Der Maskenball

Ihre klangvolle Stimme füllte den ganzen Raum aus, kraftvoll und energisch. Ihre Mimik veränderte sich bei jeder neuen Arie, war ein Leckerbissen sie zu beobachten. Nun betrat ein strammer Bursche die Bühne, der ebenfalls in einer passenden Robe steckte. Die Rothaarige und er ließen jetzt ein Feuerwerk der Musik erklingen, vereint in einem Duett. Wie gebannt beobachtete ich das Schauspiel, auch wenn in italienisch gesungen wurde. Italienisch, die Sprache der Musik, einfach nur wunderschön. Ich war total ergriffen, wie sehr die beiden Stimmen mit dem Orchester harmonierten. Timothy hatte mir ein sehr schönes Geschenk gemacht und ich wollte mich später bei ihm dafür bedanken. Nach mehreren Zugaben ging das Konzert nun zu Ende. Ich ließ es mir nicht nehmen zu den beiden Solisten zu gehen, versuchte mich verständlich zu machen, verneigte mich ehrfürchtig. Nun wurden wir in den großen Ballsaal geführt. An der Seite standen einzelne Tische, die mit Nummern versehen waren. Und unser Tisch trug die Nummer dreizehn, meine Lieblingszahl. "Dreizehn ", hämmerte es in meinem Kopf und erschrocken blickte mich Timothy an. "Was hast du?", er sah schon besorgt aus, war wohl mal wieder weiß geworden, passierte öfters und dachte nicht weiter darüber nach. Schob seine Besorgnis weit weg : "Ich muss dringend etwas essen!" und schon stand etwas zu essen vor meiner Nase. Hatte doch glatt vergessen, war mit einem Arzt hier. Schnell nahm ich eins der Häppchen, schob es mir in den Mund. Und schon griff ich nach dem nächsten, ehrlich ohne Nachzudenken, ob mich jemand beobachten könnte. Nun noch etwas zu trinken. Nach etwa einer halben Stunde fühlte ich mich wieder besser. Zufrieden fühlte Timothy meinen Puls und lächelte. "Alles wieder in Ordnung", gab Entwarnung. Erst jetzt nahm ich einen Mann war, der sich um mich zu sorgen schien. Auch er steckte in einer venezianisches Robe, in schwarz-grün gehalten. Kein giftgrün, eher dieses wunderschöne jadegrün. Er stellte sich als Graf von...vor, einen langen Namen, den ich nicht behalten konnte. Später erfuhr ich, dass er der Sohn des Gastgebers war. "Hoffentlich hatte ich mich zu sehr daneben benommen", bekam schon wieder solche komischen Kopfschmerzen, ignorierte sie. Ich hatte mich doch sehr darüber gefreut, dass Timothy allein unterwegs war. Ich griff nach meiner kleinen Tasche, die ich verborgen unter meinem Gewand trug, holte mir eine Tablette heraus und schon war sie unten, einen Schluck Wasser nachgespült, fertig. Jetzt bekam ich mit, dass die Tische voll belegt waren. Jede Menge aufgedonnerte Paare konnte ich erblicken, trugen alle venezianische Gewänder, fühlte mich in eine andere Zeit zurückversetzt. Nun kam auch das Orchester wieder. Auch seine Mitglieder steckten in venezianischen Kostümen. Wieder trat ein etwa sechzig Jahre alter weißhaariger Mann mit Brille in die Mitte und begrüßte alle, die jetzt auch noch am Ball teilnehmen wollten. Dann trat der Maestro höchstpersönlich, seines Zeichens der Dirigent, vor und nun erklangen die ersten wundervollen Melodien. Und abermals war der weißhaarige Mann mit Brille, der nun mit einer dunkelhaarige Schönheit den Ball eröffnete. Jetzt gesellten sich noch weitere Paare verschiedenen Alters zu ihnen auf die Tanzfläche. Alle trugen venezianische Masken, sodass man nicht wirklich sehen konnte wer hier mit wem tanzte. Einige der Damen trugen dazu noch Perücken, was das Bild noch mehr komplettierte. Augenblicklich erinnerte mich dieses Bild an den Kunstunterricht, wo wir mehrere Bilder zu diesem Thema besprechen wollten. Ich liebte so etwas und fand dafür die blumigsten Formulierungen. Und nun saß ich hier in Venedig, zusammen mit Timothy. Endlich hatte die Tablette ihre Wirkung erfüllt und mir ging es wieder besser. "Was meinst du, sollen wir es wagen?", fragte mich Timothy und ich nickte. Er führte mich galant in die Mitte des Raumes und begann mich durch den Raum zu wirbeln. Ich war sprachlos, der Mann konnte doch tatsächlich tanzen. Sicherlich musste er wie alle Kinder von Reichen und Neureichen nicht nur einen Tanzkurs belegen. Aber das Ergebnis konnte sich echt sehen lassen. Er hatte mich echt damit überrascht. Und er schien das Tanzen auch noch zu genießen, wirbelte mit mir über die Tanzfläche, spürte viele Blicke in meinem Nacken. "Wir sollten öfters tanzen gehen!", traute ich mir ihm ins Ohr zu flüstern. "Das dachte ich auch.", sagte er und schon wieder waren die heißesten Tanzfeger, die hier waren. "Jetzt sollten wir mal eine Pause einlegen!" und er führte mich wieder galant zu unserem Tisch Nummer dreizehn, der nun gar nicht mehr bedrohlich wirkte. Timothy bestellte eine Flasche Champagner und es dauerte nicht lange und wir erhielten das Gewünschte. Timothy füllte unsere Gläser mit diesem prickelnden Getränk."Auf einen schönen Abend!" und nun gab er mir einen Kuss auf den Mund. Und wieder spürte ich die Blicke in meinem Rücken. Auch ein paar frische Erdbeeren standen direkt neben dem Champagner und Timothy nahm eine Erdbeere, schob sie mir in den Mund. Irgendwie war es ihm egal, ob das standesgemäß war oder nicht. Von den kleinen Häppchen bestellte er auch noch einige, hatten mir doch sehr gut gemundet. Wir hatten genug gegessen und er griff nach meiner Hand, verließ mit mir den Ballsaal. "Was hatte er vor?" und während ich mich das fragte, sagte er zu mir: "Ich muss mal an die Luft!", ließ sich unsere Mäntel geben und eilte mit ihm die lange Treppe hinab. "Was hast du?", kam so schnell aus meinem Mund, dass ich es nicht mehr zuführen konnte. Er sprach langsam und ich lauschte seinen Worten, war sprachlos was er mir da erzählte. Wir gingen ein wenig spazieren; nach und nach besserte sich seine Laune. "Wollen wir noch ein wenig tanzen gehen?", fragte ich und er sagte: "Wir gehen gleich zurück.", freute mich. Er hatte es geschafft, dass ich ihm näher kommen wollte. Nicht mehr nur für die Leute, für uns. Ich schaute in seine wundervollen Augen und küsste ihn zärtlich auf den Mund. Er umgriff meine Taille, zog mich näher zu sich heran. Nun küssten wir uns leidenschaftlich, wild, ungezähmt. Dieser Mann hatte Feuer und schob mir seine Zunge in den Mund. "Er kann küssen wie ein junger Gott", dachte ich, während er nun auch in mir ein Feuer entfacht hatte. Hand in Hand gingen wir zurück zur Villa und eilten die steinerne Treppe hinauf. Unsere Mäntel wurden uns vor Eintritt in den Ballsaal von zwei Pagen abgenommen. Hand in Hand, für jeden sichtbar, betraten wir wieder den Ballsaal, wo noch immer die tolle Musik verschiedenster Epochen erklang. Und wir waren nun wieder mittendrin, wirbelten verliebt übers Parkett, verstellten uns nicht. Bis in den frühen Morgenstunden tanzten wir und keiner hatte eine Chance sich dazwischen zu drängen.

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