zwei

HARRY

"Andromeda, wie schön dass du kommen konntest."

Harry Potter blickte zur Tür, als Mrs Weasley eine Frau mit braunen langen Haaren, warmen Augen und einem unsicheren Lächeln in die Küche des Fuchsbaus führte.

In ihren Armen hielt sie ein etwa vier Monate altes Baby mit knallblauen Haaren, die in alle Richtungen abstanden. Teddy Lupin sah sich glücklich in dem für ihn sehr großen Zimmer um, bis sein Blick den von Harry traf.

Er hat dieselben Augen wie sein Vater, dachte Harry, doch noch im gleichen Moment veränderten sie sich. Sie wurden leicht mandelförmig und das Braun verwandelte sich in Grün. Auch Teddys Haare änderten ihr Aussehen. Sie wurden ein wenig länger und das Blau wurde immer dunkler, bis es schließlich komplett schwarz war.

Harry brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass er genauso ausgesehen haben musste, bevor Voldemort seine Eltern umgebracht und ihn mit einer Narbe auf der Stirn zurückgelassen hatte.

Und dann traf es ihn wie einen Schlag, dass Teddy fast ein Jahr jünger gewesen war als Harry, als er seine Eltern an die Todesser verloren hatte.

Und noch einen Moment später erinnerte Harry sich, dass der kleine Junge sein Patenkind war und Schuldgefühle wuchsen in ihm heran, als er daran dachte, dass das hier erst das zweite Mal war, in dem er Teddy in Wirklichkeit sah und nicht auf einem Foto.

Bei der Beerdigung vor fast zwei Monaten, hatte er nicht viel mit Andromeda gesprochen, er machte sich immer noch Vorwürfe wegen der vielen Toten im Kampf gegen Voldemort und fühlte sich unendlich schuldig am Tod von Lupin, Tonks und Fred.

Und obwohl nie irgendjemand etwas in dieser Hinsicht gesagt hatte, hatte Harry das Gefühl, er hätte sie alle beschützen müssen.

"Harry, mein Lieber", sagte Andromeda Tonks und riss Harry aus seinen Gedanken. Sie lächelte ihn freundlich an, doch Harry konnte die Trauer in ihrem Blick erkennen.

"Teddy und ich wünschen dir alles Gute zum Geburtstag! Ich glaube, der Kleine hat dich ziemlich vermisst."

Harry stand auf und dankte Andromeda mit einer Umarmung, dann nahm er ihr den kleinen Teddy aus dem Arm.

Das Baby lachte glücklich und Harry fand, dass es das schönste Geräusch auf der Welt war. Für einen Moment vergas er sogar die Sorgen, die ihn seit seinem letzten Albtraum plagten.

"Na du", sagte er und fing an den Jungen zu kitzeln. Der Kleine quietschte vergnügt und versuchte Harrys Finger festzuhalten.

"Warum geht ihr zwei nicht ein bisschen raus in den Garten?", fragte Mrs Weasley. "Wir beide fangen schonmal mit dem Abendessen an, ich schätze es wird noch ein wenig dauern bis alle da sind." Sie blickte an eine Wand der Küche und Harry folgte ihrem Blick.

Dort hing die Weasley Familien Uhr, die anzeigte wo sich welches Mitglied der Familie gerade befand. Außer ihm befanden sich momentan nur Molly und Ginny im Fuchsbau, Charlie und Ron waren im Ausland, wollten aber heute Abend zurückkommen, Bills und Arthurs Zeiger deuteten auf Arbeit und als Harry den Zeiger von George ansah, der ebenfalls auf Arbeit zeigte, versetzte es ihm einen kleinen Stich, denn dort Stand auch der Name seines Zwillingsbruders.

Es würde für Harry immer seltsam und schmerzhaft sein, sich George ohne Fred vorzustellen.

Harry verdrängte die hässlichen Gedanken und beschloss, etwas schönes mit seinem Patensohn zu unternehmen.

"Na los, Teddy, entdecken wir die Welt."

Draußen im Garten setzte er sich unter einen Baum und ließ Teddy neben sich auf dem Boden nieder, wo er sofort versuchte rumzukrabbeln, aber er war noch zu klein.

Harry zog aus seiner Tasche den Schnatz, den Dumbledore ihm hinterlassen hatte und ließ ihn, sehr zu Teddys Vergnügen ein wenig herumfliegen, nur um ihn dann in letzter Sekunde wieder einzufangen.

Auch Teddy streckte seine Arme nach dem kleinen, goldenen Ball aus, doch der schwirrte viel zu schnell durch die Luft.

"Aus dir wird mal ein großer Quidditch Spieler", sagte Harry, hob sein Patenkind hoch und hielt ihn auf Augenhöhe.

Teddys Augen strahlten und wurden wieder braun, aber nicht wie die seines Vaters sondern Ginnys Augen.

Gedankenverloren blickte Harry zu einem Fester im ersten Stock des Fuchsbaues. Ginny war dort in diesem Zimmer, wahrscheinlich versuchte sie ein bisschen zu schlafen.

Nachts hielt Harry sie mit seinen Albträumen wach und obwohl er ihr ein dutzend mal gesagt hatte, sie müsse nicht bei ihm bleiben, bestand sie darauf.

Während Teddy anfing mit Harrys Brille zu spielen, kehrten dessen Gedanken zurück zu seinem letzten Traum und das Bild von Ginny, wie sie tot auf dem Boden lag.

Es war nur ein Albtraum, sagte er sich immer wieder, nur ein Traum. Nichts davon würde in Wirklichkeit passieren.

Aber was wenn doch?

Zu spät bemerkte Harry, dass der Schnatz versuchte aus seiner Reichweite zufliegen. Er griff nach ihm, doch der kleine Ball war schon zu weit weg.

Harry wollte schon anfangen zu fluchen, als plötzlich eine andere Hand vorschnellte und den Schnatz einfing.

"Wenn du nicht aufpasst, schaffst du es dieses Jahr nicht mehr ins Team", sagte Ginny grinsend und ließ sich neben Harry und Teddy ins Gras sinken.

"Du meinst also nicht, dass ich wieder Captain werde?", fragte Harry und lächelte seine Freundin verliebt an. Die untergehende Sonne ließ ihre Haare in feurigem Rot leuchten. Für ihn gab es kein schöneres Gesicht auf der Welt.

Teddy schien das ähnlich zu sehen, denn seine Haare nahmen augenblicklich den selben Farbton an, wie die von Ginny.

"Du wärst ein guter Vater", sagte sie und gab Harry einen kurzen Kuss. Teddy starrte seine beiden Begleiter aus großen Augen an und quietschte vergnügt.

"Na mein Süßer", sagte Ginny, nahm Teddy aus Harrys Armen und stand auf. "Wenn du mal Quidditch spielen sollst, sollten wir jetzt schonmal ein bisschen mit dem Fliegen anfangen, was meinst du?"

Teddy gab fröhliches Gebrabbel von sich.

Ginny hielt in hoch in die Luft und fing an über die Wiese zu tanzen. Teddy lachte und Ginny strahlte über das ganze Gesicht, während Harry die beiden beobachtete.

Sie war so perfekt.

"Harry will wohl keinen Spaß mit uns haben, was Teddy?" Ginny warf einen auffordernden Blick in seine Richtung. "Ein richtiger Langweiler."

Das ging zu weit, dachte Harry sich belustigt. Er konnte nicht zulassen, dass sein Patensohn ihn so in Erinnerung behalten würde.

Also stand er auf und ging zu Ginny und Teddy. Ihre Energie war ansteckend und ein paar Sekunden später tanzten Harry und Ginny wie verrückt und ließen Teddy durch die Luft fliegen, bis sie sich nach ein paar Minuten wieder erschöpft unter den Baum legten.

"Ich wusste gar nicht, dass du so gut tanzen kannst", meinte Ginny und legte den Kopf auf Harrys Brust, in den Armen immer noch das Baby, dessen Haare immer noch rot waren.

"Es gibt nicht mehr vieles, was du nicht über mich entdeckt hast", sagte Harry und gab seiner Freundin einen Kuss auf die Stirn.

"Meinst Ron und Hermine kommen heute zurück?", fragte er.

"Natürlich, sie würden niemals den Geburtstag ihres besten Freundes verpassen", entgegnete Ginny und griff nach Harrys Hand. "Ich würde mir eher Sorgen darüber machen, wo wir ab heute schlafen. Du bist zwar sein bester Freund, aber ich bin seine kleine Schwester und es wird ihm nicht gefallen, wenn er herausfindet, dass wir die letzten zwei Monate im gleichen Bett geschlafen haben."

Sie seufzte.

"Andererseits", begann sie wieder, "Wenn die beiden während ihrer Reise nicht in einem Bett geschlafen haben, wäre ich echt enttäuscht von Ron."

Harry lachte und schloss entspannt die Augen. Er spürte, dass auch Ginny sich einfach zurücklehnte und genoss die Wärme, die von ihrem Körper ausging.

Plötzlich hörte er ein lautes Klickgeräusch direkt über seinem Kopf. Erschrocken öffnete er die Augen und blickte in das Objektiv einer Kamera, die über seinem Gesicht schwebte.

"Na, habt ihr uns vermisst?"

"Ron!", rief Harry und setzte sich auf. "Hermine!"

Ron sprang von dem Ast, auf dem er gesessen hatte, herunter und umarmte Harry.

"Alles Gute zum Geburtstag, Mate!"

"Danke, Mann." Hermine rannte auf ihn zu und gab ihm ebenfalls eine Umarmung. "Herzlichen Glückwunsch!", sagte sie und drehte sich dann zu Ginny, die immer noch Teddy im Arm hielt.

"Er ist so groß geworden." Sie streichelte ihm über das immer noch rote Haar.

"Ihr seid echt süß zusammen. Ron, zeig mal das Foto!"

"Polaroidkamera von Hermines Eltern", sagte Ron grinsend und hielt Harry ein kleines Bild unter die Nase.

Das Foto bewegte sich nicht, da es mit einem Muggelgerät erstellt wurde, aber für Harry war es trotzdem ein magischer Anblick.

Es zeigte ihn, wie er zusammen mit Ginny und Teddy unter dem Baum lag. Sie sahen aus wie eine Familie.

"Rate mal was, sie mögen mich", sagte Ron während er über das gesamte Gesicht strahlte.

"Wer?", fragte Harry, der immer noch das Foto in der Hand hielt.

"Hermine Eltern, sie finden mich toll!"

Hermine lachte. "Ich glaube, sie finden es vor allem gut, dass du weder Harry noch Viktor bist."

Rons Gesicht wurde misstrauisch. "Du hast ihnen von Krum erzählt?"

"Ich habe ihnen sogar ein Bild gezeigt, aber wie gesagt, sie finden, dass du viel besser aussiehst und von Sport halten sie nicht so viel." Sie lächelte Ron amüsiert an. Sein Gesichtsausdruck entspannte sich und er zog Hermine zu sich und gab ihr einen Kuss.

Als sie sich wieder trennten, waren beide rot im Gesicht.

Ron machte Anstalten noch etwas zu sagen, doch in diesem Moment rief Mrs Weasley nach ihnen. "Ron, Hermine, wie schön dass ihr da seid! Na los, alle rein mit euch! Harry, deine Gäste warten schon!"

Die Küche war voll, fast niemand hatte Platz, sich zu bewegen, also entschloss Mrs Weasley kurzerhand, das Essen nach draußen zu verlegen.

Zurück im Garten wurde Harry von Geburtstagsglückwünschen nur so überschwemmt. Bill und Fleur waren die ersten, die ihn erreichten. Sie schenkten ihm einen neuen Feuerblitz. "Charlie hat auch ein bisschen was dazu gegeben", sagte Bill. "Aber leider konnte er sich nicht von seiner Arbeit losreißen, um heute auch hier zu sein." Harry konnte sich gar nicht genug für den Besen bedanken, so glücklich war er über das Geschenk.

Als nächstes kamen Mr Weasley und Percy auf ihn zu. Sie überreichten ihm ein Dokument. "Das", sagte Mr Weasley, "Sind die Papiere für Sirius altes Motorrad. Es gehört jetzt offiziell dir. Percy hat den ganzen Papierkram im Ministerium für dich erledigt, du kannst also direkt losfahren." "Danke!", sagte Harry. Er wusste nicht wirklich, wie sehr er sich darüber freuen sollte, aber er war trotzdem glücklich noch etwas von Sirius zu besitzen.

George schenkte Harry wie immer die neuesten Artikel aus Weasleys zauberhafte Zauberscherze. Harry wusste nie, wie er sich in Georges Gegenwart verhalten sollte. Er hatte ständig Angst, etwas falsches zu sagen, doch zu seiner Erleichterung tauchte Ginny an seiner Seite auf und fing ein Gespräch mit ihrem Bruder an.

"Also, morgen nimmst du mich mit in den Laden?", wollte sie sich vergewissern. "Ja, habe ich dir doch versprochen", sagte George lächelnd. "Außerdem kann ich deine Hilfe wirklich gut gebrauchen. Bis das Schuljahr anfängt wird es viel zu voll sein, als dass ich das ohne Unterstützung schaffen würde. Und ich finde es gut, dass du anfangen willst, dein eigenes Geld zu verdienen."

Schließlich setzten sich alle an die zwei Tische, die zusammen geschoben worden waren.

Hermine überreichte Harry als letzte noch ein kleines Paket. Er machte es auf und zog genauso eine Polaroidkamera heraus, wie Ron sie benutzt hatte, um das Foto zu machen. "Damit wir alles Schöne festhalten können", sagte sie. "Danke, Hermine, das ist wirklich ein tolles Geschenk."

Harry konnte sich nicht mehr erinnern, so gut gegessen zu haben. Es war schön mit all den Menschen umgeben zu sein, die er seine Familie nannte. Einen schöneren Geburtstag hätte er sich nicht vorstellen können.

"Erzählt mal, Ron, Hermine, wie war Australien? Habt ihr deine Eltern gefunden?", fragte Mrs Weasley nachdem sie jedem ein Stück Torte gegeben hatte.

"Ach es war toll", schwärmte Hermine. "Australien ist echt wunderschön und meinen Eltern geht es fantastisch dort, sie wollen gar nicht mehr weg. Letztes Jahr haben sie sogar schon eine eigene Zahnarztpraxis eröffnet."

"Ja, nächstes Mal, Harry, musst du unbedingt mitkommen. Es wird dir gefallen", sagte Ron, der neben Harry saß.

"Hör mal, ich wollte dich noch etwas fragen. Also, wenn das für dich und Ginny okay wäre, würde ich gerne mit Hermine in einem Zimmer schlafen." Er hatte das so leise gesagt, dass nur Harry ihn hören konnte.

Der musste sich ein grinsen unterdrücken. Er wollte nicht, dass Ron seine Meinung noch änderte.

"Klar", sagte er dann mit einem verständnisvollen Lächeln. "Das macht Ginny und mir nichts aus."

Ron wirkte ehrlich erleichtert. "Es ist nur so, seit der Schlacht haben wir beide oft Albträume und irgendwie hilft es, wenn wir zusammen sind."

"Glaub mir", sagte Harry, "Ich verstehe wie du dich fühlst."

Dann nahm er endlich eine erste Gabel von seiner Geburtstagstorte. Es war Schokolade.

Lupin hätte sie gefallen, dachte er.

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