gesehen hatte. Er sank zu Boden. Unter ihm bildete sich eine metallisch riechende Pfütze die im Mondlicht schimmerte. Erst jetzt schien Smeedt, der Kommandant, mich wahrzunehmen und kniete sich vor mir nieder. Ich sah, wie sich seine Lippen bewegten, hörte aber nur das Rauschen meines Blutes in meinen Ohren, das mit unmengen an Andrenalin vermischt war. Der fragende Blick in seinen treuen blauen Augen wurde durch Besorgniss und Fürsorge ersetzt. Vorsichtig nahm er mich auf seine Arme und trug mich in Richtung des Gebäudes, bis er den Rauch bemerkte und sich fluchend in die Richtung der Mauern bewegte. Grün, Rot und Schwarz zog an mir vorbei und vermischte sich zu einer eigenartigen Masse aus widersprüchlichen Wahrnehmungen. Bis Bram plötzlich stehenblieb und sich vor mich schob. ,,Geh schon", flüsterte er und schubste mich in Richtung der Mauer. Er wusste, wie gerne ich kletterte. Zögernd legte ich meine Hand probeweise auf einen der rauen vom Mondlicht beschienenen Steine und verlagerte mein Gewicht. Hinter mir hörte ich das Aufernanderprallen von Metall, zwang mich aber, es bei nur einem Zusammenzucken zu belassen. Immer hecktischer griffen meine Hände und Zehen nach den Steinen, die in der Dunkelheit nur schwer zu erkennen waren. Als ich schließlich schwer atmend oben angekommen war, wagte ich es, einen Blick auf den Kommandanten zu werfen. Dieser bemerkte meinen zögernden Blick und rief mit von dem Befehle Schreien heiserer Stimme : ,,Springt endlich!", und fügte dann etwas leiserer und grimmig lächelnd hinzu , ,,Ich werde nicht zulassen, dass sie euch verfolgen. Bei meiner Ehre schwöre ich es euch." Schnell parierte er den Schlag seines neuen Gegners und streckte ihn mit wenigen Schlägen nieder.
Zum Seus mit deiner Ehre, dachte ich und wandte sich ab.

Ich zuckte zusammen, als meine nackten Füße auf den pieksigen Boden traten. Ich taumelte. Die kühle Nachtluft ließ mich frösteln und die Arme vor der Brust verschrenken. Ich schaute von dem Boden auf zu dem Himmel, der von dem dunklen Rauch ganz verhangen war. Nur vereinzelt schienen die silbernen Vollmondstrahlen auf das blutbefleckte Gras. Ich fühlte keinen Ekel. Ich fühlte keine Angst. Das einzige, was ich fühlte war Kälte. Eben noch hatte grausiges Kampfgebrüll die Luft erfüllt, jetzt herrschte eine gespänstige Stille. Ich war noch leicht berauscht von dem Adrenalin in meinem Blut und versuchte, mich zu beruhigen. Weit entfehrnt hörte ich das Feuer knacken. Mein Heim vernichten. Meine Freunde waren hochstwahrscheinlich schon Tod. Ich vergrub meine Hände in den teuren Stoff meines schmutzigen Schlafgewandes. Die Stimme war verschwunden. Jetzt war alles taub. Das spärliche Licht weniger Glühwührmchen malte Schatten auf das Gras. Sie begleiteten mich freundlich zirpend und mit blinkenden Hinterteilen. Ich spürte den Tau, den das Gras auf meine Beine gespritzt hatte, an meiner Haut kalte Spuren hinunterlaufen. Es war eine Sommernacht, warum war mir nur so schrecklich kalt? Ich hauchte probehalber in die Luft. Es kondensierte sich nichts. Bildete ich mir das Eis nur ein, das sich in meiner Brust festgesetzt hatte? Es schmertzte so.
Müsste ich den Schmerz beschreiben, würde ich sagen er wäre schwarz. Undurchdringlich.
Ich wimmerte auf, als Bilder vor meinen Augen auftauchten. Schwarz-Weiße Bilder mit blutroten Flecken. Wie die Landschaft um mich herum. Wie der weiße Mond, die schwarzen Schatten und die roten Flecken auf dem Gras. Hier hatte also auch ein Kampf stattgefunden. Selbst auf mir befanden sich welche. Ich hatte schon versucht sie zu entfernen, oh und wie ich es versucht hatte. Aber der metallische Geruch blieb. Das schmutzige Gefühl etwas gesehen zu haben, das niemand jemals hatte sehen sollen blieb.
Ich sah dem Mond zu, wie er seinen unendlichen Weg ging. Wie die ersten Strahlen der Sonne den Himmel färbten. Wie der Rauch verflog. Und als die Sonne wieder unterging, lief ich immernoch meinen Weg entlang. Zu dem einzigen Ort, an dem ich mich würde geborgen fühlen. Und als ich dort ankahm, traf ich auf jemanden.
Jemanden so schmerzlich vertrautes und bekanntes, dass ich nicht anders konnte, als auf ihn zuzugehen und mich still in seine Arme zu legen und lautlos anzufangen zu weinen. Befreiende salzige Spuren hinterließen sie auf meinen kühlen Wangen, die ich nach einer Weile wegwischte. Er lebte. Er war nicht tod.
Ich lächelte innerlich, äußerlich jedoch war ich zu kraftlos für auch nur eine Gefühlsregung. Und trotzdem wusste ich, dass er wusste, wie es mir ging. So wie er es immer getan hatte. So wie er es immer tun würde. So wie er es gerade tat, als er sich auf den Boden sinken ließ, und mir beruhigend den Kopf streichelte. Für einen Moment glücklich und entspannt schloss ich die Augen mit einem Seufzen. Tiefe Schwärze durchdrang mich und legte sich wie eine warme Decke um mich. Und egal wie sehr ich es versuchte, versuchte wieder aufzustehen, die Augen zu öffnen und mich zu erinnern ... die Schwärze blieb undurchdringlich.

Dies ist die Geschichte, wie alle Wörter, Namen, die mir einst die Welt bedeutet hatten, plötzlich nicht mehr in meinem Wortschatz existierten. Wie mein altes Ich verschwand und mir Spuren in der Vergangenheit hinterließ, die im Nebel der Vergessenheit verschwanden. Doch mir war klar, dass eines Tages mein Mond kommen würde um meine Nacht zu erhellen.

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Das ist eine Art Auftackt zu meiner Story Silver Promise. Ich hoffe ich konnte euch meine Welt zeigen. Lasst mir gerne ein Vote und/oder einen Komment da, freuen würde es mich auf jeden Fall. ^^

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