fünf
JASON
"Ich kann nicht glauben, dass für dieses Stück Holz ein Drache abgeschlachtet wurde!"
Mit zusammengekniffenen Augen hielt Leo seinen gerade erst gekauften Zauberstab so weit von seinem Körper entfernt wie nur möglich, während die zehn Halbgötter Olivander's Laden verließen.
"Ich bin mir sicher, dass die nicht für jeden Zauberstab mit diesem Kern einen Drachen töten", sagte Calypso und griff nach Leos Hand. Ihren eigenen Zauberstab fixierte sie mit ihren braunen Augen, als wollte sie ihm sein Geheimnis entlocken. Seit sie ihre Insel und Gefängnis verlassen hatte, war sie nicht mehr unsterblich und bis jetzt hatte sie auch noch nicht herausgefunden, ob sie immer noch in der Lage war zu zaubern.
Sie vermisste es sehr, dass konnte Jason ihr jedes Mal, wenn er sie ansah, vom Gesicht ablesen. Vielleicht würde ihr dieses Jahr an einer Zauberschule helfen, sich in der Gegenwart einzuleben, wo sie nach dem Treffen mit Hekate vor ein paar Tagen, wieder Magie würde nutzen können.
Jason betrachtete seinen eigenen Zauberstab aus Ebenholz und einer Phönixfeder als Kern. Wenn er ihn so in der Hand hielt konnte er die Elektrizität deutlich spüren, die durch seine Adern raste. Normalerweise nahm er sie sonst nicht einmal wahr, wenn er sich stark konzentrierte.
Schnell steckte er den Stab in die hintere Tasche seiner Hose.
"Und wie wollen wir unseren letzten Tag in Freiheit verbringen?", fragte der Sohn des Jupiter.
Annabeth grinste und griff nach der Hand ihres Freundes. "Percy und ich werden uns noch das ein oder andere Museum ansehen so lange wir die Gelegenheit dazu haben. Wer weiß, wann wir wieder in London sind."
Der Sohn des Poseidon sah weit weniger begeistert darüber aus, den Tag mit lernen zu verbringen, doch beim Anblick Annabeths strahlender Augen hellte sich auch seine Miene auf.
"Na dann", sagte er und drückte Annabeth einen Kuss auf die Stirn, "Wir sollten jede Minute nutzen."
Die beiden winkten ihren Freunden zu und drehten sich um, um zurück zum Tropfendem Kessel zu gelangen.
"Seht zu, dass ihr nicht die Zeit vergesst", rief Piper ihnen lachend nach und Jason hätte schwören können, dass Percys Wangen sich leicht rot färbten.
"Ja, Frank, Nico und ich wollten auch nochmal in die Stadt. Nico und ich haben uns noch nie so wirklich China Town angeschaut", sagte Hazel und blickte Frank gleichzeitig erwartungsvoll aber auch ein wenig entschuldigend an.
Der Kanadier sah tatsächlich ein klein wenig genervt aus, schaute seine Freundin dann aber liebevoll lächelnd an. "Um ehrlich zu sein, ich auch nicht."
Während die drei sich auf den Weg machten, beobachtete Jason Will, der Nico einen sehnsüchtigen Blick hinterher warf. "Was ist mit euch, bleibt ihr in der Winkelgasse?", fragte der Sohn des Apollo.
"Ja", sagte Leo. "Wir wollen uns unbedingt diesen Scherzartikel Laden anschauen, den Piper entdeckt hat. Alle hier schwärmen davon. Kommst du mit?"
"Du meinst Weasleys Zauberhafte Zauberscherze? Das ist bei weitem der beliebteste Laden hier. Natürlich komme ich mit", antwortete Will.
Weasleys Zauberhafte Zauberscherze war gar nicht zu übersehen sobald sie die richtige Straße gefunden hatten. Völlig überwältigt von dem Anblick viel Jason die Kinnlade herunter. "Wow", war das einzige was er herausbrachte.
"Ich weiß", sagte Piper lächelnd und drückte kurz seine Hand, doch Jason war zu abgelenkt und erwiderte den Kontakt nur halbherzig. Seine gesamte Aufmerksamkeit wurde von dem Haus vor ihm in Anspruch genommen. Die Wände des Gebäudes waren in leuchtend bunten Farben gestrichen und die Schaufenster vollgestopft mit allen möglichen Produkten, von denen Jason nicht die geringste Ahnung hatte, was sie waren.
Als er sich zu seinen Freunden umdrehte, konnte er die Begeisterung auch in deren Gesichtern ablesen. Leo grinste wie ein Verrückter und fast bereute der Sohn des Jupiter es schon mit ihm hierher gekommen zu sein. Aber es machte ihn auch glücklich seinen besten Freund so zu sehen.
Der Sohn des Hephaistos führte ihre kleine Gruppe an und zusammen betraten sie den Laden.
"Das ist unglaublich", sagte Calypso und drehte sich mehrere Male um alles zu erfassen. Jason tat es ihr gleich. Überall waren Zauberer und Hexen in normalen Klamotten oder langen Umhängen. Die Regale an den Wänden waren bis zur Decke gefüllt. Durch den Raum verteilt standen mehrere Tische, um die sich Menschen drängten. Neben dem Tresen befand sich eine Treppe die sich drei Stockwerke nach oben wand und Zugang zu weiteren Etagen verschaffte. In einer Ecke konnte Jason verschiedene Süßigkeiten in allen möglichen Farben und Formen entdecken, in einer anderen drängten sich vor allem Mädchen in ungefähr seinem Alter um etwas, das einen rosafarbenen Glanz von sich gab. Über ihren Köpfen schwebten alle möglichen Dinge, von einfachen Papierflugzeugen und Büchern zu Puppen, die Witze erzählten.
Wäre er nicht selber der Sohn einer römischen Gottheit, hätte er das vor sich nicht verstehen und noch viel weniger ganz wahrnehmen können.
"Vergesst was ich vorhin gesagt habe, Zauberer sind verdammt cool", sagte Leo und begann sich die verschiedenen Produkte anzusehen. Calypso folgte ihm, immer noch fasziniert von ihrer Umgebung.
Jason, Piper und Will standen immer noch am selben Platz, als vor ihnen ein Mädchen mit feuerroten Haaren und einem breiten Lächeln in einem Gesicht voller Sommersprossen auftauchte. Ihre Haltung und Ausstrahlung erinnerte Jason ein wenig an Rachel Elizabeth Dare, das Orakel in Camp Half-Blood. Um ihre Schultern lag ein violetter Umhang, der die selbe Farbe hatte, wie Jasons ehemaliger Prätoren-Umhang.
"Kann ich euch helfen?", fragte sie und zum ersten Mal achtete Jason richtig auf ihren britischen Akzent, der alle Menschen hier irgendwie sympathischer klingen ließ.
"Das ist alles noch sehr überwältigend", gab Jason zu und lachte nervös.
"Amerikaner", bemerkte sie kurz. "Kommt nicht oft vor, dass jemand wie ihr hier auftaucht, aber ich schätze Weasleys Zauberhafte Zauberscherze ist auf der Welt einfach einmalig."
Sie lachte. "Dann gebe ich euch mal einen schnellen Überblick: An der Wand befindet sich unsere Süßigkeitensammlung, an dieser da findet ihr alles mögliche für die Schule. Da wo die ganzen Hexen stehen ist unsere Liebeszauber-Abteilung. In der obersten Etage haben wir unser Sortiment zu Verteidigung gegen die Dunkeln Künste, in der mittleren die alle möglichen Juxartikel und ein paar Muggelspielerein."
"Liebeszauber?", fragte Piper skeptisch. "Und die funktionieren wirklich?"
"So gut wie falsche Liebe eben wirken kann. Aber ich glaube nicht, dass du diese Art von Zauber nötig hast." Das Mädchen ließ ihre Augen einmal an Piper auf und ab wandern und grinste.
Jason fragte sich ebenfalls, warum Piper so an den Liebeszaubern interessiert war. Die beiden waren doch schließlich ein Paar, wen würde sie denn verzaubern wollen? Außerdem war sie eine Tochter der Aphrodite, die schönste Person, die Jason kannte, und konnte auch ohne irgendwelche Tränke die Menschen um sich herum verzaubern.
Jason griff erneut nach ihrer Hand, doch seine Freundin erwiderte den Druck nicht. Auch ihre sonst Kaleidoskop-artigen Augen, die ständig die Farben veränderten, blickten in einem stumpfen traurigen Braun.
"Ginny!" Ein weiterer Mann, der einen Anzug im selben Purpurton wie das Mädchen trug, tauchte vor ihnen auf und sah die Rothaarige vorwurfsvoll an. Jason bemerkte, dass auch er rote Haare und Sommersprossen hatte. Waren die beiden etwa verwandt?
"Ich bezahle dich nicht dafür, dass du mit unseren Kunden flirtest und sie vom Einkaufen abhältst." Seine Lippen waren zu einem Lächeln verzogen, aber seine Augen strahlten etwas trauriges aus, das nicht zu dieser Umgebung passte.
"Sie wissen genau, dass ich Ihre beste Verkäuferin bin, Mr Weasley", sagte das Mädchen, das anscheinend Ginny hieß, mit leicht sarkastischem Unterton und lächelte den Mann herausfordernd an.
Dann drehte sie sich wieder zu den Halbgöttern und fügte hinzu: "Falls ihr noch irgendetwas braucht, ich bin an der Kasse."
Jasons blick folgte ihr, als sie zum Tresen davon ging und blieb an Leo hängen, der mit vollgepackten Armen durch den Raum torkelte, Calypso hinterher, die gerade versuchte zur Treppe zu gelangen.
"Jason", sagte Piper plötzlich und löste ihre Hand aus seinem Griff. Der Sohn des Jupiter drehte sich zu ihr.
"Können wir draußen reden?", fragte sie mit ernster Stimme. "Klar", erwiderte Jason. "Du kommst zurecht?", fragte er an Will gewandt.
"Natürlich, ich passe auf, dass Leo nicht den gesamten Laden auseinander nimmt."
Jason folgte Piper nach draußen, wo sie noch ein paar Häuser weiterging bis sie stehen blieb.
"Was ist los, Pipes?"
Sie zögerte. "Okay", sagte sie schließlich. "Es gibt da etwas, über das ich schon seit ein paar Tagen sprechen muss."
Sie verstummte wieder, doch Jason unterbrach sie nicht und wollte ihr die Zeit lassen.
"Dieses Gefühlt nagt schon eine Weile an mir und... Ich denke wir sollten Schluss machen."
Trennung.
Jason war zu perplex um etwas zu sagen.
"Du hast nichts falsch gemacht", fügte sie rasch hinzu. "Keiner von uns beiden hat irgendetwas ruiniert. Es funktioniert einfach nicht wie es sollte. Du bist toll, mutig, nett und verdammt gutaussehend und einer meiner besten Freunde. Aber unsere Beziehung basiert auf einer Lüge. Sie ist inszeniert von Hera und es fühlt sich in letzter Zeit einfach nicht mehr richtig an. In hier", sie legte sich die Hand auf die Brust, "Ist es leer. Ich habe nie die Chance bekommen, mich richtig in dich zu verlieben und das fehlt mir."
Sie sah Jason aus großen Augen erwartungsvoll an. Er bemerkte, dass sie inzwischen wieder in verschiedenen Farben strahlten, als hätte sie sich eine schwere Last von der Seele geredet.
Jason wusste nicht, was er sagen sollte. Was Piper erzählt hatte klang nachvollziehbar und er wollte nicht, dass sie sich in etwas gefangen fühlte, das sie nicht glücklich machte. Aber er hatte sich in sie verliebt und war es immer noch, auch wenn sie in letzter Zeit nicht mehr ganz so oft allein gewesen waren. Er hatte gehofft, dass es an Hogwarts besser werden könnte.
"Ich will nur, dass du glücklich bist", sagte er schließlich und zwang sich zu einem Lächeln, obwohl er spürte wie es wehtat diese Worte zu auszusprechen und sie damit gehen zu lassen.
"Jason...", setzte Piper an, doch er drehte sich weg. Jason wollte nicht, dass Piper die Tränen sah, die ihm in die Augen stiegen. "Schon okay."
"Ich brauche das", sagte sie. "Wir sind sechszehn und weder du noch ich hatten eine normale Kindheit. Ich brauche Zeit für mich, um herauszufinden wer ich außer einer Tochter der Aphrodite bin. Kein Neu Rom, kein Camp Half-Blood, kein Hollywood, nicht die Welt retten und auch kein fester Freund. Ich muss für eine Weile einfach Piper McLean sein.
Jason hätte gern gesagt, dass er genau wusste, wer sie war, wie unglaublich und umwerfend und wunderschön. Aber er glaubte nicht, dass es etwas ändern würde, also blieb er stumm, Piper immer noch den Rücken zugekehrt.
Was hatte sie vorhin gesagt? Er sei mutig? Er traute sich ja noch nicht einmal ihr ins Gesicht zu blicken, während sie mit ihm Schluss machte.
"Ich hoffe du verstehst das", sagte Piper und berührte Jason kurz an der Schulter.
Er blieb noch einige Sekunden so stehen. Als er sich schließlich umdrehte, war sie verschwunden.
Langsam hob er die Hand, seine Wange fühlte sich feucht an. Piper war der wichtigste Mensch in seinem Leben gewesen seit Hera ihm die Erinnerungen genommen hatte und jetzt war sie weg.
Innerlich völlig verloren stand er mitten auf der Straße.
"Jason!", rief jemand. "Alles okay?"
Will Solace stand vor Weasleys Zauberhafte Zauberscherze und blickte Jason freundlich an. Langsam ging Jason auf ihn zu. Unterbewusst versuchte er die Luft dazu zubringen sein Gesicht zu trocknen, aber er nahm nicht wahr, ob es tatsächlich passierte.
Als er den Sohn des Apollo erreichte, streckte dieser den Arm aus und berührte ihn freundschaftlich an der Schulter. "Irgendwas wobei ich helfen kann?", fragte Will.
Jason senkte traurig den Kopf. "Ein gebrochenes Herz kannst nicht einmal du heilen."
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